Monthly Archives: August 2016

Betrachtungen zur Longlist des Deutschen Buchpreises 2016

Longlist

Wie jedes Jahr ist es ein spannendes Ratespiel – welche Bücher haben es auf die Longlist des Deutschen Buchpreises geschafft? Welche Titel wurden von der Jury prämiert, zu den zwanzig besten Neuerscheinungen in deutscher Sprache zu zählen?

Auch dieses Jahr war ich wieder höchst gespannt, als vor einer Woche die Longlist zum Deutschen Buchpreis 2016 publiziert wurde, hatte ich doch damals, als der Preis ein paar Jahre alt war, meine Facharbeit in der Schule zum Thema Der Deutsche Buchpreis – zwischen Marketing und der Suche nach neuen Talenten verfasst. Seitdem treibt mich das Thema um und schlägt sich in meinem großen Interesse für den Preis und sein Prozedere nieder.

Doch was soll ich sagen – nach einem ersten Überfliegen der Liste herrschte bei mir Ratlosigkeit und Enttäuschung vor. Von den nominierten Titel hatte ich genau einen bereits gelesen und besprochen, und zwar Joachim Meyerhoffs Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke. Der Rest ist Schweigen. Das Namen wie Sibylle Lewitscharoff oder Peter Stamm auf der Liste vertreten sein würden – geschenkt. Ansonsten allerdings herrscht bei mir große Ratlosigkeit. Kandidaten wie Martin Mosebach, Karen Duve oder der in einer Woche erscheinende Titel Die Toten von Christian Kracht fehlten gänzlich. Nur der S. Fischer-Verlag kann sich selbst feiern, stammt doch ein Viertel der Liste aus diesem Verlagshaus.

Es gibt viele Titel, denen ich es gegönnt hätte, auf dieser Liste zu stehen, dazu zählen die neuen Titel von Benedict Wells, Heinz Strunk oder Juli Zeh definitiv. Auch spannende neue Stimmen wie etwa die von Pierre Jarawan oder Johannes Ehrmann vermisse ich auf der Liste.

Natürlich könnte man argumentieren, dass sich die meisten der oben genannten Titel eh schon wie geschnitten Brot verkaufen und auf der Bestsellerliste stehen. Verkäuflichkeit ist hier für mich allerdings kein Argument – ich finde die neuen Bücher dieser AutorInnen sehr ambitioniert, gut geschrieben und im Kopf haften bleibend. Und Stamm oder Meyerhoff finden sich ja ebenso auf den Bestsellerlisten wieder. Die Klappentexte und Beschreibungen (und ja – auch viele der Cover), die nun dagegen von der Jury als beste des Jahres nominiert werden, sprechen mich leider kaum an.

So werde ich nun erst einmal abwarten, bis es die Büchlein mit den Leseproben aus den 20 Longlist-Titeln gibt, um mir selber ein vertiefenderes Bild zu machen. Bislang herrscht bei mir leider aber eher Desinteresse für diese Liste, lediglich den Augsburger Lokalmatador Thomas von Steinaecker (Die Verteidigung des Paradieses) und Philipp Winkler (Hool) möchte ich mir zum jetzigen Zeitpunkt mal etwas genauer ansehen. Auch werde ich dieses Mal wahrscheinlich die Möglichkeit eines Blind-Dates mit einem der AutorInnen der Liste wahrnehmen, da im Nachbarstädtchen eines dieser Lesungen stattfindet, bei denen einer oder eine der 20 Nominierten aus ihrem oder seinem Werk lesen wird. Vielleicht werde ich ja überrascht!?

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Elena Ferrante – Meine geniale Freundin

Wohl kaum ein Titel wurde schon vor Erscheinen so gehypt wie der vorliegende Titel Meine geniale Freundin der Italienerin Elena Ferrante (übertragen ins Deutsche von Karin Krieger). Der Suhrkamp-Verlag legte es seinen Mitarbeitern ans Herz, hunderte Rezensionsexemplare wurden unters Volk gebracht und zuletzt widmete sich Das literarische Quartett ebenfalls dem Titel. Was ist dran am #FerranteFever und dem Wind, der um das Buch gemacht wird?

Ferrante

Meine geniale Freundin ist der Auftaktband einer Tetralogie, in deren Mittelpunkt die Ich-Erzählerin Lenù und Lila stehen, beste Freundinnen seit Kindesbeinen an. Das Buch behandelt den Ursprung der Freundschaft zwischen den beiden italienischen Kindern, die in einem dampfigen und gewaltgeschwängerten Neapel der 50er Jahre ihren Anfang nimmt. Die beiden Mädchen wachsen miteinander auf und schweben permanent zwischen Freundschaft und Rivalität, die vor allem zunächst in der Schule zutage tritt. Lila erweist sich als blitzgescheit, hat sich selber Lesen und Rechnen beigebracht und avanciert zum unangefochtenen Klassenprimus. Dies ficht natürlich auch die junge Lenù an, die mit ihrer Freundin konkurriert und so auch zu schulischen Ehren gelangt. Da Bildung im ländlichen Süden in den 50er nicht den Stellenwert von klassischer Handwerksarbeit und Hausarbeit hat, müssen Lila und Lenù kämpfen, um weiter eine schulische Laufbahn verfolgen zu dürfen.

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Daniel Sánchez Pardos – Die Sieben Türen

Brände, Barcelona, Gaudí – in seinem ersten auf Deutsch vorliegenden Roman lässt der Spanier Daniel Sánchez Pardos den wohl berühmtesten Architekten Spaniens und Stadtgestalter in ein Komplott stürzen, das einigen Bewohnern der Stadt den Kopf kosten könnte …

Gabriel Camarasa ist ein junger Architekturstudent, den auf den ersten Seiten des Romans schon fast wieder das Zeitliche segnet. Bei einem Brand droht er im Barcelona des Jahres 1874 von durchgegangen Pferden zertrampelt zu werden. Zum Retter aus höchster Not wird ihm ein anderer Architekturstudent namens Antoni Gaudí, der zum Lebensretter Gabriels und schon bald dessen bester Freund wird. Die beiden jungen Studenten freunden sich im Zuge des Brandes an, der die Räume einer Zeitungsredaktion zerstört hat. Das Konkurrenzblatt dieser Zeitung ist das Boulevardblatt Las noticias ilustradas, das ausgerechnet von Gabriels Vater geleitet wird.

Sieben Türen

Dieser gerät auch schon bald in den Fokus der Ermittlungen, da sich herausstellt, dass der Brand in der Zeitungsredaktion vorsätzlich gelegt wurde. Wollte sich Gabriels Vater einem unliebsamen Konkurrenten entledigen? Gabriel und Gaudí beschließen eigene Nachforschungen anzustellen, denn anders als die Polizei ist Gabriel fest von der Unschuld seines Vaters überzeugt. Doch schon bald stellt sich heraus, dass die Familie Camarasa auch eigene Geheimnisse hütet, von denen Gabriel nichts ahnte. Ist sein Vater wirklich ein unschuldiger Mann?

Barcelona im Jahre 1874

Für seinen Roman Die sieben Türen hat sich Daniel Sánchez Pardos eine spannende Epoche ausgesucht. Im Barcelona des Jahres 1874 kämpfen revolutionäre Gruppe, Bourgeoisie und Royalisten um die Herrschaft, man bezichtigt sich gegenseitig umstürzlerischer Umtriebe und belauert und beharkt sich. Ein brodelndes Barcelona also, durch das sich Gabriel und Antoni Gaudí ermitteln.

Musste ich auch bei der Beschreibung des Klappentextes und einer ersten Betrachtung der Aufmachung des Buches an den Großmeister aller Barcelona-Romane denken, nämlich Carlos Ruiz Záfon, so relativiert sich dieser Eindruck schon bald nach den ersten dutzend Seiten des Buchs. Das Flair, das Zafon zwischen die Seiten zaubert, bekommt Sánchez Pardos in dieser Form nämlich leider nur in verminderter Form hin. Sein Buch ist eigentlich ein reiner historischer Kriminalroman, nicht mehr und nicht weniger.

Die Begeisterung des Autoren für die Werke Arthur Conan Doyles merkt man Die sieben Türen auch deutlich an, wenngleich der Spanier etwas von der konzisen Schreibe des englischen Autoren hätte übernehmen können. Der Plot ist nämlich reizvoll und gut, nur hätte er auch einige Straffungen oder Kürzungen vertragen. Sein Ermittlerduo erinnert nicht von ungefähr an Watson und Sherlock Holmes, auch in puncto Dynamik. Für die Figuren des Verlegersohnes und des kommenden Stararchitekten hätte ich mir allerdings etwas mehr Ecken und Kanten beziehungsweise Tiefe in den Profilen gewünscht. So bleiben alle Charaktere etwas austauschbar, was schade ist, da hier viel Potential ungenutzt verstreicht. Davon abgesehen allerdings ein passabler historischer Krimi, der für Barcelona-Fans Pflicht ist!

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Callan Wink – Der letzte beste Ort

Es sind einfache Menschen, von denen Callan Wink in seinem Kurzgeschichtendebüt erzählt. Und genau das macht seine Erzählungen so packend, die dieser Band unter dem Titel Der letzte beste Ort versammelt.


Das Buch beinhaltet neun Erzählunge, die sich meist im Rahmen von 25-30 Seiten bewegen. Einziger kleiner Ausreißer ist die letzte Erzählung Im Nachhinein, die 65 Seiten stark ist und mit Kapiteln gegliedert wurde.

Callan Wink - Der letzte beste Ort (Cover)

Wenn ich den Inhalt des Buches oder seine Stoßrichtung beschreiben sollte, gelange ich schon an meine Grenzen. Das Buch berichtet einfach von ganz normalen Menschen und den großen und kleinen Dramen des Lebens. Da ist zunächst ein Mann, der einen Hund aus seiner Gefangenschaft befreite und nun vor den Besitzern durch die Nacht davonläuft.

Da ist ein Mann, der als Schauspieler an der Nachstellung der Schlacht am Little Big Horn mitwirkt, bei der der berühmte amerikanische Heeresführer Custer starb. Oder der Abschluss des Bandes: hier lässt Callan Wink eine Frau über ihr gelebtes Leben und dessen Höhen und Tiefen räsonieren.

Der Verzicht auf Pathos und Überhöhung

Für mich macht den Reiz dieser hervorragenden Kurzgeschichte das Ausbleiben von Pathos und Überhöhung aus. Callan Wink schreibt auf den Punkt – mit prätentiösen literarischen Ausschmückungen hat er nichts am Hut (übersetzt von Hannes Meyer). Er erzählt von ganz normalen Menschen und den Dramen, die sich in deren Leben abspielen. Und dies gelingt ihm in einer herzzerreißenden Intensität. Vor allem die zweite Geschichte Schneeschmelze berührte mich sehr. Hier schreibt ein Autor, dessen Schreibe den Wunsch nach mehr weckt. Hoffnung gibt da die Info, dass Wink gerade an seinem ersten abgeschlossenen Roman arbeitet.

Ein Wort sollte an dieser Stelle auch noch zur besonders schönen Ausstattung dieses Buchs verloren werden. Hier hat sich der Suhrkamp-Verlag nämlich wirklich Mühe gegeben. Der Buchblock ist in einen kartonierten festen Umschlag eingebunden, der das Bildmotiv gleich aufgeprägt trägt. Das Buch liegt gut in der Hand und macht einfach Freude beim Aufschlagen. Gerne blättert man in das Buch hinein und lässt sich in die Kurzgeschichten saugen.

Hier beweist der junge Autor Callan Wink, dass das ganz einfache Leben und dessen Dramen noch immer am spannendsten sind, wenn man gut über sie zu schreiben weiß. Und Wink weiß das auf alle Fälle!


  • Callan Wink – Der letzte beste Ort
  • Aus dem amerikanischen Englisch von Hannes Meyer
  • ISBN 978-3-518-42559-6 (Suhrkamp)
  • 281 Seiten. Preis: 22,00 €
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Ferienlektüre

Endlich ist er da – mein erster größerer Urlaub dieses Jahr. Und da das Wetter leider diese tollen Neuigkeiten noch nicht mitbekommen hat und munter Achterbahn spielt, habe ich mich derweil mit Lektüren für die freien Tage gut versorgt. Die Rezensionen zu einigen Büchern wird es demnächst auch hier zu lesen geben. Nun aber mache ich mich erst einmal ans Werk!

Meine Ferienlektüre

Meine Ferienlektüre

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