Dem Zauber der Weihnacht erliegt ein jeder – insbesondere, wenn die Liebe eine entscheidende Rolle spielt. So zumindest in Anthony Trollopes viktorianischer Erzählung Weihnachten in Kirkby Cottage, die dieses Jahr mit Illustrationen von Irmela Schautz versehen als Nummer 1542 in der Insel-Bücherei zu entdecken ist.
Nach Weihnachten auf Thompson Hall liegt nun mit Weihnachten in Kirkby Cottage eine weitere Weihnachtserzählung von Anthony Trollope vor, die ursprünglich 1870 als Erzählung in Routledge’s Christmas Annual erschien.
Darin spürt er in bester Tradition viktorianischer Romane der Liebe zwischen zwei jungen Menschen nach. Diese Liebe steht zu Beginn des Romans allerdings vor einer großen Zerreißprobe. Es ist eine Meinungsäußerung, die das Miteinander der Pfarrerstochter Isabel und Maurice auf eine harte Probe stellt.
Weihnachten – ein langweiliges Fest?
Denn im Gespräch mit Isabel trifft Maurice Archer eine Aussage, die die junge Frau auf gar keinen Fall stehen lassen kann. Sein Urteil, dass Weihnachten ein langweiliges Fest sei, trifft bei Isabel auf keinerlei Verständnis, sondern nur große Empörung. Die nachgeschobene Erklärung, dass an diesem Fest nur haufenweise Rindfleisch gebraten und haufenweise Plumpudding gegessen werde, bis die Menschen müde seien und eine Stunde früher als üblich ins Bett gingen, kann und will die Pfarrerstochter nicht folgen.
Dabei hatte eigentlich alles recht gut begonnen. Mr. Archer soll die Weihnachten im Pfarrhaus in Kirkby Cliffe inmitten von Yorkshire verbringen. Er selbst ist Waise und begütert, hat einen mittelmäßigen Abschluss in Oxford vorzuweisen und verbringt seine Zeit im Ausblick auf ein Erbe, das seinen Besitz mehrensollte. Eine gute Partie eigentlich für Isabel, die als ältere der beiden Pfarrerstöchter noch ledig und durchaus angetan von Maurice Archer ist. Die Zeichen stehen also durchaus gut für ein späteres Glück der beiden.
Doch nun diese Äußerung, die das Miteinander und die Harmonie der Festtage im Kirkby Cottage auf eine Belastungsprobe stellt. Da geraten alle Pläne zum festlichen Schmuck in der Kirche ins Hintertreffen, da geraten alle Gewissheiten bei Isabel Lownd ins Trudeln. In der Folge wächst die Verzweiflung, Maurice spielt gar mit dem Gedanken, per Kutsche nach Afrika zu reisen, um der Schmach des Disputs und der womöglich unmöglichen Liebe zu entkommen. Doch wir sind ja in einer weihnachtlichen Kurzgeschichte zuhause, sodass sich – so viel sei verraten – nach einigen Volten sich alles wieder weihnachtlich harmonisch fügt.
Alles fügt sich im Pfarrhaus Kirkby Cottage
Einen Anteil daran hat auch der Vater, der als lebensweiser und auch geistlicher Ratgeber über allem weltlichen Begehren steht. Mit seinen Worten rückt er alles wieder ins ins rechte Lot, auf dass die Dinge in Kirkby Cliffe ihren Lauf nehmen, der für sie vorgesehen ist.
Man braucht wohl kaum zu erwähnen, dass der Pfarrer viel älter war als Maurice und daher viel mehr von der Welt verstand. Und er war auch nicht verliebt. Zudem war er insofern im Vorteil als er vom Wesen der jungen Damen weit bessere Kenntnis hatte, als ihr Verehrer sie haben konnte.
Anthony Trollope – Weihnachten in Kirkby Cottage, S. 56
Und so löst sich die Apathie Maurice‘ gegen Weihnachten in Wohlgefallen auf, gibt es gar noch kleinere und größere Weihnachtswunder zu bestaunen, an der dann auch Rindfleisch und Plumpudding ihren Anteil haben. Und so geht noch vor dem Abend des Weihnachtsfestes alles so seinen Gang, wie es die Konventionen der Zeit um 1870 und nicht zuletzt auch das Genre der romantischen Kurzgeschichte vorsehen.
Fazit
So ist Weihnachten in Kirkby Cottage ein vorhersehbare, möglicherweise auch kitschige Erzählung, die aber im Angesicht der Weihnachtszeit und ihrer Festtage einen nostalgischen, viktorianischen Glanz verströmt, in den man sich sehr gerne begibt. Die Gestaltung von Irmela Schautz und die Übersetzung von Andrea Ott hat daran auch ihren Anteil, sodass diese kleine weihnachtliche Geschichte nicht nur Freunden viktorianischer Romanzen besonders zur Weihnachtszeit gerne empfohlen sei.
- Anthony Trollope – Weihnachten in Kirkby Cottage
- Aus dem Englischen von Andrea Ott
- Mit Illustrationen von Irmela Schautz
- ISBN 978-3-458-19542-9 (Insel-Bücherei)
- 78 Seiten. Preis: 15,00 €