Schlesischer Wein
Ich durfte im März 2013 einer Lesung der Autorin Elisabeth Herrmann beiwohnen, in der sie ihren Roman „Das Dorf der Möder“ vorstellte und auf der sie auch ankündigte, ihr Anwalt Joachim Vernau würde wieder zurückkehren. Nach einer etwas längeren Pause (zuletzt erschien 2009 „Die letzte Instanz“, in dem Vernau ermittelte) darf der Berliner Anwalt nun in „Versunkene Gräber“ ermitteln – und tut dies nun sogar bilateral:
Seine Anwaltsfreundin Marie-Louise ist verschwunden und wird von einer polnischen Kollegin gesucht. Zeitgleich wird in Polen Vernaus Kumpel, der Automechaniker Jazek, unter Mordverdacht verhaftet. Marie-Louise scheint in dieses Verbrechen verwickelt zu sein und nun liegt es an Joachim Vernau, die Hintergründe der Geschehnisse, die in Polen geschehen sind, aufzuklären.
Selten hat das Wort der Hintergrundermittlung so gut zu einem Roman gepasst, wie hier: Vernau muss die Hintergründe des Verbrechens aufklären, das Jazek und Marie-Louise zur Last gelegt wird – und muss noch tiefer graben. Denn die Ereignisse, die im fiktiven Städtchen Janekpolana passiert sind, scheinen ihren Ausgang in den Kriegswirren in Polen und der Repatriierung der damaligen Bevölkerung genommen zu haben. Eine alles andere als durchschaubare Gemengelage, durch die sich Vernau nun kämpfen muss, um die Wahrheit herauszufinden und Jazek und Marie-Louise aus ihrer misslichen Lage zu befreien.
Ich mag Elisabeth Herrmann und ihren Schreibstil einfach – und auch diesmal liefert sie mit „Versunkene Gräber“ erneut Qualitätsware ab. Geschickt schafft sie es, in ihrem Krimi die Subthemen der Vertreibung, des schlesischen Weinanbaus und der Beschreibung Polens generell einzubinden, ohne dass der Krimi darunter ächzen würde. Zwar ist der erzählerische Kniff, dass Geheimnis aus dem Zweiten Weltkrieg bis ins Heute nachwirken, nicht gerade neu, doch die Autorin schafft es, ihr Buch mit Leben zu füllen. Weder kommen der Humor noch die Spannung zu kurz und insgesamt ist „Versunkene Gräber“ wieder ein rundes Ganzes geworden.
Wollen wir hoffen, dass Joachim Vernau schon bald wieder neue Aufträge ins Haus flattern und Elisbath Herrmann nicht so lange wartet, ehe sie ihren Anwalt wieder mit neuen Aufgaben betraut!