Vor einiger Zeit berichtete ich an dieser Stelle über meine Jurytätigkeit beim Blogbusterpreis 2020. Nachdem ich in der ersten Runde nicht fündig wurde und keines der Manuskripte so überzeugend fand, um mit ihm ins Rennen um den Preis zu gehen, wagte ich den Sprung in den Manuskripte-Pool. In diesen Pool legten die anderen Blogger*innen Manuskripte ab, die sie für vielversprechend hielten, für die sie sich sellbst aber nicht entschieden hatten. Und in diesem Pool wurde ich nun auch schlussendlich fündig.
Drei Manuskripte waren es, die meine Neugier weckten und die ich zur vollständigen Lektüre anforderte. Dabei war die stilistische und inhaltliche Breite wirklich erstaunlich. Hier ein paar ausführlichere Worte zu meinen Entdeckungen.
Tina Ger – Berlin City Blues
Eine alte Bekannte in Sachen Blogbuster ist Tina Ger. Die Autorin landete schon vor zwei Jahren auf der Longlist des Blogbuster. Damals hatte sich Uwe alias Kaffeehaussitzer für ein Manuskript der in Los Angeles lebenden Autorin entschieden. Auch ich habe im Manuskripte-Pool einen Text von Tina entdeckt und zwar Berlin City Blues. Darin entführt Tina Ger uns Leser*innen ins West-Berlin der 80er Jahre. Ihre zwei Helden bekommen es im Roman mit einer Mordserie zu tun, die sowohl der Polizei als auch der Berliner Unterwelt schlaflose Nächte bereitet. Als Vergleichstitel für ihren Roman nennt Tina Ger selbst Bücher wie etwas Clemens Meyers Im Stein oder Als wir träumten. Obwohl damals noch nicht geboren, hat mir die Autorin ein Gefühl davon gegeben, wie es gewesen sein muss, in der alten BRD, als plötzlich in ganz West-Berlin Leichen auftauchten und die Unterwelt noch etwas anders funktionierte als heute.
Andrea Dennemann – Rosario
Einen ganz anderen Tonfall machte ich in der Leseprobe zu Rosario aus. Hier steht ein Bahnwärter im Mittelpunkt, der im italienischen Hinterland der 50er Jahre seinen Dienst versieht. Dieser Rosario Giuseppe Castino geht seinem recht unspektakulären Broterwerb nach, bis die Liebe und eine Kündigung sein Leben durcheinanderwirbeln und es ihn nach Rom verschlägt. Die Autorin Andrea Dennemann selbst nennt im Exposé ihren Roman „leise“ und „poetisch“ – und so ruhig lesen sich auch die ersten Seiten, die Rosarios Leben beschreiben.
Ein Entwicklungsroman im Stile von Pablo d’Ors Die Wanderjahre des August Zollinger, irgendwo zwischen Giuseppe Tornatore und Bahnwärter Thiel.
Yannick Dreßen – Verdichtet
Der Dritte im Bunde ist Yannick Dreßen. Wer sich für Literaturblogs interessiert, könnte vielleicht schon einmal seinen gleichnamigen Blog besucht haben. Auf dem Blog erzählt Dreßen von seinen letzten Lektüren und den entsprechenden Urteilen. Unter dem Reiter Bücherei finden sich auch seine Prosaveröffentlichungen. Eine noch nicht veröffentlichte Arbeit ist sein Roman Verdichtet. In diesem Buch steht der Schriftsteller Friedrich im Mittelpunkt. Eigentlich hat er alles: Erfolg, Familie, Glück. Doch dann erwacht er plötzlich in einer anderen Realität, in der Friedrich Insasse einer Heilanstalt ist. Man eröffnet ihm, dass seine Frau und seine Tochter nicht mehr leben. Doch welche der beiden Welten ist die wahre ? Ein Spiel um Schein und Sein beginnt, bei der ich schon bald nicht mehr sicher war, in welcher Welt der Dichter nun lebt.
Fazit
Das sind die drei Manuskripte, die ich las und für die ich mich bei allen drei Autor*innen von Herzen bedanken möchte. Eine derartige Vielfalt zu entdecken, das hat mir große Freude bereitet.
Wofür hättet ihr euch entschieden? Was spricht euch an? Und was eher nicht?
Ein Wort an dieser Stelle noch zur Kritik, die ich für den vorhergehenden Artikel erhielt: ja, ich zitierte nur Negativbeispiele in meinem Artikel (womit ich nicht hoffe, das Selbstbewusstsein der Autor*innen in ungebührlichem Maße verletzt zu haben, aber deshalb wählte ich ja auch nur einzelne, nicht zuordenbare Zitate). Nach wie vor halte ich dieses Vorgehen für geboten, um deutlich zu belegen, warum in dieser ersten Auswahlrunde nichts für mich dabei war. Persönliche Kritik liegt mir fern und auch eine verletzende Sezierung der einzelnen Leseproben möchte ich (im Gegensatz zu anderen) nicht. Im Gegenteil, wie schon erfolgt, stehe ich auch für privates Feedback der Teilnehmer*innen zu Verfügung, solange dies meine Zeitkapazitäten nicht sprengt. Der Respekt vor der Arbeit, die in den Manuskripten steckt, ist groß. Aber manchmal passt das einfach nicht mit einem Manuskript und mir. Wie das auch des Öftern so bei Büchern der Fall ist. Umso schöner, dass ich nun trotzdem noch drei für mich passende Manuskripte entdecken konnte. In Bälde gibt es dann auch meinen favorisierten Text hier zu lesen. Man darf also gespannt sein!