Jo Nesbø – Der Sohn

Tödliches Erbe

Sonny Lofthus sitzt im Gefängnis Staten in Oslo. Er ist ein mustergültiger Gefangener, der seinen Mithäftlingen Beichten abnimmt. Doch eines Tages wird er mit einer tödlichen Wahrheit konfrontiert. Die Verbrechen, für die Sonny büßt, haben andere begangen und zudem tauchen Neuigkeiten über Sonnys Vater auf. Dieser war ein aufrechter Polizist, doch eines Tages verübte er Suizid und ein Abschiedsschreiben legte nahe, dass er ein Maulwurf für die Drogenkönige Oslos gewesen sei. Sonny wittert die Chance, der Gerechtigkeit und dem Ruf seines Vaters Genüge zu tun und bricht aus dem Staten aus. Schon bald zieht sich eine Schneise der Verwüstung und der Morde durch ganz Oslo – und nur der alternde Polizist Simon Kefas mit junger Partnerin stellt sich ihm entgegen.
Zugegeben, ganz neu ist die Idee hinter Nesbøs „Der Sohn“ nicht: ein unschuldig hinter Gittern sitzender Verbrecher, der hereingelegt wurde und nun seinen Ruf reinwaschen will, notfalls auch mit Gewalt. Doch der norwegische Autor schafft es, dieser schon etwas ausgekauten Story neues Leben einzuhauchen. Selten hat man einem Verbrecher für seine Mission mehr die Daumen gedrückt und gehofft, dass sein Morden zum Ziel und damit der Wahrheit führen möge.
Ist man anfangs eingedenk der vielen Personen, die Nesbø einführt, etwas verwirrt, so lichtet sich schon bald der Nebel und die Hauptprotagonisten kristallisieren sich heraus. Da ist auf der einen Seite Sonny, der Sohn, und auf der anderen Seite Simon Kefas, der genügend eigene Probleme mit sich herumschleppt. Den Reiz der Geschichte macht zu großen Teilen auch die Tatsache aus, dass viele Charaktere im Laufe des Buches ganz unterschiedliche Facetten enthüllen und nicht jeder gleich automatisch gut oder böse ist. So schwankt man beim Lesen immer mit der Bewertung der Personen und hetzt durch die Seiten, um ihre Geheimnisse zu ergründen.
Mit „Der Sohn“ beweist Jo Nesbø erneut, dass er für einen spannenden Thriller nicht unbedingt seinen charismatischen Serienheld Harry Hole benötigt. Über 500 Seiten hält der Ökonom und Musiker die Spannung und treibt durch immer neue Wendungen und Blickwinkel die Geschichte voran. Auch wenn der Plot des Sohnes nicht ganz neu ist – dieser Thriller bringt alles mit, was Fans an Nesbø zu schätzen wissen. Und alle anderen sollten ihn endlich kennen lernen!
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