Is this real life? Or is it just fantasy? Der Held meines favorisierten Textes beim Blogbuster 2020 ist sich da auch nicht sicher. Und damit: Vorhang auf zur Verkündung meines Siegertextes.
Ich habe mir viel Zeit gelassen, habe über dreißig Manuskripte und Exposés gesichtet. Habe mich schlussendlich für drei Bücher entschieden, die ich zur Begutachtung dann im Ganzen anforderte und las. Nach dieser Arbeit kam ich nun auf einen Text, mit dem ich in den Wettbewerb gehe und der in meinen Augen das Zeug hat, in der Runde zu bestehen. Er trägt den Titel Verdichtet und stammt von Yannick Dreßen.
Yannick ist ebenfalls Buchblogger (wir kennen uns aber nicht) und gibt auf seiner Homepage über sich und seine literarischen Inspiration Auskunft. Der 1982 geborene Autor hat über Thomas Manns Doktor Faustus seine Magisterarbeit verfasst und nennt Nabokov und Feuchtwanger als literarische Einflüsse. Er hat sich schon in verschiedenen literarischen Gattungen ausprobiert, darunter Gedichte und Kurzgeschichten.
Besonders angetan haben es ihm Texte, die mit Form und Sprache spielen. Beobachten lässt sich dies auch an seinem Text, den er beim Blogbuster einreichte. Verdichtet erzählt nämlich eine doppelbödige Geschichte, bei der nichts so ist, wie es scheint.
„Dies ist die Realität, Friedrich. All das, was Sie sehen und hören, was Sie fühlen und wahrnehmen. Das ist die Realität. Verstehen Sie? Was ich Ihnen nun offenbare, wird Ihr Leben grundsätzlich verändern, deshalb hören Sie gut zu!“
Dreßen, Yannik: Verdichtet, S. 78
Zwischen Realität und Fiktion
Im Mittelpunkt von Yannick Dreßen Geschichte steht Friedrich. Er hat alles, was man sich als Schriftsteller so wünscht: Erfolg, eine großartige Familie, ein Haus in der Toskana und den Deutschen Buchpreis im Regal. Sogar vom Büchner-Preis oder International Booker Prize hört man in der Branche einige schon tuscheln. Friedrich scheint alles zu gelingen. Doch das ist alles nur eine Welt.
Immer wieder wird er aus seiner komfortablen Welt gerissen. Personen tauchen um ihn herum auf, Ärzte und seine Eltern. Sie scheinen wie aus einer anderen Realität zu kommen und wollen Friedrich in ihre Welt holen. Sie erzählen von einem Autounfall, den Friedrich vor Jahren gehabt haben soll. Seine Frau und sein Kind sind tot. Auch ist er angeblich gar kein berühmter Schriftsteller. Vielmehr sei alles abgelehnt worden, das er bisher geschrieben habe.
Doch ist dies wirklich die Realität? Oder ist es nur die schriftstellerische Fantasie, die von Friedrich Besitz ergriffen hat? Hat er sich in der Romanhandlung seines neuen Buchs verloren? Oder liegt er wirklich fixiert in einem Krankenhaus?
So oder so muss er sich für eine Welt entscheiden. Is this real life? Or is it just fantasy? Und ist Friedrich wirklich bereit, seine Frau und seine Tochter zu töten, um eine der beiden Welten, in der er gefangen ist, zu zerstören? Oder ist das gar die wirkliche Welt? Nichts ist wirklich sicher in Verdichtet.
Von der Gefährlichkeit des Lesens
Jedes Buch war ihm eine Tür in eine andere Welt, eine ferne Welt, ein Tor in ein abgelegenes Universum. Am liebsten hätte er sie alle begrüßt, hätte sie aufgeschlagen und ihren Duft eingesogen, denn er liebte sie alle. Sie alle waren ein Teil von ihm und er von ihnen. Sie alle waren er und er war sie. Sie waren eins.
Dreßen, Yannick: Verdichtet, S. 53
Mit Verdichtet hat Yannick Dreßen ein Buch geschrieben, das gekonnt die sonst so scharfen Grenzen zwischen Fantasie und Realität aufweicht. Alles ist doppelbödig angelegt, erzählt in einer schwelgerischen, sprachmächtigen Prosa, die mich für das Buch einnahm.
Es geht bei Yannick Dreßen ums Lesen, um das Versinken in Texten und die Gefährlichkeit, die von Büchern ausgehen kann. In meinen Augen das ideale Buch für Literaturliebhaber*innen und Fans psychologischer Spannungsromane. Ein Literatur- und Künstlerroman, der neben Spannung auch philosophische Tiefe bietet: welche Welt ist die wahre? Gibt es so etwas wie Wirklichkeit überhaupt?
Ich bin überzeugt, dass Yannicks Geschichte eine ist, die mit einigen Überarbeitungen die Leser*innen in ihren Bann ziehen kann. Nach der Lektüre des Manuskripts stand für mich fest, dass Yannick einen Platz auf der Longlist verdient. Denn er hat sich eines auf gar keinen Fall: Verdichtet.
Für alles Weitere drücke ihm die Daumen und hoffe, dass er mit dem Manuskript seinen Weg geht und das Buch Aufmerksamkeit erhält. Vielen Dank an dieser Stelle auch noch einmal an alle anderen Autor*innen, die mir ihre Manuskripte zukommen ließen.
Auch meine Mitblogger*innen sind größtenteils schon fündig geworden und präsentieren auf ihren Blogs ihren Finaltext.
- Andrea vom Blog Lesen in vollen Zügen
- Anne vom Blog Fuxbooks
- Julia vom Kulturjournal Fräulein Julia
- Stefan vom Blog Bookster HRO
- Romy vom Blog Travel without moving
- Constanze vom Blog Zeichen & Zeiten
- Karo vom Blog Fiktion fetzt
- Ausstehen noch die Entscheidung von Isabella vom Blog Novellieren und Sophie vom Booktube-Kanal VersTand