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Ein gebrauchtes Buchjahr 2020

2020 ist ein Krisenjahr. Das gilt auch für die Buch- und Literaturbranche. Warum dieses Jahr trotz des Alters von gerade einmal drei Monaten schon jetzt weg kann.


Selten hatte man nach drei Monaten eines literarischen Jahres so sehr das Bedürfnis, entweder die Zeit noch einmal auf Jahresbeginn zurückzustellen oder alternativ gleich die restlichen Monate bis zum neuen Jahr vorzuspulen. Denn das, was 2020 in diesen wenigen Monaten für die Literaturbranche bereithielt, das möchte man doch am liebsten vergessen und ganz schnell noch einmal von vorne beginnen.

Nur damit wir uns richtig verstehen: natürlich sind die Folgen von Corona und Co außerhalb der Buchbranche noch deutlich verheerender, mitunter sogar tödlich, gar keine Frage. Aber auch für die Buch- und Literaturbranche sind diese Tage teilweise existenzbedrohend. Und nachdem ich hier einen Literaturblog betreibe, will ich mich auf die Analyse dieses bisher so bescheidenen Monate kaprizieren und zeigen, warum dieses Jahr schon jetzt in die Tonne kann. Und das in mehrfacher Hinsicht.

Das Feuilleton

In diesem bisherigen Jahr hat sich das Feuilleton wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. Absurder Höhepunkt sicherlich die Debatte um Uwe Tellkamp und seinen irgendwann demächst erscheinenden Roman Lava. Der ist bislang noch nicht erschienen, obwohl man im Feuilleton der Welt meinte, er läge schon lange vor und sollte aufgrund der Haltung Tellkamps, der schon gerne einmal die Meinungskorridore enger werden sieht und sich an die DDR-Verhältnisse erinnert fühlt, nicht mehr veröffentlicht werden. Zensur! Ein missliebiger ostdeutscher Schriftsteller, der mundtot gemacht werden soll!

Ein zensierter Schrifststeller? Uwe Tellkamp

Für die Welt stand schnell fest, dass hier ein echter Skandal vertuscht werden sollte. Deshalb schnell die Feder gespitzt, auch noch fix eine Intellektuellen-Umfrage initiiert mit der Frage, ob man wirklich nicht mehr alles sagen und schreiben dürfe in diesem Land. Viel Geraune, viel nebulöse Andeutung, bis sich dann herausstellte: Tellkamps Buch wird beim Suhrkamp-Verlag gerade einfach nur redigiert und erscheint wahrscheinlich nächstes Jahr. Eine alberne Aufblähung eines Möchtegern-Skandales, an dessen Ende einfach mal wieder Shakespeare steht. Much ado about nothing!

Auch wurden die Debatten um andere Aufreger-Themen, wie etwa das #frauenzählen in Verlagsvorschauen oder das Erscheinen von Woody Allens Biografie auf einem teilweise doch recht fragwürdigen Niveau geführt. Da hätte man seine Energie doch besser in die Vermittlung von lesenswerten Büchern gesteckt.

Auch drängte sich im Feuilleton 2020 bislang der Eindruck auf, dass man auch in diesem Jahrzehnt die Abwertung von Frauen und die literarische Gagatheorie „Frauen – Unterhaltung“, „Männer – Literatur“ weiter munter fortschrieb. Beispielsweise Volker Weidermann im Spiegel über die neue Verlegerin des Rowohlt-Verlags, Nicola Bartels.

Aber da sind wir ja auch schon beim nächsten Thema – bei Rowohlt und der Verlagswelt.

Die Verlagswelt

Auch in der Verlagsbranche brachte 2020 wenig Gutes. Da war schon einmal Monsieur-Ex Florian Illies, der nach nur wenigen Monaten seinen Job als Rowohlt-Verleger wieder hinschmiss. Für Sandra Kegel in der FAZ eine peinliche Party. Und für Illies nur ein weiteres Ex-Prädikat, von denen er nun schon einige hat: Ex-Angestellter bei der Zeit, bei der FAS, bei einem Auktionshaus, bei einem Kunstmagazin. Und nun auch Ex-Verleger, nach ein paar Monaten. Einen Job, für den man zuvor die erfolgreiche Barbara Laugwitz höchst unrühmlich abgesägt hatte. Stabilität und Konstanz sieht anders aus.

Und dann kam auch schon Corona. Obwohl man zuvor noch behauptet hatte, die Leizpiger Buchmesse finde sicher statt, wurde sie dann wenige Tage später doch abgesagt. Die richtige Entscheidung, wie die rasant steigenden Fall- und Todeszahlen dann schnell zeigen sollten, obwohl auch ich ob der ganzen erfolgten Vorplanung zunächst enttäuscht war.

Was bei mir im kleinen zutrifft, trifft die Verlage ja deutlich härter. Gebuchte Hotelbetten, Fahrtkosten, Messebauer, geplante Veranstaltungen. Der Ausfall ist massiv und schlägt vor allem bei den kleinen und unabhängigen Verlage am gravierendsten durch, die in keine Konzernstrukturen eingebunden sind und über so etwas wie Rücklagen nicht verfügen. Besonders die Leipziger Buchmesse ist ja immer eine Publikumsmesse, bei der man für die Frühjahrsprogramme und Spitzentitel werben kann. Eine Möglichkeit, die dieses Jahr völlig wegfiel. Manch einer nahm das auch mit Humor, wie etwa Benjamin Quaderer, dessen Spitzentitel Am Ende die Alpen eigentlich dank Messe und Co viel Aufmerksamkeit hätte erhalten sollen.

Kleiner Trost – immerhin hier kommt bald eine Besprechung dieses wirklich lesenswerten Buchs. Dennoch ist der Ausfall von Öffentlichkeit, Absatzmöglichkeiten und Gewinn für die Verlage wirklich gravierend. In dieser Hinsicht ist auch eine traurige Nachricht abseits der ausgefallenen Leipziger Buchmesse zu vermelden:

Der Kleinverlag Binooki ist insolvent und muss den Betrieb einstellen. Der von zwei Schwestern betriebene Verlag hatte sich um den Transfer von türkischen Autor*innen ins Deutsche verdient gemacht und muss doch nun aufgrund eines Betrügers Insolvenz anmelden. Auch auf diese Nachricht hätte man verzichten können.

Der Buchhandel

Und dann ist da nicht zuletzt auch noch die Buchhandelsbranche. Sie trifft die Corona-Krise nun besonders hart. Während für die meisten Kund*innen wohl der Klick bei Amazon und Co. am einfachsten erscheint, fürchten viele Buchhandlungen um ihre Existenz. Die Laufkundschaft, die normalerweise die Umsatzzahlen generiert, fällt völlig weg. Bis auf Berlin mussten überall die Buchhandlungen schließen, da ihnen laut politischen Richtlinien keine Systemrelevanz zukommt. Darüber könnte man natürlich trefflich streiten. Fakt ist allerdings, dass sich die Buchhändler*innen so neue Wege überlegen müssen, um ihre Kund*innen zu erreichen und weiterhin den Umsatz zu generieren, der ihnen ein Forbestehen ihrer Läden ermöglicht.

Die Wichtigkeit von Online-Präsenzen und Webshops wird in der Corona-Krise einmal mehr augenfällig. Verschiedene Kampagnen und Initiativen von Verlagen und Buchhandlungen versuchen auch gegenzusteuern. Und auch ich möchte mit einem Appell enden.

Auslieferung per Fahrrad bei Uslar&Rai in Berlin

In Zeiten, in denen ein Online-Gigant wie Amazon Büchern keine hohe Priorität mehr einräumt und diese zugunsten von Lebensmittelzustellungen zurückstellt, gibt es in meinen Augen keinen einzigen Grund, einen solchen Marktmonopolisten weiter zu stärken. Im Gegenteil. Die Buchhandlungen werden nach wie vor täglich von den Zwischenbuchhändlern beliefert. Bestellte Bücher werden so deutlich schneller geliefert – und von vielen Buchhandlungen neuerdings sogar persönlich zugestellt. So seien an dieser Stelle nur kursorisch ein paar lokale Buchhandlungen genannt, die diesen Service anbieten. Ruft einfach eure Buchhändler*innen an und fragt nach – sie werden euch sicher gerne beliefern. Denn gerade in diesen Zeiten sollte ein Besinnen auf lokales Kaufverhalten und eine Unterstützung der Aktiven vor Ort das Gebot der Stunde sein. Schließlich wäre es schön, wenn die Buchhandels- und Verlagswelt nach der Corona-Krise noch die alte wäre. Insofern: Buy local!

Diese Buchhandlungen liefern nach Hause

Berlin: Ocelot, Uslar & Rai, Buchbox

Nürnberg: Buchhandlung Jakob

Hanau: Buchladen am Freiheitsplatz

Ansbach: Buchhandlung Seyerlein

Ulm: Aegis

München: Glatteis, Buch in der Au, CoLibris

Augsburg: Schlosser’sche Buchhandlung, Buchhandlung am Obstmarkt, Bücher Max


Titelbild: Pexels

Bild Tellkamp: By Smalltown Boy – Transferred from de.wikipedia to Commons., CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6213358

Uslar&Rai: Homepage

Meine Leipziger Buchmesse daheim

Wäre, wäre, Fahrradkette, wie der große Philosoph und Fußballversteher Lothar Matthäus einst bemerkte. Da hat man das Zimmer und die Bahnfahrt für die Leipziger Buchmesse schon gebucht. Die Presseakkreditierung ist auch durch und die Termine ausgemacht. Interviews, Verlagsbesuche, Diskussionen: der Zeitplan steht. Und dann das: Absage der Leipziger Buchmesse, zum ersten Mal in der Geschichte. Danke Coronavirus!

Eine unerwartete Lücke tut sich auf im Kalender – was soll man da machen? Nachdem auch noch offiziell das Rahmenprogramm Leipzig liest abgesagt wurde, entschied ich mich, die Reise nach Leipzig nicht anzutreten. Schade drum, besonders, da ich diesen literarischen Frühlingsjahrgang für ausgesprochen stark erachte.

Aber wenn ich schon nicht zur Buchmesse komme, dann will ich sie wenigstens in einer Form hier auf dem Blog stattfinden lassen. Ich habe mich entschlossen, hier als kleine Übersicht in meinen Augen wichtige Titel dieses Frühjahrs vorzustellen. Da eine solche Buchmesse ja auch immer ein soziales Get-together ist, wollte ich das Element des Miteinander über Bücher-Redens hier auf dem Blog ein bisschen nachbilden. Dafür versammele ich hier Besprechungen anderer Blogger*innen sowie ein paar eigene Rezensionen. Hoffentlich kann euch diese Auswahl auch ein bisschen inspirieren.

Nationale Literatur

Tobias vom Blog Buchrevier über den neuen Roman Die rechtschaffenen Mörder von Ingo Schulze.

Fräulein Julia über Irina Liebmanns Die große Hamburger Straße.

Meine Besprechung des aktuellen und gesellschaftlich relevanten Debüts von Cihan Acar: Hawaii

Marina alias Nordbreze hat eine Rezension zum neuen Buch von Kathrin Wessling verfasst. Der Titel des Buchs lautet Nix passiert.

Wolfgang Schneider auf Deutschlandfunk Kultur über Leif Randts neue Kreation Allegro Pastell.

Petra vom Blog Literaturreich ist mit der Bloggerin und Trauerbegleiterin Jasmin Schreiber in den Marianengraben abgetaucht.

Marcus schreibt für das Bücherkaffee und hat Christoph Kloebles neuen Roman Das Museum der Welt gelesen.

Jan Drees laß das Debüt Tauben leben von Paula Czienskowski und bespricht es auf Lesen mit Links.

Internationale Literatur

Hauke Harder vom Blog Leseschatz über Delphine de Vigans Dankbarkeiten.

Um das Buch Der Anhalter von Gerwin van der Werf kümmert sich Mareike vom Blog Bücherwurmloch.

Der Isländer Ragnar Helgi Olafsson hat ein Buch mit dem schönen Titel Handbuch des Erinnerns und Vergessens verfasst. Birgit vom Blog Sätze & Schätze hat es besprochen.

Tobi vom Blog Lesestunden hat sich das Buch Eisfuchs von Tanya Tagaq näher angeschaut.

Constanze schreibt auf Zeichen & Zeiten über ihre Lektüre von Ben Smiths Buch Dahinter das offene Meer.

Ich habe mit großer Begeisterung Liz Moores Krimi und Gesellschaftspanorma Long Bright River gelesen.

Die Klappentexterin kümmert sich um Sigrid Nunez‚ vielbesprochenes Werk Der Freund.

Eine Wiederentdeckung ist der bei Dörlemann erschienene Roman Die Berglöwin von Jean Stafford. Auf dem Hotlistblog wurde dieser besprochen.

Sachbücher

Lena vom Blog Wortgelüste über das Buch Sie hat Bock von Katja Lewina.

Alexandra vom Blog Bücherkaffee über Patrik Svenssons Das Evangelium der Aale

Hilma af Klint – noch nie gehört? Der Beitrag von Isabella auf Novellieren ändert das.

Und noch nicht von mir besprochen aber ganz oben auf meiner Liste in Sachen Nächster Titel: Kübra Gümüsay mit Sprache und Sein.


So viel erst einmal zu Titeln, über die ich auf anderen Blogs gestoßen bin und die ich mir auf der Buchmesse sicherlich einmal genauer angeschaut hätte. Jetzt müssen wir das halt digital nachholen. Welche Bücher sind eure Titel des Frühjahrs? Was hat euch begeistert oder abgeschreckt? Lasst es mich wissen!

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Literatur-Soiree mit Ingo Schulze

Heute auf den Tag vor einhundert Jahren wurde die Stadtbücherei Augsburg gegründet. Ein Umstand, für den ich sehr dankbar bin, schließlich versorgen mich die Bücherei und ihre Zweigstellen nicht nur mit den neuesten Medien, sondern auch mit Lohn und Brot. So ein runder Geburtstag muss natürlich auch gefeiert werden. Morgen und am Samstag geschieht das dann. Am Freitag nur für geladene Gäste, am Samstag dann aber für alle Augsburger*innen. Am Abend findet nämlich wieder eine Literatursoiree in Zusammenarbeit mit der Augsburger Allgemeine statt.

Gast ist diesmal der vielfach ausgezeichnete Schriftsteller Ingo Schulze. Wikipedia zählt über 20 Ehrungen auf, die Schulze im Laufe seiner Schrifststellerkarriere sammeln konnte. So zählt der Brecht-Preis der Stadt Augsburg zu einer seinen vielen Auszeichnungen. Im Jahr 2007 konnte er den Preis der Leipziger Buchmesse erringen. Dieses Kunststück könnte ihm auch dieses Jahr wieder gelingen (wenngleich die Messe und damit auch die Preisverleihung ja erst einmal abgesagt wurden). Mit seinem Roman Die rechtschaffenen Mörder ist er auch in diesem Jahr wieder für den Preis nominiert. Am 07.03.2020 wird er aus diesem Roman in der Stadtbücherei vorlesen und nachher im Gespräch Auskunft über das Buch und sein Schreiben geben. Sicherlich hoch spannend, denn die Kurzbeschreibung seines neuen Romans klingt wie ein Kommentar zum Rechtsdrift unserer Gesellschaft:

Ingo Schulze – Die rechtschaffenen Mörder

Wie wird ein aufrechter Büchermensch zum Reaktionär – oder zum Revoluzzer? Eine aufwühlende Geschichte über uns alle.

Norbert Paulini ist ein hoch geachteter Dresdner Antiquar, bei ihm finden Bücherliebhaber Schätze und Gleichgesinnte. Über vierzig Jahre lang durchlebt er Höhen und Tiefen. Auch als sich die Zeiten ändern, die Kunden ausbleiben und das Internet ihm Konkurrenz macht, versucht er, seine Position zu behaupten. Doch plötzlich steht ein aufbrausender, unversöhnlicher Mensch vor uns, der beschuldigt wird, an fremdenfeindlichen Ausschreitungen beteiligt zu sein. Die Geschichte nimmt eine virtuose Volte: Ist Paulini eine tragische Figur oder ein Mörder?


Im Anschluss an die Lesung gibt es dann wieder einen Literarischen Salon. Mit Kurt Idrizovic von der Buchhandlung am Obstmarkt und Stefanie Wirsching von der Augsburger Allgemeinen diskutiere ich über folgende drei Neuerscheinungen des Bücherfrühlings. Kontroverse Meinungen sind zu erwarten!

Blogbuster – Auf zu Runde 2

Vor einiger Zeit berichtete ich an dieser Stelle über meine Jurytätigkeit beim Blogbusterpreis 2020. Nachdem ich in der ersten Runde nicht fündig wurde und keines der Manuskripte so überzeugend fand, um mit ihm ins Rennen um den Preis zu gehen, wagte ich den Sprung in den Manuskripte-Pool. In diesen Pool legten die anderen Blogger*innen Manuskripte ab, die sie für vielversprechend hielten, für die sie sich sellbst aber nicht entschieden hatten. Und in diesem Pool wurde ich nun auch schlussendlich fündig.

Drei Manuskripte waren es, die meine Neugier weckten und die ich zur vollständigen Lektüre anforderte. Dabei war die stilistische und inhaltliche Breite wirklich erstaunlich. Hier ein paar ausführlichere Worte zu meinen Entdeckungen.

Tina Ger – Berlin City Blues

Eine alte Bekannte in Sachen Blogbuster ist Tina Ger. Die Autorin landete schon vor zwei Jahren auf der Longlist des Blogbuster. Damals hatte sich Uwe alias Kaffeehaussitzer für ein Manuskript der in Los Angeles lebenden Autorin entschieden. Auch ich habe im Manuskripte-Pool einen Text von Tina entdeckt und zwar Berlin City Blues. Darin entführt Tina Ger uns Leser*innen ins West-Berlin der 80er Jahre. Ihre zwei Helden bekommen es im Roman mit einer Mordserie zu tun, die sowohl der Polizei als auch der Berliner Unterwelt schlaflose Nächte bereitet. Als Vergleichstitel für ihren Roman nennt Tina Ger selbst Bücher wie etwas Clemens Meyers Im Stein oder Als wir träumten. Obwohl damals noch nicht geboren, hat mir die Autorin ein Gefühl davon gegeben, wie es gewesen sein muss, in der alten BRD, als plötzlich in ganz West-Berlin Leichen auftauchten und die Unterwelt noch etwas anders funktionierte als heute.

Andrea Dennemann – Rosario

Einen ganz anderen Tonfall machte ich in der Leseprobe zu Rosario aus. Hier steht ein Bahnwärter im Mittelpunkt, der im italienischen Hinterland der 50er Jahre seinen Dienst versieht. Dieser Rosario Giuseppe Castino geht seinem recht unspektakulären Broterwerb nach, bis die Liebe und eine Kündigung sein Leben durcheinanderwirbeln und es ihn nach Rom verschlägt. Die Autorin Andrea Dennemann selbst nennt im Exposé ihren Roman „leise“ und „poetisch“ – und so ruhig lesen sich auch die ersten Seiten, die Rosarios Leben beschreiben.

Ein Entwicklungsroman im Stile von Pablo d’Ors Die Wanderjahre des August Zollinger, irgendwo zwischen Giuseppe Tornatore und Bahnwärter Thiel.

Yannick Dreßen – Verdichtet

Der Dritte im Bunde ist Yannick Dreßen. Wer sich für Literaturblogs interessiert, könnte vielleicht schon einmal seinen gleichnamigen Blog besucht haben. Auf dem Blog erzählt Dreßen von seinen letzten Lektüren und den entsprechenden Urteilen. Unter dem Reiter Bücherei finden sich auch seine Prosaveröffentlichungen. Eine noch nicht veröffentlichte Arbeit ist sein Roman Verdichtet. In diesem Buch steht der Schriftsteller Friedrich im Mittelpunkt. Eigentlich hat er alles: Erfolg, Familie, Glück. Doch dann erwacht er plötzlich in einer anderen Realität, in der Friedrich Insasse einer Heilanstalt ist. Man eröffnet ihm, dass seine Frau und seine Tochter nicht mehr leben. Doch welche der beiden Welten ist die wahre ? Ein Spiel um Schein und Sein beginnt, bei der ich schon bald nicht mehr sicher war, in welcher Welt der Dichter nun lebt.

Fazit

Das sind die drei Manuskripte, die ich las und für die ich mich bei allen drei Autor*innen von Herzen bedanken möchte. Eine derartige Vielfalt zu entdecken, das hat mir große Freude bereitet.

Wofür hättet ihr euch entschieden? Was spricht euch an? Und was eher nicht?


Ein Wort an dieser Stelle noch zur Kritik, die ich für den vorhergehenden Artikel erhielt: ja, ich zitierte nur Negativbeispiele in meinem Artikel (womit ich nicht hoffe, das Selbstbewusstsein der Autor*innen in ungebührlichem Maße verletzt zu haben, aber deshalb wählte ich ja auch nur einzelne, nicht zuordenbare Zitate). Nach wie vor halte ich dieses Vorgehen für geboten, um deutlich zu belegen, warum in dieser ersten Auswahlrunde nichts für mich dabei war. Persönliche Kritik liegt mir fern und auch eine verletzende Sezierung der einzelnen Leseproben möchte ich (im Gegensatz zu anderen) nicht. Im Gegenteil, wie schon erfolgt, stehe ich auch für privates Feedback der Teilnehmer*innen zu Verfügung, solange dies meine Zeitkapazitäten nicht sprengt. Der Respekt vor der Arbeit, die in den Manuskripten steckt, ist groß. Aber manchmal passt das einfach nicht mit einem Manuskript und mir. Wie das auch des Öftern so bei Büchern der Fall ist. Umso schöner, dass ich nun trotzdem noch drei für mich passende Manuskripte entdecken konnte. In Bälde gibt es dann auch meinen favorisierten Text hier zu lesen. Man darf also gespannt sein!

Neu: das Literaturfestival Nordschwaben

Literaturfans aus Schwaben aufgepasst! Hier in Nordschwaben geht im März ein neues Literaturfestival an den Start. Mit dabei sind Größen aus der Literaturbranche und andere bekannte Namen wie Denis Scheck, Joachim Gauck, Vea Kaiser, Tom Hillenbrand oder Harald Lesch. Rund um die Städte Höchstädt, Dillingen, Donauwörth und Nördlingen wird Mitte bis Ende März das Festival über die Bühne gehen, das in unterschiedlichsten Spielstätten gastiert.

Das Logo des Literaturfestivals Nordschwaben

Oder wie es die Planer*innen des Festivals selbst ausdrücken:

Über das Literaturfestival Nordschwaben

Nach über einjähriger Vorbereitungszeit ist jetzt die Website des 1. Literaturfestivals Nordschwaben online geschaltet. Literaturinteressierte finden dort das Programm, das von 16. März bis 4. April die Landkreise Dillingen a.d.Donau und Donau-Ries erstmals zum Zentrum der Literatur in Schwaben macht. Das Literaturfestival Nordschwaben bringt renommierte deutschsprachige Autorinnen und Autoren in die Region, die aus ihren aktuellen Büchern lesen und mit dem Publikum ins Gespräch kommen. Im Dreieck zwischen Nördlingen, Dillingen und Donauwörth treten so namhafte Persönlichkeiten auf wie Harald Lesch, Joachim Gauck oder Denis Scheck. Für Spannung sorgen unter anderem Romy Hausmann, Vea Kaiser und Melanie Raabe. Mit insgesamt 14 Lesungen und einem abschließenden Tag der Regionalliteratur zeigen die Veranstalter – darunter Kulturämter, Bibliotheken, Buchhandlungen, Volkshochschulen und gemeinnützige Vereine –, wie lebendig Bücher sein können. Die Lesungen des neuen Festivals führen dabei an kulturhistorisch bedeutende Orte Nordschwabens, sowohl zu vertrauten Bühnen als auch zu Spielstätten, die es zu entdecken gilt.

Der künstlerische Leiter des Literaturfestivals Nordschwaben Dr. Thomas Kraft ist überzeugt, dass die Auseinandersetzung mit Literatur wesentlich dazu beitragen kann, das Interesse für eine Region und ihr vielfältiges Kulturangebot zu wecken und zu verstärken.

Karten zu den Veranstaltungen gibt es jeweils vor Ort oder bei den zentralen Vorverkaufsstellen unserer Partnerbuchhandlungen. Alle Informationen finden Sie unter www.literaturfestival-nordschwaben.de und dem in Kürze erscheinenden Programmheft.

Pressemitteilung des Literaturfestivals Nordschwaben

Einige der Veranstaltungen sind schon im Vorfeld ausverkauft. Ich freue mich aber auf die große Vielfalt, die den Machern da gelungen ist. Vom Krimi über den Physikvortrag bis hin zum Ex-Bundespräsidenten. Ich schau es mir auf alle Fälle einmal an – und vielleicht ihr auch, wenn ihr eh in der Gegend wohnt?