Das Problem des verschlossenen Raums
Mit
Die verlorenen Schwestern schickt Adrian McKinty seinen katholischen Bullen Sean Duffy in seinen nunmehr dritten Einsatz – und dieser ist verzwickter als alle Fälle, mit denen er zuvor zu tun hatte. Nach seiner Degradierung aufgrund seines letzten Falles (
Die Sirenen von Belfast) muss sich Duffy nun wieder als normaler Streifenbeamter im Pulverfass Nordirland in den 80ern seiner Haut erwehren. Diese Lage ist höchst angespannt, zwischen IRA, Thatcher und Paisley brennt die Luft. Und ausbaden müssen dies Männer wie Sean Duffy.
Auf der Flucht
Doch nicht lange währt sein Streifendienst, er wird vom britischen Geheimdienst schnell wieder zurück in Amt und Würden gesetzt, da ein Problem nationaler Tragweite droht. Duffys ehemaliger Klassenkamerad Dermot McCann ist aus einem Hochsicherheitsgefängnis ausgebrochen. Dort war er inhaftiert, weil er ein gefürchteter Bombenleger der IRA ist und in Libyen in einem Terrorcamp seine Kunst verfeinert hatte. Duffy wird auf den Flüchtigen angesetzt und stochert im Nebel.
Alles wird noch deutlich komplizierter, als es ohnehin schon ist , als plötzlich auch noch die Ex-Schwiegermutter Dermot McCanns auftaucht. Sie verspricht dem katholischen Bullen einen Deal: sie gibt ihm einen Tipp bezüglich des Aufenthaltsortes McCanns, dafür löst Duffy ein lang zurückliegendes Mysterium. Ihre Tochter wurde damals in einem von innen verschlossenen Pub tot aufgefunden – ein Mord wie die Schwiegermutter glaubt. Duffy muss zu allem Überfluss nun auch noch dieses Rätsel lösen, ehe er sich hinter die Fährte Dermot McCanns klemmen kann. So tickt die Uhr unerbittlich, während Duffy an den verschiedenen Fronten seine Ermittlungen führen muss.
Eine Verbeugung vor dem Locked-Room-Mystery
„Die verlorenen Schwestern“ ist ein verschachtelter Krimi, der diesmal mit zwei unterschiedlichen Fällen aufwartet und zugleich eine Verbeugung vor dem „Locked Room Mystery“, also dem Problem des verschlossenen Raums ist. Dieses Topos faszinierte Krimiautoren wie John Dickson Carr, Edgar Allen Poe oder Edmund Crispin schon vor Jahrzehnten – und eben Adrian McKinty auch noch heute. In seinem Blog und auch in „Die verlorenen Schwestern“ wirft er einen Blick zurück auf diesen Krimizweig und schafft einen ganz eigenen faszinierenden Fall, der sich dann aber vollkommen rational aufklärt.
Auch der dritte Fall von Sean Duffy ist wieder sensationell gut geschrieben, voller popliterarischer und geschichtlicher Bezüge und schafft es, ein eindrückliches Bild vom Nordirland-Konflikt zu zeichnen. „Die verlorenen Schwestern“ ist hohe Krimikunst – wie bei McKinty nicht anders zu erwarten – und darüber hinaus auch geschichtlich höchst interessant. Der Leser sollte ein gewisses Maß an Interesse und Hintergrundwissen für die irische Problematik der 80er Jahre mitbringen, wenn man den Roman in seiner Tiefe genießen will. So oder so ist dieser Roman ein wirkliches Highlight in der Krimilandschaft und sollte auf jeden Fall gelesen werden.
Unglückliche Formatentscheidung
Der einzige Kritikpunkt, der aber auch nicht auf den Inhalt gerichtet ist, ist die Gestaltung des Buches durch Suhrkamp. Warum mitten in der Reihe nun bei der Gestaltung vom Hardcover auf das Paperback-Format umgestiegen wurde, ist für mich nicht ersichtlich. Im Regal macht sich diese hervorragende Reihe nun etwas merkwürdig mit diesem Formatwechsel. Dieses Problem (wenn man es so nennen will) ist wohl eher etwas für Buchsammler, aus ästhetischer Sicht finde ich die Gestaltung aber nicht ganz gelungen. Inhaltlich aber ganz große Krimikunst!
Wer jetzt neugierig auf das Buch geworden ist, der darf einfach gerne
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Die Sean-Duffy-Reihenfolge
Wie man meiner Rezension unschwer entnehmen kann, haben mich die Bücher Adrian McKintys vollkommen überzeugt und bisher noch nie enttäuscht. Wer die Entwicklung (und Rückschläge) Sean Duffys chronologisch nachverfolgen möchte (was an dieser Stelle ausdrücklich empfohlen sei), der findet hier die Listung der bisherigen Titel und meiner Besprechungen: