Tag Archives: Kurzkritik

Kurz und Knackig – 3 Krimibesprechungen

Sommerzeit ist ja bekanntlich Lesezeit – und mir sind in letzter Zeit auch wieder zahlreiche Bücher untergekommen, die mich mal mehr, mal weniger begeistert haben. Thematisch gebündelt hier drei Minibesprechungen von neuen Krimis:

James Grady – Die letzten Tage des Condor

CondorDer Condor ist also wieder gelandet. Nach zwei früheren Büchern und einer mehr als erfolgreichen Verfilmung durch Sidney Pollack mit Robert Redford in der Hauptrolle soll der alte Haudegen noch einmal fliegen. Nach dem Condor in psychiatrischer Behandlung bei der CIA war, fristet er ein überschaubares Leben als Angestellter der Library of Congress in Washington. Doch dann findet er eines Tages in seiner Wohnung gekreuzigt einen seiner Aufpasser von der Agency bei sich daheim vor. Er beschließt zu fliehen – und zieht damit viele Verfolger auf sich.

Ein flirrendes, aber auch durchaus anstrengendes Buch, dessen sperrige Sprache des Öfteren die Spannung zerhackt. Die letzten Tage des Condor bleibt eng an dem Plot der vorherigen Bücher und ist eher etwas für Leser mit viel Geduld.

 

Tim Erzberg – Hell-Go-Land

HellgolandAnna Krüger tritt ihren Dienst als Polizistin auf der malerischen Insel Helgoland an. Doch schon am ersten Tag droht alles aus dem Ruder zu laufen. Ein Sturm schneidet Helgoland von der Außenwelt ab und sorgt dafür, dass die Polizisten in dem kleinen Revier auf sich alleine gestellt sind. Und dann bekommt Anna schon blutige Post, versehen mit einer Botschaft. Wer schickte der jungen Polizistin das Päckchen und was für einen Plan verfolgt der Täter? Während auf Helgoland ein Orkan zuzieht, versucht die Kriminalerin, Licht ins Dunkel zu bringen. Doch einige Geheimnisse aus ihrer Vergangenheit scheinen mit den aktuellen Geschehnissen verknüpft zu sein.

Hell-Go-Land wandelt auf altbekannten, von Sebastian Fitzek und Co ausgetretenen Wegen, ohne allzu viel Neues zu bieten. Der nach Schema F strukturierte Plot hat keine besondere Sprache oder Eigenheiten, weiß aber abgesehen davon gut für einige Stunden zu unterhalten. Eine spannender Snack ohne viel Langzeitwirkung, ideal für den Strand oder das Freibad …

 

Nicholas Petrie – Drifter

DrifterPeter Ash ist Veteran aus den Kriegen im Irak und Afghanistan. Als Remineszenz an diese Zeit ist ihm das sogenannte Weiße Rauschen geblieben, dass ihm einen Aufenthalt in engen Räumen so gut wie unmäglich macht. Stattdessen verbringt er seine Zeit lieber im Freien und schlägt sich durch. Doch nach dem Selbstmord eines Veteranenkollegen, beschließt er, der Witwe seines Freundes unter die Arme zu greifen und deren Haus zu renovieren. Dabei stößt er auf einen Koffer mit viel Bargeld und Sprengstoff, dass ihn direkt in einen geplanten Anschlag hineinzieht. Während er das Geheimnis des Koffers zu ergründen sucht, tickt irgendwo da draußen schon der Countdown zu einem geplanten Anschlag herunter.

Auch wenn Drifter sprachlich keine große Kunst ist, weiß Nicholas Petrie in seinem Debüt doch schon, wie man an Spannungsschrauben dreht und den Plot vorantreibt. Sein Buch ist ein größtenteils im Veteranen-Milieu spielender amerikanischer Thriller, der zwar auch das Rad nicht neu erfindet, dafür aber den Leser durch die 400 Seiten jagt und dabei wirklich gut unterhält. Von den drei hier besprochenen Bücher ist dieses meiner Meinung nach das Beste!

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Kurzkritiken

Alan Carter – Prime Cut

Krimis aus Australien sind in meinem Regal Mangelware. Abseits von Peter Temple und Konsorten besitze ich fast keine Krimis vom Roten Kontinent.
Umso besser dass Alan Carter nun einen Debütkrimi geschrieben hat, der dem Vergleich mit einem Meister wie Peter Temple durchaus standhalten kann. Aber der Reihe nach:
Der Roman spielt in einem kleinen Dörfchen Hopetoun an der Westküste Australiens, das dank seiner Erdschätzen als Minenstadt einen wahren Boom erlebt. Von überall reisen Hilfsarbeiter in das Städtchen und es herrscht eine gereizte Stimmung, in die das Auftauchen einer Wasserleiche recht wenig passt. Aufklärung ist vonnöten. Und diese soll durch den Ermittler Cato Kwong erfolgen.
Cato Kwong wurde nach einem Fauxpas ins Viehdezernat abgeschoben, obwohl er ein begnadeter Schnüffler ist. Mitsamt seines Vorgesetzten soll er nun in Hopetoun ermitteln und die Identität der Wasserleiche sowie deren Verscheiden aufklären.
Angereichert wird dieser Plot noch durch einen zweiten Plot, der von der Vergangenheit bis in die Gegenwart reicht. In England ermordete einst ein Familienvater seine Familie. Stuart Miller sollte diesen Fall einst aufklären, doch der Mörder verschwand spurlos. Nun scheint in Australien, wo sich Miller als Pensionär niedergelassen hat, dieser Mörder wieder zugeschlagen zu haben. Parallel zu Kwong macht sich Miller an das Lösen seines alten Cold Cases.  
           
Ein klar strukturierter Plot, plastische und glaubwürdige Charaktere und eine stringente Schreibe machen diesen fast schon mustergültigen Krimi aus. Ein reifes Debüt von Alan Carter, das zeigt, dass er die Regeln für gute Krimis verstanden hat. Wie er die zwei Erzählstränge behandelt, wie er seinen kantigen Ermittlern Kontur verleiht, das ist mehr als nur gekonnt. Ein Schreiber beherrscht sein Handwerk, wenn ich über den Tod von Figuren irritiert und nachdenklich bin, wenn mich der Plot länger als zum Zuklappen der letzten Seite fesselt – alles das ist hier der Fall. 
Gut dass schon neue Fälle mit Cato Kwong darauf warten, ins Deutsche übertragen zu werden. Eine Krimireihe, die man im Auge behalten sollte!

Ray Banks – Dead Money

Wenn man auf fiese Noir-Krimis steht, die dahin gehen, wo es weh tut, dann sollte man definitiv den frisch gegründeten Polar-Verlag auf dem Radar haben. Nachdem mich die ersten beiden Publikationen nicht so wirklich vom Hocker hauen konnten (Eberhard Nembachs „Gypsy Blues“ doch noch etwas eher als Jörg Walendys „Tag der Unabhängigkeit„, obwohl beide Plots gar nicht schlecht klangen). Doch nun hat sich die Qualität mit dem ersten irischen Noir, den ich rezensieren durfte, schlagartig gebessert. Ray Banks ist ein schottischer Autor, der in Werbeankündigungen auch gerne mal als Kult-Autor bezeichnet wird, da ihm in seiner Heimat Schottland wohl großer Erfolg beschieden ist. Auch Kollegen wie Ken Bruen rühmen den schottischen Schriftsteller in höchsten Tönen. Nach „Dead Money“ kann man die Lobpreisungen für das Schreiben des ehemaligen Croupiers nachvollziehen, denn hier weiß jemand offenbar ganz genau, wie man auf den Punkt kommt.
In seinem Debütroman erzählt Banks von zwei Freunden, die füreinander durch die Hölle gehen. Nachdem ein Pokerspiel aus dem Ruder lief und Les Beale einen Mitspieler ermordete muss ihm sein bester Freund und Ich-Erzähler Alan Slater beim Entsorgen der Leiche helfen. Kompliziert wird es, als sich die Leiche als lebendig und die Kreditgeber Les‘ als sehr brutal erweisen …
In guter alter Noir-Manier tritt sich der Held immer tiefer in den Morast aus Schuld und Sühne und muss alle Kräfte aufbieten, um das mörderische Karussell zu stoppen.
Ein kleiner und höchst fieser Roman, der den Leser über seine 208 Seiten fesselt und mitnimmt. Kunstvoll verknappt schreibt Banks derbe-direkt und voll auf die Zwölf. Ebenfalls eine Empfehlung für alle Freunde guter Krimis, die auch etwas düsterer ausfallen dürfen.
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