Monthly Archives: November 2016

Der gebloggte Adventskalender

Ab morgen ist es soweit, der Dezember steht ins Haus. Die Vorweihnachtszeit hat begonnen, und damit auch die Zeit der Adventskalender. Diese Gelegenheit möchte ich nutzen, um hier auf dem Blog ebenfalls einen kleinen digitalen Adventskalender zu veröffentlichen. Jeden Tag ein neues Türchen, hinter dem sich alles Mögliche verbergen kann – mal sollte es ein empfehlenswerter Blog sein, der vorgestellt wird, mal ein kleiner Veranstaltungstipp. Für Bücher, für deren Besprechung während des Jahres keine Zeit blieb, wird es Kurzrezensionen geben und vielleicht wird auch einmal ein Buch verlost.

Gerne könnt ihr den Blog schon einmal vorsorglich abonnieren (auf der rechten Seite bietet sich diese Möglichkeit) oder ein Lesezeichen für den Adventskalender einrichten.

Viel Spaß beim Entdecken wünsche ich euch!

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Joe Ide – IQ

Der Sherlock Holmes aus dem Ghetto

Ein Nachbarschaftsdetektiv in den Ghettos von Los Angeles, das ist Isaiah Quintabe, genannt IQ. Mit seinem induktiven Denken und seinem enormen Wissen ist der DIE Anlaufstelle für alle Menschen im Ghetto, denen Unrecht geschehen ist oder die anderweitig seine Hilfe brauchen. Doch all diese Aufträge werden – wenn sie denn dotiert sind – IQ eher in Naturalien denn in Geld ausbezahlt. Und auf Geld wäre IQ dringend angewiesen. Deshalb reaktiviert er widerwillig seinen alten Kumpel Dodson, der ihm einen lukrativen Auftrag verschaffen soll. Und dieser hat es dann prompt in sich:

iq

Der Rapper Murda One engagiert den Detektiv ohne Lizenz, denn mithilfe eines monströsen Pitbulls wurde ein Anschlag auf den Musiker verübt. Irgendjemand will den Rapper tot sehen und so wendet der sich an Isaiah und Dodson, damit sie den Schuldigen ermitteln. Doch nicht jedem aus dem Umfeld des Musikers gefällt es, dass die beiden die Drahtzieher des Anschlags ermitteln wollen. Bei ihrer Suche kreuzen sie die Wege von Rappern, Pitbullzüchtern und Kartellmitgliedern. Eine schwierige Melange, in der sich die beiden schon bald tödlichen Gefahren ausgesetzt sehen. Doch wo ist das Motiv der Auftraggeber zu suchen, die Murda One nach dem Leben trachten?

Schon in der Exposition zeigt Joe Ide verdichtet, zu welchen Großtaten IQ fähig ist. So schaltet er im Alleingang einen Pädophilen derart gekonnt aus, dass es den Jungs aus Alarm für Cobra 11 eine Freude wäre. Autoverfolgungsjagden, explodierende Granaten – um seinen Helden einzuführen wählt der Autor das ganz große Kaliber. Der folgende Fall, um den sich das ganze Buch dreht, hält sich da dann etwas zurück. Parallel erzählt Ide von den Ermittlungen des kriminalistischen Doppels Quintabe/Dodson und der Detektiv-Werdung des jungen IQ. Dies ist zwar gut gemacht, bremst aber phasenweise die Ermittlungen im Rapper-Milieu etwas aus.

Joe Ide ließ sich bei IQ sicherlich von Arthur Conan Doyles ikonischem Sherlock Holmes inspirieren, ein platter Abklatsch dieses schon 1373 mal variierten Themas ist das Buch allerdings keinesfalls. Dagegen spricht schon die Erzählperspektive, die hier die Personalperspektive ist und nicht die Doyle’sche Ich-Erzählerperspektive aus der Sicht Watsons (dessen phonetische Ähnlichkeit zu Dodson auch kein Zufall ist). Joe Ide beherrscht das filmreife Schreiben sehr gut, immer wieder schneidet er die Perspektiven von IQ und anderen gegeneinander, baut Szenen spannungstechnisch sauber auf und installiert mit IQ einen Helden mit Potential. Weitere Fälle für diesen Ghetto-Detektiv dürfen gerne folgen, vor allem da sich der Detektiv von seinem historischen Ballast freigeschwommen hat!

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Ian McEwan – Nussschale

Bauchgefühl

Wieder einmal überrascht Ian McEwan mit einem Roman, der einen Plot aufweist, den man so noch nicht gelesen hat. Dabei ist das Setting seiner Geschichte eigentlich mehr als verbraucht – man nehme einen Mann, seine Frau und packe dazu einen Geliebten, der zugleich der Bruder des Mannes ist. In dieser Dreier-Konstellation spielt sich nun alles ab, was der zwischenmenschliche Bereich so hergibt – Habgier, Neid, Wollust und mehr. Doch besonders wird dies alles erst durch den Erzähler, der sich nämlich im Bauch der Frau befindet. Aus der Sicht des Säuglings schildert Ian McEwan, wie in der Mitte der drei Charaktere ein tödlicher Plan entsteht, der schon bald eine rasche Eigendynamik entfesselt.

Stein des Anstoßes ist nämlich eine Immobilie, auf der John, der Vater des ungeborenen Kindes, sitzt. Eigentlich schlägt er sich mehr schlecht als recht durchs Leben, indem er einen unrentablen Lyrikverlag betreibt. Doch ein heruntergewohntes herrschaftliches Haus in guter Londoner Lage zählt zu seinem Besitz und das ist in Zeiten der rasenden Immobilienpreise ein Vermögen. Ein Vermögen, das Trudy und Johns Bruder Claude gut für sich brauchen könnten, möchten sie doch fortan zusammen ihr Leben leben und John daraus verbannen. Gift heißt die Lösung ihres Problems, und so muss der Säugling in Trudys Bauch hilflos mitansehen, wie seine Mutter nebst dem Geliebten ein tödliches Komplott spinnt, das für alle Beteiligten unabsehbare Konsequenzen haben wird.

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Lars Kepler – Playground

Orpheus und Eurydike mal anders

Zugegeben – der Blick auf den Klappentext von Playground macht nicht wirklich schlauer. In zwei Miniabsätzen wird da vom einem Spiel und einem Kampf über Leben und Tod hinaus erzählt. Doch worum es in dem neuen Buch des schwedischen Autorenduos Lars Kepler wirklich geht, das erschließt sich erst Stück für Stück.

keplerDer bisher ermittelnde Kommissar Joona Linna hat in diesem Buch keinen Auftritt – stattdessen führen die Schweden eine neue Protagonistin ein. Sie hört auf den Namen Jasmin Pascal-Anderson und war einst im Kosovo aktiv, ehe sie nun ein eigentlich recht beschauliches Dasein als Mutter des kleinen Dante führt. Doch nachdem die toughe Frau eine Psychose erlitt, liegt sie nun mit ihrem Mann über Kreuz, was das Sorgerecht ihres Sohnes betrifft. Als sie jetzt mit ihrer Mutter und Dante auf dem Weg zu einem Termin mit ihrem Gatten ist, werden sie in einen Autounfall verwickelt. Und dann findet sich Jasmin plötzlich in einer chinesischen Hafenstadt wieder, in der mörderische Gesetze herrschen – was ist hier passiert?

Playground ist ein wirklich ungewöhnliches Buch, das man mit dem Label Thriller nur unzureichend erschlägt. Das Buch des schwedischen Autorenduos liest sich, als hielte man ein Amalgam aus Christopher Nolans Inception und der dystopischen Hungerspiele-Dystopie in Händen. Die Idee ist wirklich gut und birgt einiges Potential, doch leider scheitert die Ausführung Keplers an vielen Stellen, was wirklich schade ist. Continue reading

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Zehn Fragen – neun Bücher

Zehn Fragen zu Büchern

Meine Augsburger Blogger-Kollegin Birgit Böllinger hat auf ihrem Blog Sätze und Schätze einen älteren Fragebogen noch einmal gepostet, über dessen Beantwortung ich gegrübelt habe. Nun sind die Antworten gefunden!

  1. Das erste Buch, das du bewusst gelesen hast?

Das war Rainer M. Schröders Roman Das Vermächtnis des alten Pilgers. Ein farbiger Abenteuerroman aus der Zeit der Kreuzzüge, der mich im Alter von zehn oder elf Jahren zum ersten Mal eine ganz Nacht lang durchlesen lies. Und fortan war ich dem Autor verfallen und habe heute noch das Oeuvre des Autors in meinen Regalen stehen.

2. Das Buch, das Deine Jugend begleitete?

Das war Ralf Isaus Das Museum der Erinnerungen. Ausgehend vom Pergamon-Altar erzählt der Autor eine phantastische Geschichte von Erinnerungen und Phantasie. Das Buch hat mich damals sogar dazu gebracht, in der Schule ein Referat über Isaus Erzählung zu halten.

3. Das Buch, das Dich zur Leserin/zum Leser machte?

Ein Leser war ich davor schon immer, doch im Alter von 12 Jahren griff ich das erste Mal in der lokalen Stadtbücherei zu einem Buch von Robert Ludlum, was meinen Lesegeschmack für die nächsten Jahre stark prägen sollte. Krimis und Thriller waren fortan die Bücher, die ich am häufigsten aus der Bücherei heimschleppte. Auch wenn Der Prometheus-Verrat – so hieß das Buch –  an meinen heutigen Standards gemessen eine Räuberpistole und schlecht geschrieben war, so weckte es doch in mir den Wunsch nach mehr Bücher, die mich fesselten.

4. Das Buch, das Du am häufigsten gelesen hast?

EIN Buch gibt es da nicht, einige Titel habe ich doppelt gelesen, aber ein Dauerlesebrenner ist Der Name des Windes von Carlos Ruiz Zafon genauso wie Richard Flanagans Goulds Buch der Fische. Lektüren, in denen sich immer wieder etwas Neues entdecken lässt.

5. Das Buch, das Dir am wichtigsten ist?

Angesichts der vielen hundert Bücher, die noch auf mich warten, wäre es etwas verfrüht, bereits jetzt ein Buch festlegen zu wollen, welches ich als DAS wichtigste Buch erachte. Eines, das aber auf alle Fälle Potential für diese Kategorie hat ist Anthony Marras Die niedrigen Himmel.

6. Das Buch, vor dem Du einen riesigen Respekt bzw. Bammel hast?

Also bei mir ist das die Odyssee von Homer, die bei mir in meinen Bücherstapeln auf mich lauert. Kann mich ein solch betagtes Werk noch begeistern oder sagt mir das Opus Magnum Homers heute nichts mehr? Vor diesem anspruchsvollen Buch habe ich auf alle Fälle Respekt und werde ich etwas einarbeiten müssen

7. Das Buch, das Deiner Meinung nach am meisten überschätzt wird?

Vieles von den Bestsellerlisten und generell alles von Sebastian Fitzek. Stilistisch mangelhaft, unausgegorene und abstruse Plots, Metzelorgien ohne Sinn und Verstand – Fitzeks Output ist eine Zumutung, aber jedes Mal auf Platz eins der Bestsellerlisten. Ein Rätsel.

8. Das Buch, das Du unbedingt noch lesen willst – wenn da einmal Zeit wäre?

Ein Buch? Wirklich ein Buch? Die Zahl der Wunsch-Lektüre ist eher dreistellig, doch wenn ich mich auf ein Buch beschränken müsste, es wäre wohl Lew Tolstois Krieg und Frieden.

9. Das Buch, das Dir am meisten Angst macht

Das ist Marisha Pessls Die amerikanische Nacht. Gekonnt verwebt die Autorin darin die Realität mit der Fiktion über einen mysteriösen Filmemacher und collagiert das Ganze zu virtuos, dass man zunehmend an seiner Wahrnehmung zweifelt.

10. Das Buch, das Du gern selbst geschrieben hättest?

Auf diese Frage fällt mir wirklich keine Antwort ein, da ich eh ein lausiger Autor wäre und keinem Autor seinen verdienten Ruhm streitig machen möchte. Gut dass sich die Autoren und Autorinnen solche tolle Welten erdacht haben, für mich reklamieren möchte ich keine.

 

 

Wie sehen eure Antworten aus? Was sind die Bücher, die euch beeinflusst haben? Auf andere Listen bin ich sehr gespannt!

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