Absturz in Südamerika
Ein Flugzeugabsturz im südamerikanischen Dschungel, ein Paket voller Drogen im Flugzeug und ein ganz schlechter Plan – dies könnte ein Substrat des ohnehin schon sehr kompakten Romans „Leichendieb“ von Patrícia Melo sein.
Ein Absturz mit Folgen
Nachdem er beruflich schon abgestürzt ist und seinen Job verloren hat, wohnt ein Angler im Grenzgebiet zwischen Brasilien und Kolumbien einem zweiten Absturz bei. Ein Pilot verliert die Kontrolle über sein Kleinflugzeug und stürzt mitsamt der Maschine in den Fluss. Der Angler nähert sich der Absturzstelle und macht eine fatale Entdeckung. Neben dem Piloten befindet sich nämlich auch ein Päckchen mit Kokain an Bord der Maschine – das er an sich nimmt.
Und damit halst sich der Kokaindieb erst richtigen Ärger auf. Denn der Einstieg ins Drogengeschäft ist mit mehr Problemen gepflastert, als er sich vorgestellt hat. Schon bald wird er zwischen den mörderischen Fronten der Drogenbanden aufgerieben und rutscht immer tiefer ins Schlamassel. Und auch privat machen ihm seine Beziehungen zu schaffen. Es wird für ihn immer schwieriger, seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen,
Denn wen der Drogensumpf einmal verschluckt hat, den gibt er nicht so leicht wieder her. Um zu Überleben muss der Kokaindieb gar zum Leichendieb werde …
Ein interessanter Einblick in die Drogenszene
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Mit „Leichendieb“ erlaubt Patrícia Melo dem Leser des 2014 mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichneten Werks einen hochaktuellen Einblick in die südamerikanische Drogenszene. Ähnlich wie in Don Winslows Romanen „Tage der Toten“ oder „Savages“ zeichnet die Autorin ungerührt ein Bild davon, wie Drogen die Menschen korrumpiert und sie über Leichen gehen lässt, um die eigene Haut zu retten.
Immer tiefer lässt sie ihren Helden in das selbstverursachte Schlamassel rutschen. Besonders beklemmend wird dies durch die gewählte Ich-Erzählperspektive, die den Leser in die Position des Leichendiebs zwingt. Obwohl man sich eigentlich mit diesem skrupellosen Menschen, der Leichen bestiehlt, identifizieren will, sieht man die Welt mit seinen Augen und bangt mit ihm. Gelingt es ihm sich aus dem Klammergriff der Drogenkartelle zu befreien?
Oszillierend zwischen Thriller und Komödie
Man kann „Leichendieb“ natürlich als knallharten Thriller begreifen, in dem ein Mann mit allen Mitteln um sein Überleben kämpft. Dabei muss man aber auch die komödiantischen Elemente des Buches würdigen, die immer wieder inmitten allen Grimms aufblitzen.
Durch diese Einsprengsel nimmt Melo ihrem Buch viel Schwere und sorgt dafür, dass man inmitten des Absturzes des Leichendiebs auch einmal kurz innehalten kann.
Nach ein bisschen mehr als 200 Seiten ist der Spuk dann auch schon wieder vorbei und man hat sich aus dem südamerikanischen Drogensumpf freigekämpft. Ein schnelles, böses aber teilweise auch komisches Buch, das einen interessanten Einblick in die Drogenszene in Südamerika erlaubt!
Interessant, deine Einschätzung. Ich war nicht so zufrieden. Vor allem haben mich die dauernden Lamenti des Ich-Erzählers genervt.
Hallo Gunnar. Vielen Dank für deine Meinung – was mich an Melos Duktus etwas störte waren die beständigen "Over." Einsprengsel, auch wenn diese dann erklärt wurden. Das Lamento störte mich weniger, dazu war das Buch zu kurz als das richtiger Frust aufkam. Aber deine Kritik kann ich nachvollziehen!