Auch heute pausiert der Adventskalender hier wieder zugunsten einer ausführlichen Rezension, und zwar dem gehypten Roman „The Dry“ von Jane Harper:
Kiewarra, ein abgelegenes Dorf im Nordosten Australiens. Die Region wird von Gluthitze heimgesucht und lechzt nach Wasser. Doch die Sonne ist unerbittlich und sorgt für viel Verzweiflung und wortwörtlich erhitzte Gemüter. In dieser Zeit werden auf einer Farm Luke Hadler, seine Frau Karen und sein Junge Billy tot aufgefunden. Alles sieht nach einem erweiterten Suizid aus – nur die wenige Monate alte Tochter der Hadlers hat überlebt.
Zum Trauergottesdienst erscheint auch Aaron Falk, der Kiewarra nach einigen unrühmlichen Geschehnissen in der Vergangenheit gemieden hat. In Melbourne arbeitet er eigentlich als Finanzermittler, doch die Nachricht vom Tode Lukes lässt ihn nun kurzfristig in das Dorf seiner Kindheit zurückkehren. Denn Luke Hadler und Aaron Falk verband eine tiefe Freundschaft, die infolge der damaligen Ereignissen langsam auseinander bröckelte. Nun sind alle Erinnerungen und alten Bekannten plötzlich auf einen Schlag wieder da.
Die Eltern von Luke setzen ihr ganzes Vertrauen in Aaron, da sie die Hoffnung umtreibt, dass der Tod von Luke kein Suizid war, sondern ein gut vertuschter Mord. Und dieser beginnt dann auch zusammen mit dem Dorfsheriff Raco die Rekonstruktion jenes verhängnisvollen Tages, der für drei der vier Mitglieder der Hadler-Familie tödlich endete. Denn nicht alle Dorfbewohner sagen die ganze Wahrheit über die Ereignisse auf der Farm …
Jane Harper hat ein Debüt geschrieben, das vom Rowohlt-Verlag mit dem Label Thriller versehen wird. Ein solcher ist das Buch in meinen Augen nicht, vielmehr ist der Titel ein solide gearbeiteter Krimi. Denn Jane Harper hat das Buch sehr klassisch gebaut, ein Geheimnis aus der Vergangenheit, das den Protagonisten beschäftigt, wird mit aktuellen Geschehnissen verwebt, die anders sind, als sie scheinen. Die Aufklärung der Ereignisse auf der Hadler-Farm verbindet Jane Harper mit dem Rätsel um die Geschehnisse aus Aaron Falks Vergangenheit, was ihr recht gut gelingt, aber dann doch recht konventionell erzählt ist.
Die Australierin arbeitet viel mit kursiven Rückblenden, die filmähnlich Stück für Stück die damaligen Ereignisse auflösen. Das ist erhellend, macht aber aus dem Buch nicht unbedingt einen schnellen Thriller. Das Setting des Romans ist gut gewählt, der Übersetzung von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann solide und nach Candice Fox‘ Eden war dies mein zweiter literarischer Australienbesuch, der mich gut unterhalten hat. Ein anständiger Krimi aus Down Under – aber nicht DAS Thrillerhighlight des Jahres, wie uns das Marketing glauben machen will.