Vorstadt-Phantasien
Phantasien hegen sie alle, die Bewohner der amerikanischen Savage Lane, einer Vorstadtzeile wie aus dem Bilderbuch. Mark träumt von einer Affäre mit seiner alleinstehenden Nachbarin, seine eigene Frau setzt die Phantasie einer Affäre gleich einmal in die Tat um, und zwar mit einem 18-jährigen Jungen. Ausgehend von diesen Personen entfaltet Starr in seinem Roman ein Panoptikum des Begehrens, Vertuschens und Lügens. Immer mehr Figuren geraten in den Starr’schen Fokus und werden unbarmherzig seziert.
In seinem bereits neunten beim Schweizer Diogenes-Verlag erschienenen Buch macht Starr das, was er schon immer am besten konnte – mit großer Lust Menschen scheitern und sie sich in mörderische Umtriebe verstricken lassen. Bei den Bewohnern der Savage Lane ist das auch nicht anders, schließlich bezieht sich der doppeldeutige Originaltitel des Buchs auch den Charakter der Bewohner des Vororts . Immer undurchdringlicher wird das Gespinst aus Realität und Fantasie – bis die Bewohner der Straße die von ihnen losgetretenen Dynamiken kaum mehr überblicken können und der erste Todesfall zu beklagen ist.
Allzu tiefenscharf leuchtet Jason Starr seine Figuren nicht aus, aber ihm geht es in diesem Roman auch um etwas Anderes: wie können sich Begehren und Hoffnungen im maximal schlechtesten Fall entwickeln? Die Dynamiken, die er im Gewand einer bitterbösen, tiefschwarzen Komödie erzählt, sind frappant. Meist reden die Personen aneinander vorbei, missinterpretieren das Verhalten des Gegenübers oder überschreiten Grenzen.
Immer wieder berichtet er aus unterschiedlichen Blickwinkeln, lässt Szenen überlappen und springt zwischen den hypokritischen Figuren hin und her.
Immer schneller wird sein Strudel, in den die Savage-Lane-Bewohner gezogen werden – bis hin zum Finale, dass trotz allem etwas abrupt erscheint. Denn wer Starr kennt weiß, dass Happy Ends und Harmonie zum Schluss eines Buchs hin nicht seine Sache sind.
Wer in diesem dunklen Herbst Lust auf noch viel dunklere und kurzweilige Lektüre hat – herzlich willkommen in der Savage Lane!
Von diesem Buch habe ich bis gerade noch nie gehört – dank deiner Rezi steht es aber nun ganz weit oben auf meiner Wunschliste
Liebe Grüße,
Natalie
Das freut mich zu hören! Ich wünsche dir ganz viel Spaß mit dem Titel, wenn er es mal von der Wunschliste ins Buchregal schafft!