Büchertipps zur Weihnachtszeit

Alle Jahre wieder – das Weihnachtsfest steht vor der Tür und es stellt sich die Frage, was um alles in der Welt man seinen Liebsten schenken soll. Die Antwort lautet (wie jedes Jahr): gute Bücher! Kein anderes Geschenk ermöglicht es, noch vor dem obligatorischen Gänsebraten ins Mittelalter zu reisen und nach dem Gänsebraten dann durch das postapokalyptische Südafrika zu springen – nur Bücher schaffen dieses Kunststück. Mit dem passenden Buch liegt man nie falsch.

Um euch die Suche nach dem richtigen Buch etwas zu vereinfachen, habe ich hier ein paar Büchertipps versammelt, mit denen man sicher nicht verkehrt liegt. Ähnlich wie bei den Büchertipps für den Urlaub aus der ersten Jahreshälfte speist sich auch hier der Großteil aus neu- und wiedererschienenen Werken, die mir gut gefallen haben und die ich ruhigen Gewissens empfehlen kann. Nur eine Bitte habe ich, bevor ihr euer Geld investiert. Tut mir einen Gefallen und unterstützt lieber den lokalen Buchhändler, der euch alle Bücher mindestens ebenso schnell wie Amazon liefern kann. Nur der Buchhändler ums Eck zahlt auch hier Steuern und sorgt für seine Angestellten. Hier kann jeder mit seiner Kaufentscheidung direkt Impulse setzen und den lokalen Handel unterstützen. So zeigt man Verantwortung und muss sich auch keine Gedanken machen – die Bücher kosten schließlich ja auch überall dasselbe. Nun aber los:

 

 

Für historische Interessierte gibt es dieses Jahr eine ganze Fülle toller Bücher. Stellvertretend seien hier drei Monographien genannt, die mich sehr begeistert haben. Zunächst ist da Zeithain, ein dicker, literarisch anspruchsvoller Schmöker, der sich um die sogenannte Katte-Tragödie dreht. Diese spielte sich am preußischen Königshof ab, als Kronprinz Friedrich II. mit seinem Freund Hans Hermann von Katte vor seinem strengen Vater, dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. fliehen wollte.

Etwas weiter vorangeschritten in der Zeit sind wir dann mit der zweiten Empfehlung, ebenfalls einem wirklichen Epos, nämlich Franzobels Das Floß der Medusa. Dieses Buch behandelt den historisch verbürgten Untergang des Schiffes Medusa. Um zu überleben, zimmerten Passagiere des Schiffes ein Floß und wagten darauf die Überfahrt in der Hoffnung, jemand würde sie retten. Doch die Rettung lässt auf sich warten …

Ein Klassiker, der vor 90 Jahren erschien, ist der dritte Tipp: Stefan Zweigs Sternstunden der Menschheit versammelt zwölf Miniaturen mit Momenten, an denen sich persönliche und politische Schicksale entschieden. Ein Sammelsurium unterschiedlichster Menschen und Situationen, das in einer sehr gelungenen Neuauflage nun vom Stefan-Zweig-Zentrum herausgegeben wurde. Anmerkungen, Erläuterungen und Hintergrundwissen inklusive.

An Stefan Zweigs Konzept der Geschichtsschreibung lehnt sich auch Blau – Eine Wunderkammer und seine Bedeutung von Jürgen Goldstein an. Ein stupendes Werk, das das Blau in all seinen Facetten ergründet, egal ob Blue Jeans oder Blaue Stunde.

 

 

Historisch ist auch die fünfte Empfehlung in der Runde, auch wenn es streng genommen kein ganz neues Buch ist. Klaus Modicks Der kretische Gast (im Original erschienen 2003) spielt überwiegend im Jahr 1943 auf der von den Deutschen besetzen Insel Kreta. Modick gelingt ein großartiger Schmöker, bei dem Leid und griechische Lebensfreude eng beieinander liegen.

Etwas gibt Bücher, deren Titel wirklich in die Irre führen könne. Dorothy Bakers wiederentdecktes Buch Ich mag mich irren, aber ich finde dich fabelhaft ist genau solch ein Fall. statt einem kitschigen Seifenblasenbüchlein gibt es hier die sehr realistische und mit viel Jazz und Swing ausgekleidete Lebensgeschichte eines Trompeters, dessen Liebe zur Musik ihn erst ganz nach oben führt, und dann wieder abstürzen lässt. Der Originaltitel Young man with a horn (1938) ist hier deutlich zielführender.

Doch nicht nur der nostalgische Blick zurück soll gewagt werden, Bücher schauen auch immer nach vorne und ermöglichen einen Blick in die Zukunft, wie sich (hoffentlich nicht) eintreten könnte. Der südafrikanische Bestsellerautor Deon Meyer versucht sich in Fever an solch einer Vision. Eben jenes titelgebende Fieber hat die der Welt in der nahen Zukunft nahezu entvölkert. In Südafrika schlägt sich ein Junge mit seinem Vater durch und versucht einen Neustart der Zivilisation. Ein spannender, von großem Humanismus durchwirkter Schmöker.

Ein paar weniger Seiten hat William Shaws neuer Krimi Der gute Mörder, der an der Südküste Englands spielt. Dort verbringt der Dorfpolizist William South sein beschauliches Leben und pflegt die Vögelbeobachtung. Alles wird allerdings auf den Kopf gestellt, als South‘ Nachbar ermordet aufgefunden wird. Nun muss er ermitteln und dabei versuchen, sein eigenes Geheimnis vor den Kollegen zu verstecken. Ein ruhiger Krimi mit Anlängen an den IRA-Konflikt.

 

 

Ein süffiges Leseerlebnis und eine spannende Biographie bietet Klaus Cäsar Zehrer mit seinem Debüt Das Genie. Das titelgebende Genie ist James William Sidis, ein Junge, der schon im Wochenbett von seinem ehrgeizigen Vater dazu getriezt wird, das schlaueste Kind der Welt zu werden. Und anfänglich scheint der Plan von James‘ Vater tatsächlich auch aufzugehen. Doch damit beginnt ein Ikarus-Flug, der nicht gutgehen kann.

Neben diesem Buch sei auch ein weiterer Roman wärmstens empfohlen, der sich genauso wie das Genie und das Floß der Medusa auf der Nominierungsliste des Bayerischen Buchpreises fand. Die Rede ist vom Buch Justizpalast der Autorin Petra Morsbach, die darin aus dem Leben der Richterin Thirza Zorniger erzählt und nebenbei auch noch ein tiefenscharfes und facettenreiches Bild unseres Rechtssystems zeichnet. Hätte nicht Franzobel das Rennen gemacht, Morsbach wäre der Preis genauso zu gönnen gewesen.

Eine andere lesenswerte Autorin ist Mariana Leky, der mit Was man von hier aus sehen kann, einer der Überraschungserfolge des Jahres gelungen ist. Sie erzählt von einer kleinen Dorfgemeinschaft im Westerwald und überträgt dabei den Marquez’schen Magischen Realismus eigenwillig und lesenswert ins deutsche Mittelgebirge. Immer wenn die Seniorin Selma von einem Okapi träumt, stirbt 29 Stunden später jemand. Wie würdest du mit der Aussicht auf 29 Stunden Restlaufzeit leben?

Der letzte Tipp in dieser illustren Runde ergeht für den Roman Niemals des Drehbuchautoren Andreas Pflüger. Jener schickt seine blinde Heldin Jenny Aaron zum zweiten Mal auf ein wahres Himmelfahrtskommando, das sie diesmal von Schweden nach Marrakesch bis in die Alpen führt. Breitwand-Actionkino für Sprachästheten und ein echtes Geschenk für jeden, der spannende Romane mag.

 

Nun wünsche ich frohes Schenken, Schmökern und einige ruhige Tage inmitten des ganzen Festtagstrubels.

 

 

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