Der literarische Herbst 2018 (Teil 2)

Vor einiger Zeit ging schon ein Artikel online, in dem ich zahlreiche Bücher aufführte, auf die ich mich freue. Heute wird das Ganze fortgeführt, da inzwischen die Programme einiger weiterer Verlage online gegangen sind. Vorhang auf also für Runde Zwei der Novitätendisco (mit mehr Indie-Verlagen, mehr Frauen, und überhaupt!):

 

Bunte Cover liegen im Trend. Diese beiden Werke treten den Beweis an: Tom Rachmans Die Gesichter und Richard Powers Die Wurzeln des Lebens. Bislang konnte mich keines von Rachmans Büchern so wirklich vom Hocker hauen. Vielleicht wird das mit dem neuen Buch anders? Darin erzählt er von einem Sohn, der sich aus dem Schatten seines Vaters lösen möchte (Übersetzung von Bernhard Robben). Auch auf Richard Powers freue ich mich, schließlich habe ich noch nichts von diesem Autor gelesen und würde diesem Zustand gerne Abhilfe schaffen.

Thematisch in die Reihe der farbenfreudigen Cover passt auch Chris Kraus‘ neuer Roman Sommerfrauen, Winterfrauen. Kraus‘ letzter opulenter Roman Das kalte Blut konnte mich wirklich begeistern – hoffentlich kommt der neue Titel an dieses 1200seitige Werk auch heran. Weiter geht es mit Christian Torklers Der Platz an der Sonne, hierin entwirft der Autor eine Vision von Deutschland im Jahr 1978, in dem Berlin in Trümmern liegt. Alternative Geschichtsschreibungen mag ich sehr – mal sehen, ob auch dieses Buch überzeugen kann!

Etwas weiter von Deutschland weg spielt der nächste Vorschautitel, nämlich Wonder Valley von Ivy Pochoda. Darin lässt die Autorin mehrere Figuren in der Gluthitze Kaliforniens aufeinanderprallen. Man darf auf diesen literarischen Flipperautomaten durchaus gespannt sein, wie ich finde.

 

Um mit spannenden Autorinnen fortzufahren: auch Nino Haratischwili lässt mit Die Katze und der General wieder von sich hören. Nach ihrem monumentalen Wurf Das achte Leben und der Auszeichnung mit dem Brecht-Preis der Stadt Augsburg freue ich mich nun, wieder von der Autorin zu hören. Eine weitere tolle Autorin ist Jennifer Clement, die nach ihrem Blick auf den blutigen Drogenkonflikt in Mexiko in Gebete für die Vermissten nun ein weiteres heißes gesellschaftliches Eisen anfasst. Nämlich die Faszination der Amerikaner für Waffen. Gun Love heißt das Buch und erscheint im September bei Suhrkamp.

Ebenfalls im September erscheint das Debüt von Min Jin Lee, das in Amerika ein Bestseller war und auf der Shortlist des National Book Award stand. In Ein einfaches Leben erzählt die Autorin vom Milieu der koreanischen Einwanderer. Laut Verlagswerbung stecken 20 Jahre Arbeit in dem Buch – nicht nur eingedenk der aktuellen Ereignisse rund um Amerika und Nordkorea bin ich mehr als gespannt.

Die große Faszination an Büchern ist es ja, dass sie mich in andere Leben und Welten hineinschauen lassen. Mit der Lebenswelt von koreanischen Einwanderern in den USA hätte ich ja normalerweise keine Berührungspunkte. Ein weiterer dieser Weltenöffner könnte Der Sport der Könige der Autorin C.E. Morgan sein. Darin erzählt sie von einer Familie von Pferdezüchtern in den Südstaaten der USA – darüber hinaus scheint mir das Buch – wenn man nach der Ankündigung geht – auch die aktuellen Probleme der USA auf der Folie dieses Romans zu verhandeln.

Ein schwarzhumoriger Spaß könnte auch das Buch Glorreiche Ketzereien von Lisa McInerney werden. Es erscheint im Liebeskind-Verlag, der ja immer ein gutes Händchen für außergewöhnliche Bücher hat.

 

Auch im Bereich der Spannungsliteratur gibt es einige Titel, auf die ich mich freue, unter anderem auf Nachschub aus dem Polar-Verlag, der wieder einmal ein spannendes Programm aufbietet. Besonders ins Auge fiel mit das Buch Grant Park von Leonard Pitts Jr., der in diesem Buch das die Unruhen in Memphis 1968 und die Wahl Barack Obamas zum Präsidenten verbindet. Über seinem Krimi scheinen die Themen Rassismus und Amerikas Auseinandersetzung mit seinem historischen Erbe zu schweben. Ich bin gespannt.

In eine ganz andere Richtung zielt der Krimi Murder Swing, der von einem Vinyl-Detektiv erzählt, der in London seinem Tagewerk nachgeht. Er wird angeheuert, eine seltene Pressung zu finden, womit das ganze Schlamassel beginnt. Dieses Buch scheint mir der Bruder von den Titeln wie Hari Kunzrus White Tears oder Vintage von Grégoire Hervier zu sein.

Marlow ist der inzwischen schon siebte Band in der Reihe um den Berliner Kriminalkommissar Gereon Rath. Nachdem im Herbst die Verfilmung der ersten Bände der Reihe im Free-TV zu sehen ist und bislang jeder Roman ein Bestseller war, dürfte sich diese Geschichte hier nahtlos fortsetzen (wenngleich die Bücher von Volker Kutscher nun bei Piper statt Kiepenheuer&Witsch erscheinen).

Ein weiterer Garant für gute Kriminalliteratur ist Dennis Lehane. Seine Bücher sind eigentlich immer grandios – was ich hoffentlich nach der Lektüre auch von Der Abgrund in dir sagen werde. Auch Desperation Road von Michael Farris Smith lässt mich hoffen. Er erzählt in seinem Buch von einem frisch entlassenen Häftling und einer Mutter mitsamt Tochter auf der Flucht. Könnte klischeebeladen werden, könnte aber auch voll einschlagen. Ich werde berichten!

 

Ein toller Titel, der schon so bei mir wunderbar funktioniert ist Männer, die sich schlecht benehmen von Joshua Ferris. Klingt gut, wird gekauft. Und Kurzgeschichten gehen eh immer. Ein weiterer Titel, dessen Klappentext mich sehr anspricht, ist der Titel Der Blumensammler von David Whitehouse. Darin dreht sich alles um einen unscheinbaren Mann, den ein Brief auf eine große Reise schickt. Darin sind sechs seltene Blumen notiert – und der Mann begibt sich auf die Suche nach diesen Blumen.

Das Verschwinden des Josef Mengele von Oliver Guez dreht sich um die Flucht des ehemaligen KZ-Lager“arztes“ Josef Mengele, die er nach dem Ende des Dritten Reichs nach Buenos Aires antrat. In Frankreich war der Titel ein Bestseller und wird von Nicola Denis übersetzt. Diese hat auch schon Eric Vuillards Die Tagesordnung ins Deutsche übertragen.  Apropos Eric Vuillard: der Matthes&Seitz-Verlag bringt ein neues Sortiment mit Backlist-Titeln und Taschenbücher auf den Markt. Besonders auf die Ausgabe von Eric Vuillards Kongo freue ich mich. In diesem ursprünglich 2015 erschienen Buch montiert Vuillard die Geschehnisse rund um die Kongo-Konferenz im Jahr 1884. Die HC-Ausgabe entging mir, im Paperback wird die Lektüre nun nachgeholt. Und auch eine weitere Veröffentlichung des umtriebigen Verlags aus Berlin hat meine Aufmerksamkeit. Vermächtnis einer Jugend ist die Autobiographie von Vera Brittain, die als Hilfskrankenschwester die Schrecken des Ersten Weltkriegs miterleben musste. Genau 100 Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs sicher eine lohnende Lektüre.

 

Billige Wortspiele mit seinem Nachnamen spare ich mir – nicht aber den Hinweis auf das Buch. Mein Ein und Alles von Gabriel Tallent klingt nach einem facettenreichen Porträt eines jungen Mädchens in der Abgeschiedenheit Nordamerikas. Höchst aktuell und hoffentlich angemessen moralisch ambivalent gehalten wird der Roman Die Polizisten des Franzosen Hugo Boris. Er erzählt darin von drei Polizisten, die die Abschiebung eines Flüchtlings in die Wege leiten müssen.

Etwas mehr Zerstreuung bietet Christian Schnalke in seinem Roman Römisches Fieber, der von Franz Wercker erzählt, der 1818 über eine Station am Gardasee in den Dunstkreis einer deutschen Künstlergemeinschaft in Rom gerät. Mich erinnert diese Beschreibung stark an die Titel oder Porträt ohne Dichter oder Keyserlings Geheimnis von Klaus Modick.

Die letzten beiden Vorschautipps kommen aus dem Hause DuMont und Ullstein. Im Kern eine Liebesgeschichte von Elizabeth McKenzie verspricht einen amerikanischen Gesellschaftsroman, bei dem auch der Humor nicht zu kurz kommt. Das lässt hoffen. Erst letztens fragte ich mich, ob es vielleicht dieses Jahr noch einen großen Roman zum Thema 1968 und dessen 50. Geburtstag gibt. Im Programm des Ullstein-Verlags bin ich nun auf den Krimi Die Tote im Wannsee des Autorentrios Lutz, Wilhelm und Kellerhoff gestoßen, das diese literarische Lücke hoffentlich etwas zu stopfen vermag.

 

Bevor ich mich nun nach dieser Auflistung völlig verzweifelt frage, wann man das alles lesen sollte noch die Frage an euch – haben sich für euch schon weitere Leseperlen aus den kommenden Programmen herauskristallisiert? Ich bin auf weitere Tipps gespannt!

 

 

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