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Antonio Hill – Der einzige Ausweg
Winter in Barcelona
Antonio Hill treibt mit „Der einzige Ausweg“ die Fortschreibung seiner Saga um den Kriminalinspektor Héctor Salgado und die Stadt Barcelona weiter voran.
Jonas Jonasson – Die Analphabetin, die rechnen konnte
Fortführung von Altbewährtem
Und wer das Buch aufschlägt und zu lesen beginnt, der wird feststellen, dass es sich genauso verhält, wie die Front des Buches impliziert.
Es geht um Nombeko, hyperintelligente Latrinenkraft aus Soweto, Zwillinge, von denen nur einer existiert, eine Atombombe, Mossadagenten, den schwedischen König und noch viel mehr.
Jonasson entfesselt von der ersten Seite an einen Erzählstrom, der mich manchmal an einen chaotischen Redner erinnert. Ständig verliert er sich in Nebenschauplätzen, kommt vom Hundersten ins Tausendste und prescht dann doch plötzlich wieder mit seiner Geschichte voran.
Das Wunder hierbei: Die Erzählstruktur funktioniert, man bleibt bei den parallelen Erzählsträngen von Nombeko und den janusköpfigen Zwillingen, die im Laufe des Buches zusammenfinden. Trotz der vielen Charaktere verliert man nicht den Überblick, da Jonasson seine Protagonisten liebevoll mit einer ungeheuren Masse an Schrullen und Macken zeichnet.
Wollte man „Die Analphabetin, die rechnen konnte“ einem Genre zuordnen, so könnte dies nur das Fantasy-Fach sein. Die Geschichte ist so abgedreht, unwahrscheinlich und irre, dass man mit dem Kopf schütteln müsste, wäre Jonasson nicht ein solch guter Schriftsteller. Mit jeder Menge Augenzwinker und Humor lässt er seine Figuren durch die abstruse Handlung taumeln.
Wer Kritik üben möchte könnte sagen: Jonasson kopiert sich nur selber. Wer das Buch loben möchte könnte sagen: Abermals ist Jonasson eine skurrile und überbordende Geschichte nach bewährtem Muster eingefallen. Ich würde beiden Ansichten Recht geben und urteilen: Jonasson erfindet mit seinem zweiten Roman das Rad zwar nicht neu, unterhält mit seiner Geschichte aber sehr gut.
Oliver Pötzsch – Die Burg der Könige
Ein Ausflug ins Mittelalter
Mit knapp 940 Seiten ist das Buch äußerst umfangreich und ein echter Schmöker, der alles bietet, was man weithin mit dem Mittelalter assoziiert: Schöne Burgfräulein, Intrigen, Mönche, Kämpfe und finstere Verschwörungen.
Pötzsch erzählt von der jungen, unabhängigen und rebellischen Agnes, der Tochter eines Burgvogts, die auf der Burg Trifels in der Kurpfalz lebt. Diese legendäre Burg, auf der Kaiser Barbarossa einen Schatz verborgen haben soll, steht auch im Mittelpunkt der bunten Geschichte, da die Lebensläufe der Protagonisten immer wieder mit der Burg verwoben sind. Die Burg wird ebenso zum Schicksal des jungen und revolutionären Burgschmieds Mathis und es scheint, als berge der Trifels tatsächlich Geheimnisse, die auch Jahrhunderte später
Im Hintergrund behandelt Pötzsch große Themen wie die Bauernaufstände und die Machtkämpfe um den Kaiserthron (hier verlangt der bayerische Autor seinen Lesern etwas Aufmerksamkeit ab). Auch kreuzen große historische Gestalten die Wege der Protagonisten – so hat z.B. Götz von Berlichingen genauso wie die damaligen Könige und Kaiser einen Gastauftritt.
Kleinere Fehler im Text
(c) Godwi_ /Flickr |
Trotz aller löblichen Ambitionen, die man in „Die Burg der Könige“ erkennen kann, soll auch hier noch ein kleiner Kritikpunkt meinerseits geäußert werden. Was mich am Roman stets etwas störte, waren die Dialoge und das Verhalten der Charaktere. Die emanzipierte Haltung von Agnes erschien mir für den damaligen Ständestaat genauso übertrieben wie die Dialoge. So beschimpfen sich die Protagonisten gegenseitig als „Kanaille“ (dieser Begriff wurde im Deutschen erst zwei Jahrhunderte später verwendet), kennen bereits Viertelstunden und reden von „x-beliebigen“ Dingen. Diese sprachliche Ungenauigkeiten störten mich im Kontext etwas, wer hierauf aber keinen gesteigerten Wert legt, der bekommt eine wendungsreiche, spannende und bunte Geschichte serviert.
Gelungene Buchgestaltung
(c) Smajaa / Flickr |
Ein besonderes Wort will ich auch hier über die äußerst gelungene Gestaltung des Buches verlieren: Schon das Cover weckt Erinnerungen an mittelalterliche Codices und im Inneren wird das Motiv einer Handschrift bzw. Inkunabel weitergeführt. Die großen Kapitel ziert am Beginn eine rubrizierte Kapitale, als ein schön gestalteter Großbuchstabe. Darüber hinaus gibt noch einen umfangreichen Anmerkungsapparat mit Wandertipps, Infos über die Protagonisten des Buchs und weitere Infos. Die rot gestalteten Vorsatzblätter zeigen die geographische Verortung des Romans und Dies rundet den Gesamteindruck des Buches positiv ab und hebt das Buch aus dem Gros der Mittelalterschmöker heraus.
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Alexander Söderberg – Unbescholten
Zwischen den Fronten
Ohne hier zu viel von der Handlung des 470 Seiten starken Romans vorweg nehmen zu wollen: mit der Pflege des charismatischen Verbrechers Hector Guzmann beauftragt schlittert die Krankenschwester zwischen Gangstern und Polizei. Von beiden Seiten wird sie zu vereinnahmen versucht und muss um ihr Überleben kämpfen.
Gefühlt hundert neue skandinavische Krimis überschwemmen von Jahr zu Jahr den Krimimarkt. Wenn man sich vom Gros der Literatur abzuheben will, muss man da schon ein Alleinstellungsmerkmal aufweisen.Wenn man das Alleinstellungsmerkmal von „Unbescholten“, dem Auftakt zu einer geplanten Trilogie, sucht, dann dürfte das wohl die Angleichung von Gut und Böse sein. Die Grenzen verschwimmen und die Polizei ist um keinen Deut besser als die Verbrecher, die sie zu bekämpfen versucht. Trotz dieser überraschend negativen Darstellung der Polizeikräfte kommt das Buch nicht über unteres Mittelmaß hinaus. Das liegt vor allem an den Charakteren, die das Buch bevölkern.
Von diesen bekommen die meisten vom Autor nichts außer einem Namen mit. So etwas wie Eigenschaften, Brüche oder Identifikationspunkte bietet so gut wie keine Figur. Die Polizei ist böse, die Gangster sind manchmal charismatisch, aber auch meist böse und Sophie Brinkmann stolpert anfangs wirklich so blauäugig durch die Handlung, dass man sich ärgert.
All das verleidete mit die Freue an „Unbescholten“ und sorgt so dafür, dass ich diesem Buch leider nur eine allzu mittelmäßige Bewertung zukommen lassen kann – sehr schade!