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Tom Hillenbrand – Montecrypto

Immer wieder melden sich in Mithu Sanyals Roman Identitti Personen zu Wort, die für ihr Debüt Tweets über einen fiktiven Skandal gespendet haben. Einer dieser Spender ist der Zeit-Redakteur Lars Weisbrod, der sämtliche Twitter-Diskussionen im Buch mit dem Hinweis crasht, er möchte jetzt über Geldtheorie diskutieren. Damit findet er im Falle des Identitti-Skandals sein Glück nicht. Ganz anders aber bei Tom Hillenbrands neuem Roman Montecrypto. Dieses Werk dürfe den Zeit-Redakteur und Power-Twitterer zufrieden stellen. Denn Tom Hillenbrand erzählt nicht nur von einer Schatzsuche, sondern reichert diese mit zahlreichen Informationen über Geldsysteme, neue Formen des Bezahlens und den Megatrend Bitcoin an.


Auslöser des Ganzen ist der Tod des Bitcoin-Nestors und Millardärs Greg Hollister. Dieser kam bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Seine Schwester beauftragt den Finanzermittler – Dumas lässt grüßen – Ed Dante. Dieser soll den Tode des Milliardärs genauer untersuchen soll. Denn obwohl sich Hollister aus der von ihm gegründeten Bitcoin-Firma zurückgezogen hat, könnte er einen unbekannten Geldbetrag zur Seite geschafft haben. Bei seinen Recherchen stößt Dante auch tatsächlich auf Hinweise, dass der Schatz des exzentrischen Milliardärs existiert. Schnell sorgt die Kunde für einen Schatzsucher-Boom, zumal Hollister aus dem Grab heraus mit postum veröffentlichten Videos die Schatzsuche anheizt. Die Medien taufen den sagenumwobenen Schatz schnell Montecrypto und Date muss feststellen, dass mit dem Bitcoin-Universum eine Welt entstanden ist, die nach ganz anderen Regeln funktioniert, als er es gewohnt ist.

Auf der Jagd nach dem Bitcoinschatz

Mit Montecrypto hat Tom Hillenbrand ein Buch geschrieben, das den klassischen Hardboiled-Detektivroman mit der Welt digitaler Währungen zusammenbringt. Eine Idee, die zunächst widersprüchlich klingt, im Buch allerdings gut funktioniert. So reichert Hillenbrand die bekannten Genremotive (einsamer und trinkender Ermittler, Teamarbeit mit einer externen Expertin, klassische Ermittlungsarbeit für die Suche nach Hinweise etc.) durch die Welt der Bitcoins, Blockchains und Bytes an. Stellvertretend für den unbedarften Leser stößt Dante langsam in die Welt der digitalen Finanzen vor, die so anders ist, als man das aus dem Wirtschaftsunterricht kennt. Denn mit Sparbuch und dem herkömmlichen Fiat-Geld hat die neue Welt des Geldes nur mehr wenig gemeinsam.

In einigen Erklärdialogen und -szenen wird Dante in diese Welt eingeführt und lernt langsam die Möglichkeiten, aber auch Abgründe kennen, die dieser Art digitalen Geldes innewohnen. Warum befeuerte Hollister mit seinem Eintreten für eine unregulierte Währung die Hoffnung der Ultraliberalen? War er mit seinen Visionen eher Held oder der Totengräber unserer Währungssysteme? Und wo zum Teufel ist dieser digitale Schatz von Montecrypto versteckt?

Fazit

Montecrypto besitzt ein gutes Pacing, treibt immer wieder voran und lässt so etwas wie Langeweile nicht aufkommen. Auch wenn man bei den ganzen im Buch verarbeiteten Themen eine arge Theorielastigkeit und viele Erklärdialoge befürchten könnte, stellt sich das Ganze realiter dann allerdings weitaus spannender dar. Hillenbrand schickt Dante auf eine turbulente Schnitzeljagd, die von Kalifornien über New York und Frankfurt bis in die Schweiz führt. Eine Schnitzeljagd, deren wahre Natur lange im Dunkeln bleibt, auch für Ed Dante.

Mag auch die Pointe des Buchs etwas arg vorhersehbar sein, so überzeugt das Buch durch seine Rasanz und sein innovatives Thema. Hillenbrand gelingt es zu zeigen, dass die Welt der Geldtheorie und der Kryptowährung tatsächlich viel Spannungspotenzial bietet. Einmal mehr stellt Tom Hillenbrand hier seine Wandlungsfähigkeit unter Beweis. Nach Sci-Fi, Kulinarikkrimis und historischem Roman nun eben eine Schnitzeljagd auf den Spuren Dumas‘ (wenngleich ohne Chateau d’If). Ein guter und aktueller Thriller, reich an Schauplätzen und Themen.


  • Tom Hillenbrand – Montecrypto
  • ISBN 978-3-462-00157-0 (Kiepenheuer-Witsch)
  • 448 Seiten. Preis: 16,00 €
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Martin Suter – Montecristo

Too big to fail

Mit bewundernswerter Regelmäßigkeit veröffentlicht Martin Suter von Jahr zu Jahr einen Roman. Nach seinem letzten Standalone „Die Zeit, die Zeit“ widmete er sich der Reihe um den verarmten Adeligen Allmen, ehe es nun 2015 wieder so weit ist und ein neuer Titel erscheint. „Montecristo“ heißt das Werk und erzählt vom gescheiterten Filmschaffenden Jonas Brand. Diesen treibt immer noch sein titelgebendes Filmprojekt um, das Dumas epischen Racheroman „Der Graf von Montecristo“ in die Jetztzeit transportieren sollte.

Zwei Geldscheine und ein Toter

Doch kein Filmförderer interessiert sich für Brands Ideen und so muss er sich als Videojournalist für ein Klatschmagazin verdingen, ein Job der ihm eigentlich zuwider ist. Doch da ihm dieser Job sein täglich Brot sichert und Brand über einen gewissen passiven Charakter verfügt hat er im Grund die großen Hoffnungen auf eine Filmkarriere begraben. Doch inmitten seines arrivierten Lebens fallen ihm zwei Ereignisse vor die Füße, die angetan sind, sein Leben komplett umzukrempeln.

Im abendlichen Pendelverkehr im ICE kommt es zu einem Personenschaden, offensichtlich ein Suizid. Als Reporter geschult begreift Brand seine Chance, aus dem Ereignis eine große Reportage zu stricken. Darüber hinaus findet Brand bei sich zu Hause zwei Frankenscheine mit identischen Seriennummern. Ein unmögliches Ereignis, das den Personenschaden im ICE in anderem Licht erscheinen lässt, als beide Spuren ins Bankermilieu führen.

Das mörderische Treiben der Banken

Prophetischer könnte Suters „Montecristo“ nicht sein. Just kurz nach der Abkopplung des Schweizer Frankens vom Euro und in den Nachwehen der Bankenkrise schickt der Schweizer Starautor seinen eigentlich gescheiterten Journalisten auf eine Entdeckertour in die Welt der Hochfinanz, bei der er sich im Dschungel von Derivaten, Notendrucken und der ganz großen Politik behaupten muss. Suter hat sich gut in sein Sujet eingearbeitet und präsentiert ein Buch, das trotz aller Fakten und manchmal schwierigen Fachtermini niemals schwer daherkommt.

Die Spur des Geldes

„Montecristo“ ist ein Banken- und Verschwörungsroman, ein elegant geschriebener Thriller, der in die Welt der Hochfinanz entführt. Suter zeichnet ein genaues Bild einer Finanzwelt, die too big to fail ist und daher auch alles aufbieten muss, um den zu investigativen Reporter Jonas Brand zu stoppen. So ist „Montecristo“ trotz aller Unterhaltung auch ein nachdenkliches und kritisches Buch, das zeigt, welche enorme Rolle das Geld als Schmiermittel der Gesellschaft spielt und zu welchen Schritten dies führen kann, wenn bestimmte Aktionen aus dem Ruder laufen. Insgesamt ein höchst lesenswertes und aktuelles Buch – wie eigentlich immer bei Martin Suter -, das zu den Highlights in diesem Frühjahr zählt!

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