Karl-Ove Knausgård – Lieben

Die Liebe des Lebens

Nach dem Auftakt seines Autobiographie-Zyklus‘ Sterben geht der Norweger Karl-Ove Knausgård nun vom Lebensende hin zum Beginn allen Lebens, nämlich der Liebe zwischen zwei Menschen.

Auf der epischen Breite von über 750 Seiten wälzt Knausgård die Hochs und Tiefs und verschiedenen Facetten der Liebe aus. Ausgehend von einer Trennung beschreibt er die Ursprünge und die Entwicklung seiner Liebesbeziehung zu Vanja, seiner Frau, aus der drei Kinder hervorgingen.

Eindringlich schildert er seinen Kampf um Vanjas Herz, seine persönlichen Niederlagen im Umgang mit dem weiblichen Geschlecht und schließlich das Familienleben, das ihn einzuengen drohte. Intensiv behandelt der Norweger viele Aspekte der Liebe und schont dabei weder sich noch seine Familie.

Auch Betrachtungen der schwedischen Gesellschaft sind Inhalt genauso wie Einblicke in sein schriftstellerisches Schaffen. Er beschreibt die Arbeiten an seinen ersten Romanen, die zu seinem Ruhm als Schriftsteller beitrugen. Somit lässt sich Lieben auch als Schlüsselroman zum schriftstellerischen Oeuvre Karl-Ove Knausgårds betrachten.

In mäandernder Form gibt Knausgård seinen Erinnerungen und Eindrücken Raum. Dies mag manchmal unstrukturiert erscheinen – doch je mehr man in Lieben liest, umso tiefer taucht man in die Welt des Norwegers ein und gerät in den Sog seiner Schilderungen.

In vielen Positionen, Situationen oder Verhaltensweisen erkannte ich mich unmittelbar wieder – die verschiedensten Facetten von Liebesbeziehungen und seine Offenheit lassen den Leser somit nicht nur an Knausgårds Leben teilhaben, sondern führen auch teilweise zu tieferen Erkenntnissen. Was heißt heute Liebe? Kann die Liebe zwischen zwei Menschen über lange Zeit unverändert bleiben und wie wirken sich Kinder auf das Beziehungsgefüge aus? Welche Räume muss man sich gegenseitig zugestehen?

Man liest und liest, reflektiert über sich selber, reist mit Knausgård durch seine Erinnerungen und kennt ihn am Ende dieses Buchs fast besser als sich selbst. Und am Ende dieses Bandes giert man noch schon nach dem nächsten Buch über Karl-Ove Knausgårds Leben. Wie macht dieser Mann das nur?

Die Antwort auf letztere Frage kann ich nun auch nicht geben, nur kann ich auf den Folgeband im Autobiographie-Zyklus verweisen – dieser trägt den Titel Spielen und ist sowohl als Hardcover als auch als Taschenbuch erhältlich.

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[…] schildern – ebenso wie Lenùs Beziehungsversuche mit unterschiedlichen Männern. In geradezu Knausgård’scher Ausführlichkeit reflektiert die Ich-Erzählerin Elena sämtliche Facetten der […]