Rose Tremain – Und damit fing es an

Die Gustav-Sonate

Rose Tremain begegnete mir bereits einmal – mit ihrem Mittelalter-Roman Adieu, Sir Merivel. Diesmal ist sie für ihren neuen historische Roman in der Zeit deutlich vorangereist und beginnt nun ihren Roman grob um 1930, um dann im Jahr 2002 zu enden. Dieser Bogen umspannt die Leben von Gustav Perle und seinem besten Freund Anton Zwiebel, deren Freundschaft den Kern der vorliegenden Geschichte bildet.

Und damit

Angesiedelt ist der Roman im schweizerischen Örtchen Matzlingen, einer beschaulichen Kleinstadt, in der Gustav und Anton aufwachsen. In drei Teile gegliedert erzählt Rose Tremain zunächst vom Aufwachsen Gustavs, dann springt sie zurück in die Vorgeschichte von Gustavs Eltern, um dann im dritten Teil die weitere Entwicklung von Anton und Gustavs Freundschaft bis ins Jahr 2002 zu schildern. Dabei verlässt der Roman kaum den erzählerischen Mikrokosmos Matzlingens und bleibt immer dicht an Gustavs Biografie, auch wenn der mittlere Teil mehr die Hintergründe von Gustavs Familie beleuchtet.

Einfühlsam beschreibt Rose Tremain Gustavs Leben, der aus armen Verhältnissen stammt und zu großer Selbstdisziplin erzogen wird. Seine Mutter lebt mit dem Jungen alleine, nachdem Gustavs Vater die Unterstützung von flüchtenden Juden in die Schweiz zum Verhängnis wurde. Ihre Verbitterung frisst Gustavs Mutter in sich hinein und macht es dem Jungen nicht immer leicht. Ganz anders da die kosmopolitische und wohlhabende Welt der Zwiebels, die auf Gustav einen großen Reiz ausübt. Während er von der Hand in den Mund lebt, soll Anton ein Konzertpianist werden und wird dementsprechend sehr viel protegiert. Doch wie es oft so ist – das Leben hält sich nicht an die großen Baupläne, die Menschen vorhersehen. Und so verläuft das Leben der beiden Freunde doch anders als gedacht.

Ein leises Buch

Rose Tremain reißt in ihrem neuen Roman viele Themen an: Das (mir unbekannte) Thema der jüdischen Flüchtlinge in der Schweiz, die Suche nach Glück, der Versuch ein ganzes Leben prägnanten Szenen zusammenzuraffen. Das meiste davon gelingt ihr auch, und so entsteht ein leises Buch, dass die Freundschaft feiert und bei aller Leidenschaft der Autorin für ihre Protagonisten nie ins Pathetische abgleitet.

Ein Kritikpunkt meinerseits ist nur die Wahl des Titels: Der Titel Die Gustav-Sonate (so der Titel im Original) gefällt mir da schon deutlich besser als der etwas nichtssagende Titel Und damit fing es an, auch wenn das Cover den Inhalt sehr gut wiedergibt. Abgesehen davon allerdings ein Buch, das Freunden von Robert Seethalers Ein ganzes Leben, Benedict Wells‘ Vom Ende der Einsamkeit oder Thomas Hettches Pfaueninsel gerne empfohlen werden kann.

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