Tag Archives: Serienmörder

Stuart MacBride – Das Knochenband

Nach all den ernsten und literarisch eher anspruchsvollen Titel in letzter Zeit komme ich heute mal wieder mit einem Buchtipp daher, der allen Spannungsfans gute und simple Unterhaltung bietet (dies im Sinne dass der Krimi nicht viel mehr will als gut unterhalten – keine Nabelschau der Probleme der Welt, etc.): Das Knochenband des schottischen Autors Stuart MacBride ist der achte Band der Reihe um den Dective Inspector Logan MacRae.

Die Flipperkugel von Aberdeen

Man möchte wirklich nicht in Logan MacRaes Haut stecken. Als Interims-DI darf er sich mit den gehobenen Problemen der schottischen Bürokratie herumärgern und nebenbei an diversen Fronten kämpfen. Einige Obdachlose sind verschwunden, asiatischen Migranten werden die Knie zertrümmert – über die Identität ihrer Peiniger schweigen sie sich jedoch aus, und ein Teenagerpärchen wird vermisst. Darüberhinaus wurde ein anonymes Opfer auf einem abgelegenen Parkplatz per Necklacing getötet, erwürgt und erstochen. Viel zu tun also für Logan MacRae, der von seiner Vorgesetzten DI Steel permanent unter Druck gesetzt und herumgescheucht wird.
Neben diesen ganzen Problemen erleichtert es MacRae nicht gerade, dass die Aberdeener Unterweltgröße Wee Hamish Mowat per Testament Logan zu seinem Nachfolger auserkoren hat.
Und woher kommen die Knochenbündel, die sich immer wieder an Logans Wohnungstür finden?
Logan MacRae ist wirklich die Flipperkugel von Aberdeen. An zahlreichen Fronten muss er kämpfen, seine Vorgesetzte DI Steel, die Interne Dienstaufsicht, die Unterwelt und auch ehemalige Vorgesetzte – alle wollen etwas von Logan. Dieser muss sich meist beide Beine ausreißen, um irgendetwas gebacken zu bekommen.
Das große übergeordnete Thema dieses Buchs ist die Verfilmung des Buchs Witchfire, das Harry-Potter-ähnliche Erfolge nach Aberdeen bringen soll. Die meisten der Verbrechen, die dem Leser in Das Knochenband begegnen drehen sich um die Dreharbeitenvon Witchfire, wenngleich Stuart MacBride erst im letzten Viertel des Buchs die wahren Beweggründe für einige Verbrechen offenbart.

Krimi und Komik

Bis dahin ist man mit Logan MacRae durch ein kaltes Aberdeen gehetzt und wurde köstlich unterhalten. MacBride ist nämlich einer der wenigen Autoren, dem eine passable Mischung aus düsterem und harten Thriller mit jeder Menge Komik gelingt. Die Figuren, die seine Bücher bevölkern, sind oftmals bewusst wandelnde Klischees und ihre Dialoge und Aktionen kann man manchmal wirklich nicht ernst nehmen. Dennoch gelingt es dem Schotten, die Balance zwischen seinem Krimi und dem Spaß im Buch zu bewahren.
Auch wenn sich nicht alles komplett logisch auflöst und ein, zwei Logiklöcher den Plot durchziehen ist das Buch doch eine prima Unterhaltung für alle Krimifreunde, die auch zwischen den Seiten einmal lachen können oder wollen.

Schwankendes Veröffentlichungsformat

Schade nur das schon wieder geänderte Design der Buchreihe, die auch in ihren Veröffentlichungsformaten zwischen Hardcover, Paperback und Taschenbuch springt. Hier würde ich mir einmal mehr Kontinuität wünschen, dies bleibt wohl aber nur Wunschdenken.
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Ian Rankin – Mädchengrab

Rebus im Unruhestand

Eigentlich hatte er ihn schon in Rente geschickt, seinen inzwischen altgedienten Schnüffler John Rebus – doch dann hat sich Ian Rankin eines Besseren besonnen und Rebus reaktiviert. In seinem nunmehr 18. Fall bekommt es Rebus diesmal mit verschwundenen Mädchen und einem anderen Rankin-Protagonisten zu tun

Die verschwundenen Mädchen

http://www.randomhouse.de/Taschenbuch/Maedchengrab-Inspector-Rebus-18-Kriminalroman/Ian-Rankin/e449763.rhdEigentlich hätte es so schön sein können – entspannt alte Platten hören, in der Oxford-Bar einen Whisky schlürfen. Doch das Schicksal und die Lektorin Nina Hazlitt haben anderes mit dem Rentner im Ruhestand vor. Hazlitts Tochter verschwand vor einigen Jahren spurlos entlang der Autobahn A9 in Schottland. Sie ist davon überzeugt, dass andere Fälle mit diesem zusammenhängen und wendet sich nun an Rebus. Dieser verbringt seine Tage bei der Abteilung für ungelöste Verbrechen und kann das Ermitteln doch nicht ganz sein lassen. Erfolgreich und stur wie eh und je klemmt er sich hinter die Fährte der Verschwundenen und stößt tatsächlich schon bald auf Übereinstimmungen mit anderen Fällen. Kann es sein, dass in Schottland unerkannt mehrere Mädchen verschwanden und niemand die Zusammenhänge erkannte?

 

 

Nicht Rebus‘ stärkster Fall

Die Grundidee von Mädchengrab ist nicht die Neueste. Verschwundene Mädchen, ein unerkannt operierender Killer, ein Dezernat für ungeklärte Verbrechen. Die Zutaten, mit denen Rankin sein Süppchen kocht sind nicht mehr die frischesten. 
Für das Comeback von Rebus hätte ich mir hier etwas mehr Originalität gewünscht. Zudem sind die Ermittlungen Rebus‘ doch eher von Zufällen und dem Ermittler einfach vor die Füße fallenden Fakten geprägt.
Gerade das letzte Viertel erschien mit etwas lieblos heruntergeschrieben worden zu sein – den Showdown und die schlussendlichen Ermittlungen hat man bei Ian Rankin schon einmal stärker gelesen. Auch blieb mir Rankin das Motiv des Mörders und Hintergründe zu den Taten schuldig.
Bei aller Kritik über den Plot, dem etwas mehr Raffinesse gutgetan hätte, muss man jedoch auch sagen, dass Rebus‘ 18. Fall in der Reihe nicht der stärkste Roman sein mag, insgesamt aber solider Durchschnitt ist. Von Conny Lösch ins Deutsche übertragen ist dieses Wiedersehen mit Schottlands Ermittler No. 1 für Fans auf jeden Fall lesenswert. Allen Rebus-Neulingen würde ich empfehlen, mit früheren Bänden einzusteigen.
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Volker Kutscher – Märzgefallene

Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg

2014 jährte sich das Geschehen des Ersten Weltkriegs zum hundertsten Mal – Volker Kutscher hat dem Gedenken nun einen weiteren Roman hinzugefügt, der die Erinnerung an die damaligen Ereignisse wachhält – im Gewand eines Kriminalromans.

 

maerzgefallene„Märzgefallene“ ist der fünfte Fall, den der Berliner Kommissar Gereon Rath lösen muss. In Berlin steht die Machtergreifung der Nazis infolge des Reichstagsbrandes kurz bevor, als ein ermordeter Obdachloser entdeckt wird. Die Spuren des Mordes führen zurück in die Gräben des Ersten Weltkrieges. Bei seinen Ermittlungen gegen den Willen der neuen gleichgeschalteten Polizeispitze stößt Gereon Rath auf weitere Opfer. Verbindendes Element scheint ein Einsatz einer Gruppe von Soldaten im französischen Hinterland zu sein, die für die Aktionsplan „Alberich“ eingesetzt wurden.

Während die Nazis in ganz Deutschland die Macht übernehmen muss sich Rath auf die Suche nach einem Mörder und einem Motiv begeben. Seine Recherche führt ihn bis nach Bonn und Wuppertal, wo er den Ursprung der Mordserie ergründen will, während sich Raths Arbeitswelt in der Mordkommission drastisch ändert.

So düster wie in „Märzgefallene“ der Gereon-Rath-Serie ist bislang noch kein Titel von Volker Kutscher ausgefallen. Gelungen integriert er die damaligen Ereignisse des Reichstagsbrandes, die Machtergreifung Hitlers, Bücherverbrennung und das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums in die Krimihandlung. Eindrücklich zeigt er, wie sich die Privat- und Arbeitsverhältnisse innerhalb kurzer Zeit änderten und mit welchen Widerständen exemplarisch Gereon Rath und seine Verlobte Charly Ritter zu kämpfen hatten. Hierbei widersteht Kutscher auch der Versuchung, seinen Helden Rath moralisch zu überzeichnen. Vielmehr steht er für die eigentlich apolitisch Schweigenden, die die Lage infolge der Machtergreifung systematisch verkannten bzw. nicht erkennen wollten.

Im Moment ist die Reihe um Rath im deutschsprachigen Raum eine der besten Kriminalserie, die sowohl durch ihre Ambitionen als auch durch Inhalte besticht. Bemängeln muss ich – weniger an diesem Titel, eher generell – das sich Volker Kutscher thematisch wiederholt (schon wieder eine Mordserie in Berlin, die ihre Ursprünge in der Vergangenheit hat). Die Fälle, mit denen sich Gereon Rath herumschlagen muss, ähneln einander vom Aufbau inzwischen sehr.

In „Märzgefallene“ ist Kutscher in meinen Augen jedoch der ausgeklügeltste Plot bisher gelungen. Kein heiterer Wohlfühl-Krimi, aber eine lohnende Anschaffung, die auch noch einmal die Ereignisse des Ersten Weltkriegs wachruft und die Anfänge des Dritten Reichs anschaulich beleuchtet.

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Arne Dahl: Zorn

Mörderisches Europa

Bereits zum zweiten Mal schickt Arne Dahl sein Europol-Superteam Opcop quer durch den europäischen Kontinent (und diesmal noch viel weiter), um die Zusammenhänge zwischen mysteriösen Morden zu ergründen.

Nachdem das europäische OPCOP-Team im Debütband Gier seinen Einstand feiern durfte, geht es nun mit Zorn gleich Schlag auf Schlag weiter.

Mit dem Selbstmord eines Schönheitschirurgen in Belgien nimmt alles seinen Lauf. Dieser beging nur vermeintlich Suizid, denn wie das Team unter Leitung von Paul Hjelm herausfindet ist alles deutlich komplizierter.
Zudem sterben in Stockholm in einer Kneipe mehrere Menschen und es hat darüberhinaus den Anschein, dass ein Serienkiller europäische Inseln besuchen und sich dort seine Opfer suchen würde.

Das OPCOP-Team zum Zweiten

An vielen Baustellen wird das OPCOP-Team wieder gefordert, das sich dem Kampf gegen das internationale Verbrechen stellen muss. Die supranational gecasteten Polizist*innen müssen an verschiedenen Fronten kämpfen und teils hohe Preise für ihren Einsatz zahlen. Dafür wird der Leser des Thrillers abermals mit einem durchaus spannenden Roman belohnt!

Arne Dahl -Zorn (Cover)

Ähnlich wie im ersten Band braucht der Leser ein gutes Gedächtnis, um den Überblick über zahllose Charaktere, Handlungsstränge und Orte zu behalten. Wem dies gelingt wird mit einem Thriller der belohnt, der spannend ist, aber nicht die Klasse des Auftaktbandes erreicht.

So muss sich Arne Dahl immer den Vorwurf der konstruierten Handlungen gefallen lassen – auch dieses Buch macht in dieser Hinsicht keine Ausnahmen. So sind es hier (ohne zu viel verraten zu wollen) zwei gedungene Mörder, die Hjelm und seinem Team das Leben schwer machen. Schnelle Handlungsstränge, hinterhältige Mörder und dazu eine Sprache, die sich vom Gros der Thrillerautoren abhebt. Das sind die Zutaten, aus denen Arne Dahl sein Spannungssüppchen köchelt. Wie bereits bei der zehnbändigen A-Team-Reihe stattet er jeden der internationalen Polizisten mit eigenen Persönlichkeiten und Stimmen aus, lässt in Zwischensequenzen den Leser lange im Dunkeln tappen und überrascht schlussendlich mit einigen Twists.

Dies kann dem einen oder anderen Leser durchaus zu viel werden oder man könnte sich an manchen Formulierungen des Schweden (respektive der etwas lieblosen Übersetzung durch Antje Rieck-Blankenburg) stören. Das Bild, das am Ende von Zorn steht, ist mit dem Adjektiv komplex wahrlich noch untertrieben. Arne Dahl schafft es erneut, ein Abbild der heutigen länderübergreifenden Kriminalität zu zeichnen, dass sowohl anspruchsvoll als auch höchst spannend ist. Allerdings operiert der Schwede in diesem Band für meinen Geschmack jenseits von Glaubwürdigkeit und Realismus. In der Retrospektive aller vier Quartettbände in meinen Augen der schwächste der Reihe, der an den Haaren herbeigezogen wirkt. Schon im nächsten Band der Reihe Neid allerdings setzt Dahl dann wieder zu einer deutlich gehobenen Flughöhe an.

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