Die Suche nach Licht, dem Enlightment, sie ist der Epoche der Aufklärung eingeschrieben und ebenso der Ermittlungsfigur Dr. Philipp Taiwo, die in Femi Kayodes Krimidebüt Lightseekers Licht ins Dunkel bringen soll. Er soll nämlich auf dem Land in Nigeria den Fall der Okriki Three auflären, ein Lynchmord, der drei jungen Studenten das Leben kostete.
Etwa eine Stunde fliegt man von der nigerianischen Großstadt Lagos nach Port Harcourt, immer entlang der Küste des Atlantischen Ozeans. Der Psychologe Dr. Philip Taiwo tritt diesen Flug an, da er einen Auftrag erhalten hat, der ihn nach Okriki ins Umland von Port Harcourt (oder PH, wie Einheimische sagen) führt. Dort wurden drei junge Studenten von einem Mob auf der Straße zu Tode gehetzt und anschließend per Necklacing umgebracht.
Nachdem sie geschlagen wurden, legte ihnen der Mob Reifen um den Hals, um diese dann anzuzünden. Eine unfassliche Tat, die auch Emeka Nwamadi nicht ruhen lässt. Der einflussreiche Mann engagiert Taiwo, um im Fall zu ermitteln – denn eines der drei Opfer ist sein eigener Sohn. Es ist ein Autrag, den der forensische Psychologe, der bis vor acht Monaten die Polizeibehörde in San Francisco unterstützt hat, eigentlich ablehnen möchte.
Solche Anfragen waren nichts Neues für mich, darum hatte ich meine Standardantwort parat. „Sie dürfen mich nicht mit einem Privatdetektiv verwechseln, Mr. Nawamadi. Ich bin Psychologe mit speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Motive von Verbrechen und der Vorgehensweise der Täter. Beim Großteil meiner Forschung handelt es sich um rein akademische Untersuchungen.“
Femi Kayode – Lightseekers, S. 22 f.
Ermittlungen in Okriki
Und dennoch begibt er sich auf Druck von Nwamadi und seines eigenen Vaters nach Okriki, um im Fall der drei Studenten zu ermitteln. Unterstützung erhält er durch Chika, den persönlichen Assistenten von Emeka Nwamadi, der ihm vor Ort beistehen soll, um Licht ins Dunkel dieser massengesteuerten Tat zu bringen. Er tut sich auf dem Campus um, muss sich mit einer wenig kooperationswilligen Polizei vor Ort herumschlagen und erlebt eine Stadt, in der sich die religiösen Gruppen unversöhnlich gegenüberstehen. Und auch privat steht der Psychologe unter Druck, hat er doch seine Frau in den Armen eines jungen Studenten gesehen und hat auf dem Flug die Bekanntschaft mit einer schönen Anwältin gemacht, die über jeden seiner Schritte erstaunlich gut informiert scheint.
Es ist ein passables Krimidebüt, welches uns Femi Kayode durch den Übersetzer Andreas Jäger mit Lightseekers präsentiert. Dabei tut für meinen Geschmack die äußere Aufmachung des Buchs dem Inhalt keinen Gefallen. Denn ein Thriller, wie das Buch vom Verlag gelabelt wird, ist Lightseekers mitnichten. Und auch die Spannung, die in den Kurzkritiken der Financial Times und des Guardian auf der Rückseite mehrfach hervorgehoben wird, gibt es im Großteil dieses Buchs so nicht. Vielmehr ist das Buch über weite Strecken ganz konventionell die beschauliche Ermittlung in einem Cold Case, der schon einige Monate zurückliegt.
Zusammen mit Chika muss sich der Ich-Erzähler auf dem Campus umtun, versucht gegen den Widerstand der lokalen Behörden und Einheimischen die Geschehnisse noch einmal wachzurufen und stößt dabei natürlich ein ums andere Mal an Grenzen. Zwischen lügenden Studenten, Spuren im digitalen Raum und einflussreichen in Kulten organisierten Männern muss sich Taiwo seinen Weg suchen, um zur Wahrheit zu gelangen.
Ein Krimidebüt mit etwas Steigerungspotential
Lightseekers ist ein Debüt, das durchaus noch Steigerungspotential erkennen lässt. So ist der Registerwechsel von der hauptsächlichen und sehr zähen Ermittlungsarbeit hin zu einem eskalierenden Finale mit viel Wumms noch nicht ganz ausbalanciert. Rumpelnd und mit einigem Knirschen schaltet dieses Buch vom trägen Ermittlungsgang plötzlich in ein hochtouriges und hochexplosives Finale, das mit all seinen Schauplätzen und Handlungsvolten dann sehr abrupt erscheint. Auch die eingeschobenen kursiven Reflektionen einer Figur erscheinen noch nicht ganz organisch in das Ganze eingebunden, das am Ende dann einfach zu hektisch wirkt.
Auch dürfte die Ermittlerfigur Dr. Philip Taiwo in den kommenden Fällen noch etwas mehr Profil bekommen, um sich gegen andere ermittelnde Psychologen wie etwa Michael Robothams Joe O’Loughlin abzuheben. Aber insgesamt lässt Femi Kayode doch viel Potential erkennen, das er in den kommenden Bänden der Krimireihe hoffentlich weiter entfalten und entwickeln wird. Schön ist es auf alle Fälle, dass hier mit Nigeria ein Schauplatz gewählt wird, der in der zeitgenössischen Krimiliteratur mit einzelnen Ausnahmen sowieso unterrepräsentiert ist.
Fazit
So ist Lightseekers ein Krimi um einen Cold Case, der in den ermittelnden Händen des Psychologen Dr. Philip Taiwo schlussendlich doch noch einmal gefährlicher wird, als es zuvor den Anschein hatte. Femi Kayode gelingt mit seinem Krimi ein passables Debüt, das Steigerungspotential erkennen lässt, sich aber auch durch die Wahl des Schauplatzes wohltuend vom sonstigen Krimi-Einerlei abhebt.
- Femi Kayode – Lightseekers
- Aus dem Englischen von Andreas Jäger
- ISBN 978-3442-77011-3
- 463 Seiten. Preis: 16,00 €