Monthly Archives: November 2015

Augsburg und seine Blogger

Blogger Augsburgs, vereinigt euch!

Vor einiger Zeit durfte ich im Rahmen der Augsburger Blogparade auch einen Beitrag über mein Augsburg schreiben, und heraus kam dieser Artikel über das literarische Augsburg.

Doch bei der Auflistung blieb ein Wermutstropfen – hatte man doch einen mehr oder minder Kessel Buntes an Blogs bekommen. Welcher Blog hat eigentlich welchen Schwerpunkt? Welche Blogs passen abseits der einzelnen Artikel am besten zu meinen Interessen oder in meinen Newsfeed? Und waren in der Liste wirklich alle Blogs vertreten, die die Bürger dieser Stadt so betreiben?Schon damals zeigte sich wie mannigfaltig die Bloggerszene aus Augsburg ist. Unterschiedlichste Beiträge – von Gastro-Tipps über Konzert-Locations bis hin zu höchst subjektiven Liebeserklärungen an die Stadt reichte die Palette – deckten wohl fast alle Geschmäcker ab. Gerade für eine Stadt wie Augsburg, die nicht unbedingt den Ruf als Digitalstadt Nr. 1 genießt, spricht die Anzahl und Varietät der Blogger und Blogs eine deutliche Sprache.

Monika Schmich von Candid Communications hat sich nun einmal die Mühe gemacht, sämtliche bekannte Blogs von Augsbürgern und über Augsburg zu sammeln, nach Themen zu ordnen und in eine ansprechende Form zu bringen. Hier ist das Ergebnis

Eine tolle Übersicht und neues Futter für alle Feed-Reader, Lesezeichen-Listen und persönliche Seiten-Favoriten. Viel Spaß beim Entdecken!

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Wolfgang Schorlau – Die schützende Hand

Staatsversagen

Der geschasste BKA-Ermittler und Privatdetektiv Georg Dengler ist zurück. In Die schützende Hand löst er nun bereits seinen achten Fall, der es mehr als in sich hat. Nachdem er sich schon mit der Pharma-Lobby (Die letzte Flucht) oder den Auswüchsen unseres übermäßigen Fleisch-Konsums (Am zwölften Tag) beschäftigt hat, legt er nun seinen Finger in eine hochaktuelle Wunde: bereits seit Jahren läuft der NSU-Prozess; das Interesse und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit lässt nach. Doch wie begann eigentlich die Aufdeckung der Mordserie? Was ist damals wirklich unter den Augen des Verfassungsschutzes passiert? Wolfgang Schorlau widmet sich mit Die schützende Hand dem NSU und dem Komplex, der hinter den Ereignissen stand.

Ein ungewöhnlicher Auftrag

Der Auftakt zu Denglers achtem Fall gestaltet sich durchaus dubios. Dem Stuttgarter Schnüffler wird ein anonymes Handy zugestellt. Daneben bekommt er 15.000 Euro und kurz darauf teilt ihm am Telefon sein Auftraggeber mit: „Ermitteln Sie, wer Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos erschoss.“ Leicht verdientes Geld für Georg Dengler, denn die Wahrheit kennt man ja aus sämtlichen Berichten. Die beiden männlichen Teile des NSU-Trios erschossen sich nach einem Banküberfall in Stregda, einem Ortsteil Eisenachs, in einem Campingmobil.  

Doch Dengler wäre nicht Dengler wenn er nicht seinen Instinkten trauen würde. Schon bald nähren sich in ihm die Zweifel an der offiziellen Version des Tathergangs. Warum sollten sich zwei über alle Zähne bewaffnete Neonazis plötzlich vor zwei einfachen Streifenpolizisten in ihrem Camper fürchten, gerade wo sie zuvor schon skrupellos die Polizistin Michèle Kiesewetter erschossen? Wie sollte es den beiden gelingen, sich innerhalb von zwanzig Sekunden zu erschießen, mit der Pumpgun nachzuladen und ein Feuer zu legen? Wenn sie sich beide im Camper erschossen, wo sind dann die Patronen, wo ist die Hirnmasse und warum fehlen auf sämtlichen Waffen Fingerabdrücke? Dengler wird schon bald klar, dass die offizielle Erklärung der Stellen mehr Löcher als der Finanzhaushalt Griechenlands hat.

Fragen über Fragen

Warum ließ der Einsatzleiter in Eisenach wieder alle Regeln Videomaterial vom Tatort beschlagnahmen, betrat selber den kontaminierten Tatort und ließ dann statt der Spurensicherung den Camper von einem Abschleppunternehmen durch ganz Eisenach fahren und unbewacht abstellen? Warum begann sofort nach dem Auffinden der Leichen der NSU-Mitglieder das große Schreddern der Unterlagen beim Verfassungsschutz? Welche Rolle spielten dessen V-Männer im Komplott?   Schorlau bindet in seinen Prosatext immer wieder Auszüge aus Untersuchungen des NSU-Untersuchungsausschusses und aus Gutachten ein und zeigt dass auch vier Jahre nach dem eventuellen Suizid in Eisenach mehr Fragen als Antworten herrschen.  

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Die Fakten, die Schorlau langsam und nachvollziehbar in seinen Krimi einwebt, lassen wirklich an ein staatlich gesteuertes Verbrechen denken. Keine der offiziellen Stellen kommt gut weg. Der Verfassungsschutz? Mutwillig weggeschaut bzw. die rechte Szene durch V-Männer finanziell gestärkt. Die Polizei? Verstrickt sich auch in Widersprüche und ermittelte im Fall der Nagelbombe in Köln nicht in alle Richtungen sondern versuchte die Schuld den türkischstämmigen Anwohnern zu geben.   Dies greift Schorlau auf, indem er Georg Dengler noch einen Schlenker in seiner Vita mitgibt. Bereits damals ermittelte dieser nämlich für einen ansässigen Buchhändler in Köln, fand aber nur tote Enden bei seiner Spurensuche vor. Dieser biographische Rückgriff wäre für mein Empfinden nicht unbedingt notwendig gewesen, davon abgesehen aber ist Die schützende Hand einer der besten und wichtigsten Titel aus der Dengler-Reihe. Jeder der sich nur einen Funken für das Staatsversagen beim NSU-Komplex oder die offenen Fragen interessiert, die der Prozess in München schon wieder zu verschütten droht, sollte zu diesem Titel greifen.  

Krimi und Sachbuch zugleich

  Dieses Buch sensibilisiert für die Thematik des Nationalsozialistischen Untergrunds und der Verstrickung der Staats und seiner Organe in diese beispiellose Mordserie. Dieses Buch ist zugleich ein spannender Krimi und ein Sachbuch, das anstelle von trockener Fakten durch die Einbettung in eine Krimihandlung sowohl Krimileser als auch Politisch Interessiert (oder beide natürlich kombiniert)  zu fesseln vermag. Könnte der ein oder andere die hanebüchenen Widersprüche und Schorlaus Thesen als verschwörungstheoretischen Mumpitz abtun wollen, so sprechen doch seine 73 im Anhang aufgeführten Quellen eine andere Sprache. Die schützende Hand ist für mich der beste Beweis dass die Realität die Kriminalfiktion zu übertrumpfen weiß. Spannend, voller Cliffhanger und politisch mehr als relevant. Diesem Buch wünsche ich, dass es unter möglichst vielen Weihnachtsbäumen dieses Jahr liegt und dann auch gelesen wird!  


Titelbild: Gedenkstätte für die Opfer des NSU-Terrors in Zwickau

Quelle: By André Karwath aka Aka – Own work, CC BY-SA 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=84404149

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Joe R. Lansdale – Blutiges Echo

Mörderisches Echo

Harry Wilkes ist anders als all die anderen Kinder. Als Einzelkind wurde er umhegt und gepflegt und stand unter der liebevollen Fittiche seiner Eltern. Eine Zäsur in seinem Leben stellte eine mysteriöse Erkrankung dar, nach der sein Leben nicht mehr so ist wie es einmal war.
Denn plötzlich kann Harry Geräusche hören und Taten sehen, die sich an bestimmten Orten einmal abgespielt haben. In Visionen offenbaren sich ihm die grausigen Geheimnisse, die an jedem Ort und hinter jeder Tür lauern können. Von Kindesbeinen an verfolgt ihn diese Gabe.
Als Student hat Harry nun einen Weg gefunden, um diese Klänge zum Verklingen zu bringen – und der Weg heißt Alkohol. Eigentlich könnte Harry in seinem White-Trash-Dasein versinken, wenn er nicht eines Abends die Bekanntschaft von Tad machen würde, die sich gegenseitig auf den richtigen Weg zurückbringen wollen. Als sich Harry nun auch noch verliebt, werden die Dinge nun richtig kompliziert.
Joe R. Lansdale hat erneut einen feinen Thriller abgeliefert, der diesmal härter ausgefallen ist als die „üblichen“ Romane von ihm, in denen sich seine Protagonisten an (mörderische) Erlebnisse aus ihrer Kindheit zurückerinnern. Das Buch, das im Opus Magnum Lansdales diesem Buch an nächsten kommt dürfte der Noir-Thriller Die Kälte im Juli sein. Wer auf einen der eher „sanfteren“ Krimis á la Das Dickicht oder Dunkle Gewässer gehofft hat, der sieht sich bei Blutiges Echo wahrscheinlich enttäuscht.
Die mit seiner Gabe gequälte Seele Harry porträtiert Joe R. Lansdale eindrücklich und zeigt einen Teenager, für den die Zeit, in der eh alles schon kompliziert ist, noch komplizierter wird. Die synästhetische Gabe Harrys fügt sich nahtlos in das Gesamtkonzept des Buchs ein, obwohl man bei der Lektüre des Klappentextes vielleicht eher an einen übersinnlichen Thriller denken würde. Das Buch liest sich schnell weg – ein gewohnt guter Lansdale-Schmöker mit hoher Pageturner-Qualität!

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