Haruki Murakami – Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki

Fünf Freunde und die Farben

Fünf Freunde waren sie einst: Tsukuru Tazaki und seine Clique. Jeder seiner Freunde trug eine Farbe im Namen, nur Tazaki war der Farblose. Die Clique funktionierte reibungslos und die Freundschaft der Fünf schien ewig zu währen – bis die Gruppe eines Tages plötzlich Tazaki schnitt.

Er durfte mit keinem seiner Freunde mehr Kontakt aufnehmen und wurde geächtet. Eine schwärende Wunde und ein Verlust, der bis heute an ihm nagt.

Als er nun eine neue Freundin kennenlernt, fordert diese von Tsukuru Tazaki, er müsse sich den Dämonen seiner Vergangenheit stellen, ehe sie mit ihm eine tiefere Bindung eingehen können. Folglich besinnt sich Tazaki also seiner alten Freunde und sucht diese nacheinander auf, um dem Geheimnis und damit auch sich selbst näherzukommen. Bei seiner Suche macht er überraschende Entdeckungen und begibt sich bis nach Finnland auf der Suche nach dem Grund seines Ausschlusses.    

Freundschaften und nicht verheilte Wunden

Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki ist ein philosophisches Buch, das erneut die schriftstellerische Meisterschaft Haruki Murakamis vor Augen führt. In knapper Form (und wieder treffend von Ursula Gräfe ins Deutsche übertragen) erzählt er vom Wert der Freundschaft und von Wunden, die auch nach Jahrzehnten nicht zu heilen vermögen. Anspielungsreich schlägt er einen Bogen von Franz Liszts Années de pelerinage bis hin zu den eigenen Pilgerjahren Tsukurus. Das Buch ist eine melancholische Spurensuche mit Gedanken, die es sich lohnt selber zu verfolgen und zu überdenken.

Ein nicht allzu langes Buch, das man mit großem Gewinn lesen kann und das an die eigenen Freundschaften zurückdenken lässt. Wen hat man inzwischen aus den Augen verloren? Was hätte man damals besser gesagt und was nicht? Murakami macht nachdenklich.  

Für alle, die das Buch schon gelesen haben, habe ich hier noch die Interpretation von Liszts Années de pelerinage durch Lasar Berman angehangen. Das Stück fängt für mich sehr gut die herrschende Stimmung des Buches ein und versetzt zurück in Tsukurus Leben.

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[…] der Worte Serge Michel & Paolo Woods, Land des Lachens, Land der Tränen Haruki Murakami, Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki Haruki Murakami, Südlich der Grenze, westlich der Sonne Haruki Murakami, Von Männern, die keine […]

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[…] in seinen poetischen und leise geschilderten Tönen an das über 20 Jahre später erschienene Buch Die farblosen Pilgerjahre des Herrn Tazaki. Hier wie da versteht es Murakami in Meisterschaft, Männer und ihre Gefühle in großartige, klare […]