Monthly Archives: September 2013

Guillaume Long – Kann denn Kochen Sünde sein?

Buntes Sammelsurium eines Genießers

Die Idee, die Guillaume Long vor einiger Zeit hatte, ist bestechend: Warum sollte man immer nur über Essen, Kochen und Genießen schreiben? Darüber kann man ja genauso gut auch zeichnen, wie der Franzose beweist. Ursprünglich in Blog-Form erschienen, hat sich der Carlsen-Verlag daran gemacht, Geschichten und Rezepte von Long unter dem Titel Kann denn Kochen Sünde sein? zu veröffentlichen – und der Untertitel Ein Comic für Genießer zeigt schon die Stoßrichtung an.

Möchte man das Comic-Buch von Guillaume Long in eine Schublade stecken, dürfte man keinen großen Erfolg haben: Ein Kochbuch? Dafür ist das Buch eigentlich oftmals zu dünn, Rezepte wie Schokoladenkuchen, Zucchini-Salat oder Chicoreé mit gebratenen Jakobsmuscheln sind zwar vorhanden, nehmen aber keine zentrale Rolle ein. Der illustrierte Erlebnisbericht eines Feinschmeckers? Zwar berichtet Long von seinen kulinarischen Reisen, diese sind aber auch nur ein Teil des Buches. Humorvolle Berichte über Schürzenkauf, das Entstehen von paniertem Fisch oder die Freundschaft zu einem Koch sind ebenso Bestandteil des Buches, sodass es schwerfällt, dieses Buch einem Genre zuzuordnen.

Am besten kann man Kann denn Kochen Sünde sein als buntes Sammelsurium eines Gourmets bezeichnen. Manche Geschichten, die meist auf eine Seite begrenzt sind, sind informativ oder lustig, andere Geschichten und die Kategorie, die Synonyme aus Leben und Küche vorstellen, zünden eher weniger. Hierbei muss auch ein lobendes Wort für den Übersetzer Harald Sachse verloren werden, dem es meistens gelingt, das schwierige Vokabular und die von Wortspielen geprägten Geschichten einigermaßen ins Deutsche hinüberzuretten.

Wem kann das Buch also empfohlen werden? Wahrscheinlich bringt es der Untertitel auf den Punkt – Genießern, die gerne essen, lachen und ungewöhnliche Bücher schätzen, dürfte man mit Kann denn Kochen eine Sünde sein ein ebenso passendes wie außerordentliches Geschenk machen. Und wer wieder einmal Inspiration in der Küche sucht, könnte dies auch in Guillaume Longs Buch finden – dieses Buch ist ebenso ungewöhnlich wie innovativ!

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David Pfeifer – Schlag weiter, Herz

Das Leben hat einen harten linken Haken

Von „Fight Club“ bis zu Rocky Balboa – Boxen hat schon immer die Kreativität von Autoren und Filmmachern beschäftigt. Mit „Schlag weiter, Herz“ legt David Peifer, Journalist und Box-Schach-Trainer, nun einen deutschen Versuch eines großen Box-Romans vor.
Pfeifer erzählt vom Boxer Mert, der – so würde man heute politisch korrekt sagen – mit Migrationshintergrund in Hamburg aufwächst. In der Postwendezeit verliebt er sich unsterblich in Nadja, die Schwester von Merts großem Gegner, beginnt eine Boxkarriere, wird geschlagen, steht wieder auf und kämpft für die Liebe, das Leben und sich.
Es hätte so schön werden können – ein großer deutsch-deutscher Roman, der die Liebe, das Boxen und das Kämpfen gegen alle Widrigkeiten in literarische Form gießt. Dabei herausgekommen ist leider keineswegs „der“ Roman über Liebe und Boxer – es ist ein zäher Roman geworden, der eher einem Punktsieg beim Boxen gleicht als einem technischen KO.
Immerhin, Pfeifer erringt einen Sieg, indem er gelungen die gebrochenen Vita und Seelen zweier Menschen beschreibt und zeigt wie ungewöhnlich sich Liebe manifestieren kann.
Dennoch zieht sich der Roman über seine Dauer von 350 Seiten ziemlich zäh hin, da wirkliche Höhepunkte in der Erzählung fehlen. Pfeifer strukturiert seine Erzählung durch zwei Erzählstränge, der eine in der Gegenwart angesiedelt, der andere als Rückblende über Merts Werdegang.
Dieser erzählerische Kniff verpufft aber für mein Empfinden zu schnell. Pfeifer beschreibt Mert als Charakter, der eindeutig Nehmerqualitäten besitzt, sein Leben aber ähnlich angeht und wenig um Selbstbestimmung kämpft. Sein Kampf um Nadja bleibt das große Thema seines Lebens, andere Ereignisse nimmt er gleichmütig hin und befreit sich – um aufklärerisch zu sprechen – zu wenig aus seiner Unmündigkeit des Seins.
Das könnte faszinierend zu lesen sein, leider nimmt der Leser nicht wirklich Anteil am Schicksal Merts, da dieser nicht unbedingt zu den sympathischsten Figuren in der Literatur zählt. Viel zu unbestimmt lässt er die Schläge des Lebens und der Gegner auf sich einprasseln – wie ein Boxtrainer möchte man aus der Ecke auf ihn einschreien.
Wer sich nicht wirklich für die Thematik des Boxens interessiert – die in „Schlag weiter, Herz“ eine zentrale und dominierende Rolle spielt, wie schon das Cover großartig andeutet – wird an diesem Roman eher weniger Freude finden. Boxkämpfe dominieren den in einfacher und roher Sprache geschriebenen Roman und könnten für wenig boxaffine Leser ein Grund sein, auf die Lektüre von „Schlag weiter, Herz“ zu verzichten.          

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Markus Heitz – Totenblick

Wenn Blicke töten können …

Mit „Totenblick“ liegt der erste (fast) reine Thriller von Fantasyautor Markus Heitz vor, der diesmal gänzlich auf Zwerge und anderes Fantasy-Personal verzichtet. Angesiedelt in Leipzig erzählt Heitz von einem Killer, der mit dem Totenblick ausgestattet seine Opfer unter der Zivilbevölkerung und dem Polizeipersonal Leipzigs sucht.
Wer den Mordopfern als erstes in die Augen geschaut hat, wird vom Totenblick heimgesucht und stirbt auch bald eines nicht natürlichen Todes. 
Dies sorgt logischerweise schon bald für Angst und Panik unter den Polizisten Leipzigs, denn niemand will mehr an einem Tatort der erste sein, der den Mordopfern begegnet. Angestachelt von der Presse greift schon bald eine große Furcht um sich.
Nur der Kriminalrat Peter Rhode sucht unbeirrt von Mythen über den Totenblick die Wahrheit und versucht dem raffinierten Serienkiller auf die Schliche zu kommen. Unterstützung erhält er dabei vom Personal Trainer Ares Löwenstein, einem gebrochenen und interessanten Charakter, der Rhode bei seinen Ermittlungen mehrmals entschieden weiterbringt.
Zugegeben: Noch ein Serienkiller-Thriller in Deutschland? Noch einmal ein hyperintelligenter Bösewicht, der die Polizei narrt? Allzu ausgelutscht ist doch inzwischen dieses Thema, dem Markus Heitz trotzdem einige spannende Facetten abringen kann.
Dass der Autor kein großer Stilist ist und Gebrauchsprosa schreibt, versucht Heitz gar nicht zu kaschieren. An manchen Stellen arg hölzern geraten fesselt „Totenblick“ dennoch durch hohe Spannung, gut gesetzte Cliffhanger und wechselnde Perspektiven, die das Geschehen vorantreiben.
Das Buch ist solide Spannungsliteratur, die zu fesseln vermag, aber keineswegs perfekt ist:
Nicht alles wird wirklich stimmig aufgelöst, kleine Irritationen bleiben beim Lesen des Buches zurück. Werder das Motiv noch der Modus Operandi werden klar herausgearbeitet, vielmehr bleibt der ganz am Ende des Buches aus dem Hut gezauberte Täter ziemlich diffus.
Dennoch ist „Totenblick“ spannender als die übliche deutsche Serienkiller-Thriller Durchschnittsware, wenn auch kaum glaubhaft. Wer sich daran nicht stört und nur gut über 500 Seiten unterhalten werden will, der kann hier unbesorgt zugreifen!

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