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Der literarische Herbst 2018

Auch wenn uns erst einmal ein hoffentlich großartiger Sommer 2018 bevorsteht – im literarischen Betrieb stehen die Zeichen schon wieder stark auf Herbst. Die aktuellen Vorschauen sind zumeist schon online gegangen – und ich habe die Zeit genutzt, um mir zahlreiche Wunschtitel aus den Programmen herauszupicken, auf die ich mich freue. Deshalb kommt hier eine erste höchst subjektive und vorfreudige Auswahl an Titel für den literarischen Herbst 2018 (genauere Infos über die Titel und deren Erscheinungsdatum verbergen sich hinter den Links im Text). Eine zweite Rutsche wird demnächst folgen:

 

 

Stefan Thome fand sich schon öfter auf Nominierungslisten für den Deutschen Buchpreis wieder. Nach seinen beiden Büchern aus Sicht zweier Ehepartner (Fliehkräfte und Gegenspiel) gibt es nun Neues vom hessischen Autor. In Gott der Barbaren beschäftigt er sich mit einer christlichen Aufstandsbewegung in China im 19. Jahrhundert. Ein geographisches und historisches Kapitel, bei dem ich gerne dazulerne. In der harten Gegenwart landet man dann wieder mit Dodgers von Bill Beverly. Dieser erzählt von vier jugendlichen aus den Ghettos von L.A., die sich auf einen Roadtrip durch die USA machen. Bevor die literarische Vorschau über den großen Teich geht, freue ich mich auf einen weiteren Titel aus den USA. Man sollte mit dem Wort Epos ja vorsichtig sein, gerade da es so inflationär in Vorschauen gebraucht wird. Nach allem, was man von Dark Town allerdings so liest, könnte dies hier tatsächlich zutreffen. Es geht um eine schwarze Polizeieinheit, die 1948 in Atlanta ihren Dienst versieht. Rassismus und Korruption dominieren die Stadt. Da finden zwei der Polizisten die Leiche einer Farbigen – deren Todesumstände niemanden außer die beiden Polizisten interessieren. Das klingt doch nach einer vielversprechenden Mischung aus James Ellroy und Dennis Lehane (von dem später auch noch die Rede sein wird.)

Nun aber wie angekündigt der Sprung über den Teich – zunächst nach England. Dort spielt der neue Roman von Michael Ondaatje (von ihm stammen unter anderem die Werke Der englische Patient und Katzentisch). Dieser erzählt vom jungen Nathaniel, der mitsamt seiner Schwester von seinen Eltern in London 1945 zurückgelassen wird. Erst spät beginnt Nathaniel die Hintergründe für diese Tat zu verstehen. Ebenfalls in England, genauer gesagt im verschlafenen Lynton spielt das neue Buch von Claire Fuller, die mit Eine englische Ehe eines meiner Lieblingsbücher 2016 geschrieben hat. Dort soll Frances ein Gutachten zur Renovierung eines Herrenhauses anfertigen. Sie quartiert sich kurzerhand in dem Haus ein und verbringt einen Sommer in der englischen Provinz.

 

 

Eine ganze Riege von Büchern mit bunten Covern und hoffentlich ebenfalls so bunten Inhalten: Wie man aus dieser Welt verschwindet erzählt von einer Spurensuche in Brasilien. Dort ist eine Autorin verschwunden und ihre Übersetzerin macht sich auf die Suche nach ihr, quer durch ganz Rio (leichte Anklänge an Die Morde von Pye Hall sind hier offenbar nicht ausgeschlossen). In die Schweiz entführt das neue Buch von Verena Roßbacher. In Ich war Diener der Familie Hobbs erinnert sich jener titelgebende Diener der Anwaltsfamilie Hobbs an ein Unglück, das sich in den besseren Kreisen der Zürcher Gesellschaft ereignete. Der KiWi-Verlag verspricht ein „literarisches Ereignis – voller psychologischer Brillanz, umwerfender Poesie und treffsicherem Humor“. Ich bin gespannt.

Ebenfalls im KiWi-Verlag erscheint der Debütroman von Philip Schwenke, der als Reporter für die Neon und Capital schreibt. In Das Flimmern der Wahrheit über der Wüste widmet er sich Karl May. Dieser machte mit seinen Büchern die Leser Glauben, dass er den Wilden Westen mindestens ebenso gut kannte wie seine Figuren Old Shatterhand und Winnetou. Dabei hatte Sachsen nie verlassen. Doch dann bricht er im Alter von 60 Jahren zu einer Orientreise auf – und muss zahlreiche Enttäuschungen erleben.

Zurück nach Samthar geht es für die Ich-Erzählerin in Anna Katharina Fröhlichs Rückkehr nach Samthar. Dort in der indischen Provinz existierte einst ein Königreich – doch bei der Rückkehr muss die Errzählerin erfahren, das alles vergangen ist und vom einstigen Glanz kaum mehr etwas übriggeblieben ist. Mit Glanz und Verfall in Indien beschäftigt sich auch ein weiteres Buch in diesem literarischen Herbst, nämlich Ghachar Ghochar von Vivek Shanbag. Darin schildert er den Aufstieg und Verfall einer indischen Familie, die ins Gewürzgeschäft einsteigt. Das klingt für mich nach einer indischen Variante der Buddenbrooks. Ich bin auf alle Fälle gespannt!

 

 

Ein vielversprechendes deutsches Debüt kommt vom jungen Lukas Rietzschel, der in Mit der Faust in die Welt schlagen vom Aufwachsen zweier Brüder in der Provinz Sachsens erzählt. Weiter gehts in puncto verheißungsvoller Debüts aus Deutschland mit Das weiße Schloss, das Unterhaltung im Stile von Kazuo Ishiguros Alles, was wir geben mussten verspricht. Alles andere als ein Debütant ist der Österreicher Wolf Haas, der mit Junger Mann vier Jahre nach Brennerova wieder von sich hören lässt.

Den Wettbewerb in puncto schönstes Cover könnte in diesem Herbst Jess Kidd gewinnen, deren zweites Buch auf Deutsch im DuMont-Verlag erscheint. Es trägt den Titel Heilige und andere Tote und erzählt von einem geheimnisumwitterten Messie, der in einem herrschaftlichen Anwesen im Westen Londons residiert. Und auch ein alter Bekannter veröffentlicht zehn Erzählungen unter dem Titel Die Wahrheit über das Lügen – die Rede ist von Benedict Wells. Sein Roman Vom Ende der Einsamkeit hat sich zu einem richtigen Longseller entwickelt – nun also Prosa in Kurzform von Wells.

 

 

Neues von der Altmeisterin Jane Gardam gibt es ebenfalls in diesem Herbst zu entdecken. Beziehungsweise neues Altes. Weit weg von Verona ist das Debüt der inzwischen schon 90-jährigen Britin. Im Mittelpunkt des Buches ein junges Mädchen, das immer die Wahrheit sagt. Persönlich freue ich mich auch sehr auf Der Erzähler, der neue Roman von Richard Flanagan, einem meiner absoluten Lieblingsautoren. Der Plot seines neuen Buchs klingt spannend. Ein mittelloser Autor soll die Memoiren eines berühmten Kriminellen verfassen – und das bevor der Prozess beginnt. Unter Druck beginnt der Schriftsteller einfach seine eigene Version der Dinge zu erfinden (im Übrigen scheint das Thema Wahrheit und Lügen einer der großen literarischen Trends dieses Herbstes zu sein).

Auch etwas gehobener und gut gemachter Blödsinn, Absurdität und Tragikomik darf gerne einmal sein. Guten Morgen, Genosse Elefant könnte genau das bieten. Ab Herbst 2018 wissen wir mehr. Einen Generationenroman, der den Niedergang einer ganzen Familie zwischen Den Haag und Riga verspricht, das ist Der Stammhalter von Alexander Münninghoff. Das Buch erscheint im C.H.Beck-Verlag. Und einer der schönsten Titel der kommenden Saison stammt für mich schon jetzt von Thomas Klupp. Sein neues Buch trägt den Titel Wie ich fälschte, log und Gutes tat.

 

So viel zunächst zu den kommenden Büchern, die mein Interesse wecken konnten. Gibt es Titel, die bei euch absolute Muss-Titel im Herbst 2018 sind?

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Worauf ich mich 2018 freue

Nachdem ich ja bereits einen Blick zurück auf das Lesejahr 2017 geworfen habe, ist es nun an der Zeit, den Blick nach vorne zu richten auf die Bücher, die uns 2018 erwarten. Bei meinem Stöbern durch die Verlagsvorschauen bin ich wieder auf eine Vielzahl an Titeln gestoßen, die allesamt recht spannend klingen. Vorhang auf für meine Novitätenrevue:

David Schalko kennt man als austrophiler Serienschauer von den Serien Braunschlag oder Die Aufschneider. Im April legt er seinen Roman Schwere Knochen vor. Einen Monat früher wird das Buch Das Echo der Bäume von Sara Novic veröffentlicht, das zurück in die Tage des Serbienkriegs 1991 führt. Im Piper-Verlag erscheint ebenfalls im März der Roman Ein Geständnis von Thekla Chabbi, in dem sie eine Frau im Gefängnis jenes titelgebende Geständnis ablegen lässt. Zuück in die Zeit des Zweiten Weltkriegs entführt der Niederländer Stefan Hertmans mit seinem Buch Krieg und Terpentin (Erscheinungsdatum ebenfalls März).

 

Der Schöffling-Verlag aus Frankfurt veröffentlicht anlässlich des 100. Geburtstags von Jens Rehn sein Büchlein Nichts in Sicht noch einmal, Ursula März steuerte das Nachwort bei. Mit So enden wir gibt es im März Nachschlag für alle Leser von Daniel Galera. Im Suhrkamp-Roman erscheint der neue Roman, der sich um drei Freunde und verlorene Ideale dreht. Ebenfalls das zweite Buch auf Deutsch erscheint im April von Celeste Ng (die Autorin mit dem vokalärmsten Nachnamen, den ich kenne). Es hört auf den Titel Kleine Feuer überall. Und schließlich ist da noch George Saunders und sein Lincoln im Bardo. Für jenen Roman heimste der Amerikaner den Man Booker Prize 2017 ein, zudem freue ich mich besonders auf dieses Buch, da der Übersetzer Frank Heibert heißt. Auf seine Übertragung darf man schon gespannt sein.

 

Eine Geschichte der Wölfe von Emily Fridlund fuhr schon einige Lorbeeren ein, ich bin sehr gespannt, was das Buch wirklich kann. Auch Speicher 13 von Jon McGregor ist eines jener Bücher, die ich auf alle Fälle auf meinen Zettel gepackt habe. Der Liebeskind-Verlag aus München hat ja immer ein gutes Händchen, was lesenswerte Bücher abseits des Mainstreams angeht. Abseits des Mainstreams scheint auch das Buch Teich von Claire-Louise Bennett zu spielen, hier dreht sich alles um eine Frau in Irland, die aus der Gesellschaft aussteigt und in einem Cottage an der Küste ihr Leben nach ihren Spielregeln lebt. Über den großen Teich führt die nächste interessante Neuerscheinung – zu dem Schauplatz einer Familientragödie bringt die Autorin Emily Ruskovich die Leser nach Idaho.

 

Anthony McCarten hat mich bislang noch nie enttäuscht, auch von seinem Buch Jack erwarte ich Großes, zumindest jedoch eine nuancierte Annäherung an Jack Kerouac sollte drin sein. Große Erwartungen stelle ich auch an Ralf Rothmanns neues Buch Der Gott jenes Sommers, der damit zurückkehrt in jenes Universum, das er bereits in Im Frühling sterben durchmaß. Ein weiterer Kandidat in dieser Riege der vielversprechenden Verheißungen könnte auch David Mitchell sein, der mit dem Wolkenatlas eines meiner absoluten Lieblingsbücher geschaffen hat. Er legt diesmal einen Schauerroman mit dem Titel Slade House vor. Eine weitere Ankündigung, die aufhorchen lässt, ist der neue Thriller von Frank Schätzing. Dieser will ja immer den großen Wurf – ob ihm das bei Die Tyrannei des Schmetterlings gelingt – man darf gespannt sein!

 

Als Stefan-Zweig-Fan und Schachfreund ist auch das Buch Die Schachspieler von Buenos Aires von Ariel Magnus ein Werk, das ich auf meinem Zettel habe. Genauso wie das mit dem National Book Award ausgezeichnete Werk Singt, ihr Lebenden und Toten von Jesmyn Ward. Sie ist die bislang einzige Frau, der das Kunststück gelang, zweimal mit jenem Preis ausgezeichnet zu werden. Nach einem wirklich faszinierenden Schmöker, der zum Versinken einlädt, klingt auch John Boynes neues Buch Cyril Avery. In Die Kunst zu verlieren entführt Alice Zeniter schließlich die Leser in ein Land, das auf meiner literarischen Landkarte bislang noch kaum vorkam – Algerien. Erscheinen wird jenes Buch im Juni 2018.

 

Klaus Modick ist einer meiner deutschsprachigen Lieblingsschriftsteller. In seinem neuen, im März erscheinendem Buch, widmet er sich nun Keyserlings Geheimnis. Was sich hinter jenem Geheimnis verbirgt und wie sich Modick dem heute schon wieder ziemlich vergessenen Schriftsteller annähert, das bleibt abzuwarten. Im Herbst 2018 werden sich abermals die Tore zur Buchmesse in Frankfurt öffnen. Das Gastland heißt diesmal Georgien. Georgische Literatur (mit Ausnahme von Nino Haratischwili) ist nun auch nicht so meine Domäne. Vielleicht ändert sich das mit dem Buch Reise nach Karabach von Aka Morchiladze aus dem Weidle-Verlag (Erscheinungsdatum Februar 2018). In eine ganz andere Richtung geht Jonathan Lees Roman High Dive, der zurück in die Thatcher-Jahre Englands führt. Und schließlich hat mich beim Durchblättern der Vorschauen auch der Roman Barbarentage von William Finnegan  aus dem Suhrkamp-Programm gepackt, der von der Leidenschaft zum Surfen handelt. Auch dieses Buch wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auf meine Leseliste wandern.

 

Diese bunte Mischung ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was uns dieses Jahr so alles erwarten wird. Nicht nur ich habe schon fleißig in den Programmen geschmökert, auch viele andere Blogger haben sich Gedanken gemacht, was sie dieses Jahr lesen möchten und worauf sie sich freuen. Stellvertretend seien hier die Vorschauen auf den Blogs Muromez, Bücherherbst, Zeichen&Zeit sowie bei Stefan Mesch verwiesen. Viel Spaß beim Schmökern – und gerne freue ich mich auch auf eure Tipps und Anregungen!

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Adventskalender – Türchen 16

Heute gibt es noch einmal neues Vorschaumaterial, auf das ich mich in den kommenden Monaten besonders freue:

Graham Moore – Die letzten Tage der Nacht

New York, 1888. Thomas Edison hat mit seiner bahnbrechenden Erfindung der Glühbirne ein Wunder gewirkt. Die Elektrizität ist geboren, die dunklen Tage der Menschheit sind Vergangenheit. Nur eine Sache steht Edison und seinem Monopol im Weg, sein Konkurrent George Westinghouse. Zwischen den beiden Männern entbrennt ein juristischer Kampf, es geht um die Millarden-Dollar-Frage: Wer hat die Glühbirne wirklich erfunden? Und wer hat also die Macht, ein ganzes Land zu elektrifizieren?

Neben diesem Titel gibt es noch eine weitere Neuerscheinung, die sich um Thomas Edison und seinen Kampf mit Konkurrenten dreht. Sie kommt von Anthony McCarten und trägt den Titel Licht.

 

Don Winslow – Corruption

In den Straßenschluchten von New York lässt der internationale Star-Autor Don Winslow ein alptraumhaft realistisches Szenario von Drogen, Menschenhandel, Mord entstehen. Er zeichnet die todbringende Allianz von staatlichen Stellen und organisiertem Verbrechen: Sie sehen sich als Elitetruppe der Polizei, eine verschworene Einheit, ausgestattet mit weitreichenden technischen und rechtlichen Möglichkeiten. Gemeinsam sollen sie für Ruhe und Ordnung in ihrem Revier sorgen, dem nördlichen Manhattan. Und genau das tun sie. Hier gelten ihre Spielregeln, hier geschieht nichts ohne ihr Wissen. Doch die Truppe ist extremem Stress ebenso ausgesetzt wie extremen Risiken … und extremen Verlockungen …

Ob Don Winslow wohl an alte Großtaten anknüpfen kann oder in seinem Formtief verharrt?

 

Maja Lunde – Die Geschichte der Bienen

England im Jahr 1852: Der Biologe und Samenhändler William kann seit Wochen das Bett nicht verlassen. Als Forscher sieht er sich gescheitert, sein Mentor Rahm hat sich abgewendet, und das Geschäft liegt brach. Doch dann kommt er auf eine Idee, die alles verändern könnte – die Idee für einen völlig neuartigen Bienenstock.

Ohio, USA im Jahr 2007: Der Imker George arbeitet hart für seinen Traum. Der Hof soll größer werden, sein Sohn Tom eines Tages übernehmen. Tom aber träumt vom Journalismus. Bis eines Tages das Unglaubliche geschieht: Die Bienen verschwinden.

China, im Jahr 2098: Die Arbeiterin Tao bestäubt von Hand Bäume, denn Bienen gibt es längst nicht mehr. Mehr als alles andere wünscht sie sich ein besseres Leben für ihren Sohn Wei-Wen. Als der jedoch einen mysteriösen Unfall hat, steht plötzlich alles auf dem Spiel: das Leben ihres Kindes und die Zukunft der Menschheit.

 

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Adventskalender – Türchen 10

Heute gibt es im Adventskalender wieder die Vorschau auf drei neue Titel, auf die ich mich im kommenden Jahr sehr freue. Vielleicht ist auch ein Titel dabei, der euch anspricht?

Marlon James – Eine kurze Geschichte von sieben Morden

Jamaika, 1976: Sieben bewaffnete Männer dringen in das Haus des Reggae-Musikers Bob Marley ein und eröffnen das Feuer. Marleys Manager wirft sich schützend über ihn und erleidet dabei lebensgefährliche Verletzungen. Marleys Frau Rita wird ebenfalls schwer verwundet, er selbst bleibt mit leichteren Verletzungen an Armen und Brust zurück. Wer waren die Täter? Was waren ihre Motive? Ausgehend von dem Attentat und den Spekulationen, die sich darum ranken, entwirft Marlon James ein vielseitiges Stimmungsbild Jamaikas in den 70er und 80er Jahren voll Gewalt, politischer Willkür, Drogen und Intrigen, ausgestaltet bis ins kleinste Detail.

Dieses Buch hat den Man Booker Prize des Jahres 2015 gewonnen.

 

Jess Kidd – Der Freund der Toten

Der charmante Gelegenheitsdieb und Hippie Mahony glaubte immer, seine Mutter habe ihn aus Desinteresse 1950 in einem Waisenhaus in Dublin abgegeben. Sechsundzwanzig Jahre später erhält er einen Brief, der ein ganz anderes, ein brutales Licht auf die Geschichte seiner Mutter wirft. Mahony reist daraufhin in seinen Geburtsort, um herauszufinden, was damals wirklich geschah. Sein geradezu unheimlich vertrautes Gesicht beunruhigt die Bewohner von Anfang an. Mahony schürt Aufregung bei den Frauen, Neugierde bei den Männern und Misstrauen bei den Frommen. Bei der Aufklärung des mysteriösen Verschwindens seiner Mutter hilft ihm die alte Mrs Cauley, eine ehemalige Schauspielerin. Furchtlos, wie sie ist, macht die Alte nichts lieber, als in den Heimlichkeiten und Wunden anderer herumzustochern. Sie ist fest davon überzeugt, dass Mahonys Mutter ermordet wurde. Das ungleiche Paar heckt einen raffinierten Plan aus, um die Dorfbewohner zum Reden zu bringen. Auch wenn einige alles daran setzen, dass Mahony die Wahrheit nicht herausfindet, trifft er in dem Ort auf die eine oder andere exzentrische Person, die ihm hilft. Dass es sich dabei manchmal auch um einen Toten handelt, scheint Mahony nicht weiter zu stören …

 

 

Olivier Adam – Die Summe der Möglichkeiten

Was bleibt vom Zauber der Côte d‘Azur, wenn die Touristen abreisen? Der Amateurfußballer Antoine wird beinahe tot geschlagen, seine Heimat, ein kleiner Badeort, von einem Sturm verwüstet. Am Strand taucht eine junge Frau auf, sie spricht kein Wort, und mehrere Männer verschwinden spurlos. Der Fußballtrainer, die Sozialarbeiterin, der Kommissar, Antoines Freunde und Familie, seine Mannschaft und deren Gegner, seine Feinde – sie alle versuchen zu ergründen, was geschehen ist. Sie sind auf sich selbst zurückgeworfen, kreisen um Träume, Pläne, die Liebe. Olivier Adam zeichnet das Panorama eines Frankreichs in der Krise und empfiehlt das Gegengift: Mitgefühl.

Mal wieder ein vielversprechender französischer Titel besonders in der gegenwärtigen Lage. Zudem ist Frankreich das Gastland der Frankfurter Buchmesse 2017, man kann sich also schon einmal einlesen.

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Adventskalender – Türchen 6

Heute gibt es hier an dieser Stelle einen kleinen Ausblick auf das kommende literarische Jahr – drei Bücher auf die ich mich sehr freue:

 

J.L. Carr – Wie Steeple Sinderby United den Pokal holte

steepleEin winziges Dorf in den Hochmooren von Yorkshire: Alex Slingsby ist Exfußballprofi, Grundschullehrer in Sinderby – und ein Mann mit Ambitionen. Unterstützt vom Schuldirektor, einem Exilungarn mit Doktor in Philosophie, nimmt er sich des amateurhaften örtlichen Fußballteams an. Die beiden bilden ein unkonventionelles Trainergespann. So wird etwa eine der zentralen Positionen im Team vergeben, frei nach dem Motto: »Ein Torwart muss kein guter Fußballer sein, er muss nur Raumgefühl besitzen«. Zu diesem Torhüter (der überdies noch leidenschaftlich gerne aufräumt) gesellen sich ein leicht depressiver Stürmerstar und der Pfarrer, dessen Schwester eine überzeugte Zeugin Jehovas ist. Und tatsächlich formiert sich aus einem Haufen Außenseiter nach und nach eine Mannschaft. Wie durch ein Wunder schaffen es die einfachen Männer aus Sinderby bis ins Finale des F. A. Cups im Wembleystadion. Aber dieser große Moment ist leider viel zu schnell vorbei …

Carlos Ruiz Zafón – Das Labyrinth der Lichter

labyrinthSpanien in den dunklen Tagen des Franco-Regimes: Ein Auftrag der Politischen Polizei führt die eigenwillige Alicia Gris von Madrid zurück in ihre Heimatstadt Barcelona. Unter größter Geheimhaltung soll sie das plötzliche Verschwinden des Ministers Mauricio Valls aufklären, dessen dunkle Vergangenheit als Direktor des Gefängnisses von Montjuïc ihn nun einzuholen scheint. In seinem Besitz befand sich ein geheimnisvolles Buch aus der Serie ›Das Labyrinth der Lichter‹, das Alicia auf schmerzliche Weise an ihr eigenes Schicksal erinnert. Es führt sie in die Buchhandlung Sempere & Söhne, tief in Barcelonas Herz. Der Zauber dieses Ortes schlägt sie in seinen Bann, und wie durch einen Nebel steigen Bilder ihrer Kindheit in ihr auf. Doch die Antworten, die Alicia dort findet, bringen nicht nur ihr Leben in allerhöchste Gefahr, sondern auch das der Menschen, die sie am meisten liebt.

Richard Russo – Ein Mann der Tat

mann-der-tatEigentlich sollte das Memorial-Day-Wochende für alle Bewohner von North Barth eine Zeit der Ruhe und Besinnung sein. Aber in diesem Jahr ist es, als hätte jemand ungebeten die Büchse der Pandora geöffnet. Chief Raymer, der Leiter der Polizeidirektion, kollabiert auf einer Beerdigung, fällt ins offene Grab und verliert dabei das einzige Beweisstück dafür, dass seine Frau ihn betrogen hat. Die Wand eines Gebäudes, das der impotente Bauunternehmer Carl errichtet hat, stürzt ein. Sein ehemaliger Kontrahent Sully hat alle Hände voll damit zu tun, eine schwere Krankheit vor den Menschen, die er liebt, zu verheimlichen. Und zu allem Übel ist auch noch eine illegal gehaltene Giftschlange entwichen und irgendwo in den Straßen der Kleinstadt an der Ostküste unterwegs.
Chief Raymer, dem es eigentlich am liebsten ist, wenn die Dinge so bleiben, wie sie immer waren, wird aktiv: Er schreitet zur Tat, um wieder Ordnung in das verheerende Chaos zu bringen. Und um dem Mann auf die Schliche zu kommen, der ihn gehörnt hat. Aber auch die anderen Bewohner der Stadt müssen an diesem Wochenende Farbe bekennen und von ihren gewohnten Mustern abweichen …

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