Tag Archives: London

Ben Aaronovitch – Der Galgen von Tyburn

Peter Grant ist wieder da! Der etwas tollpatschige Nachwuchsmagier und Police Constable aus London hat seinen Ausflug aufs Land in Fingerhut-Sommer überlebt und bekommt es nun in seinem angestammten Terrain in London abermals mit einem kniffligen Fall zu tun.

Ausgangspunkt ist eine aus dem Ruder gelaufene Drogenparty, die zahlreiche Jugendliche in der Luxusimmobilie One Hyde Park feierten. Eine an der Party Beteiligte ist auch die Tochter der Flussgöttin Lady Tyburn, die von Peter einen alten Gefallen einfordert. Er soll den Namen ihrer Tochter aus den Ermittlungen heraushalten. Doch nicht nur Peter kann schon bald die Ermittlungen kaum mehr überblicken, denn die Drogenparty scheint nur ein Dominostein in einer Kette weiterer Ereignisse zu sein, die allesamt mit Peters alter Nemesis, dem gesichtslosen Magier in Verbindung zu stehen scheinen. Es geht um ein mythenumwobenes Buch Issac Newtons, Fehden unter Flussgöttern, die Deals der oberen Zehntausend und noch viel mehr.

Der Galgen von Tyburn ist ein verschachteltes und verzwicktes Stück Amalgam von Kriminalroman und Fantasy – und sicher nicht der beste Einstieg in das immer komplexer werdende Universum des Peter Grant und des Londoner Follys. Die Welt aus Flussgöttern und deren Zwistigkeiten, die Feindschaft mit dem Gesichtslosen Magier, die zahlreichen fantastischen Kreationen aus der Feder Aaronovitchs – ein Neuling kann sich mit diesen ganzen als bekannt vorausgesetzten Eigenheiten der Reihe schnell überfordert fühlen. Hier empfiehlt sich wirklich der chronologische Einstieg mit ersten Band Die dunklen Flüsse von London.

Der Galgen von Tyburn ist in dieser Reihe der inzwischen schon sechste Band der Reihe – und das Fortschreiten der Reihe merkt man dem Buch durchaus an. Ganz so frisch ist der Humor nicht mehr, etwas Routine schleicht sich ein in Peters Fälle ein und wirklich befriedigt fühlt man sich mit diesem Band wirklich nicht. Das Buch wirkt wie ein Binnenspiel für die kommenden Fälle, denn ohne zu viel verraten zu wollen: am Ende hat sich nicht viel vorangekommen und mir blieb die Frage, ob im nächsten Band wieder mehr Entwicklung zutage tritt. Verdient hätte es diese tolle Buchreihe auf alle Fälle.

So manches Mal rumpelt auch die Übersetzung des Buchs etwas vor sich hin (Deutsch von Christine Blum) und die vielen Aaronovit’schen Wortschöpfungen und Neologismen ermüden dann doch mit der Dauer des Buches etwas.

Fazit: Fans von Peter Grant und dieser tollen Buchreihe werden sicherlich auf ihre Kosten kommen, das stärkste Buch der Serie ist Der Galgen von Tyburn allerdings nicht.

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Oliver Harris – London Stalker

Belsey Nr. 3 ist da. Die haarsträubenden Abenteuer, die der Londoner Cop in seinen beiden ersten Ermittlungen erlebt hat, haben ihn nicht geläutert- im Gegenteil. Er bewohnt ein verlassenes Polizeirevier in Hampstead, da er sich dort vor seinen Kollegen versteckt. Diese suchen ihn und wollen ihn vorladen, um disziplinarische Maßnahmen gegen den Cop einzuleiten. Er hat sich einfach zu viel zuschulden kommen lassen bei seinen letzten Fällen.

Doch diese Liste wird nun noch einmal länger, da er in einen Fall gezogen wird, der schnell unüberschaubar wird. Eine alte Dame konsultiert Belsey in seinem verlassenen Polizeirevier. Ihr Enkel ist nämlich verschwunden – und Belsey soll ihn finden. Dieser stößt im Zimmer des jungen Mannes auf zahllose Devotionalien aus dem Haus des Starlets Amber Knight. Hat der Verschwundene eine Obsession für den Star entwickelt und ist zum Stalker geworden? Oder führen die Spuren eventuell in eine ganz andere Richtung?

Belsey macht sich auf die Suche und gerät dabei in den Dunstkreis von Amber Knight. Doch seine Spurensuche bleibt nicht folgenlos. Bald kommt es zu einem Mord an einer Bekannten von Amber. Steckt der verschwundene Stalker hinter der Sache? Oder geht es in Wirklichkeit um etwas ganz anderes? Continue reading

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Robert Wilson – Die Stunde der Entführer

Welch konzertierte Aktion: In London werden im Handstreich sechs Sprößlinge von Milliardären auf fantasievolle Art und Weise gekidnappt. Mit außergewöhnlichen Forderungen wenden sich die Entführer an die Eltern der Opfer. Diese sind auf ganz unterschiedliche Art und Weise zu ihrem Reichtum gelangt, von einem deutschen Supermarkt-Tycoon reicht die Palette bis zu einem russischen Mafiachef mit Verbindungen zum Kreml.

Die Stunde der Entfuehrer von Robert WilsonKeine ganz einfache Gemengelage, in die sich der Kidnapping-Consultant Charles Boxer in seinem mittlerweile dritten Fall einmischt (zuvor erfolgten seine Einsätze in Stirb für mich und Ihr findet mich nie), da nicht nur jede der einflussreichen Opferfamilien eigene Strategien verfolgt, sondern auch die Kidnapper Pläne haben, die alles andere als durchschaubar sind. Einfacher wird das Spiel auch dadurch nicht, dass Charles Boxer privat durch die Schwangerschaft seiner Freundin belastet ist. Als auch noch der Freund seiner Ex-Frau gekidnappt wird, droht auch Boxer den Überblick zu verlieren.

Über eines muss man sich bei Die Stunde der Entführer im Klaren sein. Die Geschichte ist mehr als nur konstruiert (jeder der schon größere Pläne geschmiedet hat, weiß das der Zufall alles andere als berechenbar ist. Dass hier ausgerechnet eine derart komplexe und feingliedrige Operation wie die Entführung von sechs Kindern innerhalb zweier Tage an verschiedenen Orten klappen soll erfordert schon ein gewisses Quantum an Nachsicht des Lesers), doch Wilson macht seinen Job gut.

Wie stets bei ihm wächst sich aus dieses Anfangsereignis schnell in globale und höchst komplexe Bahnen aus, gleich einem Stein, den man in einen ruhigen Teich wirft. CIA, russische Geheimdienste, Edward Snowden, Folter in amerikanischen Militärgefängnissen – Wilson wirft zahlreiche Elemente in seinen Plot, bei der Leser immer wieder ordnen und rekapitulieren muss, um bei der verwicklungsreichen Geschichte durchzusteigen. Wer sich auf die komplexe Welt Charles Boxers einlässt, bekommt hier einen schnell von Handlungsstrang zu Handlungsstrang hüpfenden Thriller serviert, der nahtlos an seine Vorgänger anknüpft.

 

 

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Owen Sheers – I saw a man

Wendepunkte im Leben

I Saw a Man von Owen Sheers

Es ist dieser eine Moment, der ein ganzes Leben ändern kann – in Owen Sheers I saw a man sind es gleich zwei Männer, die einen so existenziellen Wendepunkt in ihrem Leben erfahren, sodass sie danach völlig aus der Bahn geworfen sind. Der englische Autor erzählt von Michael, der durch den Tod seiner Frau Caroline den Boden unter seinen Füßen verlor und nicht mehr an seine Erfolge als Schriftsteller anzuknüpfen vermag. Er wohnt in einem Häuschen in Hampstead Heath und ist mit seinen Nachbarn mehr als nur gut befreundet. Tagtäglich geht er bei ihnen aus und ein und zählt schon zum erweiterten Familienkreis, als ein Nachmittag alles ändert. Und zum anderen ist da noch Daniel, der als Drohnenpilot beim Militär seinen Sold verdient, und dessen Leben durch einen Wendepunkt mit dem von Michael verbunden werden wird.

Ein ganz beachtliches Debüt

I saw a man ist Owen Sheers Debüt. Wohlformuliert berichtet er von den Schicksalen Daniels und Michaels, blickt hinter die noblen Fassaden im Hampstead Heath und seziert die verschiedenen Lebenslügen, in die sich seine Protagonisten verstricken. Glaubte ich nach der Lektüre des Klappentextes an einen gehobenen Kriminalroman, so ist das Buch für mich nun doch eher im Genre der Gegenwartsliteratur einzuordnen.

Der Vergleich mit Donna Tartt und Ian McEwan, der durch die Medien gezogen wird, wenn man dem Klappentext trauen darf, ist etwas hochgegriffen. Zwar vermag das Buch durchaus zu fesseln und zu unterhalten, doch zur erzählerischen Brillanz von Kalibern wie Ian McEwan oder Anthony McCarten fehlt Owen Sheers in meinen Augen noch das Feintuning. So ist I saw a man erzählerisch nicht ganz austariert und hat eine leichte Unwucht, was aber nicht groß ins Gewicht fällt.

Insgesamt ein vielversprechendes Debüt eines jungen Autors, das noch auf mehr hoffen lässt!

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Zoe Beck – Schwarzblende

London, 2013: Auf offener Straße wird der Soldat Lee Rigby von zwei Tätern mit einer Machete angegriffen und getötet. In die Handykameras der umstehenden Menschen sprechen sie ihre Bekenntnisse (für Syrien, für den Islamischen Staat). Ein Verbrechen, das die Öffentlichkeit schockte und das Thema des Islamischen Staats ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rief.

9783453410435_CoverZoe Beck hat diese Ereignisse nun als Ausgangspunkt für ihren Kriminalroman Schwarzblende gewählt. Mit leicht veränderten Namen erzählt sie vom Kameramann Niall, der zum unfreiwilligen Zeugen der Terrorattacke wird. Berufsbedingt hält er seine Handykamera auf den beiden Angreifer, als er diese zufällig mit Macheten durch London wandern sieht. Doch damit gerät er in einen unaufhaltsamen Strudel. Nachdem er von der Polizei inhaftiert wurde, beschließt er eine Dokumentation über die beiden Attentäter, ihre Motive und den Islamischen Staat zu drehen. Doch mit seinen Plänen bringt er sich in große Gefahr und sieht sich in ein gefährliches Gespinst aus Bildern, Lügen und Propaganda verstrickt. Denn es sind nicht nur unbedingt Menschen im fernen Syrien und Co., die in Schwarzblende die Strippen ziehen. Continue reading

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