Willkommenskultur, Migration, Asyl- wer bei diesen Schlagwörtern jetzt schon genervt abwinkt, dem entgeht mit Das geträumte Land von Imobolo Mbue ein wunderbares Buch, das diese Themen sehr lesenswert behandelt (Deutsch von Maria Hummitzsch).
Ausgangspunkt ist die Familie von Jende Jonga, die aus Kamerun in die USA übergesiedelt sind. Sie haben in den USA Asyl beantragt, das Verfahren schwebt – und um die Familienkasse aufzubessern, beschließt sich Jende als Fahrer bei dem Banker Clark Edwards als Fahrer zu bewerben. Jener ist im Jahr 2008 als Banker bei Lehmann Brothers angestellt (der geneigte und informierte Leser weiß hier natürlich schon, welche Entwicklungen das zur Folge haben wird) und engagiert tatsächlich Jende. Durch die Tätigkeit als Fahrer kommen sich die beiden Männer näher – und auch die beiden Frauen freunden sich an. So verschränken sich die Schicksale der Edwards und der Jongas, auch wenn sie natürlich auf ganz anderen gesellschaftlichen Stufen stehen.
Schon wieder historisch wirkt dieses letztes Jahr im Original erschienene Buch, zeigt es doch ein Amerika, das heute so fern wirkt. Für Jonga ist Amerika das verheißene Land, seine Begeisterung scheint grenzenlos. Als sich 2008 auch noch Barack Obama anschickt, als erster Präsident mit afrikanischen Wurzeln Geschichte zu schreiben, scheint für die Jongas alles möglich. Ein offenes Land mit allen Möglichkeiten – acht Jahre später erscheint diese Euphorie übertrieben. Imbolo Mbue schafft es aber gekonnt, diese Atmosphäre einzufangen und auch den Leser in diese Stimmung zurück zu versetzen, indem sie die Welt durch Jende Jongas Augen betrachtet.
So eröffnen sich Perspektiven, die man normalerweise nicht automatisch einnimmt. Die Probleme der Banker- und der Immigrantenwelt werden von Mbue schlüssig dargestellt und erreichen auf beiden Ebenen den Leser. Auch der Schluss des Romans weiß zu überraschen und macht nachdenklich. Was bedeutet Ankommen für uns – und leben wir wirklich in geträumten Ländern oder sollten langsam einmal aufwachen und unsere Einstellungen überdenken und hinterfragen? Das geträumte Land liefert hier gute Impulse und unterhält dabei sehr gut.