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Rolf & Cilla Börjlind – Die dritte Stimme

Von Marseille nach Stockholm

Nachdem es die angehende Polizistin Olivia Rönning und der abgestürzte Kommissar Tom Stilton in „Die Springflut“ bereits mit mörderischen Jugendlichen und Konsorten aufnehmen mussten, wird es in Die dritte Stimme nicht leichter. Das schwedische Drehbuchduo Cilla und Rolf Börjlind schickt ihre Spürnasen diesmal nicht in die Unterwelt Stockholms sondern bis nach Marseille.

Dorthin reist der Croupier und Messerwerfer Abbas zusammen mit dem Ex-Kommissar Tom Stilton, nachdem dort seine frühere Geliebte zerstückelt in einem Naturreservat gefunden wurde. Währenddessen ermittelt Olivia in Stockholm auch auf eigene Faust. Der Vater eines in der Nachbarschaft lebenden Mädchen hat scheinbar Selbstmord begangen. Olivia lassen die Vorgänge allerdings keine Ruhe und so beginnt sie selbst nachzuforschen. Der erfahrene Krimileser weiß aber ja schon längst, dass die beiden Stränge miteinander zu tun haben müssen. Und so prallen dann auch in Stockholm die Spuren und Ermittler aufeinander.

Das Ensemble von Die dritte Stimme ist eigentlich das gleiche wie im Erstling Die Springflut (genauso wie der erste Titel wurde auch dieses Buch von Christel Hildebrandt übersetzt). Die Kenntnis dieses Buches empfiehlt sich für das Verständnis des Folgebandes, zwingend erforderlich ist diese aber nicht. Die beiden Autoren bauen genügend Rückblenden und Verweise ein, sodass man sich nach einiger Zeit auch so im Kosmos von Olivia Rönning bzw. Rivera und Tom Stilton zurechtfindet.

Was am Buch marginal zu kritisieren wäre, ist die Tatsache, dass die beiden Stränge, die lange Zeit unverbunden nebeneinander herlaufen, etwas Zeit benötigen, bis sie in Fahrt kommen. Wenn die Fälle dann aber Fahrt aufnehmen ist man als Leser gerne dabei und versucht, hinter die Vorgänge und die Verknüpfungen unter den Personen zu kommen. Der Band nimmt die Fäden aus Die Springflut nahtlos auf und entwickelt die Charaktere interessant weiter. Wenn die Qualität gleich bleibt, darf man sich noch auf einige weitere spannende Bände aus den Federn von Cilla und Rolf Börjlind freuen!

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Dennis Lehane – Mystic River

Wenn aus Freunden Feinde werden

Sean, Jimmy und Dave sind in ihrer Kindheit beste Freunde, obwohl sie aus unterschiedlichen Vierteln stammen. Doch Jahre später müssen die ehemaligen Freunde feststellen, dass ihre Freundschaft die Zeit wohl nicht in Gänze überstanden hat.

Auslöser ist der Fund von Jimmys ermordeter Tochter, die in einem Park entdeckt wird. Sean muss als Polizist die Ermittlungen aufnehmen und sich gegen seine Jugendfreunde stellen. Denn es scheint, als sei Dave in den Mord an Jimmys Tochter verwickelt. Die Freunde finden sich alle auf unterschiedlichen Seiten wieder und kämpfen, um unbeschadet aus den Ereignissen hervorzugehen.

Das umfangreiche Schaffen Dennis Lehanes

Am bekanntesten dürfte Dennis Lehane in Deutschland für seine Vorlagen zu den Kinofilmen „Gone Baby gone“ und „Shutter Island“ sein. Dies ist bedauerlich, da die Bücher des amerikanischen Autors mindestens genauso gut wie die Verfilmungen sind. Neben seinen Ermittler-Bücher um das Detektivpärchen Kenzie und Gennaro schrieb und schreibt Lehane immer wieder eigenständige Titel, zu denen auch „Mystic River“ zählt, der in Deutschland zunächst unter dem Titel „Die Spur der Wölfe“ publiziert wurde und ebenfalls durch Clint Eastwood für das Kino adaptiert wurde. Der Diogenes-Verlag hat nun die Taschenbuchausgabe neu aufgelegt, diesmal mit einer Neuübersetzung durch Sky Nonhoff.

Aus Kindern werden Erwachsene

Der Roman spannt den Bogen von der Kindheit des Triumvirats bis hin zum Familienleben der Protagonisten und erschafft prägnante Figuren. Obwohl auf den insgesamt 620 Seiten doch einige Charaktere auftauchen, schafft es Lehane, jeder Figur eine ganz eigene Tiefe zu verleihen, die noch lange nachhallt. Bei diesem Buch ist keine Seite zu viel, die Perspektivwechsel gelungen und durch die kluge narrative Struktur des Romans erhält sich die Spannung über die vielen Seiten hinweg.
Dennis Lehane ist ein absolut runder Thriller über Schuld und Sühne gelungen. Es ist diesem großartigen Autoren wirklich zu wünschen, dass sein Verlagswechsel hin zum Diogenes-Verlag ihm nun die Aufmerksamkeit beschert, die sein schriftstellerisches Schaffen auf jeden Fall verdient!

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Anthony Horowitz – Der Fall Moriarty

Auf den Spuren Moriartys

Nachdem sich Anthony Horowitz bereits Sherlock Holmes in „Das Geheimnis des weißen Bandes“ vorgenommen und modernisiert hat, ist nun sein ikonischer Gegenspieler James Moriarty dran. „Der Fall Moriarty“ setzt nach den legendären Geschehnissen an den Reichenbachfällen im Schweizer Meiringen ein. Die Ermittler Athelney Jones und der Pinkerton-Mann Chase treffen auf den Spuren von James Moriarty aufeinander und beschließen zu kooperieren.
Denn scheinbar steht der Tod von James Moriarty in Verbindung mit Geschehnissen in London. Dorthin will offenbar der amerikanische Verbrecherkönig Clarence Devereux sein Reich ausbauen. Pinkerton-Mann Chase und Athelney Jones müssen ihr Wissen zusammennehmen, um dem Verbrecherkönig das Handwerk zu legen und die Verbindungen zwischen Devereux und seinem Gegenspieler Moriarty zu durchschauen.
Anthony Horowitz hat einen neuen Roman um James Moriarty geschrieben in der Tradition der Bücher von Arthur Conan Doyle. Wo in den Büchern Doyles Watson die Geschehnisse protokolliert, ist es hier Chase, aus dessen Sicht die turbulenten Szenen geschildert werden. Mit jeder Menge Action versieht Horowitz den „Fall Moriarty“ und verblüfft den Leser im letzten Drittel des Buchs auch noch mit einer fintenreichen Wendung, die den Leser das Buch ein zweites Mal zur Hand nehmen lässt.
Besonders zu loben ist auch die hervorragende Gestaltung des Bandes mit blauem Leinen und der geschwungenen Schrift, die das Buch weit über den gestalterischen Durchschnitt heraushebt. Hier hat der Suhrkamp-Verlag gute Arbeit geleistet – definitiv ein Schmuckstück im Buchregal!

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Robert Wilson – Ihr findet mich nie

Charles Boxers schwerster Fall

Charles Boxer zum Zweiten

In „Ihr findet mich nie“ bekommt es der Entführungsexperte Charles Boxer nach seinem ersten Auftritt in Stirb für mich“ nun mit seinem härtesten Fall zu tun – nämlich dem Verschwinden seiner eigenen Tochter.

Diese macht wahr, was der Buchtitel schon verkündet und verschwindet gleich zu Beginn des Buches von der Bildfläche. Abgestoßen von ihren beiden ermittelnden Elternteilen nutzt sie das ganze Wissen, das sie von ihren Eltern im Bezug auf das Wiederauffinden von Menschen aufgeschnappt hat und löscht ihre Spuren aus. Alarmiert beginnt Charles Boxer zu ermitteln und versucht den nonexistenten Spuren seiner Tochter nachzuspüren und Amy wieder nach Hause zu bringen. Damit legt er sich mit mächtigen Gegnern an und muss feststellen, wie schwierig es ist, jemanden zu finden, der nicht gefunden werden will.

Ein komplexes Krimigemälde

Von der ersten Seite an gibt Robert Wilson in Ihr findet mich nie“ Stoff und drückt auf das Spannungspedal. Wer schon einmal einen Roman Wilsons – z.B. aus der Javier-Falcon-Reihe – gelesen hat, der weiß dass sich Wilson nicht mit einem simplen Erzählstrang zufrieden gibt. Wilsons Romane sind wie ein Fluss, der sich schnell in ein Delta verästelt und immer komplexer wird. Auch im neuesten Buch des englischen Schriftstellers wird die Handlung schnell wieder mehrgleisig. Zwischen Madrid und London entfaltet sich das Handlungsgeflecht, das auch munter zwischen Charles Boxer, seiner Gattin Mercy und den verschiedenen Gangstern hin- und herspringt.

Robert Wilson ist ein Schriftsteller, der sein Handwerk einfach beherrscht und dem es bei allen verschiedenen Strängen auch gelingt, diese in der Hand zu halten und den Leser durch das Labyrinth aus falschen Spuren und Sackgassen zu führen. So knüpft Ihr findet mich nie“ nahtlos an „Stirb für mich“ an und lässt auf weitere Bände um den Kidnapping-Consultant Charles Boxer hoffen!

Weiterführende Infos zu diesem spannenden Titel und weiteren Büchern des britischen Autoren gibt es auch unter folgendem Link
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Dennis Lehane – The Drop – Bargeld

Die Drop-Bar

Dennis Lehane ist einer der interessantesten und besten Erzähler von Kriminalliteratur im anglistischen Sprachraum, der bisher nur ein Schattendasein auf dem deutschen Markt fristete. Mit seinem Verlagswechsel von Ullstein hin zu Diogenes könnte ihm nun endlich einmal die Aufmerksamkeit zukommen, die seinem Schaffen gebührt.

Mit „The Drop“ wurde nun wieder eine seiner zahlreichen Erzählungen mit anspruchsvoller Besetzung für’s Kino adaptiert (andere auf Lehanes Erzählungen basierende Verfilmungen wären z.B. „Shutter Island“ oder „Gone Baby Gone“). Die Vorlage hierzu erschien bei Diogenes im Hardcover und wird hauptsächlich aus der Perspektive Bobs erzählt. Dieser verlebt seine Tage als Barkeeper in einer Drop-Bar. Diese dient der Mafia als zentraler Knotenpunkt für die Geldwäsche der verschiedenen krummen Geschäfte.

Zusammen mit seinem Cousin Marv, der eigentlich gar nicht Bobs Cousin ist, fristet er antriebslos in der Drop-Bar seine kümmerliche Existenz. Doch alles ändert sich, als die Bar überfallen wird und dies einen Polizisten auf den Plan ruft. Zudem verliebt sich Bob auch noch und dann wird alles richtig kompliziert.

Mit „The Drop – Bargeld“ hat Dennis Lehane einen knackigen Mobster-Krimi verfasst, dessen lakonischer Stil die brutale Handlung eigentlich konterkarikiert. Mit großem Geschick schafft er es, auf lediglich nicht einmal 260 verschiedene Themen anzuschneiden und selbst dem etwas verbrauchten Mafia-Thema neue Facetten abzuringen.
Eine knackige Lektüre und eine echte Empfehlung

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