Tag Archives: Buchempfehlungen

Buchtipps für Weihnachten 2022

Nur noch ein Monat, dann steht Weihnachten wieder einmal völlig überraschend vor der Tür. Deshalb erlaube ich es mir heute, in drei verschiedenen Kategorien als Geschenkanregungen Buchtipps zu geben, mit denen man sicher nichts falsch macht. Es handelt sich bei den ausgesuchten Titeln um aktuelle Neuerscheinungen, die man im gut sortierten Buchhandel finden sollte (oder zumindest bestellen und dann am nächsten Tag dann abholen kann).

Vor allem angesichts eventueller Engpässe im stationären Buchhandel empfiehlt es sich ja aktuell eh, ein wenig früher mit den Bestellungen dran zu sein. Das macht es den Buchhändler*innen im Weihnachtsstress ein bisschen einfacher – und zudem kann man sich dann selbst beruhigen, dass man einen Teil der Geschenke schon besorgt hat. Anderweitigen Stress an Weihnachten gibt es ja schon genug.

Deshalb hier nun meine diesjährigen Empfehlungen, sortiert nach den Kategorien Sachbuch, Belletristik und Kinder- und Jugendbuch. Viel Vergnügen und gute Inspiration!

Sachbuch

Andrea Wulf – Fabelhafte Rebellen

Ihre Biografie über Alexander von Humboldt zählt zum Besten, das ich im Genre der historischen Biografie in letzter Zeit gelesen habe. Nun nimmt sich Andrea Wulf in ihrem neuen Buch Zeit der frühen Romantiker*innen und deren Wirkungsschwerpunkt Jena vor und erzählt, wie sich in jener Stadt die Geistesgrößen Fichte, Schelling und Co. trafen – und sich gegenseitig beeinflussten. Eine hervorragende Zeitreise, unterhaltsam und lehrreich – und dabei auch erstaunlich aktuell.

Übersetzung aus dem Englischen von Andreas Wirthensohn. 525 Seiten. 30,00 €. ISBN 978-3-570-10935-1 (C. Bertelsmann)

Patrick Radden Keefe – Imperium der Schmerzen

Die Opioidkrise der USA, das ist etwas, das man hierzulande nicht wirklich auf dem Schirm hat, außer vielleicht wenn ein Roman mal davon erzählt. Aber dass flächendeckend große Mengen Amerikaner*innen bis in die Mittelschicht hinein schmerzmittelabhängig sind und dadurch durchs soziale Raster gefallen sind, das macht die packend erzählte Geschichte von Patrick Radden Keefe klar. Darin erzählt er, wie die Pharma-Dynastie der Familie Sackler diese Krise verursacht und ausgeschlachtet hat – spannend wie ein Krimi und dabei (leider) sehr faktenbasiert.

Übersetzung aus dem Englischen von Benjamin Dittmann-Bieber, Gregor Runge und Kattrin Stier. 639 Seiten. 36,00 €. ISBN 978-3-446-27392-4 (hanser blau)

Volker Ullrich – Deutschland 1923

Dass der deutsche Buchmarkt nicht allzu originell ist, das fällt aktuell besonders deutlich ins Auge. Was einmal gut lief, das wird munter kopiert und fortgeführt. Bestes Beispiel ist zur Zeit der von Florian Illies angestoßene Trend zum anekdotischen Jahrbuch. Mindestens fünf Bücher über das Jahr 1923 erschienen diesen Herbst in verschiedenen Verlagen in ganz unterschiedlicher Qualität. Für sich steht darunter das Buch des Historikers Volker Ullrich, in dem er auf plaudrige Zeitkoloritschnipsel verzichtet und sich stattdessen dem Jahr in thematischen Schwerpunktsetzung näher, wobei er sachkundig von der Inflation, von der Tanzwut, dem Erstarken rechter Kräfte oder Kultur im Zeichen der Krise erzählt. Fundiert, genau und umfassend.

441 Seiten. 28,00 €. ISBN 978-3-406-79103-1 (C. H. Beck)

Eberhard Seidel – Döner

Ein Buch über Döner, das man auch Veganerinnen und Vegetariern schenken kann? Unbedingt, denn Eberhard Seidels Buch ist weitaus mehr als eine Hymne an das Kultgericht. Er bietet darin eine Geschichte der (türkischen) Migration in Deutschland und erzählt von Aufstieg und Ausgrenzung, von Xenophobie, die sich vom Gammelfleischskandal bis hin zur NSU-Mordserie aka „Dönermorde“ immer wieder zeigte und zeigt und für türkische Mitbürger*innen zu oft auch Todesgefahr bedeutet. Ein Buch, das weit über die reine Kulinarik hinausblickt, und das es deshalb so empfehlenswert macht.

257 Seiten. 20,00 €. ISBN 978-3-7550-0004-4 (März-Verlag)

Irene Vallejo – Papyrus

Eine Geschichte der Schrift, des Buchs, der Kulturtechnik des Lesens, all das vereint Irene Vallejos Sachbuch Papyrus, das mitreißend von der Kraft des gedruckten und geschriebenen Worts zu erzählen vermag. Denn eines wird in Vallejos über 750 Seiten starken (aber niemals langweiligen) Buch auch klar – die Geschichte der Welt ist auch eine Geschichte der Bücher und umgekehrt.

Übersetzung aus dem Spanischen von Maria Meinel und Luis Ruby. 752 Seiten. 28,00 €. ISBN 978-3-257-07198-6 (Diogenes)

Belletristik

Prosaische Passionen

Männer schreiben Literatur, Frauen Unterhaltung. Deshalb braucht man sie auch nicht in den literarischen Kanon aufnehmen. Gegen diese jahrhundertealte und grotesk falsche Praxis setzt der von Sandra Kegel herausgegebene Sammelband ein wuchtiges Kontra. Denn der Band versammelt Shortstorys von vielfältigen weiblichen Erzählerinnen quer über den ganzen Erdball verteilt. Von großen Namen wie Colette oder Virginia Woolf bis hin zu echten Entdeckungen wie Chawa Schapira oder Out el-Kouloub oder Ding Ling. Erzählerinnen, denen in einer gerechteren Welt ein ebenbürtiger Platz im Kanon der Literatur gebührte.

928 Seiten. 40,00 €. ISBN 978-3-7175-2546-2 (Manesse)

Maggie Shipstead – Kreiseziehen

Ein Schmöker im besten Sinne, der mitreißend vom Leben der Pilotin Marian Graves erzählt. Diese verschwand vor Jahrzehnten im ewigen Eis der Antarktis und nur ein Tagebuch blieb von ihr zurück. Nun soll der gefallene Hollywoodstar Hadley Baxter Marian Graves in einem Film verkörpern und taucht dafür ganz tief ein in das Leben der eigensinnigen Pilotin, das uns Maggie Shipstead als emotionalen, fesselnden und unheimlich suggestiven Bilderbogen präsentiert. Hier lohnt sich jede der über 800 Seiten fiktiver Lebensgeschichte, in der man wirklich versinken kann.

Aus dem Englischen von Harriet Fricke, Susa Goga-Klinkenberg und Sylvia Spatz. 861 Seiten. 28,00 €. ISBN 978-3-423-29020-3 (dtv)

Lucy Fricke – Die Diplomatin

Taut das Leben einer Staatsdienerin im Auswärtigen Dienst für einen Roman? Unbedingt, wie Lucy Fricke in Die Diplomatin beweist. Ihr gelingt ein Buch auf Höhe der Zeit, das die Frage nach dem Nutzen von Demokratie und demokratischen Prozessen stellt und das mit der Erzählerin Fred eine wunderbar ambivalente und lebensnahe Heldin in den Mittelpunkt stellt. Hier finden Privates und Politik gelungen zusammen. Und außerdem schreibt Lucy Fricke mit die wohl trockensten und besten Dialoge, die man für Geld kaufen oder in Bibliothek leihen kann.

256 Seiten. 22,00 €. ISBN 978-3-546-10005-2 (Claassen)

Amor Towles – Lincoln Highway

Ein Schmöker irgendwo zwischen Jules Vernes In achtzig Tagen um die Welt und den Romanen Mark Twains, das ist Lincoln Highway von Amor Towles. Jener legendäre Highway, die erste Schnellstraße von Ost nach West, wird bei Towles zur Richtschnur für ein Brüderpaar, die den Spuren ihrer Mutter folgen wollen. Doch die Reise entwickelt sich ganz anders als geplant – zum Glück, denn so lässt es sich wunderbar mit den jugendlichen Protagonisten mitfiebern und bangen. Großartige Unterhaltung mit dem Zeug zum modernen Americana-Klassiker.

Aus dem Englischen von Susanne Höbel. 576 Seiten. 26,00 €. ISBN 978-3-446-27400-6 (Hanser)

Johanna Adorján – Ciao

Bei diesem Buch hat es im vergangenen Jahr nicht zu einer Rezension gereicht, was keinesfalls der Qualität von Johanna Adorjáns Prosa, sondern vielmehr meinen eigenen Zeitreserven geschuldet war. Umso schöner, dass sich das Buch jetzt als kostengünstiges Taschenbuch zum Verschenken anbietet. Denn Adorján erzählt darin augenzwinkernd von einem Großfeuilletonisten, der erkennen muss, dass seine besten Jahre schon hinter ihm liegen.

272 Seiten. 13,00 €. ISBN 978-3-462-00399-4 (KiWi)

Kinderbuch

Oliver Jeffers, Sam Winston – Wo die Geschichten wohnen

Das, was Irene Vallejo für Erwachsene in Papyrus tut, das schaffen Oliver Jeffers und Sam Winston in ihrem fantasieanregenden und poetisch abstrakten Buch Wo die Geschichten wohnen für die kleineren Leserinnen und Leser. Sie zeigen, wie vielfältig die Welt der Literatur und der Bücher ist und wie wunderbar es sein kann, sich ganz in diese zu versenken. Ein großartiges Bilderbuch, in dem auch Erwachsene noch viel entdecken können.

44 Seiten. 14,90 €. ISBN 978-3-95854-092-7 (mixtvision)

Das Buch vom Dreck

Zugegeben, ein Buch vom Dreck, das klingt nicht nach dem angemessensten Buchgeschenk. Aber das ist es, vereint das Buch von Piotr Socha und Monika Utnik-Strugala doch witzige Grafiken und viel Informationen über Hygiene, Viren und wichtige Errungenschaften im Kampf (oder besser der Koexistenz) mit dem Dreck. Nicht nur vor dem Hintergrund der aktuellen viralen Ausnahmesituation eine großartige Kulturgeschichte der Hygiene für die ganze Familie

Übersetzt von Dorothea Traupe. 216 Seiten. 30,00 €. ISBN 978-3-8369-6164-6 (Gerstenberg)

David Walliams – Gangsta-Oma

Gibt es etwas langweiligeres, als bei seiner Oma die Freitagabende zu verbringen, nur damit Mama und Papa tanzen gehen können? Ja, nämlich wenn sich herausstellt, dass die eigene Oma eine Juwelendiebin ist, mit der man den Tower of London ausrauben könnte. So abgedreht und so humorvoll wie der Brite David Walliams schreiben derzeit nicht viele Autor*innen. Umso schöner, dass Band 2 der Reihe dieser Tage ebenfalls bei Rowohlt erschienen ist.

Aus dem Englischen von Salah Naoura. 272 Seiten. 11,00 €. ISBN 978-3-499-21795-1 (Rowohlt)

Nils Mohl – Henny & Ponger

Eine S-Bahnfahrt in Hamburg, zwei Jugendliche, die das gleiche Buch lesen und eine Notbremsung. So beginnt das Roadmovie Henny & Ponger, in dem Nils Mohl die ungewöhnliche Geschichte der beiden gleichnamigen Held*innen erzählt, in der man nie ganz genau weiß, woran man ist. Nur eines weiß man: das hat Drive, das zieht in die Geschichte und ist sprachlich so gut geschildert, dass man immer weiter möchte mit Henny und Ponger.

320 Seiten. 18,00 €. ISBN 978-3-95854-182-5 (mixtvision)

Kirsten Boie – Dunkelnacht

Nicht nur aus Gründen des Heimatbezugs sei auch dieses Buch von Kirsten Boie, für das sie den Deutschen Kinder- und Jugendliteraturpreis in diesem Herbst erhielt, nachdrücklich empfohlen. Denn in Dunkelnacht erzählt sie aus Sicht von Kindern von einem der grausamsten Endphaseverbrechen, nämlich der Penzberger Blutnacht. Eindringlich, erschütternd und mahnend, ohne dass das Buch je ins Moralinsaure kippen würde. Einfach ein beeindruckendes Buch für eine historisch interessierte Leserschaft.

112 Seiten. 13,00 €. ISBN 978-3-7512-0053-0 (Oetinger)

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Die besten Bücher zum Verschenken

Dieses Jahr 2020 ist kein leichtes. Weder für uns Otto-Normalverbraucher, noch für Literaturvermittler*innen, Verlage und Buchhandlungen. Nun steht der zweite Shutdown, „Lockdown Light“ betitelt, bevor. Zwar haben Buchhandlungen, Bibliotheken und andere Einrichtungen weiterhin auf. Ein vergleichbares Geschäft wie im letzten Jahr ist in diesem Jahr allerdings nicht zu erwarten. Keine so guten Aussichten für die Buchbranche, wie ich finde.

Schon der erste Shutdown ging an die Substanz vieler Kulturmacher und -institutionen. Um nun die Verluste etwas aufzufangen, plädieren viele Buchhandlungen dafür, das Weihnachtsgeschäft etwas vorzuziehen und sich bereits jetzt mit Titeln zum Verschenken und Selberlesen einzudecken. Keine schlechte Idee, wie ich finde. So wird das Gewusel vor Weihnachten etwas entzerrt und man kann die Zeit vor Weihnachten hoffentlich besser genießen, anstatt sich gehetzt kurz vor Ladenschluss aus Verlegenheit ein Buch von Paulo Coelho oder Sebastian Fitzek einpacken zu lassen. Das kann ja auch niemand wollen. Und so habe auch ich mir Gedanken gemacht über das vergangene Buchjahr und daraus resultierende mögliche Geschenktipps. Das Ergebnis meines Nachdenkens ist diese Liste: die besten Bücher des Jahres, die man guten Gewissens verschenken kann und mit denen man nichts falsch macht. Ausführliche Besprechungen zu den Büchern gibts nach einem Klick auf die entsprechenden Cover.

Und ach ja – kauft bitte eure Bücher vor Ort. Kostet das gleiche, Nicht-Vorrätiges ist meist am nächsten Tag da und ihr unterstützt den Einzelhandel. Da ist euer Geld deutlich besser angelegt als in den Geldspeichern von Herrn Bezos!

Für Humorvolle

Ein bisschen lacheln und schmunzeln kann in dieser alles andere als leichten Zeit nicht schaden. Qualitativ hochwertige und witzige Lektüre ist in der deutschen Gegenwartsliteratur jedoch rar gesät. Gut, dass es Kristof Magnusson gibt. Denn ihm gelingt in Ein Mann der Kunst eine ausnehmend witzige, niveauvolle und wirklich unterhaltsame Kunstbetriebssatire. Ein Maler auf seiner Burg am Rhein, ein Kunstförderverein voller spleeniger Figuren und mittendrin ein Architekt, der unversehens zwischen Künstler und Kunstförderer gerät. Das sind die Zutaten für diesen gelungenen Roman, der in dieser alles andere als leichten Zeit für Ablenkung sorgt.

Für Naturfreunde

Wohl jeder kennt diese Frage nach der Schule: was soll ich danach machen? Studieren? Eine Ausbildung? Für Robert Appleyard in Benjamin MyersOffene See stellt sich diese Frage gar nicht. Wie sein Vater soll er bald unter Tage einfahren. Die Geschichte ist nämlich kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in England angesiedelt. Doch die Bergarbeit ist Roberts Sache nicht und so beschließt er, den letzten jugendlichen Sommer in Freiheit zu nutzen, um zum Meer an die englische Küste zu wandern. Dabei trifft er auf Dulcie, die in einem Cottage am Meer lebt und in Robert die Liebe zur Kultur weckt. Ein poetisches, romantisches und naturverliebtes Buch, das völlig zurecht als Lieblingsbuch des unabhängigen Buchhandels 2020 ausgewählt wurde.

Für Fans komplexer Wahrheiten

Dass es mit der Wahrheit eine ganz schön komplexe Angelegenheit ist, das zeigt Angie Kim in ihrem Debüt Miracle Creek vortrefflich. In ihrem Gerichtsroman ist eine Mutter angeklagt, ihren Sohn und einige weitere Unschuldige umgebracht zu haben. Im kleinen Kaff Miracle Creek soll sie eine Katastrophe ausgelöst haben. Sie ist der Brandstiftung und des Mordes angeklagt. Sie soll eine Überdruckkammer angezündet haben, in der Kinder mit Autismus-Störungen behandelt wurden, darunter auch ihr eigener Sohn. Die Beweislage erscheint klar – die Wahrheit über die Ereignisse ist es allerdings überhaupt nicht. Schicht für Schicht legt Angie Kim die Lügen und Unwahrheiten aller Beteiligten frei, die schließlich zur Katastrophe führten. Klug montiert, geschickt erzählt und wahrlich spannend.

Für Nostalgiker

Wenn es ein verbindendes Element gibt, das Generationen von Kindern in den Bann gezogen hat, dann ist das wohl die Augsburger Puppenkiste. Die Inszenierung der Geschichten rund um Jim Knopf, Kalle Wirsch oder die Katze mit Hut sind legendär. Thomas Hettche blickt in seinem fantasievoll erzählten Roman auf die Gründung der Puppenkiste direkt nach dem Krieg. Er erzählt von Kriegstraumata, dem Wunsch, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und der Kunst des Puppenspiels. Hauptmotiv ist dabei der Herzfaden, der die Marionetten mit dem Puppenspieler selbst verbindet. Dieser Roman selbst besitzt auch einen Herzfaden, der ihn mit den Leser*innen verbindet.

Für Beziehungsmenschen

Oder eher nicht für Beziehungsmenschen? Das ist die Frage von Amity Gaiges Roman Unter uns das Meer. Dieses Buch zeigt ein Paar in der Krise, das für die eigenen Probleme einen unorthodoxen Lösungsansatz wählt. Man hat sich etwas auseinandergelebt. Da sind aber die eigenen Kinder. Außerdem war es früher ja deutlich besser – und so entschließt sich Juliets Mann Michael zu einem ungewöhnlichen Schritt. Er kauft ein Boot, auf dem er mit der Familie das nächste Jahr verbringen will. Die eigenen nautischen Kenntnisse sind beschränkt, aber Michaels Wille ist ungebrochen. Aus zwei Blickwinkeln erzählt Amity Gaige abwechselnd und zeigt so eine Beziehung und einen Schiffstrip in Untiefen. Beeindruckend und augenöffnend erzählt.

Für Gesellschaftsanalysten

Dieser Roman wirkt wie eine literaturgewordene Ansicht des Amerikas der Trump-Ära. Steph Cha zeigt in ihrem Roman Brandsätze zwei Familien, die sich gegenüberstehen und die doch durch ihre gemeinsame Vergangenheit miteinander verbunden sind. Da ist zum Einen die Familie Park, koreanische Einwanderer, die einen kleinen Laden betreiben. Und zum Anderen gibt es die Familie Matthews. Als die Mutter von Grace Park vor ihrem Laden niedergeschossen wird, erfährt diese, dass ihre Mutter auch einst jemanden niedergeschossen hat. Das Opfer kam aus der Familie Matthews…

Schicksale, die sich gegenseitig beeinflussen. Black Lives Matter, soziale Spaltung und die Kämpfe von sozialen Minderheiten. Steph Cha hat ein wertungsfreies Buch geschrieben, das schmerzlich gut in diese Zeit passt.


Das sind sie also, meine Verschenktipps für die kommende Zeit. Welche Bücher empfehlt oder verschenkt ihr? Lasst es mich gerne wissen!

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Sommer-Lektüretipps

Schon wieder August und keine Ahnung, was ihr lesen sollt? Ich bin hier ein paar meiner letzten Lektüren durchgegangen und empfehle euch diese Titel für den Sommer. Die Klicks auf die Cover führen zu weitergehenden Informationen. Viel Spaß!

Für Klassikerfans

Charlotte Bronte – Jane Eyre

Charlotte Bronte - Jane Eyre (Cover)

Durch Zufall gelangte ich beim Stöbern in der Schnäppchen-Ecke einer lokalen Augsburger Buchhandlung an diesen britischen Klassiker: Jane Eyre von Charlotte Brontë. Ein echter Klassiker der englischen Literatur – und das völlig zurecht, wie ich nach der Lektüre meine. Diese von der Ich-Erzählerin Jane Eyre geschilderte Geschichte hat auch über 170 Jahre nach ihrem Erscheinen nichts von ihrer Wucht eingebüßt. Die Geschichte einer starken Frau, ein Schauermärchen, ein Bildungsroman – und hier in einer tollen Neuübersetzung von Andrea Ott (wieder) zu entdecken. Ein schönes Buch und mit einer Lauflänge von knapp 600 Seiten wie gemacht für Schmökerstunden am Strand.

Für hitzige Gemüter

Victor Jestin – Hitze

Victor Jestin - Hitze (Cover)

Wer es nicht ganz so umfangreich mag, für den wäre vielleicht Victor Jestins Buch einen Blick wert. In Hitze schildert er eine Geschichte von großer Wucht. Léonard verbringt mit seiner Familie die Ferien auf einem Campinggelände am Meer. Die Teenager feiern, es gibt Alkohol und Karaoke. Doch Léonard fühlt sich nicht wohl. Als er nachts dem unfreiwilligen Suizid eines Freundes beiwohnt und beschließt, ihm nicht zu helfen, sondern die Leiche zu vergraben, setzt er Dinge in Bewegung, an denen er besser nicht gerührt hätte. Das sinnentleerte Dasein eines Campingurlaubs, die Teenagerzeit, Hormone, Knutschen und eine Stimmung, die wie eine schwüle Hitze über dem ganzen kurzen Büchlein steht. Ein Debüt mit Wucht, ein Sommer-Pageturner der abgründigen Sorte (übersetzt von Sina de Malafosse).

Für Beziehungsmenschen

Nick Hornby

Nick Hornby - Niemand hat gesagt, dass du ausziehen sollst (Cover)

Kann man einen Menschen lieben, der für den Brexit gestimmt hat? Diese und andere Fragen verhandelt der Brite Nick Hornby in seinem Buch Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst. Der Titel passt leider nicht halb so gut wie das Original: The state of the union. Denn genau darum gehts. Die zwei Hälften des einst vereinten Paars treffen sich zu zehn Pubbesuchen. Der Anlass hierfür: sie warten im Pub auf ihren Termin bei einer Paartherapeutin. In den Dialogen vor der Therapie entfaltet sich langsam eine Ehe in zehn Gesprächen. Diese zeugen von der Zerissenheit jener Ehe, ihrer Widersprüche, Verbindungen und nicht zuletzt auch von der Zerissenheit eines ganzen Landes. Ein schnelles, drehbuchartiges Buch, in dem sich jeder und jede wiederfindet, die schon einmal eine Beziehung geführt hat. An Hornbys frühere Bücher reicht das nicht heran, dennoch ein schneller Lesespaß für eine Zugreise oder einen Nachmittag am Strand.

Für Abenteuerlustige

Kenneth Bonert – Der Anfang einer Zukunft

Kenneth Bonert - Der Anfang einer Zukunft (Cover)

Mit Der Löwensucher hatte Kenneth Bonert in Deutschland seinen Durchbruch. Ganz so dick wie die Familiensaga mit ihren 800 Seiten ist Der Anfang einer Zukunft nun nicht. Aber der über 600 Seiten dicke Roman spielt erneut in Südafrika, dem Wohnort Bonerts. Darin erzählt er aus Sicht des 16-jährigen Martin Helger. Dieser wird in Gestalt der Amerikanerin Annie mitten hinein in den Freiheitskampf um Nelson Mandela und den ANC gezogen. Denn wir befinden uns an der Schwelle der 80er zu den 90er Jahren und die Stimmung im Land brodelt. Die Gefährlichkeit der Situation bekommt auch Martin eindrucksvoll am eigenen Leib zu spüren. Denn jemand hat noch eine Rechnung mit Martins Familie offen. Das ist überraschend erzählend, mitreißend und einfach unterhaltsam. Die Übersetzung dieses facettenreichen Schmökers besorgte Stefanie Schäfer.

Für alle Literaturgourmets

Graham Swift – Da sind wir

Graham Swift - Da sind wir (Cover)

Wenn es um gehobene Lektüre mit Anspruch geht, dann ist Graham Swift eine sichere Bank. Egal ob Wasserland oder Ein Festtag, der Brite hat in noch jedem Buch abgeliefert, das ich bislang las. Nun also Da sind wir. Darin erzählt er von zwei Freunden. Der eine Conférencie. Der andere Zauberer. Gemeinschaftlich steigen sie im englischen Seebad Brighton in den 50ern zu wahren Stars auf und sind echte Publikumsmagneten. Doch das Gefüge der beiden gerät ins Wanken, als die Assistentin des Zauberes zu den beiden stößt. Das Gleichgewicht zwischen den Freunden ist merklich erschüttert. Und dann verschärft sich die Krisis. Und der Zauberer verschwindet plötzlich von der Bühne. Ein verknapptes, reduziertes Werk Graham Swifts, das seine Kunst zu erzählen anschaulich illustriert. Übersetzt von Susanne Höbel.

Für Krimifans

William Boyle – Einsame Zeugin

William Boyle - Einsame Zeugin (Cover)

Der kleine Polar-Verlag versammelt ja einige Perlen in seinem literarischen Krimiprogramm, die bei Mainstream-Verlagen wohl untergehen würden. William Boyle ist solch ein Fall. Er schreibt über Menschen der unteren Mittelschicht und die kleinen Gangster, die man hier so findet. Er siedelt seine Geschichten gerne um das New Yorker Stadtviertel Gravesend herum an. Dort spielt auch Eine wahre Freundin. Darin erzählt er von Amy Falconetti, die für die örtliche Kirche die Kommunion zu Alten und Kranken bringt. Ein wenig spektakuläres Leben, das sich durch eine wenig durchdachte Reaktion Amys schlagartig ändert. Als ein junger Mann erstochen wird, nimmt sie die Tatwaffe an sich und erpresst nun den Mörder. Damit entspinnen sich Dynamiken, die sich Amy vorher sicherlich nicht ausgemalt hat. Ein schwarzhumoriger, schneller und milieusicherer Krimi von William Boyle, der von Andrea Stumpf übersetzt wurde.

Für Naturkundige und solche, die es werden wollen

Jutta Person – Esel (Reihe Naturkunden)

Jutta Person - Esel (Cover)

Was macht den Esel zu einem in Fabeln so beliebten Tier? Woher stammt er, welche Sorten gibt es und was will der Esel? Das versucht Jutta Person in ihrem Band Esel aus der Reihe Naturkunden zu ergründen. Wer die Reihe kennt, der weiß was einen erwartet. Ein toll gestaltetes Buch mit farbig illustrierten Karten, guter Schriftsatz und eine wirklich haptische Freude, gehalten im stilvollen Eselgrau. In dieses Buch macht man gerne ein Eselsohr. Und woher der Begriff rührt, das weiß man nach der Lektüre von Jutta Persons Buch dann auch. In diesem Sinne tolle Lektüre für die Ferien, aus der man auch etwas mitnimmt.

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Vorschaufieber Herbst 2020

Was für ein Jahr – wahrscheinlich weder eine Buchmesse in Frankfurt, noch eine in Leipzig. Im Radio verliehene Preise, ausgefallene Lesungen, weniger Aufmerksamkeit für die kleinen und kleinsten Verlage da draußen. Und dennoch geht es weiter in der Buchbranche. Neue Vorschauen wurden von fast allen Verlagen veröffentlicht. Und auch wenn diese manchmal etwas dünner ausfallen, gibt es wieder viel zu entdecken. Ich habe einmal mehr zusammengetragen, auf was ich mich im literarischen Herbst 2020 so freue. Bei den Tipps habe ich wie immer versucht, auch kleine unabhängige Verlage mit spannenden Titeln zu berücksichtigen.

Deniz Ohde: Streulicht (Suhrkamp)

Auf dieses Debüt bin ich wirklich gespannt. Deniz Ohde schreibt in ihrem Roman über ein Arbeiterkind, das nun wieder in seine Heimat zurückkehrt und sich seiner Wurzeln bewusst wird. Didier Eribon meets Annie Ernaux auf Deutsch? Ich bin mehr als gespannt auf dieses Streulicht – und auch das Cover hat es mir angetan.

Lily King (Übers.: Sabine Roth): Writers & Lovers (C.H. Beck)

Kann man mit 31 noch Schriftststellerin werden? Diese Frage stellt sich Casey, die ihren Traum leben will, nachdem die Mutter verstorben ist und ihr Freund sie verlassen hat. Doch wird das klappen? Schon einmal hat mich Lily King mit Euphoria begeistert. Warum nicht auch mit ihrem Writers & Lovers?

Kristof Magnusson: Ein Mann der Kunst (Kunstmann)

Kristof Magnusson ist für mich ein Meister des Alltags. Einer der dem ganz normalen Durchschnitt unserer Existenzen Bücher widmet, etwa in seinem Arztroman. Nun schreibt er über einen Künstler KD Pratz, dem ein Museum gewidmet werden soll. Ein Kunstverein will dieses Vorhaben verwirklichen, doch ein Treffen auf der Burg des Künstlers droht aus dem Ruder zu laufen. Der Mann der Kunst erscheint bei Kunstmann.

Rinske Hillen (Übers.: Ulrich Faure): Das Haus an der Keiszergracht (Schöffling)

Ein Naturphilosoph, ein Haus an der Keiszergracht in Amsterdam, das langsam verfällt, eine Familie, die auseinanderzufliegen droht, ein paar Fragen, die noch geklärt werden müssen – und ein Familiengeheimnis. Die Zutaten für den Roman von Rinske Hillen, der im Juli im Schöffling-Verlag erscheint.

Petra Piuk & Barbara Filips: Wenn Rot kommt (Kremayr&Scheriau)

Nie wieder Hütchenspiel, nie wieder in die Spielothek. Nie wieder Hütchenspiel, oh das ganze Geld ist weg. Das wussten schon die Ärzte. Und auch eine junge Frau muss das in der Rückschau erkennen, als sie verkatert in einem Hotelzimmer in Las Vegas erwacht. Und dann ist auch noch ihr Freund verschwunden. Was ist passiert? Wenn Rot kommt stammt von Petra Piuk und Barbara Filips.

Thomas Hettche: Herzfaden (Kiepenheuer-Witsch)

Ein Buch, das ich schon des Augsburger Lokalbezugs wegen lesen MUSS. Thomas Hettche, von mir nicht erst seit Pfaueninsel hoch geschätzt, schreibt einen Roman über die Familie Oehmichen, die hier in Augsburg die Augsburger Puppenkiste gründete. Laut Verlag sollen in Herzfaden alle bekannten Figuren des Marionettentheaters einen Auftritt haben. Ich bin gespannt!

Ronya Orthmann: Die Sommer (Hanser)

Ein junges Mädchen, das die Sommer bei seiner Familie in Nordsyrien ihre Sommer verbringt, während sie das restliche Jahr über ein Münchner Gymnasium besucht. Diese Perspektive auf den syrischen Bürgerkrieg und die aktuelle Lage möchte ich gerne lesen. Ronya Orthmanns Buch Die Sommer erscheint passenderweise im August.

Augustus Rose (Übers.: Werner Löcher-Lawrence): Philadelphia Underground (Piper)

In Philadelphia treibt die geheimnisvolle Société Anonyme ihr Unwesen. Sie entführt Jugendliche, die wenig später mit leeren Blick wieder irgendwo in der Stadt auftauchen. Besonders auf Lee hat es die Gesellschaft abgesehen. Aber die versteckt sich auf einem Schrottplatz, um der Société zu entgehen. Augustus Roses Buch gibts ebenfalls ab August im Buchhandel.

Thilo Krause: Elbwärts (Hanser)

Die Sehnsucht nach Dorf und Land in der Literatur boomt ja seit Jahren. Nun hat auch Thilo Krause einen Roman über dieses Thema geschrieben. Bei ihm kehrt ein junges Paar zurück in die Einsamkeit der Sächsischen Schweiz. Dieses muss sich mit Neonazis, Dorfbewohnern und alten Geschichten herumschlagen. Elbwärts erscheint bei Hanser im August.

Rachel Elliott (Übers.: Claudia Feldmann): Bären füttern verboten (Mare)

Von einer Freerunnerin in der Mitte ihres Lebens erzählt Rachel Elliott in Bären füttern verboten. Diese hat zwar schon die halbe Welt belaufen, doch ausgerechnet nach St. Ives wollen ihre Füße sie nicht tragen. Als sie doch dorthin reist, trifft sie auf eine bunte Melange von außergewöhnlichen Menschen.

Michael Crummey (Übers.: Ute Leibmann): Die Unschuldigen (Eichborn)

Kanada ist das diesjährige Gastland der Frankfurter Buchmesse. Und auch wenn Kanada seinen Auftritt nun auf der eh schon auf der Kippe stehenden Messe zurückgezogen hat: in den neuen Verlagsprogrammen lassen sich tolle neue Stimmen von dort entdecken, z.B. Michael Crummey, dessen Roman Die Unschuldigen von zwei Waisenkinder in der kanadischen Einöde erzählt. Verglichen wird das Buch etwa mit Ian McGuires Nordwasser.

Ilona Hartmann: Land in Sicht (Blumenbar)

Eine junge Frau auf Flusskreuzfahrt auf der Donau inmitten von Senioren. Davon handelt das Debüt von Ilona Hartmann. Kann sie dem Thema der Suche nach den eigenen Wurzeln neue Facetten abringen? Ab Juli 2020 wissen wir mehr, dann kann man das Buch kaufen.

Rye Curtis (Übers.: Cornelius Hartz): Cloris (C. H. Beck)

Wenn man einen Flugzeugabsturz überlebt hat, was sichert einem dann am Besten das Überleben in der freien Natur? Sicherlich nicht ein Schuh, ein paar Karamellbonbons und eine Bibel. Doch genau das erlebt Cloris im gleichnamigen Roman von Rye Curtis.

Olga Grjasnowa: Der verlorene Sohn (Aufbau)

Noch immer habe ich kein Buch von Olga Grjasnowa gelesen, dabei wird die Autorin ja breit (und meist auch lobend) im Feuilleton besprochen. Vielleicht klappt es ja jetzt mit Der verlorene Sohn. Darin erzählt die Autorin von einem Jungen, der 1838 als Geisel an den russischen Zarenhof gelangt.

Elisabeth Filhol (Übers.: Cornelia Wend): Doggerland (Nautilus)

Auch der kleine Nautilus-Verlag hat ein mehr als beachtliches Oeuvre für den Herbst angekündigt. So erscheint mit Doggerland ein Roman von Elisabeth Filhol über eine Geologin, die über jene titelgebende Region forscht. Als sie einen Kongress in Dänemark besuchen will, wird jener durch den Orkan Xaver kräftig durcheinander gewirbelt.

Ava Farmheri (Übers.: Sonja Finck): Im düstern Wald werden unsre Leiber hängen (Nautilus)

Und noch einmal Nautilus. Was für ein großartiger Titel! In Im düstern Wald werden unsre Leiber hängen erzählt Ava Farmheri von einer jungen Insassin eines iranischen Gefängnisses im Jahr 1999, die hinter Gittern sitzt ihre Lebensgeschichte erzählt. Doch kann man ihr Glauben schenken?

Leander Fischer: Die Forelle (Wallstein)

Ein Buch über 700 Seiten übers Fliegenfischen? Da bin ich sofort dabei, vor allem wenn der Verlag eine besondere Sprache verspricht (was im Falle des Wallstein-Verlags wirklich etwas heißen will) und eine Verknüpfung der Geschichte mit der österreichischen Politik verspricht. Leander Fischers Die Forelle erscheint im Juli.

Amity Gaige (Übers.: André Mumot): Unter uns das Meer (Eichborn)

Und um im Wasser zu bleiben: Im Eichborn-Verlag erscheint im September der Roman Unter uns das Meer von Amity Gaige. Darin erzählt sie von einem Bootstrip, der schief zu gehen droht. Das Besondere daran: das Buch ist aus zwei Perspektiven geschildert. Ob das so gut klappt wie im Falle Lauren Groffs?

Pilar Quintana (Übers.: Mayela Gerhardt): Hündin (Aufbau)

Kann ein Hund einen Menschen ersetzen? Ist ein Hundewelpen die Antwort auf einen Kinderwunsch? Dieser Frage geht Pilar Quintana in ihrem Roman Hündin nach. Das Buch erscheint im Aufbau-Verlag im September.

Andreas Schäfer: Das Gartenzimmer (DuMont)

Ein Paar entdeckt in den 90er Jahren eine neoklassizistische Villa wieder, die ein Architekt 1908 entworfen hatte. Nachdem sie das Haus renoviert und in den Originalzustand zurückversetzt haben, zieht das Haus immer mehr Architekturfans an und die beiden geraten in Interessenskonflikte. Andreas Schäfers Roman gibt es ab Juli bei DuMont.

Ilja Leonard Pfeijffer (Übers.: Ira Wilhelm): Grand Hotel Europa (Piper)

Was ist dieses Europa noch? Droht es nicht schon längst in Partikularinteressen auseinanderzufallen? Die Antworten von Ilja Leonard Pfeijffer interessieren mich. Er hat einen Roman über Europa geschrieben, in dem ein Schrifsteller ein Zimmer in jenem Grand Hotel Europa bezieht.

Steven Price (Übers.: Malte Krutzsch): Der letzte Prinz (Diogenes)

Giuseppe Tomasi di Lampedusa hat mich in Form der Neuübersetzung des Leoparden durch Burkhart Kroeber im letzten Jahr wirklich begeistert. Nun hat Steven Price ein Buch über den Schöpfer jenes monumentalen Werks geschrieben. Der letzte Prinz erscheint im Oktober bei Diogenes.

Stephen Crane (Übers.: Bernd Gockel): Die rote Tapferkeitsmedaille (Pendragon)

Der amerikanische Bürgerkrieg ist ein Thema, mit dem ich mich noch nicht vertieft beschäftigt habe. Nun ist im Pendragon-Verlag eine Neuübersetzung von Stephen Cranes Roman Die rote Tapferkeitsmedaille zu entdecken. Darin beleuchtete der Autor 1895 zum ersten Mal den Krieg aus der Sicht eines einfachen Soldaten. Ein spannendes Vorhaben, diese Neuübersetzung von Bernd Gockel.

Christoph Nußbaumeder: Die Unverhofften (Suhrkamp)

Im September erscheint im Suhrkamp-Verlag ein Titel, auf den ich mich auch sehr freue. Die Unverhofften ist das Debüt des niederbayerischen Dramatikers Christoph Nußbaumeder. In seinem 700 Seiten starken Roman erzählt er die Geschichte einer Familie und dem wirtschaftlichen Aufstieg über die Jahrzehnte hinweg.

Daniel Mellem: Die Erfindung des Countdowns (dtv-Verlag)

Im September erscheint das Debüt von Daniel Mellem. Dieser studierte erst Physik, eher er dann zum Deutschen Literaturinstitut in Leipzig kam. Das Thema der Physik ist es auch, das in seinem Buch eine Rolle spielt. Er erzählt in Die Erfindung des Countdowns von einem Forscher, der eigentlich den Traum einer Mondrakete verwirklichen will, doch dann in den Zweiten Weltkrieg hineingezogen wird.

Zaia Alexander: Erdbebenwetter (Tropen)

Die dunklen Seiten von Los Angeles soll Zaia Alexander in ihrem Roman Erdbebenwetter beleuchten. Wenn das nur halb so gut klappt wie in A.G. Lombardos Graffiti Palast (oder bei Jan Wilms Winterjahrbuch) könnte das wirklich ein weiteres Highlight in Sachen LA-Romane für mich werden.

Robert Moor (Übers.: Frank Sievers): Wo wir gehen (Insel)

Über das Gehen und unsere Wege durch die Natur schreibt Robert Moor in seinem Buch. Nachdem ich eh ein großer Fan der Gattung Nature Writing bin, ist auch Wo wir gehen für mich quasi Pflichtlektüre.

Kai Wieland: Zeit der Wildschweine (Klett Cotta)

Auf diesen Roman musste ich etwas länger warten. Prangte Zeit der Wildschweine schon in meiner letzten Vorschau oben auf meinem Zettel, wurde Kai Wielands Roman nun eingedenk der Corona-Krise etwas nach hinten geschoben. Nun soll es im Juli so weit sein und das neue Buch des Schöpfers von Amerika erscheinen.

Kevin Barry (Übers.: Bernhard Robben): Beatlebone (Rowohlt)

Ein neuer Roman von Kevin Barry? Ich bin dabei? Dunkle Stadt Bohane zählte zu meinen außergewöhnlichsten Leseerlebnissen der letzten Jahre (übersetzt von Bernhard Robben). Nun ist das Gespann wieder zurück, diesmal bei Rowohlt. Beatlebone erzählt vom ausgebrannten John Lennon, der auf seine irische Insel flüchtet und mit seinem Chauffeur eine wilde Tour erlebt.

Sandra Newman (Übers.: Milena Adam): Himmel (Matthes & Seitz)

Eine Vorschau ohne etwas von Matthes & Seitz? Das geht natürlich nicht. Diesmal habe ich einen Blick auf den Roman Himmel von Sandra Newman geworfen. Ice Cream Star wird allenorten gelobt, ich habe es noch nicht gelesen. Jetzt bietet sich die Chance mit einem etwas weniger voluminöseren Buch, in dem William Shakespeare, ein futuristisches New York und Träume eine Rolle spielen.

Welche von den hier vertretenen Büchern sprechen euch an? Oder auf was freut ihr euch? Oder ist der Herbst 2020 nicht so euer Literaturjahrgang?

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Meine Leipziger Buchmesse daheim

Wäre, wäre, Fahrradkette, wie der große Philosoph und Fußballversteher Lothar Matthäus einst bemerkte. Da hat man das Zimmer und die Bahnfahrt für die Leipziger Buchmesse schon gebucht. Die Presseakkreditierung ist auch durch und die Termine ausgemacht. Interviews, Verlagsbesuche, Diskussionen: der Zeitplan steht. Und dann das: Absage der Leipziger Buchmesse, zum ersten Mal in der Geschichte. Danke Coronavirus!

Eine unerwartete Lücke tut sich auf im Kalender – was soll man da machen? Nachdem auch noch offiziell das Rahmenprogramm Leipzig liest abgesagt wurde, entschied ich mich, die Reise nach Leipzig nicht anzutreten. Schade drum, besonders, da ich diesen literarischen Frühlingsjahrgang für ausgesprochen stark erachte.

Aber wenn ich schon nicht zur Buchmesse komme, dann will ich sie wenigstens in einer Form hier auf dem Blog stattfinden lassen. Ich habe mich entschlossen, hier als kleine Übersicht in meinen Augen wichtige Titel dieses Frühjahrs vorzustellen. Da eine solche Buchmesse ja auch immer ein soziales Get-together ist, wollte ich das Element des Miteinander über Bücher-Redens hier auf dem Blog ein bisschen nachbilden. Dafür versammele ich hier Besprechungen anderer Blogger*innen sowie ein paar eigene Rezensionen. Hoffentlich kann euch diese Auswahl auch ein bisschen inspirieren.

Nationale Literatur

Tobias vom Blog Buchrevier über den neuen Roman Die rechtschaffenen Mörder von Ingo Schulze.

Fräulein Julia über Irina Liebmanns Die große Hamburger Straße.

Meine Besprechung des aktuellen und gesellschaftlich relevanten Debüts von Cihan Acar: Hawaii

Marina alias Nordbreze hat eine Rezension zum neuen Buch von Kathrin Wessling verfasst. Der Titel des Buchs lautet Nix passiert.

Wolfgang Schneider auf Deutschlandfunk Kultur über Leif Randts neue Kreation Allegro Pastell.

Petra vom Blog Literaturreich ist mit der Bloggerin und Trauerbegleiterin Jasmin Schreiber in den Marianengraben abgetaucht.

Marcus schreibt für das Bücherkaffee und hat Christoph Kloebles neuen Roman Das Museum der Welt gelesen.

Jan Drees laß das Debüt Tauben leben von Paula Czienskowski und bespricht es auf Lesen mit Links.

Internationale Literatur

Hauke Harder vom Blog Leseschatz über Delphine de Vigans Dankbarkeiten.

Um das Buch Der Anhalter von Gerwin van der Werf kümmert sich Mareike vom Blog Bücherwurmloch.

Der Isländer Ragnar Helgi Olafsson hat ein Buch mit dem schönen Titel Handbuch des Erinnerns und Vergessens verfasst. Birgit vom Blog Sätze & Schätze hat es besprochen.

Tobi vom Blog Lesestunden hat sich das Buch Eisfuchs von Tanya Tagaq näher angeschaut.

Constanze schreibt auf Zeichen & Zeiten über ihre Lektüre von Ben Smiths Buch Dahinter das offene Meer.

Ich habe mit großer Begeisterung Liz Moores Krimi und Gesellschaftspanorma Long Bright River gelesen.

Die Klappentexterin kümmert sich um Sigrid Nunez‚ vielbesprochenes Werk Der Freund.

Eine Wiederentdeckung ist der bei Dörlemann erschienene Roman Die Berglöwin von Jean Stafford. Auf dem Hotlistblog wurde dieser besprochen.

Sachbücher

Lena vom Blog Wortgelüste über das Buch Sie hat Bock von Katja Lewina.

Alexandra vom Blog Bücherkaffee über Patrik Svenssons Das Evangelium der Aale

Hilma af Klint – noch nie gehört? Der Beitrag von Isabella auf Novellieren ändert das.

Und noch nicht von mir besprochen aber ganz oben auf meiner Liste in Sachen Nächster Titel: Kübra Gümüsay mit Sprache und Sein.


So viel erst einmal zu Titeln, über die ich auf anderen Blogs gestoßen bin und die ich mir auf der Buchmesse sicherlich einmal genauer angeschaut hätte. Jetzt müssen wir das halt digital nachholen. Welche Bücher sind eure Titel des Frühjahrs? Was hat euch begeistert oder abgeschreckt? Lasst es mich wissen!

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