Stefan Slupetzky – Polivka hat einen Traum

Mörderische Züge

Mit österreichischen Kriminalromanen ist das ja so eine Sache: ein bisschen eigen sind sie immer. Egal ob es Romane von Wolf Haas, Thomas Raab oder Heinrich Steinfest sind – stets kommen sie sowohl in der Handlung als auch in der Sprache eigenwillig und teilweise sehr skurril daher.
Auch Stefan Slupetzkys Roman „Polivka hat einen Traum“ lässt sich durchaus dieser Krimischule zuordnen, allerdings ist der Roman im Vergleich mit den obigen Autoren geradezu zahm geraten.
Von manchen erzählerischen Volten abgesehen gelingt Slupetzky ein wirklich guter und nachvollziehbarer Kriminalroman, der mit einem originellen Szenario aufwartet:
In mehreren Zügen in Europa gab es Notbremsungen auf offener Strecke, bei denen sich Menschen den Hals gebrochen haben. Der Wiener Bezirksinspektor stößt auf diese Fälle, da auch in seinem Bezirk ein Mann einen Genickbruch erlitten hat. Doch durch seine beharrliche Nachforschung und den gewitzten Gerichtsmediziner Singh stößt er schon bald darauf, dass der Unfall mitnichten ein Unfall war.
Es entspinnt sich eine europäische Reise, die Polivka mit seinen Getreuen antritt, um das Geheimnis der Zugtoten zu ergründen – die gerade aufgrund der geringen Seitenanzahl von gerade 300 Seiten sehr temporeich ausfällt. Gemeinsam hetzen die Gefährten von Wien nach Paris und Brüssel und so weiter und so fort.
Es ist Stefan Slupetzky hoch anzurechnen, dass er sich nicht im Chaos verliert, sondern die erzählerischen Fäden in der Hand behält und die Geschichte vorantreibt.Das Szenario, das er langsam enthüllt, ist so fern der Realität gar nicht und wirkte eigentlich erschreckend, wenn er nicht auch Galgenhumor beweisen würde. Denn Spaß macht „Polivka hat einen Traum“ ebenfalls, da es an humorvollen Szenen nicht mangelt (die auch im Kontext des Buches nicht stören) und diese mit gewitzten Einfällen gespickt sind.
Insgesamt ist „Polivka hat einen Traum“ ein überraschend guter, kompakter, lustiger und durchaus realistischer Krimi, der seine österreichische Herkunft nicht verleugnen kann, dies aber auch nicht will. Eigenwillig und spannend!
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