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Thomas Klupp – Wie ich fälschte, log und Gutes tat

Dieses Buch ist wie eine Zeitmaschine – man steigt ein und wird unvermittelt in die eigene Jugend zurückgebeamt. Denn die Geschichte, die Thomas Klupp in seinem neuen Roman erzählt, hat weist viele Elemente auf, die man selbst aus den „wilden“ Jugendtagen kennt.

Bei ihm ist der Ich-Erzähler Benedikt „Ben“ Jäger, der in Weiden in der Oberpfalz lebt. Von den tatsächlichen Wirtschafts- und Arbeitslosigkeitsverhältnissen ist in Klupps Version der oberpfälzischen Stadt nichts zu merken. Stattdessen prosperiert die Stadt an der Grenze zu Tschechien, die Lion-Ladies laden zum Wohltätigkeitsbrunch in das Eigenheim der Jägers, die Flüchtlinge präsentieren am Büffet Speisen aus ihrer Heimat.

Eigentlich eine richtige Klischeerevue, dieses Weiden. Doch Thomas Klupp kontrastiert die Vorzeigewelt mit Abgründen, die sich vor Ben auftun. An diesen lässt er uns Leser durch eine Art Tagebuch teilhaben, in dem er seine Eskapaden und Abenteuer chronologisch schildert.

So bewahrheitet sich der Buchtitel schon bald und zeigt, welche kleinen und großen Notlügen Ben auffährt, um sich unbeschadet durch sein Leben zu schummeln. Doch eine Lüge führt zur anderen und stellt ihn alsbald vor wirklich enorme Herausforderungen. Da ist es kein Wunder, dass sich Ben in einer Englisch-Schularbeit die Hasardeure Jay Gatsby und Tom Ripley für eine Charakterisierung herauspickt.

Von kleinen und großen Lügen

Diese kleine Lügen, dieses Schummeln (auch wenn natürlich nicht in dem Maße, in dem es Ben betreibt) – das kennt wohl jeder von uns. Die eine Notlüge, die zum anderen führt oder die eine Ausrede, die unnötig war, uns das Leben aber vereinfacht. Egal ob Erwachsene oder Jugendliche, in Klupps Welt erfassen diese Lügen uns alle – und das lädt natürlich zur Identifikation ein.

Wohl keiner von uns, der nicht schon einmal daran gedacht hat, nach einer Klausur das Ergebnis zu fälschen oder sich in einem besseren Licht dastehen zu lassen. Wie ich fälschte, log und Gutes tat zeigt, was das bedeuten kann. Doch dabei verzichtet Klupp wohltuende auf eine Moralisierung – er lässt Ben einfach auf der schiefen Ebene seiner Täuschungsmanöver schlittern – und wir schauen ihm dabei wohlig zu.

Das Ganze ist in eine jugendlichen Sprache gekleidet, die zwar manchmal ins Klischee kippt, aber das passende Vehikel zu Klupps Text ist. Als Coming-of-Age-Geschichte passt hier alles recht gut zusammen und weiß besser als Ben selbst zwischen Nostalgie und Realismus zu balancieren. Dass das Buch so etwas wie eine Meta-Ebene nicht enthält, zeigt, dass Wie ich fälschte, log und Gutes tat nicht viel mehr ist, als ein Unterhaltungsroman. Aber ein gut relativ gemachter.

Fazit

Das Buch als Jugendbuch zu klassifizieren, greift zu kurz. Wie ich fälschte, log und Gutes tat lädt ein zu einer Reise zurück in die eigene Jugend und lässt den Fälscher in uns wieder ans Tageslicht kommen. Ungelogen – eine unterhaltsame Empfehlung.

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