Omar El Akkad – American War

Schon bevor die erste Zeile in diesem Roman des Journalisten Omar El Akkad gelesen ist, weiß man, worauf man sich bei American War einstellen muss. Denn vor dem Prolog des Buches prangen zwei Landkarten, die ein Amerika im Jahr 2075 zeigen, das mit unseren tradierten Vorstellungen kollidiert. Denn von Mexiko aus dem Süden ausgehend zeigt die Karte eine Zone mit dem Titel Mexikanisches Protektorat, die Vereinigten Staaten von Amerika und ein abgetrenntes Territorium mit dem Titel Freie Südstaaten.

Diese verschiedenen Zonen sind Ausgangspunkt für die Welt, die Omar El Akkad in seinem Debüt schildert. Startpunkt ist jenes Jahr 2075, von dem ausgehend die Handlung ihren Verlauf nimmt. Denn in Amerika herrscht zu dieser Zeit gerade Krieg, die Südstaaten haben sich von den USA losgesagt, Tod und Vernichtung landauf, landab. Man könnte meinen, die Zeit der Sklavenkämpfe sei zurück. Der Norden gegen die Blauen, Mexiko als Puffer im Süden und außerhalb des amerikanischen Territoriums die arabischen Staaten, die sich zum sogenannten Bouazizireich zusammengeschlossen haben.

Ein beunruhigende Vision, die wir durch die Augen von Sara T. Chestnut, genannt Sarat, beobachten. Diese wächst mit ihrer Familie in Louisiana relativ unberührt von den Schrecken des Bürgerkriegs auf. Doch schon bald stirbt Sarats Vater durch eine Bombe und die Familie wird zu Flüchtlingen und muss in einem Camp unterkommen. Bei Sarat setzt ein schleichender Prozess der Radikalisierung ein und so nährt sich in der heranwachsenden jungen Frau der Hass – bis es zu fatalen Verwicklungen kommt.

Eine Dystopie reinsten Wassers

Omar El Akkads Buch ist von lobenden Kurzzitaten der New York Times bis zur Washington Post bepflastert. Jene Zeitung hat es sogar mit zwei Zitaten ins Buch geschafft. „Der Roman für alle, die die Trump-Ära umtreibt“, ist auf einem Sticker zu lesen, der das Buch zusätzlich noch bewirbt.

Lässt man all das Marketing-Gedöns, alle vielbeschworenen Verweise auf die aktuelle Situation der USA beiseite und die Trump-Referenzen weg, was bleibt dann von diesem Roman?

American War ist eine astreine, über zwanzig Jahre erzählte Dystopie in klarer Sprache und mit einprägsamer Handlung. Neben der chronologischen, meist aus Sarats Perspektive erzählten Handlung streut El Akkad viele Dokumente wie etwa Protokolle oder Ausschnitte aus fiktiven Biografien ein, die die Hintergründe des amerikanischen Bürgerkriegs erklären.

Das alles vermischt sich zu einer bedrückenden und eindringlichen Vision, von der man sich wünscht, sie möge nie wahr werden. Andererseits realisiert man auch, dass das ganze Leid, das in die Zukunft und in die USA projiziert ist, bereits jetzt an zahllosen Stellen der Welt traurige Realität ist. So ist der Roman Dystopie und Parabel, Warnung und gute Unterhaltung zugleich.

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[…] das die momentane amerikanische Gesellschaft in Frage stellt. Lepucki sensiblisiert dafür, wie fragil unsere Gesellschaftsordnung doch […]

Dunkles Schaf
6 Jahre zuvor

Danke fürs Vorstellen – ist mir noch nicht untergekommen, aber gleich mal auf meine Wunschliste gerutscht.

infraredhead
infraredhead
6 Jahre zuvor

Schöne Rezension! Ich fand das Buch auch ganz wunderbar.