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Die besten Bücher 2018

Rasend schnell ist das Jahr 2018 vergangen. Gefühlt hat man doch erst den Tannenbaum aus der Wohnung geworfen – und nun steht schon wieder ein neuer Baum im Zimmer. 12 Monate, die sich eher nach Wochen denn Monaten angefühlt haben. Zeit genug also, um Bilanz zu ziehen.

Was waren meine Bücher des Jahres? Welche Titel sind geblieben und konnten aus der Masse an Gelesenem (immerhin etwas mehr als 170 Bücher) herausragen? Im Folgenden habe ich meine besten Bücher des Jahres 2018 gekürt, aufgeteilt nach Kategorien. Viel Freude bei der Lektüre!

Roman des Jahres

Die Entscheidung für diese Kategorie war schon unmittelbar nach dem unmittelbaren Ende der Lektüre klar. Dieser Preis soll und muss an Steffen Mensching für sein Opus Magnum Schermanns Augen gehen. 12 Jahre Arbeit flossen in dieses Buch – und man merkt sie jedem Satz an.

In seinem Roman erzählt er die unglaubliche Lebensgeschichte des Rafael Schermann, der aus dem Schriftbild seiner Mitmenschen schier Unfassliches herauszulesen im Stande war. Dies brachte ihn in der Wiener und Berliner Gesellschaft ganz nach oben, ließ ihn dann aber auch ganz tief fallen. So begegnen wir als Leser Schermann in den 30er Jahren in einem Gulag am Rande der Welt, und zwar im tiefsten Sibirien. Dort wird er von der Lagerleitung und seinen Mitinsassen verhört. Langsam tritt so seine unglaubliche Lebensgeschichte zutage, bei der man nie weiß – ist Schermann nun ein Genie oder ein Schwindler? Welch ein Plot, welch eine Sprache, was für ein Lesegenuss. Der beste Roman des Jahres!

Memoir des Jahres

Diese Kategorie heimst die Britin Vera Brittain für sich ein. Dabei stammt ihr Buch Vermächtnis einer Jugend eigentlich aus dem Jahr 1933 – und ist dabei doch so hochaktuell und alles andere als verstaubt.

Bestechend klar und energisch erzählt sie von ihren Erlebnissen als Hilfskrankenschwester an den Fronten des Ersten Weltkriegs, ihren privaten Schicksalsschlägen und ihrem Werben für Frieden. Mit einer luziden Sicht auf die Dinge schildert sie die Gräuel, die jener Krieg den Menschen auf beiden Seiten der Schlachtenlinien brachte. Auch ihre persönlichen Schicksalschläge bringt sie ergreifend zu Papier, ohne in die Pathosfalle zu tappen. Eine großartige Wiederentdeckung, erschienen bei Matthes&Seitz und übersetzt von Ebba B. Drolshagen (sowie mit einem Nachwort versehen). Auch in Anbetracht der Tatsache, dass sich 2018 das Ende des Ersten Weltkriegs zum 100. Mal jährte, dringend empfohlen!

Historischer Roman des Jahres

An dieser Stelle geht die Auszeichnung an den Mare-Verlag für das Verlegen von Ian McGuires Nordwasser (Übersetzung von Joachim Körber). Dieser Roman ruft ein schon lange vergangenes Kapitel wieder wach – und zwar das des Walfangs. Man glaubt kaum, dass solch wuchtig-antiquierte Literatur 2018 noch möglich ist – und doch ist sie es.

McGuire erzählt von einer Walfangexpedition, die völlig aus dem Ruder läuft und zu zahlreichen Toten führt. Ein starker Magen ist bei diesem Buch von Vorteil. Hier zeigt sich auch einmal mehr der Vorteil, dass die Lektüre eines Buch doch keine olfaktorische ist: düster, gewalttätig und höchst fesselnd. Kurzum: so wie ich mir einen guten historischen Roman wünsche.

Krimi des Jahres National

Da müssen sich in diesem Jahr zwei Krimis das Treppchen teilen, beide aus dem Hause Suhrkamp.

Da wäre zum Einen André Georgi mit Die letzte Terroristin, einem sprachlich ansprechenden Katz-und-Maus-Spiel rund um die letzte Generation RAF. Geschickt schildert er die Jagd des BKA auf die Überbleibsel jener Terrororganisation, die den Chef der Treuhand ins Visier genommen haben und aus dem Weg schaffen wollen. Und das in einem atemlosen und mitreißenden Stil, der nur so durch die Seiten fliegen lässt.

Nicht minder sprachlich bravourös und auf den Punkt ist Simone BuchholzMexikoring über Clankriminalität, Bremen, Hamburg und ihre Serienfigur, die Staatsanwältin Chastity Riley. Da fliegen die Dialoge wie Pistolenkugeln – bestes deutsches Krimikino, toll in Szene gesetzt. Glücklich ein Land, das solche Stimmen fernab des üblichen Fitzek/Tskokos/Gruber-Trashes hat, der zu meinem Unverständnis die Bestsellerlisten dominiert.

Insofern wirklich verdiente Erste Plätze, die hoffentlich auch beim bald vergebenen Deutschen Krimipreis Beachtung finden.

Krimi des Jahres International

Auch wenn das Buch im Krimi-Verlag Polar erscheint und so gelabelt ist –  Leonard Pitts jr. Buch Grant Park ist weniger ein Krimi denn ein komplexer Gesellschaftsroman, der seine beiden Brückenpfeiler in den Jahren 1968 und 2008 einschlägt.

1968 finden die Proteste der schwarzen Bevölkerung in Memphis ihren traurigen Höhepunkt, als Martin Luther King erschossen wird. 2008 steht mit Barack Obama der erste Schwarze kurz vor seinem Einzug ins Weiße Haus. Ein Umstand, den viele Weiße nicht verwinden können. Über diese beiden entscheidenden gesellschaftlichen Ereignisse erzählt Pitts jr. vom omnipräsenten Rassismus, der zum unüberwindbaren Hindernis der amerikanischen Gesellschaft geworden ist. Sehr reflektiert, ambivalent und (leider) immer zeitgemäßer. Übersetzt wurde das Buch von Andrea Stumpf und Gabriele Werbeck.

Debüt des Jahres

Bei keinem Debüt in diesem Jahr habe ich einen solch gewagten Plot, eine derart passende Sprache und eine Neujustierung der eigenen Wahrnehmung erlebt wie bei Christian Torklers Roman Der Platz an der Sonne.

Er erzählt in seinem Buch eine alte Geschichte, die unsere heutigen Debatten um Flüchtlingsströme und Asyl neu sehen lässt. Bei ihm liegt nämlich Deutschland 1978 in Trümmern, ist in Kleinstaaten zerfallen und von Bürokratie zerfressen. Keine Hoffnung, nirgends. Doch Torklers Ich-Erzähler Josua Brenner beherzigt das alte Motto der Bremer Stadtmusikanten „Etwas besseres als den Tod finden wir überall“ und macht sich auf den Weg, aus Deutschland zu flüchten. Der Kontinent seiner Träume heißt Afrika – denn dort herrscht Wohlstand, die Länder prosperieren. Brenner sieht seine Chance gekommen. Und so tritt er eine waghalsige Flucht an, die Torkler mitreißend und nachdenklich machend schildert.

Aber auch ein andere Autor aus dem Klett-Cotta-Programm hätte diesen Titel verdient gehabt. Das muss man der Fairness halber anmerken – Kai Wieland heißt er und hat mit Amerika ein Buch geschrieben, das noch vieles erwarten lässt!

Sachbuch des Jahres

Ein provokanter Titel, eine provokante These – für die es von mir vollen Zuspruch gibt. Trennt euch heißt der Essay von Thomas Meyer und ist als Taschenbuch im Diogenes-Verlag erschienen.

Seine These: viele Paare sind in ihren Beziehungen unglücklich. Es passt nicht, man kann sich nicht enfalten – und dennoch hält man in den Beziehungen aus. Aber warum? Meyer plädiert für mehr Trennungen, die Potentiale in einem selbst wieder freisetzen. Warum sich selbst quälen? Denn das Leben ist kurz. Sehr kurz sogar.

Ein nachdenkenswerter Impuls, der viele Beziehungen um einen herum mit anderen Augen betrachten lässt.

Flop des Jahres

Eine Kategorie, bei der ich erfreulicherweise lange überlegen musste. Ein Buch, das schon während der Lektüre völlig an mir vorbeigerauscht ist und dessen Lob ich nicht im Geringsten nachvollziehen kann ist Als die Tauben verschwanden von Sofi Oksanen. Die Lektüre führte zu einem Artikel, in dem ich mich und meine Lesegewohnheiten hinterfragt habe. Insofern steckt in diesem Scheitern auch wieder etwas Produktives.

Andere Bücher wie etwa Jo Nesbos Neuinterpretation von Macbeth oder Gabriel Tallents Mein Ein und Alles bekamen allenorten viel Lob, bei mir konnte sich die Begeisterung nicht wirklich übertragen. Aber ansonsten blieben wirkliche Ärgernisse und Flops aus. Auch eine erfreuliche Erkenntnis, und das bei über 175 gelesenen Büchern im Jahr. Würde 2019 ähnlich erfolgreich, dann würde mich das freuen!



Bleibt noch die Frage nach den Vorsätzen für 2019: für den Blog ist mein Wunsch ein zweifacher: ich will mehr Frauen besprechen und diesen Platz geben. Das Buchbusiness ist ein männliches, in den meisten Chefetagen Männer, in den meisten Programmen Männer, dieser Blog wird von einem Mann gepflegt. Für die Sichtbarkeit will ich mich bemühen, mehr Frauen zu berücksichtigen und deren Bücher besprechen.

Ebenfalls berücksichtigen möchte ich mehr Indie-Verlage. Diese sollen auch mehr Platz bekommen, in Form von Interviews, Buchvorstellungen und Besprechungen. Ob mir das gelingt wird sich dann erst Ende 2019 zeigen. Doch so schnell wie auch dieses Jahr wieder vergehen wird, ist dies eh nur ein Katzensprung entfernt. Bis dahin einen guten Rutsch und frohes Lesen!

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Frankfurter Buchmesse 2018 – eine Rückschau

Nach einem Jahr Abstinenz war es wieder soweit – die Frankfurter Buchmesse hatte mich wieder. Von Donnerstag Nachmittag bis Samstag weilte ich in Bembeltown, um mich dem einzig Wahren im Leben zu widmen: Bücher, Bücher, Sektempfänge, Blogger und Bücher.

Das Ganze begann für mich mit einem zufälligen Treffen am Szeneplatz Rolltreppe, wo ich auf Jochen Kienbaum von Lustauflesen.de traf. Zusammen mit ihm suchte ich den neugestalteten Pavillon auf der Agora auf. In diesem irgendwo zwischen Ufo, Pressspan und Tennishalle changierenden Gebilde wurde nämlich just das Lieblingsbuch der unabhängigen Buchhandlungen gekürt.

Neu auf der Messe – der Pavillon auf der Agora (Fotorechte: Frankfurter Buchmesse)

Ergebnis der angenehm schnell durchgeführten Verleihung: Gewinnerin des Lieblingsbuchs wurde die Italienerin Francesca Melandri mit ihrem Roman Alle, außer mir (Wagenbach-Verlag). Ebenfalls nominiert waren die Bücher Leinsee von Anne Reinecke, Dunkelgrün, fast schwarz von Mareike Fallwickl (beide Autorinnen auch anwesend), Der Zopf von Laetitia Colombani und Kleine Feuer überall von Celeste Ng.

Diese Veranstaltung war zugleich der Auftakt für die Woche der unabhängigen Buchhandlungen (kurz WUB). Anfang November gibt es dann über ganz Deutschland verteilt wieder viele Aktionen der Buchhandlungen, die für das Buch und das Lesen werben. Hier gibts ein paar ausführlichere Informationen zu dieser tollen Aktion.

Das Literarische Quartett in Frankfurt

Nach einem anschließenden Bummel über die Messestände und einem Empfang am Hanser-Stand ging es dann um 19:00 Uhr für mich weiter. Schließlich stand die Aufzeichnung des Literarischen Quartetts in den Hallen der Buchmesse an. Im Vorfeld hatte ich mir ein Ticket gesichert und so konnte es dann eigentlich losgehen. Wobei es erst einmal Warten hieß. Erst nach knappen zwei Stunden konnte der umfunktionierte Stand des Blauen Sofas in Halle 3.1 betreten werden. Beleuchtungsprobleme und Aufbau hatten den Beginn der Aufzeichnung verzögert.

Der Gastgeber des Literarischen Quartetts: Volker Weidermann

Überraschend für mich bei der Aufzeichnung. Es wurde kein einziges Mal abgesetzt oder ein Statement wiederholt. Volker Weidermann, Christine Westermann, Thea Dorn (mit gebrochenem Fuß) und – wenig überraschend – Denis Scheck als Gast, betraten die Bühne, bekamen vom Regisseur das Go und schon konnte es losgehen.

Für mich wie gewohnt schwach in der Analyse und in puncto Diskussionsniveau abfallend wieder einmal Christine Westermann. Der von ihr ausgesuchte Roman Die Wurzeln des Lebens von Richard Powers wusste in der Runde nur noch Volker Weidermann zu überzeugen. Auch ansonsten war man sich oft nicht einig, wenngleich man sich doch ausnehmend gut auf die Essays von David Foster Wallace und gut auf den Droste-Hülshoff-Roman Fräulein Nettes kurzer Sommer von Karen Duve verständigen konnte. Die ganze Sendung findet man im Übrigen in der ZDF-Mediathek. Wer mich entdeckt, der darf sich freuen. Zu gewinnen gibt es dafür aber nichts.

Der Messe-Freitag

Am Freitag in der Früh ging es dann auf der Messe wieder da weiter, wo ich am Donnerstag Abend aufgehört hatte. Bücher, Bücher, Blogger, Blogger, Bücher. So lief ich Gérard von Sounds&Books über den Weg, cornerte mit dem Literarurkritiksquad von 54 Books auf der Agora und lernte auch einmal die anderen tollen Literaturblogger kennen, die man sonst nur durch ihre Blogs und die Digitalkonversation kennt. Neben einem höchsten menschlichen Empfehlungsschreiben seien ihre großartigen Blog allen ans Herz gelegt, die sich für Literaturvermittlung abseits ausgetretener Pfade interessieren. Man findet sie auf der rechten Seiten auf meiner Blogroll, es wären zu viele, um sie einzeln aufzuzählen.

Passend dazu gab es dann im Pavillon um 12:00 Uhr auf der Agora zum zweiten Mal die Verleihung des Buchblog-Awards. Bei diesem wurden dieses Jahr in neun verschiedenen Kategorien BloggerInnen ausgezeichnet, deren Onlinearbeit die Juroren überzeugt hatten. Das Ergebnis dieser Verleihung mitsamt aller ausgezeichneten Blogs findet sich auf der Homepage des Bubla-Awards.

Am Samstag habe ich dann im Übrigen auch endlich Druck gemacht – das Ergebnis? Eine wirklich formidable, in blau, rot und tiefschwarz gehaltene Bibelseite der legendären 42-zeiligen Gutenberg-Bibel. Hier wird mein eigens erzeugtes Druckergebnis vom Meister Gensfleisch aus Mainz höchstpersönlich in die Luft gereckt. Erstaunt war ich, dass dieser sich über die Jahrhunderte so gut gehalten hat. Aber Druck konserviert ja, so heißt es ja immer.

Neben dem Druck und dem Treffen mit anderen Bloggern war ich auch an den Verlagsständen fleißig und besuchte für Termine den C.H.Beck-Verlag sowie Suhrkamp. Mit neuen Titeln und Inspirationen ausgestattet ging es am Abend anschließend auf die Hotlist-Party im Frankfurter Literaturhaus, wo man die unabhängigen Verlage und ihre Produkte und Autoren ausgiebig feierte. Sogar Simon Strauß soll auf der Tanzfläche gesichtet worden sein. Doch was in Frankfurt passiert – na ja, Sie wissen schon.

Eine kulinarische Zumutung

Ein kleiner Exkurs muss derweil an dieser Stelle gestattet sein. Denn kulinarisch gesehen war diese Buchmesse mal wieder eine einzige Zumutung und ein Ort der reinen Ödnis. Schon die beim Empfang des Klett-Cotta-Verlags gereichten Hackbällchen ließen Schlimmes befürchten. Die aus den Untiefen des Verlagsstandes zutage geförderten und auf Porzellan drappierten Bällchen glichen alles, was sie an Saftigkeit und Geschmack vermissen ließen, durch ein höllenscharfes Finish im Rachenraum aus. Diesen Eindruck konnten auch nicht mehr die keck mit einer Walnuss verzierten Aufstrichen mit Roten Beeten und Ähnlichem ausgleichen. Lediglich die Präsentation des tollen Prachtbandes Die 68er-Bewegung International von Wolfgang Kraushaar (vom nicht verwandten Klett-Cotta-Verleger Tom Kraushaar mit Verve präsentiert) konnte von diesem Debakel ablenken (okay, und auch der Sekt).

Alles andere als gnädig schweigen muss ich auch über das kulinarische Angebot auf dem Außenraum der Agora. Dies lässt sich unter dem Label Geschmackliches Debakel subsummieren. Das Angebot der Speisen und die dafür aufgerufenen Preise sind nicht anders als eine Frechheit zu nennen. 8 Euro für einen völlig verbackenen und irritierend geschmacklosen Hähnchenburger, lieblos aus einer Semmel, zwei Tomaten- und Gurkenscheiben zusammengeklatscht. Das Ganze garniert mit 4-Euro ausgepreisten Pommes, denen die Zeit in der Fritteuse fehlte, die die Burger zuviel bekommen hatten. Wer Essen mag, der darf die Frankfurter Buchmesse eigentlich nicht besuchen.

Doch genug meiner Ausflüge in die Gefilden des kritischen Food-Bloggens. Weiter mit dem Nachbericht des Wichtigsten – der Bücher.

Der Messe-Samstag

Denn neben den Terminen an den Verlagsständen und den Treffen mit anderen Bloggern eröffneten sich beim Schlendern besonders am Freitag und auch am Messesamstag tolle Begegnungen.

Während in der Halle 3 mit den Big Playern kaum ein Durchkommen vor lauter Besucheransturm war, so legte sich das alles in der Halle 4. Dort hatten nämlich die Indie-Verlage ihren Stand.

Einer meiner Vorsätze für die kommende Zeit ist es ja, hier auf dem Blog etwas diverser zu werden. Denn es wimmelt hier vor Männern, die gelesen und besprochen werden. Zudem sollten die unabhängigen Verlage auch hier auf diesem Blog mehr Raum bekommen. Denn das was sie schaffen, ist unbändig kreativ, gut gemacht und von Leidenschaft, Engagement und Enthusiasmus begleitet.

So besuchte ich die Stände des Secession-Verlags, traf Daniel Beskos vom Mairisch-Verlag, macht dem Wunderhorn-Verlag meine Aufwartung, ließ mir von Tobias Roth den Verlag Das kulturelle Gedächtnis erklären (mehr hierzu bald an dieser Stelle), war am Weissbooks-Stand, kam mit den Machern der Friedenauer Presse ins Gespräch, besuchte den hochgeschätzten Matthes-und-Seitz-Stand, sowie den Wallstein Verlag, wo ich explizit Schermanns Augen lobte, und und und.

Somit hat sich die Frankfurter Buchmesse auch 2018 für mich mehr als gelohnt. Neue Inspiration, Ideen und Erkenntnisse stehen am Ende der drei Tage in den Messehallen Frankfurts. Was kann man mehr erwarten? Mit diesen Perspektiven kann der Leseherbst 2018 kommen!

Und so endet nun meine Reizwortgeschichte „Messeerzählung“. Alle Ereignisse, Personen, Verlage oder Bücher, die ich unterschlagen habe: verzeiht mir! Zur Entschuldigung hier unten noch ein kleines Foto vom Mainufer am Tag meiner Abreise angehängt.

Weitere Berichte von BloggerInnen gibt es übrigens auch schon. Besonders hinweisen möchte ich auf die Berichte von Lena von Wortgelüste und Julia vom Blog Kulturjournal Fräulein Julia.

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Bei den Besten nichts Neues

Heute wurde die Longlist des Deutschen Buchpreises 2018 bekanntgegeben. Ziel ist es, den besten deutschsprachigen Roman des Jahres zu ermitteln. Ein Unternehmen, das natürlich nur zum Scheitern verurteilt sein kann.

DEN besten Roman gibt es ebenso wenig wie objektive Urteile einer Jury über Bücher, die letzten Endes immer hinsichtlich von Geschmacks- und Stilistikfragen beurteilt werden und subjektiven Eindrücken unterliegen. Dennoch ist das Unternehmen aller Ehren wert, bringt es doch 20 Büchern die gebündelte Aufmerksamkeit des Feuilletons und der interessierten Öffentlichkeit. Dank des wochenlangenen Prozederes und der Verleihung des Deutschen Buchpreises im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse ist der Siegerin oder dem Sieger viel Interesse gewiss. Auch für das Weihnachtsgeschäft der Buchhändler spielt der Preis eine gewichtige Rolle. Dabei ist es kein Geheimnis, das sich einige Bücher, die bestimmte Fragestellungen oder einen bestimmten Aufbau besitzen, besser verkaufen, als ein formal und inhaltlich ambitionierter Sieger, wie es beispielsweise Frank Witzels Roman Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969 war.

Nun also die Longlist 2018, die ich auf den ersten Blick mehr als gelungen finde. Erfreulich viele Frauen (12 Frauen vs. 8 Männer), viele Independent-Verlag dabei, stilistische Vielfalt – doch dann kam ich langsam ins Grübeln.

Beim Anlesen der Synopsen ein immer stärker werdender Eindruck: bei den 20 Besten nichts Neues. Der Krieg und die Diktaturen sind omnipräsent. Egal ob der Klassiker Zweiter Weltkrieg (Geiger, Hauser, Fritz) oder Kalter Krieg (Biller, Senkel, Haratischwili) oder der ewige Klassiker DDR (Loschütz) – fast könnte man meinen, es gäbe eine Blaupause, die Büchern einen Platz auf der Longlist verschafft.

Wenig Innovation auch in Sachen neuer AutorInnen. Mit Gianna Molinari steht eine klassische und mit Anja Kampmann immerhin eine Roman-Debütantin auf der Longlist, ansonsten stolpert man bei vielen Titeln auf der Liste über bekannte Gesichter. Mit Stephan Thome, Angelika Klüssendorf und Gert Loschütz sowie Inger Maria Mahlke und Arno Geiger gibt es auch fünf AutorInnen, die schon einmal auf der Shortlist vertreten waren (bzw. einmal im Falle Arno Geigers sogar einen Gewinner). Zwei Bücher wurden gleich vom Preis der Leipziger Buchmesse aus dem Frühjahr mit übernommen (Senkel und Kampmann). Das ist natürlich Jammern auf hohem Niveau – denn offen gestanden enthält die Liste auch einige bereits erschienene Titel, die ich zuvor überhaupt nicht wahrgenommen hatte und die mir neu waren. Somit bietet die Liste auch noch einmal Chancen, auf Übersehenes zurückzukommen.

Eine Frage, die sich aber aus den Diskussionen auf Facebook in puncto Longlist für mich entwickelt hat, ist diese: je weiter wir uns von den Ereignissen wie etwa dem Zweiten Weltkrieg entfernen, umso präsenter scheinen diese Themen im deutschsprachigen Buchmarkt zu werden. Warum ist das so? Gibt es Faktoren, die diese Entwicklung begünstigen?

Und warum sind die Bücher Mangelware, die sich mit aktuell(er)en Problemen befassen? Abgesehen von Helene Hegemanns Bungalow und meinetwegen vielleicht auch Muschgs Rückkehr nach Fukushima finde ich bei einem ersten Überblick wenig Aktuelles, sondern eher dezidiert Apolitisches fernab vom täglichen Leben. Themen wie Überalterung, prekäre Lebensverhältnisse, Wohnungsnot, Chancengerechtigkeit oder ähnliche gesellschaftliche Entwicklungen finden wenig Eingang in die Gegenwartsliteratur. Es dominiert der Blick zurück statt der nach vorne – warum aber ist das so?

Habt ihr Erklärungen? Seht ihr die Entwicklung anders? Oder habt eine völlig andere Meinung? Habt ihr Antworten für mich? Mir fehlen sie nämlich …

Ein kleiner Nachtrag: Auf Deutschlandfunk Kultur haben sich Kolja Mensing, Wiebke Porombka und Frank Meyer ebenfalls über die Longlist des Deutschen Buchpreises ausgetauscht. Das Gespräch findet man an dieser Stelle.

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