Einführung in das Portfolio seines Verlags, Hommage an den literarischen Herzensort Spanien, dazu noch mehr als ein Dutzend Schriftsteller*innenporträts aus der halben Welt. Heinrich von Berenberg macht mit der unter dem Titel Vom Stemmen der Gewichte veröffentlichten Zusammenstellung seiner Newsletter und charmanten Programmvorstellung Lust auf Literatur aus dem gleichnamigen Verlag.
Das Veröffentlichen von Büchern, es kann bisweilen ein echter Kraftakt sein. Was die Arbeit mit Autor*innen, Manuskripten und den Umgang mit der Öffentlichkeit anbelangt, kostet sie Verlagshäusern und deren Mitarbeitenden oftmals viel Energie. Da ist der kleine Gewichtheber nicht das schlechteste Bild, der minimal schurzberockt seit nunmehr 21 Jahren tapfer auf den Umschlägen des Berenberg-Verlags die kurz vor ihrem Bruch stehende, schwer beladene Gewichtstange nach oben stemmt.
Was für ein Kraftakt dieses Stemmen von literarischen Gewichten sein kann, das lässt sich aus dem Buch von Heinrich von Berenberg lernen. In diesem gibt er, versehen mit dem schönen Untertitel News and Letters, Einblicke in das Geschäft des Büchermachens. Auch erklärt der Verleger, wie der kleine Gewichtheber als Logo zum seinem Haus fand, der sich auf der Verlagshomepage mit folgenden Worten selbst so vorstellt: Der Berenberg Verlag ist ein Literaturverlag mit viel Non-Fiction im Programm. Wir bemühen uns um deutschsprachige Literatur, sind aber störrisch international.
Newsletter und Autor*innenporträts
Wie es kam mit dem Verlag und was den Verleger vom einstigen Lektor und Übersetzer bei Wagenbach mit Schwerpunkt der spanischen Literatur zu einem Verleger werden ließ, davon gibt das in Broschur im eigenen Verlag erschienene Buch Auskunft. Den Schwerpunkt des Buchs bilden Newsletter, die Heinrich von Berenberg als Verlegerpost in unregelmäßigen Abständen verfasst und in denen er seine Autor*innen vorstellt, weit über jegliches ökonomisches Interesse hinaus.
Es sind gelehrte Darstellung, die mit persönlichem Blick seine Bindung zu Autor*innen und Themen ergründen und die neugierig machen auf das jeweilige Werk und das Oeuvre der Autor*innen. Jene Werkvorstellungen lassen sich nun hier versammelt lesen und bilden damit die thematische Fülle ab, die die Verlagspublikationen mit den meist schmalen, fadengehefteten und dafür inhaltlich umso gehaltvolleren Büchern kennzeichnet.
So erzählt Heinrich von Berenberg von seinem erstmaligen Kontakt mit Richard von Schirach und der Arbeit, die hinter seinem Buch Die Nacht der Physiker steckte. Seine Hymne auf die Autorin Christine Wunnicke findet sich ebenso wie eine Hommage an schwierige Autoren wie Igal Avidan. Auch erzählt er von den Schwierigkeit, die das Leben bereithält, wenn etwa die Wahrnehmung der eigenen Personen mit der Fremddarstellung auseinanderklafft – so passiert etwa im Zug der Publikation der Tagebücher Michael Rutschkys.
Bis hin zum Ungemach, das die Debatte über den von Berenberg verlegten Roman Eine Nebensache von Adania Shibli brachte, reicht der Bogen, den von Berenberg in seinen Betrachtungen als Verleger spannt. Immer weisen seine Briefe und Vorstellungen über die einzelnen Werke oder Autor*innen hinaus und vermitteln einen Eindruck, wie vielfältig und herausfordernd das Büchermachen auch sein kann. Ein Kraftakt eben.
Faszination für die spanische Literatur
Aber auch seiner Faszination für Spanien und die lateinamerikanische Welt ergründet der Verleger in seinem Buch – und das gleich vorneweg. Die starke Prägung seit Jugendtagen und Einsichten in ein literarisch vielgestaltiges Land, dessen Fülle hierzulande gar nicht so wirklich bekannt ist, ihren Ursprung betrachtet von Berenberg und schreitet dabei biographische wie literarische Wegmarken seines Lebens ab.
Die Beschäftigung mit richtungsweisenden Autoren wie etwa Rafael Chirbes oder Roberto Bolaño, dessen Werk von Berenberg entdeckte und teilweise übersetzte, bis hin zu zeitgenössischen Autoren wie Vicente Valero oder Juan Pablo Villalobos, um deren Pflege sich der mehrfach preisgekrönte Verlag verdient gemacht hat, all das hat in diesem Buch seinen Platz.
Fazit
Liest man Vom Stemmen der Gewichte, bekommt man Lust, sich in die vom Verlag herausgegebene Literatur zu stürzen. Elegant und kenntnisreich geschrieben vermitteln von Berenbergs Porträts eine Ahnung von der Vielfalt, die auf Leser*innen abseits des Mainstreams wartet. Sein Buch ist weit mehr als nur eine Werbeveranstaltung für das eigene Programm – es ist ein Blick hinaus in die weite Welt der Literatur, ein Blick hinter die Kulissen des Literaturbetriebs und nicht zuletzt eine Anregung, sich auf Überraschungen einzulassen.
- Heinrich von Berenberg – Vom Stemmen der Gewichte
- ISBN 978-3-911327-07-7 (Berenberg)
- 280 Seiten. Preis: 22,00 €