Klaus Modick – Die Schatten der Ideen

In seinem Buch Die Schatten der Ideen verknüpft Klaus Modick die Lebensgeschichte des jüdischen Emigranten Julius Steinberg mit der des Universitätsdozenten Moritz Carlsen zur Zeit des Irakkriegs 2003/2004.

Aufhänger ist die Schaffenskrise des Autoren Moritz Carlsen. Dieser mag und mag kein Thema für seinen neuen Roman finden, sodass ihm der Anruf eines alten Freundes gerade recht kommt. Dieser lotst ihn als Artist in Residence in die abgelegenen Berge von Vermont, wo Carlsen am Centerville-College Kurse geben soll. Dem Ruf seines alten Freundes kann er sich nicht widersetzen, besonders, da auch berühmte Literaten wie Robert Frost oder sogar Carl Zuckmayer in Vermont Unterschlupf fanden. Eine gute Region also, um auf den Musenkuss zu warten. Und bis der kommt, gibt Carlsen Vorlesungen zum Thema Übersetzung und versucht sich in Vermont einzuleben.

Dabei stolpert er just eines Tages in dem vom College zur Verfügung gestellten Zuhause im Keller über ein Konvolut voller Briefe und Aufzeichnungen. Diese geben Einblick in das bewegte Leben des jüdischen Emigranten Julius Steinberg, der von Deutschland aus zur Zeit der Nationalsozialisten nach Amerika emigrierte. Dabei ist der Großteil des Konvoluts eine Art eigene Autobiographie, die Steinberg in seiner Gefängniszelle schrieb, in der er zur Zeit der McCarthy-Ära gelandet war. Carlsen beschließt, über das Leben des Verfassers selbst Nachforschungen anzustellen, doch je weiter er mit seinen Nachforschungen kommt, umso mehr Gegenwind gibt es.

Die Schatten der Ideen erschien im Original 2008 und liegt nun als ungekürzte Taschenbuchausgabe bei Piper vor. Per Zufall entdeckte ich das Buch des Autors in der Bibliothek einer Freundin und wurde gleich vom Klappentext angesprochen. Zudem hatte Modick durch seinen hervorragenden Worpswede-Roman Konzert ohne Dichter bereits einen dicken Stein in meinem literarischen Brett.

Auch dieser Backlist-Titel enttäuscht überhaupt nicht und ist es auch nach neun Jahren noch wert, gelesen zu werden. Die Verknüpfung zwischen dem Emmigranten-Schicksal Julius Steinbergs und dem aktuellen Strang rund um Moritz Carlsens Wirken in Vermont sind gut gewählt. Man lernt so manches über die Auswanderer-Szene in Amerika zur Zeit des Nationalsozialismus und wird dabei blendend unterhalten. Ein toller Roman, der gerne (noch)einmal zur Hand genommen werden darf!

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