J. Todd Scott – Weiße Sonne

Zurück im Big Bend County. Dort in der Einöde zwischen Texas und Mexiko bekommt es Sheriff Cherry und sein Team diesmal mit einer Gruppe Neonazis zu tun, die in Cherrys Bezirk eine Schneise der Gewalt und Verwüstung schlagen. Weiße Sonne von J. Todd Scott.


Es ist wirklich augenfällig: auf den letzten Seiten dieses Romans greift der nach den Geschehnissen in J. Todd Scotts Erstling Die weite Leere zum Sheriff beförderte Chris Cherry zum Stift, um den langgehegten Traum eines Romans endlich anzugehen. Auch John Bassoff weist in seinem Nachwort auf diesen bemerkenswerten Umstand hin, geht Scotts Sheriff doch hier den umgekehrten Weg, den der Erschaffer der Figur selbst ging. Denn bevor sich Scott dem Schreiben zuwandte, arbeitete er als DEA-Agent im amerikanisch-mexikanischen Grenzland.

Nun gibt es mit Weiße Sonne den zweiten Roman rund um Chris Cherry und das Leben im Big Bend County zu lesen, geboren im Schatten von Scotts Erstling, wie er es im Nachwort seines Krimis selbst bezeichnet. Denn wo er für sein Debüt frei vor sich hin schreiben konnte ohne Druck und Abgabefristen im Nacken, da hat nun Die weite Leere die Erwartungshaltung für einen zweiten Roman gesteigert.

Outlaws und Gesetzeshüter im Big Bend County

Tatsächlich verfolgt J. Todd Scott in seinem zweiten Roman einen ähnlich multiperspektivischen und handlungsreichen Ansatz, wie er es bereits bei seinem ersten Roman tat. So ist Sheriff Chris Cherry nur eine Person im Personengefüge der Ordnungsmacht. Neben ihm kommen auch seine Deputys, die mexikanischstämmiger América „Amé“ Reynosa und der erfahrene Ben Harper, in Erzählsträngen zu Wort. Erstere kämpft noch immer mit den Erlebnissen aus dem Vorgängerband und ihren familiären Verflechtungen mit den mexikanischen Kartellen, letzerer versucht Chris Cherry in der Angelegenheit der der ABT zu mehr Aktion denn Reaktion zu drängen. Denn bei der ABT handelt es sich um die Aryan Brotherhood of Texas, die ausgerechnet im kleinen Städtchen Killing eingefallen ist.

J. Todd Scott - Weiße Sonne

Im Falle eines ermordeten Flussführeres gelten die gefährlichen Männer als die Hauptverdächtigen. Doch richtig zu packen bekommt sie weder Chris noch seine beiden Deputys. Besonders Amé steht unter Druck, lastet die Begegnung mit einem mexikanischen Autodieb auf ihrem Gewissen. Denn sie schlug diesen im Affekt im gefesselten Zustand, während da dieser scheinbar kompromittierendes Wissen vor allem über Amés Vergangenheit besaß.

Gewalt gegen Gefangene, im Hintergrund lauernde Kartelle, eine Neonazi-Bande voller Outlaws und ein ermorderter Flussführer. J. Todd Scott führt einige Erzählstränge ein, die die Gesetzeshüter im Big Bend County mehr als herausfordern. Dazu erzählt Scott parallel auch noch aus der ABT-Vereinigung heraus, denn hier kommen sowohl die Outlaws als auch ein verdeckter Ermittler zu Wort, der noch eine ganz persönliche Agenda innerhalb der Gruppierung verfolgt.

Erneut ein multiperspektivischer Erzählansatz

Viele Personen und Erzählstränge also einmal mehr, die in einem großen und gewaltgeladenen Finale enden, dass über Murfee hereinbricht wie jene Regenschauer, die sich dort wenig später entladen.

J. Todd Scott mutet sich und den Leser*innen einiges zu, schafft es aber wieder, sein multiperspektivisches Erzählkonstrukt über die fast 500 Seiten nicht zum Einsturz zu bringen. Zwischen Outlaws, FBI-Agenten und Gesetzeshütern springt er immer wieder hin und her, bringt Rückblenden zum Geschehen in Die weite Leere und der Vergangenheit seiner Figuren an und findet darüber immer wieder Zeit für ruhige Momente und etwas Durchatmen, ehe das hochexplosive Finale dann startet.

Hierbei zeigt sich wie in der ganzen Anlage dieses Buchs, dass im Motorblock dieses Krimis ein Western alter Schule vor sich hinschnurrt. Der wüstenähnliche Schauplatz der Handlung, die verkommenen Verbrecher, die Gesetzeshüter um Chris Cherry, die sich den Bösen entgegenstellen, aber auch selbst nicht davor gefeit sind, die Grenze zum Unrecht zu überschreiten. Weiße Sonne hat all die Zutaten, die eine packende Lektüre ausmachen.

Mir imponiert die Unbarmherzigkeit, die J. Todd Scott seinem Ensemble zumutet. Hier löst sich eben nichts in Wohlgefallen auf, vielmehr ist dieser Krimi geradezu schmerzhaft konsequent und macht mit seiner ganzen Erzählweise Lust auf einen dritten Streich des schreibenden DEA-Agenten.


  • J. Todd Scott – Weiße Sonne
  • Aus dem Englischen von Harriet Fricke
  • Mit einem Nachwort von John Bassoff
  • ISBN 978-3-948392-71-0
  • 496 Seiten. Preis: 27,00 €
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