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Olivier Rolin – Baikal-Amur

Ein Reisebericht

Tief in den Osten verschlägt es den französischen Autor Olivier Rolin in Baikal-Amur (Übersetzung aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller). In seinem Reisebericht erzählt er von der Reise auf der BAM, der sogenannten Baikal-Amur-Magistrale. Eine Reportage mit Schwächen, die zeigt, was dabei herauskommen kann, wenn man alte französische Männer in den Zug setzt …

Die Baikal-Amur-Magistrale

Die Zahlen der Baikal-Amur-Magistrale sind absolut beeindruckend. Die Bahnstrecke umfasst 4.287 Kilometer Schienenweg und durchmisst drei Zeitzonen. Seit 1989 ist die Strecke befahrbar, die im Westen in der Stadt Taischet beginnt und erst am Pazifischen Ozean endet.

Tausende Brücken, Bahnstationen und Tunnel liegen auf dem Weg, wovon Olivier Rolin erzählt. Diese Bahnstrecke forderte zahllose Tote, denn tausende Zwangsarbeiter aus den GULAGS wurden für die Bauarbeiten herangezogen. Vom (nichtvorhandenen) Andenken an diese Menschen berichtet der Franzose genauso, wie er im Buch sich an einer gesamten Beschreibung Russlands im Umbruch versucht.

Immer wieder kommt er mit Menschen ins Gespräch, die den alten Zeiten des Kommunismus und der Perestroika hinterhertrauern. Die tiefe Zerissenheit kann auch die landdurchmessende Bahnstrecke nicht heilen, wie Rolin schildert.

Seine Eindrücke und Skizzen entlang der Bahnstrecke werden von der Baikal-Amur-Magistrale als Leitmotiv zusammengehalten. Ansonsten berichtet Rolin oftmals assoziativ und ohne wirklich stringente Idee hinter seiner Momentensammlung. Mal sitzt er wie ein alternder Dandy im Restaurant und beobachtet die tanzenden Russen, mal durchstreift er Hotels mit klassischer Ostblock-Einrichtung.

Als pointierte Suche nach der russischen Seele kann man dieses Buch durchaus lesen. Ein Punkt, dem ich dem Autor aber nicht durchgehen lassen kann, und der mich immer wieder aufs Neue irritierte, ist das Menschenbild Rolins, insbesondere auf das weibliche Geschlecht bezogen.

Defizite in puncto Stil

Von einer Reisereportage erwarte ich eigentlich offene Augen und Ohren, unvoreingenommene Sinne, die mir nuanciert und nachvollziehbar die Geschehnisse und Begegnungen vor Ort plastisch schildern. In Baikal-Amur stolperte ich aber allenthalben über Stellen wie diese, in denen er seine Begegnungen festhält.

Es ist nachts um halb drei und die Hotelkraft an der Rezeption nimmt meinen Pass mit versteinerten Gesichtszügen (die zugleich speckig sind wie Schweineschmalz) sehr genau unter die Lupe.

Rolin, Olivier: Baikal-Amur, S. 22.

Mal kann im nicht einmal ein „recht hübsche asiatische Bedienung“ das Lokal erträglicher machen (S. 31), mal kann er erfreut feststellen, dass „die Bedienung freundlich und hübsch ist, mit einem prächtigen blonden Zopf und einer Stupsnase „á la russe““ (S. 72). Diese ganzen Beschreibungen lediglicher Äußerlichkeiten fand ich insgesamt gesehen zu platt und von einem unangenehmen Altherren-Sound durchzogen.

Aber auch die Männer erwischt Rolins ärmliches Beschreibungstalent:

Wieder im Zug. Um fünf Uhr früh werde ich von einem Mitfahrer auf dem Liegeplatz gegenüber geweckt, einer Art Jungbulle, vor Kraft strotzend, dicke Schenkel, dicke Arme, kurzärmliges Hemd, das breite Gesicht vom Bildschirm seine Tablets beleuchtet. 

Rolin, Olivier: Baikal-Amur, S. 117)

Das ist genauso einfach wie stilistisch arm (dicke Schenkel, dicke Arme, breites Gesicht – mir hätte der Lehrer früher so etwas aus dem Text gestrichen, aber gut, ich bin nun auch kein Reisereporter. Da sieht die Sache wohl etwas anders aus). Da helfen auch die wie mit einem Salzstreuer in Unmengen über den knappen Text gestreuten Zitate von Borges, Schalamov, Baudelaire oder Tschechow nicht viel.

Eher für Eisenbahn-Fans denn für Sprachästheten

Diese stilistischen Mängel mindern leider den Gesamteindruck des Buches erheblich, das ansonsten eine kluge Auseinandersetzung mit der zerrissenen Seele Russlands hätte sein können. Doch aufgrund der Kürze des Textes (nur 186 Seiten) für ein so umfassendes Thema und dem flaneurhaften Charakter des Buchs blieben bei mir die großen Erkenntnisse aus.

Ein Buch, das man schnell weglesen kann und das nicht dümmer macht. Recht viel klüger hat es mich auch nicht gemacht, aber Eisenbahn-Fans dürften sicher auf ihre Kosten kommen. Zudem ist das Büchlein wirklich schön gestaltet. Die Defizite im Inneren kann das allerdings für mein Empfinden nur unvollkommen kompensieren.

 

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Das Bayerischer-Buchpreis-Lotto

Heute Abend ist es endlich soweit – in der Allerheiligen-Hofkirche zu München wird der Bayerische Buchpreis 2017 verliehen – und wir drei Buchblogger von Sätze&Schätze, 54Books und meiner Wenigkeit sind an Bord, um auf Twitter, Instagram, Facebook, und und und über die Preisverleihung und Jurydiskussionen zu reportieren. Auch das Magazin Capriccio wird berichten und bietet auf seiner Facebookseite einen Livestream an.

Da wir uns drei jeder für sich durch fast alle sechs nominierten Titel gekämpft haben und auf mal mehr und mal weniger preiswürdige Titel gestolpert sind, kommt hier die Expertise, welche Titel wohl das Rennen machen.

Zur Übersicht hier noch einmal die nominierten Titel in den jeweiligen Kategorien (eine Übersicht all unserer Besprechungen hat Birgit hier gesammelt):

Sachbuch:

  • Goldstein, Jürgen: Blau – eine Wunderkammer seiner Bedeutung
  • Koenen, Gerd: Die Farbe Rot – Ursprünge und Geschichte des Kommunismus
  • Reckwitz, Andreas: Die Gesellschaft der Singularitäten

Belletristik:

  • Franzobel: Das Floß der Medusa
  • Morsbach, Petra: Justizpalast
  • Zehrer, Klaus Cäsar: Das Genie

 

Und hier nun unsere Prognosen, wer den Titel holen wird

Birgit Böllinger von Sätze&Schätze: Meine Tipps sind diese: In der Kategorie Roman vermute ich, dass Franzobel den Preis abräumen wird, sein Buch ist literarisch natürlich erstklassig. Dennoch drücke ich Justizpalast die Daumen – ich mag die mild-ironische Sprache von Petra Morsbach, die Thematik und finde das Frauenportrait ausgezeichnet.

In Sachen Sachbuch: Blau

 

Katharina Herrmann von 54Books: Ich glaube, Franzobel und Reckwitz gewinnen (weil: zeitgeistig, kulturkritisch, eh schon gefeiert, zudem ja auch wirklich gute Bücher), wünsche mit aber Morsbach und Goldstein (weil beide Bücher den Leser Realität tiefer und anders wahrnehmen lassen, die mich getroffen haben, auf unterschiedliche Weise).

 

Und meine Tipps: Ich vermute auch, dass Franzobel in puncto Belletristik machen wird, schließlich hat er in Thea Dorn eine vorzügliche Fürsprecherin gefunden (und natürlich auch mich), in Sachen Sachbuch erwarte ich einen Sieg von Blau, da am zugänglichsten und am wenigsten verkopft. Aber auch für den Justizpalast würde ich mich freuen. Ich bleibe gespannt!

 

 

Und nicht vergessen – auch auf der Seite des Bayerischen Rundfunks lässt sich abstimmen und man kann seinem Favoriten einen Klick in der Abstimmung zukommen lassen. Ganz viel Spaß – bis heute Abend!

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Antonin Varenne – Die sieben Leben des Arthur Bowman

Von Birma in den Wilden Westen

Von Birma über England bis in den Wilden Westen – der Franzose Antonin Varenne hat sich mit seinem neuen Roman etwas vorgenommen. Nach dem ersten auf Deutsch publizierten Roman Fakire erscheint nun in neuem Verlag die zweite deutsche Übersetzung mit dem Titel Die sieben Leben des Arthur Bowman.

Jener Bowman ist ein knallharter Söldner und Menschenschinder, der weder sich noch andere Menschen schont. Im Auftrag der Ostindienkompanie befehligt er andere Söldner in Birma, ehe es zu einer Katastrophe kommt. Sein Trupp wird gefangen genommen und gefoltert. Nach seinem Martyrium entflieht er nach London, das seinerzeit unter einer ungeahnten Hitze ächzt.
Bowman sucht im Alkohol Vergessen und verdingt sich als Konstabler. Er patroulliert durch die hitzegefluteten Straßen, bis ihn eine Nachricht außer seinem Trott reißt. In der Kanalisation Londons wurde ein Toter gefunden – gefoltert und mit ähnlichen Narben versehen wie Bowman. Dieser ist sich sicher dass ein ehemaliges Mitglied seiner Söldnertruppe hinter dem Mord stehen muss.
Und so macht er sich auf, seine ehemaligen Kollegen aufzuspüren und dem Mörder das Handwerk zu legen. Doch dieser Plan soll ihn bis nach Amerika in die weiten Ebenen führen, wo Siedler auf ihr Glück hoffen und Bowmans mörderischer Mitsöldner abgetaucht zu sein scheint.

Der Handlungsbogen von Varennes Roman ist durchaus ambitioniert. Mit der Figur des Arthur Bowman hat er einen kantigen und streitbaren Charakter ersonnen, der nicht unbedingt Herzen für sich einnimmt. Bowman ist brutal, säuft und ist eigentlich ein vollkommenes Wrack. Umso beeindruckender die Suche nach dem Mörder, die Bowman vor ungeahnte Herausforderungen stellt und ihn über sich hinauswachsen lassen.
Das Setting, vom schwülen Birma übers hitzige London bis nach Amerika, das von Hoffnung geradezu beseelt scheint, ist Varenne hervorragend gelungen. Auch die Person des Arthur Bowman bleibt dem Leser noch länger im Gedächtnis haften.
Abgesehen von der ein oder anderen kleinen Unstimmigkeit ein origineller Mix aus Western, historischem Roman und Serienkiller-Topos.

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Tag „Social Network“

Von Ascari vom Leseratz-Buchblog wurde ich für eine tolle Aktion namens „Social Network Tag“ nominiert. Die Idee dahinter: Mit verschiedenen Social-Media-Plattformen verknüpft stellt man jeweils ein Buch vor, das die passende Voraussetzungen erfüllt:

Große Bücher müssen nicht unbedingt dick sein, davon bin ich zutiefst überzeugt. Bestes Beispiel ist der Titel „Der Trafikant“ von Robert Seethaler. Mehr aus Zufall von mir aus dem Programm von Kein&Aber angefordert war ich schon nach der ersten Seite in der komprimierten Schreibe des Österreichers drinnen. Dieses Buch enthält alles, was das Leben ausmacht und beleuchtet dabei sogar zwei höchst schwierige Zeiten: Zum Einen die Zeit des Erwachsenwerdens und zum Anderen die Zeit des Austrofaschismus.

Franz Huchel, so der Name des Helds, muss erkennen, dass mit dem Erwachsenwerden die Welt zwar unglaubliche Chancen bereithält, aber auch alles sehr viel komplizierter wird.
Unglaublich gut geschildert zeigt das Buch einen Weg für Widerstandskampf gegen Dinge auf, die nicht richtig erscheinen. Sigmund Freud tritt auf, eine erste Liebe kreuzt Franz‘ Lebensweg und nach ein bisschen mehr als 250 Seiten ist die Geschichte schon am Ende. Eine wahre Preziose!

Ich glaube ich wurde auf der Krimi-Couch zu diesem Buch inspiriert. Ein perfekter Sommerkrimi wurde mir versprochen – und genau das habe ich auch erhalten. Immer noch meine Empfehlung Nr. 1 wenn es um Sommer, Surfen, Krimi und ein fantastisches Buch geht. Die Geschichte von Boone Daniels, dem surfenden Detektiv-Dude, der die Wellen vor Kalifornien unsicher macht, ist einfach unvergleichlich lässig und lässt den Sommer auch in kälteren Jahreszeiten im Kopf entstehen.

Der Fall, den Boone in seinem ersten Einsatz klären muss, dreht sich um Menschenschmuggel im kalifornisch-mexikanischen Grenzland und fordert ihm große Zugeständnisse ab. Dabei will er doch nur einfach die gigantischen Wellen reiten, die sich Kalifornien nähern.
Einziger Wermutstropfen ist für mich, dass nach dem zweiten Boone-Daniels-Roman Pacific Paradise Schluss war und Don Winslow bislang noch keinen neuen Titel diesen coolen Detektivs nachgeschoben hat.

Generell finde ich das deutsche Buchdesign im Vergleich zu unseren Nachbarländern (z.B. der anglophone Bereich) sehr gelungen. Auch die Reihen von Verlagen finde ich ästhetisch sehr ansprechend, allen voran den Diogenes-Verlag (ja ich weiß, hier kann man geteilter Meinung sein. Mir gefällt die einheitliche Optik nicht nur im Regal ausnehmend gut).

Besondere Cover habe ich sehr viele im Regal – auf die Schnelle kommt mir gerade „Das geraubte Leben des Waisen Jun Do“ in den Sinn. Dieses Cover aus dem Suhrkamp-Verlag veredelt den Pulitzer-Preis-gekrönten Inhalt des Buches.
Die asiatisch anmutendene Aufmachung des Buches entführt zusammen mit dem Scherenschnitt des Fischtrawlers gekonnt nach Nordkorea, wo dieses Buch spielt. Proportionen, Farbgebung und Schrift passen in diesem Fall perfekt zusammen, wie ich finde. In meinen Augen ein wirklich wunderschönes Cover!

Ich habe es vor ein paar Tagen in meinem Verriss schon geschrieben, aber „Ein Bulle im Zug“ von Franz Dobler war für mich wirklich nur ärgerlich. Wofür dieses Buch den Deutschen Krimipreis erhalten hat, vermag ich nicht zu sagen. Ich wünschte ich hätte die Entschlusskraft gehabt, dieses Buch abzubrechen. So reiht sich der Bulle im Zug ein in eine gottseidank kurze Liste von grottigen Titeln, die ich mir wirklich nicht noch einmal geben muss!

  

Charaktere aus einem Buch, mit denen ich mich gerne unterhalten würde? Eine schwierige Frage, bin ich doch meistens froh dass ich den Figuren nicht im täglichen Leben begegnen muss, mit denen ich in Büchern beschäftige. Zudem sind viele der Personen, die die Bücher bevölkern ärgerlich unterkomplex gestaltet. Tiefe und Widersprüchlichkeit findet sich eher selten in einem Buch, weshalb ich diese umso mehr schätze, die faszinierende Figuren aufbieten. An William Stoner, dem titelgebenden Protagonisten, der vom Bauernsohn bis zum Universitätsprofessor aufsteigt, fasziniert mich seine Duldsamkeit und seine Bescheidenheit. Mit ihm würde ich gerne einen Abend an einer alten amerikanischen Bar verbringen und mit ihm über das Leben reden.
Schließlich ist eine Frage, die sich William Stoner im Buch stellt eine zentrale: „Was hast du vom Leben erwartet?“

Der silberne Sinn“ von Ralf Isau ist solch ein Buch. Gelesen habe ich es das erste Mal im Alter von 14 Jahren und dann noch einmal 2 Jahre später. Ralf Isau war schon immer einer meiner Lieblingsautoren, doch mit diesem Buch hat er es geschafft meine Faszination noch einmal zu steigern. Das Buch richtet sich zwar eher an ein erwachsenen Publikum, aber schon damals hat das Buch einen großen Reiz auf mich ausgeübt. Wie Isau in diesem Buch die Themen des Jonestown-Massakers, Empathie, den Reichstagsbrand und eine Expedition in den Dschungel von Französisch-Guyana miteinander verknüpft, obwohl die Themen eigentlich nicht zusammenpassen, das ist meisterlich.
Er erzählt von einer jungen Anthropologin, die im Auftrag ihres Dekans in den Dschungel von Französisch-Guyana aufbricht, um dort das Geheimnis der Weißen Götter zu erforschen – legendärer Ureinwohner Amerikas, die in der Lage sein sollen, Gedanken zu lesen.
Leider kam in den letzten Jahren nichts wirklich Bemerkenswertes im Stil dieses Romans oder im Stil der „Galerie der Lügen“. Sehr schade, da mich diese Bücher wirklich nachhaltig beeindruckt haben. Ich sollte sie wohl wieder einmal lesen, wenn sich Zeit fände.
Empfehlenswert sind seine Bücher aber auf jeden Fall, auch wenn „Der silberne Sinn“ schon über zehn Jahre auf dem Buckel hat.




Diese Frage lässt sich von mir kurz und bündig beantworten – ein solches Buch gibt es nicht. Klar bin ich immer wieder auf Buchverfilmungen gespannt, ans Kopfkino kommen diese meistens jedoch eh nicht heran. Deshalb klammer ich diese Frage aus!

So, nun aber zu meinen Nominierungen (der natürlich nur bei Zeit und Lust nachzukommen ist):

Nellys Leseecke

Books’n’Stories

Kaliber 17

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Kurzkritiken

Alan Carter – Prime Cut

Krimis aus Australien sind in meinem Regal Mangelware. Abseits von Peter Temple und Konsorten besitze ich fast keine Krimis vom Roten Kontinent.
Umso besser dass Alan Carter nun einen Debütkrimi geschrieben hat, der dem Vergleich mit einem Meister wie Peter Temple durchaus standhalten kann. Aber der Reihe nach:
Der Roman spielt in einem kleinen Dörfchen Hopetoun an der Westküste Australiens, das dank seiner Erdschätzen als Minenstadt einen wahren Boom erlebt. Von überall reisen Hilfsarbeiter in das Städtchen und es herrscht eine gereizte Stimmung, in die das Auftauchen einer Wasserleiche recht wenig passt. Aufklärung ist vonnöten. Und diese soll durch den Ermittler Cato Kwong erfolgen.
Cato Kwong wurde nach einem Fauxpas ins Viehdezernat abgeschoben, obwohl er ein begnadeter Schnüffler ist. Mitsamt seines Vorgesetzten soll er nun in Hopetoun ermitteln und die Identität der Wasserleiche sowie deren Verscheiden aufklären.
Angereichert wird dieser Plot noch durch einen zweiten Plot, der von der Vergangenheit bis in die Gegenwart reicht. In England ermordete einst ein Familienvater seine Familie. Stuart Miller sollte diesen Fall einst aufklären, doch der Mörder verschwand spurlos. Nun scheint in Australien, wo sich Miller als Pensionär niedergelassen hat, dieser Mörder wieder zugeschlagen zu haben. Parallel zu Kwong macht sich Miller an das Lösen seines alten Cold Cases.  
           
Ein klar strukturierter Plot, plastische und glaubwürdige Charaktere und eine stringente Schreibe machen diesen fast schon mustergültigen Krimi aus. Ein reifes Debüt von Alan Carter, das zeigt, dass er die Regeln für gute Krimis verstanden hat. Wie er die zwei Erzählstränge behandelt, wie er seinen kantigen Ermittlern Kontur verleiht, das ist mehr als nur gekonnt. Ein Schreiber beherrscht sein Handwerk, wenn ich über den Tod von Figuren irritiert und nachdenklich bin, wenn mich der Plot länger als zum Zuklappen der letzten Seite fesselt – alles das ist hier der Fall. 
Gut dass schon neue Fälle mit Cato Kwong darauf warten, ins Deutsche übertragen zu werden. Eine Krimireihe, die man im Auge behalten sollte!

Ray Banks – Dead Money

Wenn man auf fiese Noir-Krimis steht, die dahin gehen, wo es weh tut, dann sollte man definitiv den frisch gegründeten Polar-Verlag auf dem Radar haben. Nachdem mich die ersten beiden Publikationen nicht so wirklich vom Hocker hauen konnten (Eberhard Nembachs „Gypsy Blues“ doch noch etwas eher als Jörg Walendys „Tag der Unabhängigkeit„, obwohl beide Plots gar nicht schlecht klangen). Doch nun hat sich die Qualität mit dem ersten irischen Noir, den ich rezensieren durfte, schlagartig gebessert. Ray Banks ist ein schottischer Autor, der in Werbeankündigungen auch gerne mal als Kult-Autor bezeichnet wird, da ihm in seiner Heimat Schottland wohl großer Erfolg beschieden ist. Auch Kollegen wie Ken Bruen rühmen den schottischen Schriftsteller in höchsten Tönen. Nach „Dead Money“ kann man die Lobpreisungen für das Schreiben des ehemaligen Croupiers nachvollziehen, denn hier weiß jemand offenbar ganz genau, wie man auf den Punkt kommt.
In seinem Debütroman erzählt Banks von zwei Freunden, die füreinander durch die Hölle gehen. Nachdem ein Pokerspiel aus dem Ruder lief und Les Beale einen Mitspieler ermordete muss ihm sein bester Freund und Ich-Erzähler Alan Slater beim Entsorgen der Leiche helfen. Kompliziert wird es, als sich die Leiche als lebendig und die Kreditgeber Les‘ als sehr brutal erweisen …
In guter alter Noir-Manier tritt sich der Held immer tiefer in den Morast aus Schuld und Sühne und muss alle Kräfte aufbieten, um das mörderische Karussell zu stoppen.
Ein kleiner und höchst fieser Roman, der den Leser über seine 208 Seiten fesselt und mitnimmt. Kunstvoll verknappt schreibt Banks derbe-direkt und voll auf die Zwölf. Ebenfalls eine Empfehlung für alle Freunde guter Krimis, die auch etwas düsterer ausfallen dürfen.

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