Dinah Marte Golch – Wo die Angst ist

Holzschnittartiger Krimi

Zugegeben: Der Tatort „Nie wieder frei sein“ mit den Münchner Kommissaren Batic und Leitmayer, zu dem Dinah Marte Golch das Drehbuch verfasst hat, ist grandios. Und auch ansonsten hat die Autorin schon mit zahlreichen Drehbüchern bewiesen, dass sie Spannung erzeugen kann.
Leider klappt das in Buchform noch überhaupt nicht, wie „Wo die Angst ist“ mehr als deutlich aufzeigt.
Kurz vor Weihnachten wird im verschneiten und kalten Potsdam ein türkischer Schüler ins Koma geprügelt – und dank eines Zeugen weisen alle Spuren schon bald ins rechtsradikale Milieu.
Der forsche Kommissar Sigi Kamm ermittelt in dem Fall und bekommt es dabei recht bald wider Willen mit der Psychologin Alicia Behrens zu tun. Diese beiden müssen sich zusammenraufen, um den Fall um den türkischen Schüler zu lösen und die widersprüchlichen Spuren zu entwirren.
Es hätte so schön werden können: Ein unkonventionelles Ermittlungsduo, ein spannender Fall und ein Blick in das rechtsradikale Milieu verknüpft mit einem tollen Sprachstil.
Leider zündet alles nicht so richtig – zu starr ist das Schema, das dem Buch zugrundeliegt, zu holzschnittartig die Charaktere, die das Buch bevölkern.
Man merkt dem Buch deutlich an, dass Dinah Marte Golch durchaus Szenarien zu schildern weiß, dennoch sind kommt das Buch nicht richtig in Fahrt.
Wie in einem durchschnittlichen „Tatort“ beschränkt sich die Frage nach dem Täter auf ein beschränktes Figurenensemble und auch so etwas wie Spannung kommt eigentlich nie auf. Aus verschiedenen Perspektiven wird die Suche nach dem Täter beschrieben, doch leider verläuft die Spannungskurve trotz gelegentlicher dramaturgischer Kniffe zu flach ab.
Somit schöpft sie das Potenzial, das in ihrer Geschichte steckt, in keinster Weise aus und auch die Szenen mit den Neonazis, die durchaus spannungsreich hätten gestaltet werden können, sind eigentlich nur dramaturgisches Beiwerk – die Wirkung dieser Szenen verpufft wie eine Seifenblase.
Für mich steht nach diesem Buch erneut die Erkenntnis, dass Drehbuchautoren nicht automatisch auch gute Buchautoren sind. Diesem Buch geht eindeutig die Plastizität der Handelnden ab und lässt ein Grundmaß an Spannung vermissen. Die euphorischen Stimmen der Fernsehschaffenden auf dem Klappentext kann ich in dieser Form leider nicht nachvollziehen.
Bei allem Respekt für die Drehbücher von Dinah Marte Golch: Um mich zu überzeugen, müsste sie sich mit ihrem zweiten Band um den Kommissar Sigi Kamm und Alicia Behrens noch gewaltig steigern!
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