Kurz vor Weihnachten versorgen uns die Verlage traditionell mit neuen Vorschauen der Bücher, die im Frühjahr erscheinen. So auch dieses Jahr, weshalb ich aus den Programmen wieder eine kleinen Zusammenschau mit Titeln erstellt habe, auf die ich mich besonders freue. Quer durch alle Genres, Sprachen und Verlage hindurch – vielleicht ist ja auch für den ein oder anderen Mitlesenden hier etwas Passendes dabei :
Andrea Tompa – Omertá (aus dem Ungarischen von Terzía Mora, Suhrkamp). Richard Wright – Der Mann im Untergrund (aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence, Kein&Aber). Jonathan Lee – Der große Fehler (Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence, Diogenes). Patrick Findeis – Paradies und Römer (Liebeskind). Sarah Crossan – Verheizte Herzen (aus dem Englischen von Maria Hummitzsch, KiWi).
Mariana Enriquez – Unser Teil der Nacht (aus dem Spanischen von Inka Marter und Silke Kleemann, Klett Cotta). Yade Önder – Wir wissen, wir könnten, und fallen synchron (KiWi). Doug Johnstone – Eingeäschert (aus dem Englischen von Jürgen Bürger, Polar Verlag). Melissa Harrison – Weißdornzeit (aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence, Dumont). Ann Petry– The Narrows (aus dem Englischen von Pieke Biermann, Nagel & Kimche).
Jackie Polzin – Brüten (aus dem Englischen von Nikolaus Stingl, dtv). Peter Heller – Die Lodge (aus dem Englischen von Marlene Fleißig, Nagel&Kimche). Diego Zuniga – Camanchaca (aus dem Spanischen von Luise von Berenberg, Berenberg). Leila Mottley – Nachtschwärmerin (aus dem Englischen von Yasemin Dincer, Ecco). Berit Glanz – Automaton (Berlin-Verlag).
Vendela Vida – Die Gezeiten gehören uns (aus dem Englischen von Monika Baark, Hanser Berlin). Mirjam Wittig – An der Grasnarbe (Suhrkamp). Stefan Hertmans – Der Aufgang (aus dem Niederländischen von Ira Wilhelm, Diogenes). Jane Gardam – Mädchen auf den Felsen (aus dem Englischen von Isabell Bogdan, Hanser). Deb Olin Unferth – Happy Green Family (aus dem Englischen von Barbara Schaden, Wagenbach).
Guillermo Arriaga – Das Feuer retten (aus dem Spanischen von Matthias Strobel, Klett-Cotta). Charlotte McConaghy – Wo die Wölfe sind (aus dem Englischen von Tanja Handels, S.Fischer). David Mitchell – Utopia Avenue (aus dem Englischen von Volker Oldenburg, Rowohlt). Sarah Orne Jewett – Deephaven (Aus dem Englischen von Alexander Pechmann, Mare). Adania Shibli – Eine Nebensache (aus dem Englischen von Günther Orth, Berenberg).
Ilse Molzahn– Der schwarze Storch (Wallstein). Francesca Reece – Ein französischer Sommer (aus dem Englischen von Juliane Gräbener-Müller und Tobias Schnettler, S. Fischer). Djaimilia Pereira de Almeida – Im Auge der Pflanzen (aus dem Portugiesischen von Barbara Mesquita, Unionsverlag). Francis Spufford – Ewiges Licht (aus dem Englischen von Jan Schönherr, Rowohlt). Wolf Haas – Müll (HoCa).
Markus Gasser – Die Verschwörung der Krähen (C.H. Beck). Leonardo Padura – Wie Staub im Wind (aus dem Spanischen von Peter Kultzen, Unionsverlag). Greg Buchanan – Sechzehn Pferde (aus dem Englischen von Henning Ahrens, S. Fischer). Fatma Aydemir – Dschinns (Hanser). Virginia Woolf – Mrs. Dalloway (aus dem Englischen von Melanie Walz, Manesse).
Dantiel W. Montiz – Milch, Blut, Hitze (aus dem Englischen von Claudia Arlinghaus und Anke Caroline Burger, C. H. Beck) Deesha Philyaw – Church Ladies (Ars Vivendi). Claire Keegan – Kleine Dinge, wie diese (aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser, Steidl). Lucy Fricke – Die Diplomatin (Claassen). Polly Samson – Aus Freundlichkeit (aus dem Englischen von Bernhard Robben, Ullstein).
Irena Vallejo – Papyrus: die Geschichte der Welt in Büchern (aus dem Spanischen von MariaMeinel und Luis Ruby, Diogenes), Henriette Valet – Madame 60a (aus dem Französischen von Norma Cassau, Verlag das Kulturelle Gedächtnis) Dominique Fortier – Städte aus Papier: vom Leben der Emily Dickinson (aus dem Französischen von Bettina Bach, Luchterhand). Timo Feldhaus – Mary Shelleys Zimmer (Rowohlt). Jacob Ross – Die Knochenleser (aus dem karibischen Englisch von Karin Diemerling, Suhrkamp).
Man mag sich eingedenk der immer im niedrigen zweistelligen Bereich stagnierenden Temperaturen noch gar nicht damit befassen: aber die Verlage legen schon fleißig ihre Programme für den Herbst/Winter 2021 vor. Ich habe mich deshalb drangemacht, die Programme zu sichten und spannende Titel aus den Programmen herauszusuchen. Dabei muss ich konstatieren, dass ich im Vergleich zu den kommenden Programmen das Frühjahrsprogramm der meisten Verlage deutlich stärker fand. Ausnahme allerdings der Dumont-Verlag, bei dem ich auch gleich unbesehen das komplette Programm geordert hätte. Aber nun eins nach dem anderen. Worauf kann man sich freuen?
2020 war Maaza Mengiste mit Der Schattenkönig für den Booker Prize nominiert. Nun gibt es das Buch ab September in der Übersetzung von Patricia Klobusiczky und Brigitte Jakobeit im dtv-Verlag zu lesen. Darin erzählt sie vom Einmarsch Mussolinis in Äthiopien 1935 und den Konsequenzen, die dieser Einmarsch für die Bevölkerung hatte.
Middle England war eines meiner großen Buchhighlights im letzten Jahr. vor zwei Jahren. Nun gibt es mit Mr. Wilder & Ich Neues von Jonathan Coe zu entdecken. Darin dreht sich alles – wer hätte das gedacht, um Billy Wilder und dessen vorletzten Dreh im Sommer 1976 auf einer griechischen Insel.
Apropos Buchhighlights: Auch Offene See war ein großer Überraschungshit aus dem letzten Jahr, mit dem mich Benjamin Myers überzeugen konnte. Auch von ihm gibt es ab September mehr zu lesen. Dann erscheint Der perfekte Kreis im Dumont-Verlag.
Indien ist ein Land, aus dem ich bislang fast überhaupt keine Literatur konsumiert geschweige denn hier vorgestellt hätte. Ab September könnte sich das hier in der Buch-Haltung ändern, denn dann erscheint In Flammen von Megha Majumdar, in dem sie einen Blick auf das aktuelle Indien und seine Probleme wirft.
Und auch von Hari Kunzru gibt es Neues zu lesen. Seine beiden Romane White Tears waren und Götter ohne Menschen waren beides echte Highlights. Nun legt der Liebeskind-Verlag nach und präsentiert im August Red Pill, das nach einem verschrobenen und außergewöhnlichen Buch klingt. Ein amerikanischer Schriftsteller am Wannsee in Berlin, Kleist, eine brutale Fernsehserie und ein Agitator, um das und mehr soll es darin gehen.
Im Herbst vergangen Jahres waren sowohl Internet als auch englischsprachige Feuilletons übervoll ob des Lobes für Douglas Stuarts Shuggie Bain, das dann auch den Booker Prize erhielt. Ob die Lobeshymnen gerechtfertigt waren, will ich mir ab August genauer ansehen. Dann erscheint der Roman bei Hanser Berlin in der Übersetzung von Sophie Zeitz.
Wenn wir schon beim Hanser-Verlag sind: aufhorchen hat mich auch diese Ankündigung lassen. Im September erscheint von K-Ming Chang der Roman Bestiarium. Darin erzählt sie von einer taiwanesischen Einwandererfamilie und ihrem Ankommen in Amerika über verschiedene Generationen. Generell fällt der starke Fokus auf asiatische Erzählstimmen in den Herbstprogrammen auf (Kim Thuy, Zhou Haohui, Khué Pham, etc.)
Transgenerationale Konflikte und Traumata spielen auch bei Lukas Rietzschel eine Rolle. Er ist mit Verlegerin Barbara Laugwitz von Ullstein zum dtv-Verlag gewechselt und präsentiert dort nach Mit der Faust in die Welt schlagen seinen zweiten Roman Raumfahrer. Das Ganze gibts ab Juli zu lesen.
Eine kleine Sensation gibt es im Frankfurter Schöffling-Verlag zu bewundern. Diese haben sich um die Wiederentdeckung Gabriele Tergits verdient gemacht. Und nun liegt mit So war’s eben erstmals ein Familienroman aus dem Tergit’schen Nachlass vor, der einen Bogen von 1898 bis in die 50er Jahre spannt und von Flucht, Vertreibung und Kriegen erzählt.
Ein Familienroman erscheint auch im August im Diogenes-Verlag. Hier debütiert Caroline Albertine Minor mit Der Panzer des Hummers. Darin erzählt die dänische Autorin von drei unterschiedlichen Geschwistern, die sich auseinandergelebt haben und völlig unterschiedliche Lebensansätze verfolgen. Ursel Allenstein liefert die Übersetzung.
Zwei Bücher gibt es von Claire Fuller bislang auf Deutsch, zweimal waren es Volltreffer. Auf ihre neues Buch freue ich mich deshalb sehr. Unsere unendlichen Tage soll eine Fabel in der Tradition von Marlen Haushofer sein, angesiedelt im Bayerischen Wald. Die Ankündigung und das bisherige Oeuvre Fullers machen mich auf alle Fälle neugierig.
Mögen die „alten, weißen Männer“ schon zu einem etwas tendenziösen Begriff geworden sein, gibt es nun dank des DuMont-Verlags und der Übersetzerin Monika Köpfer nun Mittelalte Männer zu entdecken. Geschrieben hat Richard Russo dieses Buch eigentlich schon 1997, nun liegt es aufgrund seines zunehmenden Erfolgs erstmals auf Deutsch vor.
Wenn die Inhaltsbeschreibung des folgenden Buchs nicht nach Breitwandpanorama klingt, dann weiß ich auch nicht. In Wie viel von diesen Hügeln ist Gold erzählt C Pam Zhang von zwei chinesischen Waisenkindern. Diese befinden sich auf der Flucht durch die Prärie, da sie ihren Vater nach althergebrachtem Ritus bestatten möchten.
Ein Buch über eine Bibliothekarin und ihren Arbeitsplatz, der von einer Schließung bedroht ist? Eine Hommage an das Lesen und die skurrilen Kund*innen, die Bibliotheken so besuchen? Ich bin auf alle Fälle mit dabei, wenngleich Cover und Kurzbeschreibung etwas Kitsch und RomCom-Flair versprühen. Aber ein bisschen Eskapismus ist ja auch mal ganz schön. Die letzte Bibliothek der Weltvon Freya Sampson erscheint im August bei DuMont.
Neues gibt es auch von Andreas Pflüger. Seine Trilogie um die blinde Ermittlerin Jenny Aaron zählt zu dem besten, was die deutsche Spannungsliteratur in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Nun gibt es mit Ritchie Girl einen neuen Roman des Drehbuchautors zu lesen, der darin ins Nachkriegsdeutschland entführt und vom Vergessen, Spionage und Neuanfang erzählt. Ab September bei Suhrkamp.
Erfreulich ebenso diese Ankündigung aus dem Hause C. H. Beck.: Nach Alles Licht, das wir nicht sehen, das 2014 erschien, gibt es nun erstmalig etwas Neues von Anthony Doerr zu lesen. Wolkenkuckuckslandheißt das neue Buch des amerikanischen Autors. Der Verlag bewirbt es als ein Buch dreier über die Zeit hinweg verbundener Geschichten im Stile des „Wolkenatlas“ von David Mitchell. Mehr braucht es für mich nicht, als dass das Buch hoch oben auf meinem Zettel steht.
Ein weiteres hochinteressantes Buch scheint mir dieses zu sein: María José Ferrada erzählt in Kramp die Geschichte eines Eisenwarenvertreters, der seine Tochter mit auf seine Touren nimmt. Das wäre an sich nicht besonders erzählenswert, würde es sich nicht um den Schauplatz Chile Anfang der 80er Jahre handeln. Die Hochzeit der Pinochet-Diktatur also. Ab Ende August ist das Buch in der Übersetzung von Peter Kultzen bei Berenberg beziehbar.
Steven Hall erzählt in Maxwells Dämonen von dem Autor Thomas Quinn, der das Gefühl hat, von einer Romanfigur verfolgt zu werden. Diese entstammt einem Krimi, den sein Mentor einst schrieb, ehe er spurlos verschwand. Was hat es mit Maxwells Dämonen auf sich? Ab Oktober lässt es sich erfahren.
Spannend auch die Geschichte von Alexander Wolff, der der Enkel des legendären Verlegers Kurt Wolff ist. Er zog für ein Jahr nach Berlin, um dort die schillernde Geschichte seiner Familie zu ergründen. Nachlesen lässt es sich ab September in Das Land meiner Väter (erscheint bei DuMont)
Und Eva Menasse erzählt von der Geschichte und der großen Politik anhand eines kleinen österreichischen Dorfs. Dunkelblum heißt das Werk und wird im August bei Kiepenheuer & Witsch erscheinen.
Für seinen Roman Die Anomalie erhielt Hervé Le Tellier im letzten Jahr den Prix Goncourt. Nun gibt es seinen Roman in der Übersetzung von Romy und Jürgen Ritte ab August auch auf Deutsch zu lesen. Der Verlag verspricht etwas eigenwillig eine Mischung aus Thriller, Komödie und großer Literatur (warum das eine das andere ausschließen sollte, das will mir nicht so richtig ein).
Mit Wie schön wir waren gibt es Neues von Imbolo Mbue zu lesen. 2017 erschien ihr erster Roman auf Deutsch: Das geträumte Land. In ihrem zweiten Roman erzählt sie von einem ausgebeuteten afrikanischen Dorf, das sich gegen übermächtige Gegner zur Wehr setzt.
Interessant klingt auch dieses Debüt von Stefanie vor Schulte, das mich durch den Klappentext etwas an Charles Lewinskys Der Halbbart erinnerte: Junge mit schwarzem Hahn. Ab August im Diogenesverlag erhältlich.
Ein weiterer vielversprechender Titel auf meiner Liste ist der Roman Wenn wir heimkehren von Andrea Heuser. In diesem Gesellschaftsroman geht es zurück in die 50er Jahre in der alten Bundesrepublik. Auch dieser Roman erscheint im August.
Von diesem Monument (laut André Aciman im Range eines James Joyce, so der Kampa-Verlag in seiner Werbung) habe ich noch nichts gehört. Das Alexandria-Quartett von Lawrence Durrell stellt in vier Bücher vier unterschiedliche Menschen in den Mittelpunkt, deren Erinnerungen an Alexandria in den 30er-Jahren miteinander verbunden sind. Ein Schuber, fast 1300 Seiten – ich bin mehr als neugierig!
Eine Wiederentdeckung bietet der Weidle-Verlag im Herbst. Hier präsentiert Verleger Stefan Weidle den letzten Roman von Theodor Wolff namens Die Schwimmerin. Das Buch wird als Berlin-Roman, Nachruf auf die Weimarer Republik, Liebes- und Sozialgeschichte angekündigt. Und schon alleine das von Kat Menschik gestaltete Retro-Cover ist es wert, sich dieses Buch einmal genauer anzusehen.
Und auch auf diesen Roman bin ich sehr gespannt: Te-Ping Chen präsentiert in Ist es nicht schön hier zehn Geschichten, die vom modernen China erzählen. Menschen, die verhaftet werden, Gamer, Träumer und noch mehr gibt es in diesem Roman zu entdecken.
Emiliy St. John Mandel erzählt in Das Glashotel eine Geschichte, die in einem Luxushotel an der Küste Kanadas spielt. Dort beschließt eine Barkeeperin, mit einem Hotelgast, einem reichen Investor, nach New York aufzubrechen. Übersetzt von Bernard Robben gibt es das Buch ab August bei Ullstein.
Von Colson Whitehead gibt es auch Neues zu lesen. In Harlem Shuffle erzählt er die Geschichte eines Mannes, der eine Doppelexistenz führt. Denn obschon er ein anständiges Leben anstrebt, muss er sich doch auch als Hehler in Harlem verdingen, um sein Auskommen zu sichern.
Und auch auf dieses Debüt bin ich gespannt: Rumaan Alam erzählt von einer Familie, die einen Urlaub in einem Ferienhaus auf Long Island verbringen will. Doch plötzlich steht Inmitten der Nacht ein schwarzes Ehepaar vor der Tür, die behaupten, dass an der Ostküste alles im Dunkeln liege und das Haus ihnen gehöre. Wem kann die Familie trauen?
Neue Krimis
Einer der ungewöhnlichsten Krimis der letzten Zeit stammt von Stuart Turton. Dieser ist nun mit Der Tod und das dunkle Meer zurück. Und auch dieses Setting klingt wieder ungewöhnlich und spannend: wir sind nämlich im Jahre 1634 an Bord eines Schiffs von Batavia nach Indonesien. An Bord soll der Teufel umgehen, es kommt zu mysteriösen Mordfällen und an Bord ist ein Ermittler, der sich eigentlich auf dem Weg zu seiner Hinrichtung befindet.
Was Krimiunterhaltung an der Grenze zwischen Trash und Ernst anbelangt, ist Candice Fox eine echt Größe. Präzise wie ein Uhrwerk legt sie Jahr für Jahr einen Thriller vor. Dieses Jahr ist es das Buch 606, das mich etwas an den Harrison Ford-Klassiker Auf der Flucht erinnert. Nach einem Gefängnisausbruch ist einer der Insassen unterwegs, seine Unschuld zu beweisen. Gejagt wird er von einer Gefängnisaufseherin, die mit ihm noch eine Rechnung offen hat.
Im Atrium-Verlag erscheint ein Debüt, das ich mir auch gleich auf meinen Merkzettel notiert habe. Die Stille des Bösenvon Kyle Perry entführt in die Wildnis Tasmaniens. Dort ist eine Gruppe Jugendlicher verschwunden, wie dies in den 80er Jahren schon einmal passiert ist.
Und auch der Polar-Verlag liefert zuverlässig wieder neue Stimmen und Plots. Mit Black Water Rising veröffentlicht der Verlag nun das Debüt von Attica Locke, die für ihre Krimis viel Lob und Aufmerksamkeit erhielt. Das Buch spielt in den Sümpfen der Bayous im Jahre 1981 und erzählt von eine ehemaligen Black Power-Aktivisten.
Apropos Unabhängige Verlage: auch der im fränkischen Cadolzburg beheimatete Ars Vivendi-Verlag bietet immer wieder Entdeckungen fernab des Mainstream. Nun erscheint dort von Ivy Pochoda ein neuer Roman. Diese Frauen dreht sich um die Opfer eines Serienkillers in Los Angeles, an deren Schutz und Schicksal die Polizei wenig Interesse hegte.
Neue Sachbücher
Von Büchern über Bibliotheken, Buchhandlungen und das Lesen kann ich ja nicht genug bekommen. Umso schöner, dass der DuMont-Verlag nachlegt und mitVom Glück, zu lesen ein weiteres Buch dieses Genres vorlegt. Darin erzählt Martin Latham von der Liebe zu Büchern und präsentiert eine Geschichte von Buchhandlungen und Buchleidenschaft.
Spannend auch dieses Buch aus dem ersten Programm des neugegründeten Kanon-Verlags. Kirsty Bell erzählt in Gezeiten der Stadt eine Geschichte Berlins, irgendwo zwischen Memoir, Stadtbild und Kulturgeschichte, so die Ankündigung im Katalog des Verlags. Ich bin auf alle Fälle interessiert.
Und auch dieses Buch klingt sehr vielversprechend: Oliver Lubrich geht in Humboldt oder Wie das Reisen das Denken verändert den einzelnen Expeditionen Alexander von Humboldts nach. Er beschreibt wie diese Reisen das Denken dieses großen Gelehrten änderten, neue Einsichten bescherten und seinen Kosmos weiteten. Als Fan von Andrea Wulffs Biografie und der Beschreibung Jürgen Goldsteins ist dieses Buch Pflichtprogramm für mich!
Wer sind wir Deutschen eigentlich? Immer wieder gibt es im C. H. Beck-Verlag dazu interessante Bücher, geschrieben etwa von Christopher Clark. Ein ähnliches Lese- und Ideenerlebnis erhoffe ich mir von folgendem Titel: Deutschland – Geschichte einer Nation von Helmut Walser Smith.
Und dann noch zu einem Genre, das schon fast ausgestorben schien: der Arbeiterroman. Ein ebensolcher erscheint bei Matthes & Seitz Berlin im September, geschrieben von Joseph Ponthus. In seinen Aufzeichnungen Am laufenden Band erzählt er von seiner Arbeit in den Fischfabriken und Schlachthöfen der Bretagne. Es ist sicherlich spannend, auch diese Milieus mal wieder in der Literatur vertreten zu sehen. Berlinromane und Coming of Age gibt es ja wahrlich schon genug.
So viel zu meinen Vorschautiteln, die weit oben auf meiner Merkliste rangieren. Gibt es Titel, auf die ihr euch besonders freut oder Titel aus meiner Vorstellung, die euch besonders ansprechen?
Das alte Jahr neigt sich zur Neige. Die Verlage beschenken uns mit neuen Vorschauen für das Frühjahr 2021. Und ich habe wieder zahlreiche Bücher aus den Katalogen herausgepickt. Bücher, auf die ich mich freue, darunter Wiederentdeckungen, neue Stimmen, Memoirs, Sachbücher, Krimis, Gesellschaftsromane. Ein hoffentlich vielstimmiges Allerlei. Die Verlinkungen der Überschriften führen euch auf die Seiten der Verlage und bieten vertiefende Infos über die Bücher.
Und wenn euch ein oder mehrere Bücher interessieren – kauft sie doch bitte bei den Buchhandlungen vor Ort. Das macht Innenstädte bunter, gibt Arbeit und sichert kulturelle Vielfalt. In diesem Sinne – viel Spaß!
Die ruhigen Tage scheinen gezählt in der kleinen Baptistengemeinde „Five Ends“ im Süden Brooklyns. An einem warmen Septembertag im Jahr 1969 tritt der alte Diakon Cuffy Lampkin, genannt „King Kong“, mit einer Waffe auf den zentralen Platz seines Sozialbauviertels, hält sie vor aller Augen dem hiesigen Drogendealer ins Gesicht – und drückt ab. Ausgerechnet King Kong, der keiner Fliege etwas zuleide tun kann. Wie konnte es dazu kommen? Schnell zeigt sich, dass sich die Schicksale aller Gemeindemitglieder – der Afroamerikaner wie der Latinos, der abgehalfterten Mafiosi wie der korrupten Cops – in dieser unvorstellbaren Tat überkreuzen. Und dass himmlische Gerechtigkeit und Strafe manchmal eine ziemlich irdische Angelegenheit sind…
Bass Rock, eine unbewohnte Felseninsel vor der schottischen Küste, wirft seit Jahrhunderten ihren Schatten auf das Festland und seine Bewohner. Neu unter ihnen: Ruth Hamilton, die in den Jahren nach dem Krieg mit ihrem Mann und zwei Stiefsöhnen in ein zugiges Landhaus an der Küste zieht. Sie zum ersten Mal schwanger und zunehmend auf sich allein gestellt: die Stiefkinder im Internat, der Mann für Wochen in seiner Londoner Kanzlei. Als Großstädterin hadert Ruth mit der Abgeschiedenheit und auch mit den sonderbaren Gebräuchen der einheimischen Gesellschaft. Ein Strandpicknick mitten im Winter? Die eigenartig kostümierten Frauen? Ruth passt sich an, ein wenig. Bis sie begreift: Das hier passiert nicht nur ihr. Es ist ein altes Spiel. Sie wird es nicht gewinnen…
Ann Petry – Country Place (Nagel&Kimche)
Eine Wiederentdeckung, auf die ich mich besonders nach dem großartirgen The Street von Ann Petry sehr freue. Ein kleiner Ort in Connecticut: Johnnie kommt aus dem Zweiten Weltkrieg zurück. Die Kleinstadt ist nicht das Idyll, zu dem Johnnie sie in seiner Sehnsucht gemacht hat – ebenso wenig wie Glory die wunderbare Ehefrau ist, die Johnnie in ihr sehen wollte, wie er nach und nach erkennen muss. Johnnie empfindet sich nicht nur als Kriegsveteran, sondern auch als Veteran »des nicht enden wollenden Kampfes zwischen denen, die zu Hause blieben, und denen, die weggingen«. In der Folge blickt Ann Petry hinter die Kulissen des Dorfs und zeigt ein unbarmherziges Städtchen, das auch Johnnie anders in Erinnerung hatte.
Ein Dorf in den Bergen Korsikas, Mitte der 1980er-Jahre. Als die 16-jährige Florence tot im Pinienwald gefunden wird, ist ein Schuldiger schnell ausgemacht: Antoine Orsini, der Dorftrottel, dem die Walnussbäume näher sind als die Menschen und der ein Diktiergerät seinen besten Freund nennt. Jahre später hat er seine Haftstrafe abgesessen und kehrt zurück. Noch immer spricht im Dorf niemand mit ihm, und so streift Antoine allein umher und berichtet einem roten Plastikstuhl davon, was damals wirklich geschehen ist. Ruppig und mit eigenwilliger Sinnlichkeit erzählt ein einfacher Mann seine Geschichte. Und die Geschichte einer Dorfgemeinschaft, die so erbarmungslos ist wie die korsische Sonne.
In einer kleinen Wohnung am Rande der Metropole Seoul lebt Kim Jiyoung. Die Mitdreißigerin hat erst kürzlich ihren Job aufgegeben, um sich um ihr Baby zu kümmern – wie es von koreanischen Frauen erwartet wird. Doch schon bald zeigt sie seltsame Symptome: Jiyoungs Persönlichkeit scheint sich aufzuspalten, denn die schlüpft in die Rollen ihr bekannter Frauen. Als die Psychose sich verschlimmert, schickt sie ihr unglücklicher Ehemann zu einem Psychiater. Nüchtern erzählt eben dieser Psychiater Jiyoungs Leben nach, ein Leben bestimmt von Frustration und Unterwerfung.
Für eine Dissertation über das Leben auf dem Land im 21. Jahrhundert zieht der Pariser Anthropologe David aufs Dorf, um Sitten und Bräuche der Landbevölkerung zu beobachten. Die Stille, die ständige Anwesenheit von Tieren aller Art, vor allem aber die überraschende Unangepasstheit sämtlicher Dorfcharaktere ziehen ihn in ihren Bann, und bald ist er viel involvierter in das Landleben, als er es sich je hätte träumen lassen.
Missouri, 1985: Um vor den Problemen zu Hause zu fliehen, nimmt der fünfzehnjährige Sam einen Ferienjob in einem alten Kino an. Und einen magischen Sommer lang ist alles auf den Kopf gestellt. Er findet Freunde, verliebt sich und entdeckt die Geheimnisse seiner Heimatstadt. Zum ersten Mal ist er kein unscheinbarer Außenseiter mehr. Bis etwas passiert, das ihn zwingt, erwachsen zu werden.
Sharon Doduas Otoos Debütroman wandelt auf den Spuren von Virginia Woolfs Orlando. Ada ist nicht eine, sondern viele Frauen: In Schleifen bewegt sie sich von Ghana nach England, um schließlich in Berlin zu landen. Sie ist aber auch alle Frauen, denn die Schleifen transportieren sie von einem Jahrhundert zum nächsten. So erlebt sie das Elend, aber auch das Glück, Frau zu sein, sie ist Opfer, leistet Widerstand und kämpft für ihre Unabhängigkeit.
Als Sohn eines Farmers hat August früh erfahren, was stilles Glück bedeutet. Bei der Arbeit kommt er zu sich. Kühe melken, Heu machen, die Geräte im Schuppen reparieren. Doch seine Mutter wünscht sich schon lange etwas anderes, nicht nur für ihn, und er muss nach der Scheidung mit nach Montana. Ein neues Leben, eine neue Landschaft erstreckt sich nun vor ihm. Zum ersten Mal begegnet August einer majestätischen Natur, der Freiheit, der Sehnsucht. Bloß brauchen diese Geschenke, wie alles in seinem Leben, Zeit und Kraft, und als er sich einlässt auf die falschen Freunde, auf unerreichbare Frauen, droht August in den Weiten und Träumen und Widersprüchen dieses Landes verloren zu gehen.
Isaac Rosa – Glückliches Ende (Liebeskind)
Auch wenn jede unglückliche Ehe auf ihre eigene Weise unglücklich ist, gleichen sie einander. Die Geschichte von Ángela und Antonio geht wie die vieler Paare: Sie verlieben sich, leben einen Traum, haben Kinder, werden in den Mühlen des Alltags zerrieben, bringen irgendwann nicht mehr die Kraft und die Geduld auf, sich auf den anderen einzulassen, Misstrauen und Eifersucht machen sich breit … Nach ihrer Trennung stellen sich Ángela und Antonio verzweifelt die Frage, wie es so weit hatte kommen können. Abwechselnd ergreifen sie das Wort, um ihre gescheiterte Ehe einer Autopsie zu unterziehen. Jeder erzählt von der schleichenden Erosion der Liebe, von verlorenen Träumen und den sich verändernden Lebensbedingungen. Und von den unzähligen Versuchen, der eigenen Unzulänglichkeit Herr zu werden und über die des anderen hinwegzusehen …
Ferdinand Desoto hatte Pizarro nach Peru begleitet, dem Inkakönig Schach und Spanisch beigebracht, dessen Schwester geschwängert und mit dem Sklavenhandel ein Vermögen gemacht. Er war bereits berühmt, als er 1538 eine große Expedition nach Florida startete, die eine einzige Spur der Verwüstung durch den Süden Amerikas zog. Knapp fünfhundert Jahre später klagt ein New Yorker Anwalt im Namen aller indigenen Stämme auf Rückgabe der gesamten USA an die Ureinwohner.
Als W. 1790 beim Leipziger Perückenmacher Knobloch in die Lehre eintritt, ist er gerade mal zehn Jahre alt; die Mutter an der Schwindsucht gestorben, der Vater ein Trinker, der Rasiermesser und Schere nicht mehr sicher führen kann. Doch nicht immer kann W. sich nur auf seine Arbeit konzentrieren, denn manchmal kommt die Stieftochter des Perückenmachers zu Besuch, und als er sie heimlich beim Waschen belauert, packt ihn zum ersten Mal das Begehren. Die Lust am Herumschleichen und Hinterherspionieren wird ihn sein Leben lang nicht loslassen. Nicht während seiner Wanderjahre, in denen er sich in diversen Stellungen verdingt, und nicht als Soldat im Krieg, der ihn durch ein versehrtes Europa treibt. Als W. Jahre später in Leipzig die mittlerweile verwitwete Johanna Woost wiedertrifft, wird es ihm zum Verhängnis.
Dorothy West – Die Hochzeit (HoCa)
Shelby und Meade wollen heiraten. Doch in dem elitären Zirkel auf Martha’s Vineyard sind nicht alle mit der Verbindung einverstanden. Denn Shelby stammt aus einer Schwarzen Familie – und Meade ist weiß.
Ausgehend von einem Sommertag erzählt Dorothy West aus dem Leben von fünf Generationen einer Schwarzen Familie. Die junge Shelby, Augapfel der Schwarzen Gemeinschaft auf der Insel Martha’s Vineyard, will den New Yorker Jazzpianisten Meade heiraten. Doch Meade ist weiß und hat in den Augen der Familie Cole wenig zu bieten. Sollte es nicht lieber ein Mann aus den eigenen Reihen sein? Die Insel-Gemeinde besteht aus einem elitären Zirkel der Schwarzen Bourgeoisie. Die Angst vor Veränderung ist hier groß, und sie trägt ihre Wurzeln in langen Jahren der Unterdrückung. Doch am Ende muss Shelby die Entscheidung treffen, ob sie ihrem Herzen folgt, und wohin es sie führt.
Es ist eine richtig gute Party. Es ist voll, die Musik ist laut, die Drinks sind kalt. Emira ist aufgestylt und feiert richtig ab. Da bekommt die Afroamerikanerin einen Anruf von Alix. Ob sie wohl spontan auf die kleine Briar aufpassen könne? Emira liebt Briar, und sie braucht den Job als Babysitterin. Wenig später hängen die beiden in einem riesigen Supermarkt ab und albern herum. Doch einer der Sicherheitsleute macht ihnen Stress. Eine junge Schwarze, mit einem kleinen weißen Mädchen? Es kommt zu einem Tumult. Der Mann unterstellt Emira, Briar entführt zu haben, Kunden mischen sich ein, ergreifen Partei, jemand filmt das Ganze. Alix versucht in den folgenden Wochen „die Sache mit dem Supermarkt“ wieder gut zu machen. Doch wie sie es auch anfängt, es geht alles immer schief. Dabei hat sie doch so gute Absichten! Die Dinge werden nicht weniger kompliziert, als das Supermarkt-Video online und viral geht.
Manchester, 1867. Im Morgengrauen hängen die Rebellen. Die englische Polizei wirft ihnen vor, die ›Fenians‹, irische Unabhängigkeitskämpfer, zu unterstützen. Eine gefährliche Machtgeste seines Vorgesetzten, findet Constable James O’Connor, der gerade aus Dublin nach Manchester versetzt wurde. Einst hieß es, er sei der klügste Mann der Stadt gewesen. Das war, bevor er seine Frau verlor, bevor er sich dem Whiskey hingab. Mittlerweile rührt er keinen Tropfen mehr an. Doch jetzt sinnen die ›Fenians‹ nach Rache. Der Kriegsveteran Stephen Doyle, amerikanischer Ire und vom Kämpfen besessen, heftet sich an O’Connors Fersen. Ein Kampf beginnt, der O’Connor tief hineinzieht in einen Strudel aus Verrat, Schuld und Gewalt.
Stefanie und Richard, Vera und Alec haben Berlin hinter sich gelassen, sie leben jetzt in New York und gönnen sich mit den Kindern einen langen August an den Stränden der Hamptons. Aber schon bald wissen sie nicht mehr, wie es weitergehen soll. Zwischen den luxuriösen Sommerhäusern auf Long Island zieht ein Mann seine Kreise, der den Superreichen inneres Wachstum verkaufen will. Dazu ist jedes Mittel recht, von den Sekreten exotischer Frösche bis zu mystischer Morgengymnastik. In Stefanie findet er eine enthusiastische Anhängerin – und das löst gleich mehrere Katastrophen aus.
Louis-Philippe Dalembert – Die blaue Mauer (Nagel&Kimche)
Drei unterschiedliche Frauen – Dima, eine aus wohlhabenden Verhältnissen stammende Syrerin, Chochana aus Nigeria und Semhar aus Eritrea – finden sich an Bord eines Kutters wieder, vereint in der gleichen Hoffnung auf ein neues Leben in Europa. Dima lebte ein privilegiertes Leben in Aleppo, bis die ersten Autobomben zu explodieren begannen. Die unternehmungslustige und ehrgeizige Chochana stammt aus einer jüdischen Igbo-Gemeinde in Nigeria. Sie war dazu bestimmt, Jura zu studieren, bevor Dürre und Armut sie zwangen, das Studium aufzugeben und aus ihrem Land zu fliehen. Semhar träumte davon, Lehrerin zu werden, bevor sie zum endlosen nationalen Dienst in der eritreischen Armee eingezogen wurde, wo sie sich weigerte, ihre Jugend zu verlieren.
Claire ist die kleine blasse Schwester, die immer alle beobachtet. Aber versteht sie, was sie sieht? Am letzten Tag des Familienurlaubs wird ihre von allen bewunderte ältere Schwester tot aus dem Wasser geborgen. Die Familie zerbricht an den Nachwirkungen, auch weil Claire die strahlende Heldin ihrer Kindheit nicht loslassen kann. Bis Claire einen Mann trifft, der bei dem Unglück dabei war. Sie nähert sich ihm und hofft, endlich die Wahrheit zu erfahren, was damals passiert ist. Seine Version der Geschichte wird für Claire zu einer Befreiung.
Ein Mann – er ist Schriftsteller von Beruf, nachdenklich und ein wenig konfliktscheu – will die USA bereisen. Zunächst nach New York City, dann weiter Richtung Maine. An seiner Seite eine meinungsstarke Osteuropäerin, die seit dreißig Jahren im Fränkischen zu Hause ist: seine Mutter. Von Beginn an liegt ein Schatten auf der Unternehmung: Donald Trump ist seit kurzem Präsident der angeschlagenen Nation, und Celina hat ihrem Sohn kurz vor der Abreise eröffnet, dass sie, anstatt die zweite Reisewoche bei einem Jugendfreund in Texas zu verbringen, die ganze Zeit mit ihm zusammenbleiben wird. Dann hat sie auch noch einen Unfall. Mit gebrochener Nase und zwei blauschwarzen Veilchen zieht sie überall die Aufmerksamkeit wohlmeinender Fremder auf sich.
Stell dir vor, auf dem Weg ins Jenseits gäbe es eine riesige Bibliothek, gesäumt mit all den Leben, die du hättest führen können. Buch für Buch gefüllt mit den Wegen, die deiner hätten sein können. Hier findet sich Nora Seed wieder, nachdem sie aus lauter Verzweiflung beschlossen hat, sich das Leben zu nehmen. An diesem Ort, an dem die Uhrzeiger immer auf Mitternacht stehen, eröffnet sich für Nora plötzlich die Möglichkeit herauszufinden, was passiert wäre, wenn sie sich anders entschieden hätte. Jedes Buch in der Mitternachtsbibliothek bringt sie in ein anderes Leben, in eine andere Welt, in der sie sich zurechtfinden muss. Aber kann man in einem anderen Leben glücklich werden, wenn man weiß, dass es nicht das eigene ist?
Einst musste sich Amma ihre Anerkennung als schwarze, lesbische Dramatikerin in Londons Theaterszene hart erkämpfen, nun steht ihre Premiere am National Theatre kurz bevor. Ihre neunzehnjährige Tochter Yazz hofft nur, dass die Reaktionen auf das provokante Stück für sie nicht zu peinlich werden. Ammas älteste Freundin Shirley hat früher für Yazz die Babysitterin gespielt. Inzwischen ist sie nach jahrzehntelanger Arbeit an unterfinanzierten Schulen ausgebrannt. Ihr größter Verdienst ist Carole, eine ehemalige Problemschülerin, die es bis nach Oxford geschafft hat. Doch Dankbarkeit hat sie dafür nie von Carole erfahren, die als Investmentbankerin nun mit den feinen Unterschieden der Upperclass konfrontiert ist. Caroles Mutter Bummi, die aus Nigeria stammt, kann mit der Britishness ihrer Tochter nichts anfangen, auch wenn sie ihr wohlweislich einen englischen Namen gegeben hat. So verschieden die Frauen und ihre Lebensgeschichten in diesem Roman sind, sind sie doch eng miteinander verbunden.
Die Welt ist in Aufruhr. In Amerika sagt Martin Luther King »I have a dream«. John F. Kennedy wird erschossen. In England starten die Beatles ihre Weltkarriere. Nur in Island steht die Welt still. Das muss auch Hekla erfahren, als sie – 22-jährig mit ihrer Remington-Schreibmaschine, einem Romanmanuskript, dem »Ulysses« von James Joyce und einem englischen Lexikon – in einen verrauchten Überlandbus steigt, der sie vom elterlichen Hof nach Reykjavík bringt. Dort, in der Stadt der Poeten, will sie ihren Traum verwirklichen und mit Büchern berühmt werden.
London 1960: Als ihre Mutter stirbt, verliert die achtzehnjährige Erica Hart den Boden unter den Füßen. Da bekommt sie einen Brief von Charmian Clift, einer Freundin ihrer Mutter, die sie auf die griechische Insel Hydra einlädt. Erica zögert nicht lange und reist mit ihrer großen Liebe Jimmy in den Süden. Auf Hydra werden sie Teil einer Künstlergemeinschaft – darunter der norwegische Schriftsteller Axel Jensen, seine Frau Marianne Ihlen und der kanadische Musiker Leonard Cohen. Sie genießen die lauten Abendessen, die nächtlichen Spaziergänge und das Baden bei Mondlicht. Erica lernt das Gefühl der Freiheit lieben und bewundert die eingeschworene Gemeinschaft für ihre mutige Suche nach einem anderen Leben. Vor allem Charmian, die mit den Launen ihres schreibenden Mannes fertig wird, ihr Kind mitten in diesem Durcheinander großzieht und die auch selbst schreibt. Bis es zu einem großen Streit kommt, und Erica hautnah miterlebt, wie hoch der Preis ist, den Charmian zahlt.
Jemma Wayne – Der silberne Elefant (Eisele)
Die junge Emilienne ist dem Bürgerkrieg in Ruanda entkommen und hat in London ein neues Leben begonnen. Die grausamen Erinnerungen an ihre Heimat versucht sie zu verdrängen. Vera hat in jungen Jahren einen Fehltritt begangen und möchte ein guter und moralischer Mensch sein – wenn nur ihre quälenden Schuldgefühle nicht wären und die Unmöglichkeit, ihrem Verlobten davon zu erzählen. Und die 56-jährige Lynn ist schwer erkrankt und rechnet schonungslos mit den verpassten Chancen ihres Lebens ab. Alle drei Frauen werden von dunklen Geheimnissen und seelischen Verletzungen geplagt, doch auf sich allein gestellt, gelingt es ihnen nicht, die Dämonen ihrer Vergangenheit zu verscheuchen. Erst als sich ihre Wege eines kalten Winters kreuzen, bewegt sich etwas in ihnen – und langsam, ganz langsam, beginnen sie, einander zu stützen und für die Zukunft zu stärken.
Mitten im Atlantik, auf der Insel St. Helena, träumt der achtjährige Angus einen großen Traum: Er will in die Fußstapfen des Sternenforschers Edmond Halley treten und dessen Gehilfe im fernen London werden. Angus übt für seine Laufbahn als Wissenschaftler, indem er tagsüber Vögel zählt und nachts die Position der Sterne markiert, wie Halley es ihm bei seinem Besuch auf der Insel beigebracht hat. Als es unter dem tyrannischen Gouverneur zu Unruhen kommt, rückt die Erfüllung von Angus’ Traum unverhofft näher: Mit einem geheimen Brief wird er als blinder Passagier an Bord eines Schiffes geschickt, um in England die Hilfe des geschätzten Herrn Halley zu erbitten…
Als „Weiches Begräbnis“ 2016 in China erscheint, wird der Roman als wichtigstes chinesisches Werk der letzten Jahrzehnte gefeiert und mit dem renommierten Literaturpreis Lu Yao ausgezeichnet. Doch als bei einer Parteizusammenkunft der Roman mit dem Vokabular der Kulturrevolution als „Giftpflanze“ verbrämt wird, verschwindet das Buch vom Markt. Denn Fang Fang rührt darin an ein unverarbeitetes Trauma der chinesischen Gesellschaft, die Landreform nach 1948, als Millionen Chines*innen hingerichtet und in „weichen Begräbnissen“, d.h. ohne Sarg, verscharrt wurden.
In einer Nervenklinik vertraut Heleen einer Nachtschwester ihre Lebensgeschichte an. Sie erzählt vom Aufwachsen in einer kinderreichen protestantischen Familie, ihrem gesellschaftlichen Aufstieg, den sie sowohl ihrer eigenen Schönheit als auch ihrem Sinn für Schönes zu verdanken hat. Und sie berichtet von ihrer großen Liebe Hannes und der jüngeren Schwester Lentje, um die sie sich seit dem Tod der Eltern kümmert. Mit ungeahnten Folgen, denn ihrer eigenen Eifersucht kann sie sich nicht entziehen.
In Madrid kämpfen eine Frau und ein Mann um die Liebe. Sie ist erfolgreiche Architektin, er freier Schriftsteller, der mit dem Nötigsten auskommt. Im Freundeskreis galten sie jahrelang als das perfekte Paar. Doch die Technologie bestimmt immer stärker ihren Alltag, bis hin zu den intimsten Momenten. Ständig müssen Nachrichten verschickt oder beantwortet werden. Videochats auf dem Tablet ersetzen das Gespräch zu zweit. Die beiden nehmen einander gar nicht mehr richtig wahr und schlittern in eine Krise.
Was für ein Skandal: Prof. Dr. Saraswati ist WEISS! Schlimmer geht es nicht. Denn die Professorin für Postcolonial Studies in Düsseldorf war eben noch die Übergöttin aller Debatten über Identität – und beschrieb sich als Person of Colour. Während das Netz Saraswati hetzt und Demos ihre Entlassung fordern, stellt ihre Studentin Nivedita ihr intimste Fragen.
Was braucht es, um eine Maschine mit menschlichem Bewusstsein auszustatten? Den Programmierer Syz interessiert nichts so sehr wie die Beantwortung dieser Frage. Doch als er hinter die Kulissen des Labors blickt, gerät sein bedingungsloser Glaube an die Technik ins Wanken. Welchem Zweck dient DAVE wirklich und wer wird von ihm profitieren?
Lizzie Benson, Bibliothekarin mit Hang zu apokalyptischen Gedanken, geht seit Jahren ihrer Berufung als Amateur-Psychologin nach: Sie kümmert sich um ihren Ex-Junkie-Bruder und ihre gottesfürchtige Mutter. Dieses Talent ist auch gefragt, als ihre alte Mentorin Sylvia Liller ihr einen Vorschlag unterbreitet: Lizzie soll die Fanpost zu ihrem alarmistischen Podcast „Hölle und Hochwasser“ beantworten. So stürzt sie sich in die Auseinandersetzung mit besorgten Linken, die die Klimakatastrophe kommen sehen, ebenso wie mit den Ultrakonservativen und deren Sorge um den Untergang der westlichen Zivilisation. Wie aber, fragt Lizzie sich immer häufiger, kann sie ihren privaten Garten wässern, wenn die ganze Welt in Flammen steht?
Sergej Lebedew besticht durch fesselnde Spannungselemente: Giftanschläge auf russische Agenten, chemische Kriegswaffen, Stalins Schatten, Westdeutschland und der Kalte Krieg. ›Das perfekte Gift‹ ist ein packender Roman über Wespenstiche, an denen Geheimagenten sterben, und die Jagd nach einem todbringenden Chemiker. Ein schillerndes Jahrhundert russischer Geschichte mit all ihren Abgründen.
Sommer 2001. »Survivor« von Destiny’s Child geht um die Welt wie ein Omen für kommende Ereignisse. Im Pariser Penthouse von Hasir Zaman, einem wohlhabenden Exil-Afghanen, tanzt zu der Melodie die mysteriöse Frau, die er verführen möchte. Beyoncés Stimme schleicht sich in die sündigen Gedanken seines Neffen Sameers, der im Waisenhaus von Kabul aufwächst. Der Song schallt aus dem Lautsprecher eines geheimen Trainingslagers, wo Leutnant Ryder, ein US-Marine, für einen internationalen Spezialeinsatz ausgebildet wird. Und die Hymne übertönt das Surren der Drohnen im Hindukusch, als sich dort die Schicksale der drei ›Überlebenden‹ untrennbar verstricken.
Klara ist ein Artificial Friend, eine künstliche Intelligenz, entwickelt, um Jugendlichen eine Gefährtin zu sein auf dem Weg ins Erwachsenwerden. Vom Schaufenster eines Spielzeuggeschäfts aus beobachtet sie genau, was draußen vor sich geht, studiert das Verhalten der Kundinnen und Kunden und hofft, bald von einem jungen Menschen als neue Freundin ausgewählt zu werden. Als sich ihr Wunsch endlich erfüllt und ein Mädchen sie mit nach Hause nimmt, muss sie jedoch bald feststellen, dass sie auf die Versprechen von Menschen nicht allzu viel geben sollte.
Seit ihrer gemeinsamen Jugend in der Siedlung verbindet Hani, Kasih und Saya eine tiefe Freundschaft. Nach Jahren treffen die drei sich wieder, um ein paar Tage lang an die alten Zeiten anzuknüpfen. Doch egal ob über den Dächern der Stadt, auf der Bank vor dem Späti oder bei einer Hausbesetzerparty, immer wird deutlich, dass sie nicht abschütteln können, was jetzt so oft ihren Alltag bestimmt: die Blicke, die Sprüche, Hass und rechter Terror. Ihre Freundschaft aber gibt ihnen Halt. Bis eine dramatische Nacht alles ins Wanken bringt.
Berlin im Jahr 2011, die Sicherheitsbehörden sind in Alarmbereitschaft, ein terroristischer Anschlag sei geplant: Der Reichstag soll eines der Ziele sein. Paul Jost ist Teil der einberufenen Sonderkommission und entscheidet darüber, wann und bei wem das Abhören von Telefonaten angeordnet wird. Im Konflikt zwischen freiheitlichen Grundrechten und der Bewahrung der öffentlichen Sicherheit hadert er mit der ihm auferlegten Verantwortung. Während er im Beruflichen daran mitwirkt, Freiheiten zu beschränken, ist er im Privaten gerade auf der Suche nach ihnen, denn seine Ehe ist in die Brüche gegangen. Der Bereich des Digitalen, der es ihm beruflich ermöglicht, den Spuren der Islamisten zu folgen, unterstützt ihn im Privatleben auf der Suche nach einer neuen Liebe.
Eine Villa mit Blick über das Meer, hoch oben auf den Klippen Korsikas. Hier wächst Huma auf, geboren 1976 in politisch unruhigen Zeiten, im Gründungsjahr der Korsischen Nationalen Befreiungsfront. Im Erdgeschoss wohnen Humas Eltern und verbannen sie eines Tages in den ersten Stock zu ihrer Großmutter. Zwischen den Generationen herrscht Schweigen, und die Großmutter scheint sich durch übergriffiges Verhalten an ihrer Enkelin rächen zu wollen – nur wofür? Musik und Literatur geben Huma Kraft, und mit der Zeit kommt sie nicht nur hinter das Familiengeheimnis, es gelingt ihr auch, sich von der Vergangenheit zu lösen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Kairo, 25. Januar 2011, 25.000 Menschen demonstrieren gegen Mubarak. Sie träumen von der großen Veränderung, doch während in der euphorischen Menge Liebesbeziehungen aufblühen, wird der Bürgerrechtler Khaled vor den Augen aller ermordet. Seine Freundin Dania will ihren Widerstand nicht aufgeben – und sei es gegen den eigenen Vater, den bigotten Geheimdienstchef, der islamische Werte predigt und heimlich Pornos schaut. Al-Aswanis Figuren verkörpern in diesem mitreißenden Buch, das in Ägypten verboten wurde, alle Facetten der Revolution, die für jede von ihnen einen Wendepunkt in ihrem Schicksal bedeutet.
Der Junge weint zum Steinerweichen. Er ist mit ein paar Dollar in der Tasche am Flughafen Hamburg ausgesetzt worden. Niemand versteht, was der verzweifelte Kleine sagt, also verstummt er, und dieser Roman muss seine Geschichte für ihn erzählen. Sie beginnt zwei Generationen vorher, als sich ein Mann aus einer Laune heraus freiwillig für den Vietnamkrieg meldet …
Mister Potter ist Analphabet und verdient sich seinen Lebensunterhalt als Taxifahrer auf den Straßen Antiguas. Er dreht seine Runden, fährt vorbei an dem Friedhof, auf dem er begraben werden wird. Die Sonne steht direkt über ihm, das Meer umgibt ihn, unterdrückte Leidenschaften erfüllen die Luft. Mister Potter will mehr erreichen als sein Vater, ein armer Fischer, und seine Mutter, die sich das Leben genommen hat. Er will in besseren Verhältnissen leben, ein eigenes Auto besitzen, Freundinnen haben und die Schulden seiner Töchter tilgen. Eine von ihnen ist Jamaica Kincaid. Nach seinem Tod wird sie seine Geschichte erzählen
Kleine Flunkerei, große Wirkung: Weston Kogi kommt nach langen Jahren in England zur Beerdigung seiner Tante nach Alcacia, Westafrika, zurück und macht den Fehler, sich ein bisschen aufzuspielen und die Leute glauben zu lassen, er sei in London ein Police Detective. Ist er aber nicht, nur Wachmann in einem Einkaufszentrum.
Er wird von zwei rivalisierenden Rebellengruppen mehr oder weniger gezwungen, den Mord an einem Konsenspolitiker aufzuklären, bzw. den Mord jeweils der anderen Rebellengruppe anzuhängen. Zu allem Überfluss mischt sich auch noch der brutale Geheimdienst der korrupten Regierung ein. Und Kogi muss nun sehen, wie er alle gegeneinander ausspielt und einigermaßen heil aus der Nummer herauskommt …
Mexicantown, Detroit. August Snow kehrt mit zwölf Millionen Dollar Schadenersatz zurück in das Viertel seiner Kindheit. Genug Geld für den Ex-Polizisten, um seinen alten Humor wiederzufinden und ein neues Leben zu beginnen. Doch er hat die Rechnung ohne seine Feinde gemacht: Kurz nach seiner Rückkehr wird eine der mächtigsten Unternehmerinnen der Stadt tot aufgefunden. Snow setzt sich auf die Fährte des Mörders – und gerät in einen gefährlichen Strudel, der ihn in Detroits dunkelste Winkel hinabzieht.
Siu-Man, ein Hongkonger Schulmädchen, begeht Selbstmord, indem sie sich aus einem Fenster im zwanzigsten Stockwerk stürzt. Aufgezogen wurde sie von Nga-Yee, ihrer älteren Schwester. Diese ist der festen Überzeugung, dass es irgendein falsches Spiel gegeben haben muss. Siu-Man wurde einige Zeit vor ihrem Tod Opfer eines sexuellen Übergriff s in der U-Bahn und in der Folge auf einer Online-Klatschplattform von einer anonymen Person verleumdet. Nga-Yee setzt alles daran, herauszufinden, wer es war – und wer die Schuld an Siu-Mans Tod trägt. Sie nimmt Kontakt zu einem Hacker auf, der nur als N bekannt ist. Doch der exzentrische Mann nimmt noch lange nicht jeden Auftrag an. Kann Nga-Yee ihn ausreichend für ihren Fall interessieren – und kann sie es sich leisten, wenn er Ja sagt?
Er ist der Sohn einer Prostituierten, sein Zuhause ist die Unterwelt Barcelonas. Melchor Marín arbeitet für ein Drogenkartell und wird bei einer Razzia festgenommen. Als er im Gefängnis von der Ermordung seiner Mutter erfährt, beschließt er, nach dem Absitzen der Strafe Polizist zu werden.
Jahre später ist Melchor als bewährter Polizist in der kargen Landschaft der Terra Alta im Einsatz, wo er mit Frau und Tochter ein ruhiges Leben führt. Aber dann erschüttert ein Verbrechen die Region, ein altes Unternehmerpaar wird grausam ermordet. Ein brutaler Raubüberfall? Eine alte Fehde? Als das Kommissariat den Fall ungelöst abschließt, ermittelt Melchor auf eigene Faust.
1927, im Süden der USA. Es regnet seit Tagen, und der mächtige Mississippi droht über die Ufer zu treten, als die Prohibitionsagenten Ingersoll und Johnson die kleine Ortschaft Hobnob erreichen. Sie sind auf der Suche nach zwei verschwundenen Kollegen, die einem örtlichen Schwarzbrenner auf der Spur waren. Am Schauplatz eines Verbrechens finden sie ein schreiendes Baby, das Ingersoll nicht zurücklassen will. Bei Dixie Clay Holliver, einer jungen Frau aus dem Ort, findet er ein Zuhause für das Kind. Die beiden mögen sich auf Anhieb, doch Ingersoll weiß nicht, dass Dixie Clay die beste Schwarzbrennerin des Landes ist und etwas mit den vermissten Ermittlern zu tun haben könnte.
S. A. Cosby – Blacktop Wasteland (Ars Vivendi)
Beauregard »Bug« Montage ist ein ehrlicher Automechaniker und liebender Familienmensch. Außerdem ist er von North Carolina bis Florida als bester Fluchtwagenfahrer der gesamten Ostküste bekannt. Bug saß aber lange genug im Gefängnis und weiß, dass er als Krimineller keine Zukunft hat. Als jedoch sein behutsam aufgebautes Familien- und Berufsleben aus finanziellen Gründen in Gefahr gerät, findet er sich schnell auf der schiefen Bahn wieder. Bei einem Banküberfall setzt er sich noch einmal hinters Steuer, weil er keine andere Wahl zu haben scheint, doch die Sache geht fürchterlich schief und bald hat Bug nicht nur die Polizei im Nacken, sondern auch Gegner, die völlig unberechenbar sind …
Eloisa Díaz – 1981 (Hofmann & Campe)
Buenos Aires 1981: Inspector Joaquín Alzada hat sich geschworen, auch in Zeiten der Militärdiktatur ein anständiger Mensch zu bleiben. Gemeinsam mit seiner Frau Paula führt er ein ruhiges Leben – bis eines Tages sein politisch unbequemer kleiner Bruder Jorge spurlos verschwindet.
Zwanzig Jahre später: Die Diktatur ist überwunden, und Alzada bereitet sich auf seinen Ruhestand vor. Doch dann wird nicht nur eine Leiche auf einer Müllhalde gefunden, sondern es verschwindet auch eine junge Frau aus einer der reichsten Familien der Stadt.
Alzada wird auf schmerzhafte Weise an seine dunkelsten Stunden erinnert – und entschließt sich, alles daran zu setzen, dass sich seine Geschichte, in der sich die Geschichte des ganzen Landes spiegelt, nicht wiederholt.
Sein Geld hat der spleenige Start-up-Unternehmer Gregory Hollister größtenteils in der Kryptowährung Bitcoin angelegt. Als er bei einem Unfall ums Leben kommt, beginnt die Suche nach seinem Privatvermögen. Das hat der paranoide Kalifornier gut versteckt. Wo befindet sich der digitale Schatz, den die Medien bereits Montecrypto nennen? Hollisters Witwe beauftragt den Privatdetektiv Ed Dante, das verschwundene Geld aufzuspüren. Dante recherchiert und stellt bald fest, dass etliche Personen hinter Montecrypto her sind. Das ist angesichts der kolportierten Summe von mehreren Milliarden Dollar nicht weiter verwunderlich – aber die anderen Interessenten sind keine gewöhnlichen Schatzsucher. Warum interessieren sich ausländische Geheimdienste, das FBI und die Mafia für den Schatz?
Neue Sachbücher
Will Hunt – Im Untergrund (Liebeskind)
Als Will Hunt sechzehn Jahre alt war, entdeckte er unweit seines Elternhauses in Rhode Island einen verlassenen Tunnel. Zusammen mit Freunden unternahm er seine erste Exkursion unter die Erde und war sofort fasziniert von diesem dunklen, fremden Teil der Welt. Seitdem hält er sich bevorzugt im Untergrund auf. In diesem Band beschreibt Will Hunt seine Entdeckungsreisen in die geschichtsträchtigsten Löcher der Erde. Im australischen Outback steigt er mit Aborigines hinab in eine Ocker-Mine, die über 35.000 Jahre alt ist. In South Dakota sucht er mit Mikrobiologen der NASA kilometertief nach Spuren frühzeitlicher Lebensformen. Mit Urban Explorern verbringt er Tage und Nächte in den Pariser Katakomben, und in Belize begibt er sich auf die Spuren der Maya, die von Höhlen besessen waren …
Über sechzig Jahre nachdem Virginia Woolf in der Ouse ertrunken ist, macht Olivia Laing sich an einem hellen Mittsommermorgen auf den Weg durch Südengland, um dem Lauf des magischen Flusses von der Quelle bis zur Mündung zu folgen. In von Kreidefelsen milchig-grün gefärbten Windungen, an Ufern auf dem Weg Richtung Meer sucht sie nach den Geheimnissen, die Flüsse tragen, verbergen, preisgeben.
Eine sündhaft teure Schwimmhalle versinkt im morastigen Grund. Ein Kirchturm beugt sich nach Fertigstellung „wie ein geknickter Phallus“. Vier Toiletten werden geplant – für 2400 Soldaten. 13 Architekten misslingt ihr Bauwerk. Alle 13 Architekten begehen Suizid, weil sie das Scheitern nicht ertragen. Die Lyrikerin Charlotte van den Broeck besucht diese 13 zeitgenössischen wie einige Jahrhunderte alten Gebäude, recherchiert, einer investigativen Journalistin gleich, Leben und Wirken der Architekten, die finanziellen und die gesellschaftshistorischen Umstände, unter denen die Projekte entstanden sind.
Bis heute gehört die südpazifische Inselgruppe Neukaledonien zu Frankreich. Um den kanakischen Unabhängigkeitskämpfer Alphonse Dianou, der dort bei einer vom französischen Militär blutig beendeten Geiselnahme ums Leben kam, ranken sich die widersprüchlichsten Legenden. Joseph Andras beginnt nachzuforschen, er reist an den Ort des Geschehens, trifft Dianous Witwe, Vertraute und Zeitzeugen. Seine Notizen, Gespräche und Begegnungen verbindet er zu einem augenöffnenden Text, der in den Kern eines hier kaum bekannten Konflikts dringt.
Valentin Gendrot – Bulle (Hoffmann & Campe)
Noch nie ist es einem Journalisten gelungen, die Polizei zu infiltrieren und aus erster Hand über Rassismus, Gewalt und Überforderung in ihren Reihen zu berichten. Valentin Gendrot lässt sich in nur drei Monaten zum Hilfspolizisten ausbilden, bekommt eine Waffe in die Hand gedrückt und muss fortan auf den Straßen des gefährlichsten Pariser Bezirks für Ordnung sorgen. Seine Kolleg*innen beleidigen und misshandeln migrantische Jugendliche, tauschen sich in rassistischen Chats aus und folgen auf der Straße ihrer eigenen Rechtsvorstellung. Gendrot lässt sich auf ihre Welt ein, deckt sie, wenn Straftaten im Amt vertuscht werden sollen, erfährt von fehlender Unterstützung vom Staat, schlechter Bezahlung und fehlender Achtung. Bis sich ein Kollege schließlich das Leben nimmt …
Was für ein Jahr – wahrscheinlich weder eine Buchmesse in Frankfurt, noch eine in Leipzig. Im Radio verliehene Preise, ausgefallene Lesungen, weniger Aufmerksamkeit für die kleinen und kleinsten Verlage da draußen. Und dennoch geht es weiter in der Buchbranche. Neue Vorschauen wurden von fast allen Verlagen veröffentlicht. Und auch wenn diese manchmal etwas dünner ausfallen, gibt es wieder viel zu entdecken. Ich habe einmal mehr zusammengetragen, auf was ich mich im literarischen Herbst 2020 so freue. Bei den Tipps habe ich wie immer versucht, auch kleine unabhängige Verlage mit spannenden Titeln zu berücksichtigen.
Deniz Ohde: Streulicht (Suhrkamp)
Auf dieses Debüt bin ich wirklich gespannt. Deniz Ohde schreibt in ihrem Roman über ein Arbeiterkind, das nun wieder in seine Heimat zurückkehrt und sich seiner Wurzeln bewusst wird. Didier Eribon meets Annie Ernaux auf Deutsch? Ich bin mehr als gespannt auf dieses Streulicht – und auch das Cover hat es mir angetan.
Lily King (Übers.: Sabine Roth): Writers & Lovers (C.H. Beck)
Kann man mit 31 noch Schriftststellerin werden? Diese Frage stellt sich Casey, die ihren Traum leben will, nachdem die Mutter verstorben ist und ihr Freund sie verlassen hat. Doch wird das klappen? Schon einmal hat mich Lily King mit Euphoria begeistert. Warum nicht auch mit ihrem Writers & Lovers?
Kristof Magnusson: Ein Mann der Kunst (Kunstmann)
Kristof Magnusson ist für mich ein Meister des Alltags. Einer der dem ganz normalen Durchschnitt unserer Existenzen Bücher widmet, etwa in seinem Arztroman. Nun schreibt er über einen Künstler KD Pratz, dem ein Museum gewidmet werden soll. Ein Kunstverein will dieses Vorhaben verwirklichen, doch ein Treffen auf der Burg des Künstlers droht aus dem Ruder zu laufen. Der Mann der Kunst erscheint bei Kunstmann.
Rinske Hillen (Übers.: Ulrich Faure): Das Haus an der Keiszergracht (Schöffling)
Ein Naturphilosoph, ein Haus an der Keiszergracht in Amsterdam, das langsam verfällt, eine Familie, die auseinanderzufliegen droht, ein paar Fragen, die noch geklärt werden müssen – und ein Familiengeheimnis. Die Zutaten für den Roman von Rinske Hillen, der im Juli im Schöffling-Verlag erscheint.
Petra Piuk & Barbara Filips: Wenn Rot kommt (Kremayr&Scheriau)
Nie wieder Hütchenspiel, nie wieder in die Spielothek. Nie wieder Hütchenspiel, oh das ganze Geld ist weg. Das wussten schon die Ärzte. Und auch eine junge Frau muss das in der Rückschau erkennen, als sie verkatert in einem Hotelzimmer in Las Vegas erwacht. Und dann ist auch noch ihr Freund verschwunden. Was ist passiert? Wenn Rot kommt stammt von Petra Piuk und Barbara Filips.
Thomas Hettche: Herzfaden (Kiepenheuer-Witsch)
Ein Buch, das ich schon des Augsburger Lokalbezugs wegen lesen MUSS. Thomas Hettche, von mir nicht erst seit Pfaueninsel hoch geschätzt, schreibt einen Roman über die Familie Oehmichen, die hier in Augsburg die Augsburger Puppenkiste gründete. Laut Verlag sollen in Herzfaden alle bekannten Figuren des Marionettentheaters einen Auftritt haben. Ich bin gespannt!
Ronya Orthmann: Die Sommer (Hanser)
Ein junges Mädchen, das die Sommer bei seiner Familie in Nordsyrien ihre Sommer verbringt, während sie das restliche Jahr über ein Münchner Gymnasium besucht. Diese Perspektive auf den syrischen Bürgerkrieg und die aktuelle Lage möchte ich gerne lesen. Ronya Orthmanns Buch Die Sommer erscheint passenderweise im August.
Augustus Rose (Übers.: Werner Löcher-Lawrence): Philadelphia Underground (Piper)
In Philadelphia treibt die geheimnisvolle Société Anonyme ihr Unwesen. Sie entführt Jugendliche, die wenig später mit leeren Blick wieder irgendwo in der Stadt auftauchen. Besonders auf Lee hat es die Gesellschaft abgesehen. Aber die versteckt sich auf einem Schrottplatz, um der Société zu entgehen. Augustus Roses Buch gibts ebenfalls ab August im Buchhandel.
Thilo Krause: Elbwärts (Hanser)
Die Sehnsucht nach Dorf und Land in der Literatur boomt ja seit Jahren. Nun hat auch Thilo Krause einen Roman über dieses Thema geschrieben. Bei ihm kehrt ein junges Paar zurück in die Einsamkeit der Sächsischen Schweiz. Dieses muss sich mit Neonazis, Dorfbewohnern und alten Geschichten herumschlagen. Elbwärts erscheint bei Hanser im August.
Von einer Freerunnerin in der Mitte ihres Lebens erzählt Rachel Elliott in Bären füttern verboten. Diese hat zwar schon die halbe Welt belaufen, doch ausgerechnet nach St. Ives wollen ihre Füße sie nicht tragen. Als sie doch dorthin reist, trifft sie auf eine bunte Melange von außergewöhnlichen Menschen.
Michael Crummey (Übers.: Ute Leibmann): Die Unschuldigen (Eichborn)
Kanada ist das diesjährige Gastland der Frankfurter Buchmesse. Und auch wenn Kanada seinen Auftritt nun auf der eh schon auf der Kippe stehenden Messe zurückgezogen hat: in den neuen Verlagsprogrammen lassen sich tolle neue Stimmen von dort entdecken, z.B. Michael Crummey, dessen Roman Die Unschuldigen von zwei Waisenkinder in der kanadischen Einöde erzählt. Verglichen wird das Buch etwa mit Ian McGuires Nordwasser.
Ilona Hartmann: Land in Sicht (Blumenbar)
Eine junge Frau auf Flusskreuzfahrt auf der Donau inmitten von Senioren. Davon handelt das Debüt von Ilona Hartmann. Kann sie dem Thema der Suche nach den eigenen Wurzeln neue Facetten abringen? Ab Juli 2020 wissen wir mehr, dann kann man das Buch kaufen.
Rye Curtis (Übers.: Cornelius Hartz): Cloris (C. H. Beck)
Wenn man einen Flugzeugabsturz überlebt hat, was sichert einem dann am Besten das Überleben in der freien Natur? Sicherlich nicht ein Schuh, ein paar Karamellbonbons und eine Bibel. Doch genau das erlebt Cloris im gleichnamigen Roman von Rye Curtis.
Olga Grjasnowa: Der verlorene Sohn (Aufbau)
Noch immer habe ich kein Buch von Olga Grjasnowa gelesen, dabei wird die Autorin ja breit (und meist auch lobend) im Feuilleton besprochen. Vielleicht klappt es ja jetzt mit Der verlorene Sohn. Darin erzählt die Autorin von einem Jungen, der 1838 als Geisel an den russischen Zarenhof gelangt.
Elisabeth Filhol (Übers.: Cornelia Wend): Doggerland (Nautilus)
Auch der kleine Nautilus-Verlag hat ein mehr als beachtliches Oeuvre für den Herbst angekündigt. So erscheint mit Doggerland ein Roman von Elisabeth Filhol über eine Geologin, die über jene titelgebende Region forscht. Als sie einen Kongress in Dänemark besuchen will, wird jener durch den Orkan Xaver kräftig durcheinander gewirbelt.
Ava Farmheri (Übers.: Sonja Finck): Im düstern Wald werden unsre Leiber hängen (Nautilus)
Und noch einmal Nautilus. Was für ein großartiger Titel! In Im düstern Wald werden unsre Leiber hängen erzählt Ava Farmheri von einer jungen Insassin eines iranischen Gefängnisses im Jahr 1999, die hinter Gittern sitzt ihre Lebensgeschichte erzählt. Doch kann man ihr Glauben schenken?
Leander Fischer: Die Forelle (Wallstein)
Ein Buch über 700 Seiten übers Fliegenfischen? Da bin ich sofort dabei, vor allem wenn der Verlag eine besondere Sprache verspricht (was im Falle des Wallstein-Verlags wirklich etwas heißen will) und eine Verknüpfung der Geschichte mit der österreichischen Politik verspricht. Leander Fischers Die Forelle erscheint im Juli.
Amity Gaige (Übers.: André Mumot): Unter uns das Meer (Eichborn)
Und um im Wasser zu bleiben: Im Eichborn-Verlag erscheint im September der Roman Unter uns das Meer von Amity Gaige. Darin erzählt sie von einem Bootstrip, der schief zu gehen droht. Das Besondere daran: das Buch ist aus zwei Perspektiven geschildert. Ob das so gut klappt wie im Falle Lauren Groffs?
Kann ein Hund einen Menschen ersetzen? Ist ein Hundewelpen die Antwort auf einen Kinderwunsch? Dieser Frage geht Pilar Quintana in ihrem Roman Hündin nach. Das Buch erscheint im Aufbau-Verlag im September.
Andreas Schäfer: Das Gartenzimmer (DuMont)
Ein Paar entdeckt in den 90er Jahren eine neoklassizistische Villa wieder, die ein Architekt 1908 entworfen hatte. Nachdem sie das Haus renoviert und in den Originalzustand zurückversetzt haben, zieht das Haus immer mehr Architekturfans an und die beiden geraten in Interessenskonflikte. Andreas Schäfers Roman gibt es ab Juli bei DuMont.
Ilja Leonard Pfeijffer (Übers.: Ira Wilhelm): Grand Hotel Europa (Piper)
Was ist dieses Europa noch? Droht es nicht schon längst in Partikularinteressen auseinanderzufallen? Die Antworten von Ilja Leonard Pfeijffer interessieren mich. Er hat einen Roman über Europa geschrieben, in dem ein Schrifsteller ein Zimmer in jenem Grand Hotel Europa bezieht.
Steven Price (Übers.: Malte Krutzsch): Der letzte Prinz (Diogenes)
Giuseppe Tomasi di Lampedusa hat mich in Form der Neuübersetzung des Leoparden durch Burkhart Kroeber im letzten Jahr wirklich begeistert. Nun hat Steven Price ein Buch über den Schöpfer jenes monumentalen Werks geschrieben. Der letzte Prinz erscheint im Oktober bei Diogenes.
Stephen Crane (Übers.: Bernd Gockel): Die rote Tapferkeitsmedaille (Pendragon)
Der amerikanische Bürgerkrieg ist ein Thema, mit dem ich mich noch nicht vertieft beschäftigt habe. Nun ist im Pendragon-Verlag eine Neuübersetzung von Stephen Cranes Roman Die rote Tapferkeitsmedaille zu entdecken. Darin beleuchtete der Autor 1895 zum ersten Mal den Krieg aus der Sicht eines einfachen Soldaten. Ein spannendes Vorhaben, diese Neuübersetzung von Bernd Gockel.
Christoph Nußbaumeder: Die Unverhofften (Suhrkamp)
Im September erscheint im Suhrkamp-Verlag ein Titel, auf den ich mich auch sehr freue. Die Unverhofften ist das Debüt des niederbayerischen Dramatikers Christoph Nußbaumeder. In seinem 700 Seiten starken Roman erzählt er die Geschichte einer Familie und dem wirtschaftlichen Aufstieg über die Jahrzehnte hinweg.
Daniel Mellem: Die Erfindung des Countdowns (dtv-Verlag)
Im September erscheint das Debüt von Daniel Mellem. Dieser studierte erst Physik, eher er dann zum Deutschen Literaturinstitut in Leipzig kam. Das Thema der Physik ist es auch, das in seinem Buch eine Rolle spielt. Er erzählt in Die Erfindung des Countdowns von einem Forscher, der eigentlich den Traum einer Mondrakete verwirklichen will, doch dann in den Zweiten Weltkrieg hineingezogen wird.
Zaia Alexander: Erdbebenwetter (Tropen)
Die dunklen Seiten von Los Angeles soll Zaia Alexander in ihrem Roman Erdbebenwetter beleuchten. Wenn das nur halb so gut klappt wie in A.G. Lombardos Graffiti Palast (oder bei Jan Wilms Winterjahrbuch) könnte das wirklich ein weiteres Highlight in Sachen LA-Romane für mich werden.
Robert Moor (Übers.: Frank Sievers): Wo wir gehen (Insel)
Über das Gehen und unsere Wege durch die Natur schreibt Robert Moor in seinem Buch. Nachdem ich eh ein großer Fan der Gattung Nature Writing bin, ist auch Wo wir gehen für mich quasi Pflichtlektüre.
Kai Wieland: Zeit der Wildschweine (Klett Cotta)
Auf diesen Roman musste ich etwas länger warten. Prangte Zeit der Wildschweine schon in meiner letzten Vorschau oben auf meinem Zettel, wurde Kai Wielands Roman nun eingedenk der Corona-Krise etwas nach hinten geschoben. Nun soll es im Juli so weit sein und das neue Buch des Schöpfers von Amerika erscheinen.
Kevin Barry (Übers.: Bernhard Robben): Beatlebone (Rowohlt)
Ein neuer Roman von Kevin Barry? Ich bin dabei? Dunkle Stadt Bohane zählte zu meinen außergewöhnlichsten Leseerlebnissen der letzten Jahre (übersetzt von Bernhard Robben). Nun ist das Gespann wieder zurück, diesmal bei Rowohlt. Beatlebone erzählt vom ausgebrannten John Lennon, der auf seine irische Insel flüchtet und mit seinem Chauffeur eine wilde Tour erlebt.
Eine Vorschau ohne etwas von Matthes & Seitz? Das geht natürlich nicht. Diesmal habe ich einen Blick auf den Roman Himmel von Sandra Newman geworfen. Ice Cream Star wird allenorten gelobt, ich habe es noch nicht gelesen. Jetzt bietet sich die Chance mit einem etwas weniger voluminöseren Buch, in dem William Shakespeare, ein futuristisches New York und Träume eine Rolle spielen.
Welche von den hier vertretenen Büchern sprechen euch an? Oder auf was freut ihr euch? Oder ist der Herbst 2020 nicht so euer Literaturjahrgang?
Alle Jahre wieder – bzw. alle sechs Monate wieder, beschenken uns die Verlage mit Vorschauen. Vorschauen, die die kommenden Highlights lauthals anpreisen und durch die ich mich geklickt habe. Aus den unzähligen Dokumenten habe ich quer durch alle Genres und Verlage ein paar Titel zusammengesucht, die mich ansprechen und von denen ich mir gute Unterhaltung und Herausforderung erhoffe. Die Ankündigungstexte sind den jeweiligen Vorschauen der Verlage entnommen.
Die Links hinter den Titel führen im Übrigen auf Genial lokal. Über die Seite kann man sich die Bücher gleich in die angebundenen Buchläden vor Ort senden lassen.
Denn wenn man schon die Wahl hat, sollte man auf alle Fälle die engagierten Händler*innen vor Ort unterstützen. Kosten tun die Bücher ja überall eh das Gleiche – und die Händler*innen zahlen Steuern vor Ort und sorgen für das Kulturleben. Das macht Amazon alles meines Wissens nach nicht. Deshalb die Verlinkung und meine Bitte. Nun aber los!
Die Autobiographie von Maya Angelou. In Was für immer mirgehörterzählt die Ikone der afroamerikanischen Literatur weiter: Maya ist zu früh Mutter geworden, sie hat die Südstaaten, ihre Großmutter, den Krämerladen hinter sich gelassen. In Kalifornien will sie ihre Träume verwirklichen, sie will Freiheit, sie will Unabhängigkeit, eine Karriere als Tänzerin, die große, große Liebe. Als arme, alleinerziehende, schwarze junge Frau scheinen die Widerstände unüberwindbar, doch Maya glaubt felsenfest an das Gute und an sich selbst.
Gerade entdeckt Toby Fleishman mit 40 Jahren ein aufregendes neues Leben als heiß begehrter Single, als seine Exfrau Rachel mitten in der Nacht die gemeinsamen Kinder bei ihm ablädt und verschwindet. Solly und Hannah haben Terminkalender wie Topmanager, im Job häufen sich die Probleme – und bei den Frauen, die er über Dating-Apps trifft, findet er statt Trost und Nähe nur unverbindlichen Sex. Und Rachel meldet sich einfach nicht. Weil sie die Karriere über ihre Kinder stellt. Weil ihr der Lebensstil an der Upper East Side immer schon wichtiger war als die Familie. Zumindest ist das die Geschichte, die Toby sich erzählt.
Als der argentinische Schriftsteller Lucas an einem frühen Dienstagmorgen die Fähre besteigt, die ihn über den Río de la Plata nach Uruguay bringen wird, glaubt er, die Lösung all seiner Probleme sei ganz nahe. Als Vater eines vierjährigen Sohnes, der »wie ein betrunkener Zwerg« seine ungeteilte Aufmerksamkeit verlangt, befindet er sich in einer Schaffenskrise, angewiesen auf das Einkommen seiner Frau Catalina, von der er sich als selbst nicht immer treuer Ehemann zudem betrogen fühlt. In Montevideo will Lucas seine Honorare für zwei neue Buchverträge einlösen, die ihm endlich wieder mehr Selbstvertrauen, die Achtung Catalinas und die so bitter benötigte Zeit zum Schreiben erkaufen sollen. Doch in der pulsierenden Stadt jenseits des silbernen Flusses wartet nicht nur das Geld, sondern auch eine große Versuchung auf ihn.
Reisejournalist Leon will vieles sein: Boxer, Gitarrist, Surfer, Weltenbummler. Stattdessen ist der junge Mann vor allem ein großer Film- und Literaturliebhaber, der sein fragiles Selbstbild ständig neu ausrichtet. Als sein Vater ihm einen Wohnungstausch vorschlägt, freundet er sich mit seiner neuen Identität als Hausbesitzer ebenso schnell an wie mit der Idee, einen beinahe Unbekannten mit auf sein nächstes Projekt zu nehmen. Doch die anstehende Reise verläuft nicht wie geplant. Je länger die beiden Männer in Frankreich nach Niemandsorten suchen, desto stärker verwickeln sie sich in einen intellektuellen Machtkampf. Wer, so die alles entscheidende Frage, gewinnt mit seiner Kunst die Deutungshoheit über die Realität – der Journalist oder der Fotograf? Als sich abzuzeichnen beginnt, dass Janko Verrat an der gemeinsamen Sache begehen wird, ist es für Leon längst zu spät, unbeschädigt aus der verhängnisvollen Beziehung zu entkommen.
Rami Elhanan und Bassam Aramin sind zwei Männer. Rami braucht fünfzehn Minuten für die Fahrt auf die West Bank. Bassam braucht für dieselbe Strecke anderthalb Stunden. Ramis Nummernschild ist gelb, Bassams grün. Beide Männer sind Väter von Töchtern. Beide Töchter waren Zeichen erfüllter Liebe, bevor sie starben. Ramis Tochter wurde 1997 im Alter von dreizehn Jahren von einem palästinensischen Selbstmordbomber vor einem Jerusalemer Buchladen getötet. Bassams Tochter starb 2007 zehnjährig mit einer Zuckerkette in der Tasche vor ihrer Schule durch die Kugel eines israelischen Grenzpolizisten. Ramis und Bassams Leben ist vollkommen symmetrisch. Ramis und Bassams Leben ist vollkommen asymmetrisch. Rami und Bassam sind Freunde.
Vor dem Kriegseintritt der Amerikaner brodelt es in den Straßen New Yorks. Antisemitische und rassistische Gruppierungen eifern um die Sympathie der Massen, deutsche Nationalisten feiern Hitler als den Mann der Stunde. Der deutsche Auswanderer Josef Klein lebt davon relativ unberührt; seine Welt sind die multikulturellen Straßen Harlems und seine große Leidenschaft das Amateurfunken. So lernt er auch Lauren, eine junge Aktivistin, kennen, die eine große Sympathie für den stillen Deutschen hegt. Doch Josefs technische Fähigkeiten im Funkerbereich erregen die Aufmerksamkeit einflussreicher Männer, und noch ehe er das Geschehen richtig deuten kann, ist Josef bereits ein kleines Rädchen im Getriebe des Spionagenetzwerks der deutschen Abwehr. Josefs verhängnisvoller Weg führt ihn später zur Familie seines Bruders nach Neuss, die den Aufstieg und Fall der Nationalsozialisten aus der Innenperspektive erfahren hat, und letztendlich nach Südamerika, wo ihn Jahre später eine Postsendung aus Neuss erreicht.
Jack Robbins und Ronnie Dean sind Freunde, beide träumen vom Ruhm – Jack als Entertainer, Ronnie als Zauberer. Nach ihrer Militärzeit lassen sie endlich das berüchtigte Londoner East End hinter sich: Im mondänen Seebad Brighton steigen sie Ende der Fünfzigerjahre ins flirrende Showgeschäft ein. Als die bezaubernde Evie White zu ihnen stößt, kommt der ganz große Erfolg, und aus den Freunden werden Rivalen. Denn Evie – erst Ronnies Assistentin, später seine Verlobte – beginnt eine Affäre mit Jack. Wenig später verschwindet Ronnie während eines Auftritts und bleibt unauffindbar. Als könnte er wirklich zaubern.
London 1887. Die britischen Kolonialherren in Afrika und Asien stehen auf der Höhe ihrer Macht. Doch von den Gewaltverbrechen in der Ferne bekommt der Klavierstimmer Edgar Drake wenig mit: Er hat Großbritannien noch nie verlassen. Bis Drakes beschauliches Leben plötzlich komplett auf den Kopf gestellt wird: Das britische Kriegsministerium beauftragt ihn, einen seltenen und wertvollen Erard-Flügel zu reparieren – und zwar im tiefsten Dschungel von Birma, dem heutigen Myanmar, wo der britisch-birmanische Krieg wütet. Der Flügel gehört dem dort stationierten Militärarzt Anthony Carrol, der das Instrument einsetzt, um über die Kraft der Musik einen friedlichen Dialog mit den Einheimischen zu führen. Der Brutalität des Krieges auf diese Weise zu trotzen, beeindruckt Drake, er nimmt den Auftrag an. Und tatsächlich verfällt er in Birma nicht nur der exotischen Landschaft und den fremden Bräuchen, sondern auch dem charismatischen Arzt Carrol. Selbst als die Arbeiten am Flügel längst vollzogen sind, schafft er es nicht, sich von dieser faszinierenden fremden Welt zu lösen – mit fatalen Folgen.
Knud hatte als Kind eine alte Landkarte über dem Bett hängen, sie zeigte den Horizont seiner Welt – des Paradieses. Wie das dänische Nykøbing auf der Insel Falster, der Ort seiner Kindheit, es war. Als er älter wird, geht er zum Studieren nach Kopenhagen: Literaturwissenschaft, denn die Bücher im Schrank der Frankfurter Großmutter haben ihn geprägt. Aber in der Großstadt beginnt ein Leben voller Ab- und Ausschweifungen, bestimmt von Alkohol und Drogen. Die Suche nach dem Paradies führt ihn in die Hölle. Bis Knud sich einen Gefährten herbeihalluziniert. Einen gewissen »M«, Sohn eines CIA-Agenten in Teheran, der ihn errettet. Jetzt wird aus dem ewigen Studenten ein erfolgreicher Werbefachmann – und ein schonungsloser Chronist des eigenen Lebens.
Eine junge Frau steht vor einer lebensverändernden Entscheidung und stellt sich deshalb die Frage, wie man eigentlich Erkenntnisse gewinnt. Sie überdenkt ihre eigene Situation und die ihrer Mutter und Großmutter, betrachtet aber auch die Erfolge berühmter Wissenschaftler, um so zu verstehen, was das Leben eigentlich ausmacht und wie man voneinander lernen kann. Will ich ein Kind? Will ich es jetzt? Was gibt dem Leben Bedeutung? Die Ich-Erzählerin versucht, im Leben ihrer verstorbenen Mutter und ihrer Großmutter, die Psychoanalytikerin war, Antworten auf diese essenziellen Fragen zu finden. Auf der Suche nach einem Muster, das sich auf ihr eigenes Leben übertragen lässt, nimmt sie Wendepunkte im Leben wichtiger Persönlichkeiten der Medizingeschichte in den Blick: Röntgen und seine Entdeckung der X-Strahlen, Sigmund und Anna Freud und ihre Entwicklung der Psychoanalyse sowie John Hunter, der die Anatomie erforschte. Wie fällt man rationale Entscheidungen, wenn man die emotionalen Konsequenzen nicht absehen kann? Kann man aus der Geschichte und den Errungenschaften anderer lernen und für das eigene Leben Schlüsse ziehen?
Mit frischem Universitätsabschluss in der Tasche, beschließt der junge Franzose Mauro, seinem bisherigen Leben den Rücken zu kehren. Er will sich nun voll und ganz seiner wirklichen Leidenschaft verschreiben: dem Kochen. Mit seinem Fahrrad rast Mauro von Brasserien über Bistros zu Sternerestaurants, er kocht in Berlin und in Burma, springt vom Blanchieren zum Sautieren, von Bouillons zu Sorbets, von Marktgängen zu Nachtschichten – und eröffnet schließlich seinen eigenen kleinen Laden. Fünfzehn Lehrjahre, gezeichnet von geschundenen Händen, Schlafmangel und einer schleichend zerrinnenden Freizeit. Aber auch ein sinnliches Abenteuer der absoluten Hingabe und der Kunst des perfekten Menüs.
Deutschland in der nahen Zukunft. Die Küsten sind überschwemmt, weite Teile des Landes sind entvölkert, und die Natur erobert sich verlassene Ortschaften zurück. Berlin ist nur noch eine Kulisse für Touristen. Regierungssitz ist Frankfurt, das mit dem gesamten Rhein-Main-Gebiet zu einer einzigen Megacity verschmolzen ist. Dort, wo es eine Infrastruktur gibt, funktioniert sie einwandfrei. Nahezu das gesamte Leben wird von Algorithmen gesteuert. Allen geht es gut – solange sie keine Fragen stellen. Lina, Rechercheurin bei einem der letzten nichtstaatlichen Nachrichtenportale, wird in die Uckermark geschickt, um zu überprüfen, ob dort tatsächlich Schakale eine Frau angefallen haben. Dabei sollte sie eigentlich eine brisante Story übernehmen. Während sie widerwillig ihren Job macht, hat ihr Chef einen höchst merkwürdigen Unfall, und eine junge Kollegin wird ermordet. Beide haben an der Story gearbeitet, die Lina versprochen war. Anfangs glaubt sie, es ginge um den Handel mit Gesundheitsdaten im großen Stil, doch dann stößt sie auf die schaurige Wahrheit: Jemand, der ihr sehr nahesteht, hat die Macht, über Leben und Tod fast aller Menschen im Land zu entscheiden. Und diese Macht gerät nun außer Kontrolle …
Alexander ist ein junger Mann, dessen Leben brutal entzweigerissen wurde. Tatjana Alexejewna ist über neunzig und immer vergesslicher. Die alte Dame erzählt ihrem neuen Nachbarn ihre Lebensgeschichte, die das ganze russische 20. Jahrhundert mit all seinen Schrecken umspannt. Nach und nach erkennen die beiden ineinander das eigene gebrochene Herz wieder und schließen eine unerwartete Freundschaft, einen Pakt gegen das Vergessen.
Paula braucht nicht viel zum Leben: ihre Wohnung, ein bisschen Geld für Essen und ihren kleinen Bruder Tim, den sie mehr liebt als alles auf der Welt. Doch dann geschieht ein schrecklicher Unfall, der sie in eine tiefe Depression stürzt. Erst die Begegnung mit Helmut, einem schrulligen alten Herrn, erweckt wieder Lebenswillen in ihr. Und schließlich begibt Paula sich zusammen mit Helmut auf eine abenteuerliche Reise, die sie beide zu sich selbst zurückbringt – auf die eine oder andere Weise.
Malaysia in den Fünfzigerjahren: Der Ausnahmezustand wird verhängt, die Regierung fürchtet ein Übergreifen des Kommunismus aus China. Die junge Siew Li verlässt ihre Familie, um im Dschungel für die Freiheit zu kämpfen. Ihre Kinder werden aufwachsen, ohne von ihr zu wissen, ihr Mann wird alleine alt. Als sich jedoch die Londoner Journalistin Revathi auf die Spuren der damaligen Verbrechen begibt, wird daraus eine Suche nach der verschwundenen Siew Li, und Revathi taucht tief ein in die verdrängte Geschichte Malaysias und Singapurs.
Eine junge Frau zieht ungewollt die Aufmerksamkeit eines mächtigen und erschreckend älteren Mannes auf sich, Milchmann. Es ist das Letzte, was sie will. Hier, in dieser namenlosen Stadt, erweckt man besser niemandes Interesse. Und so versucht sie, alle in ihrem Umfeld über ihre Begegnungen mit dem Mann im Unklaren zu lassen. Doch Milchmann ist hartnäckig. Und als der Mann ihrer älteren Schwester herausfindet, in welcher Klemme sie steckt, fangen die Leute an zu reden. Plötzlich gilt sie als »interessant« – etwas, das sie immer vermeiden wollte. Hier ist es gefährlich, interessant zu sein.
Nach einer atemlosen gemeinsamen Zeit in London stehen Hannah, Cate und Lissa mit Mitte dreißig an ganz unterschiedlichen Punkten. Hannah liebt ihr Leben und das Leben mit Nathan, doch alles scheint wertlos ohne ein Kind. Cate ist nach der Geburt ihres Sohnes nach Canterbury gezogen und hat das Gefühl, sich mehr und mehr selbst zu verlieren. Und Lissa steht nach einer schwierigen Beziehung auf der Schwelle zu ihrem Traum. Was wollen wir, was können wir sein?
In der Kleinstadt Miracle Creek in Virginia geht ein Sauerstofftank in Flammen auf. Zwei Menschen sterben – Kitt, die eine Familie mit fünf Kindern zurücklässt, und Henry, ein achtjähriger Junge. Im Prozess wegen Brandstiftung und Mord sitzt Henrys Mutter Elizabeth auf der Anklagebank. Und die Beweise sind erdrückend. Hat sie ihren eigenen Sohn ermordet? Während ihre Freunde, Verwandten und Bekannten gegen sie aussagen, wird klar: In Miracle Creek hat jeder etwas zu verbergen.
Sie sind Pioniere und Verdammte. Eroberer von Raum und Zeit. Träumer des Absoluten. Sie verändern den Lauf der Geschichte und verzweifeln an sich selbst: Werner Heisenberg, dessen Gleichungen – im Wahn auf der Insel Helgoland entstanden -, zum Bau der Atombombe führen. Der Mathematiker Alexander Grothendieck, der es vorzieht, seine Formeln zu verbrennen, um die Menschheit vor ihrem zerstörerischen Potential zu schützen. Oder Fritz Haber, dessen physikalische Verfahren eine Hungerkrise vermeiden und zugleich das diabolischste Werkzeug der Nationalsozialisten hervorbringen werden
Einst waren sie unzertrennlich, seit fünf Jahren sprechen sie nicht mehr miteinander, doch die eine wacht insgeheim über die andere. Jetzt aber ist die Lage bedrohlich geworden: Mickey, Streifenpolizistin in Philadelphia, findet ihre drogenabhängige Schwester Kacey nicht mehr auf den Straßen der Blocks, die sie kontrolliert und auf denen Kacey für ihren Konsum anschaffen geht. Gleichzeitig erschüttert eine Reihe von Morden an jungen Prostituierten die von Perspektivlosigkeit und Drogenmissbrauch geplagte Stadt.
Es sind die heißesten Tage im Jahr, Hundstage, die, so glauben manche, schweres Unheil bringen. Kemal Arslan läuft durch Heilbronn, ein Fußballstar, der nach einem Unfall seine Karriere beenden und von vorn anfangen muss. Unbeteiligt steht er auf einer türkischen Hochzeit herum, geht in ein Striplokal und ins Wettbüro, gerät mitten hinein in eine Straßenschlacht zwischen Rechten und Migranten, trifft seine Exfreundin Sina und besucht seine Eltern, die, wie die meisten Türken der Stadt, in Hawaii wohnen, einem Problembezirk mit heruntergekommenen Hochhäusern und rauem Straßenleben, der rein gar nichts mit dem Urlaubsparadies gemeinsam hat.
Detektivarbeit ist kein Kinderspiel. Der neunjährige Jai schaut zu viele Polizei-Dokus, denkt, er sei klüger als seine Freundin Pari (obwohl sie immer die besten Noten bekommt) und hält sich für einen besseren Anführer als Faiz (obwohl Faiz derjenige mit zwei älteren Brüdern und einem echten Job ist). Als ein Junge aus ihrer Klasse verschwindet, beschließt Jai, sein Fernsehwissen zu nutzen, um ihn zu finden. Mit Pari und Faiz an seiner Seite wagt er sich in den verwinkelten Bhoot-Basar und dann weiter hinaus in die verbotenen Viertel der Stadt. Doch mehr und mehr Kinder verschwinden, und die Dinge in der Nachbarschaft werden kompliziert …
Mauritius – eine Perle im Indischen Ozean. Als Jéremy Felsen dort ankommt, weiß er nur, dass seine Familie dort jahrhundertelang auf der Plantage Alma erst Tabak, dann Zuckerrohr angebaut hat. Doch all das ist lange her, die Plantage existiert nicht mehr. Die Moderne hat Einzug gehalten, mit Flugverkehr, Touristen, Supermärkten. Zwar findet Jéremy, der zuvor noch nie auf der Insel war, nicht das, was er eigentlich suchen wollte, nämlich Spuren des ausgestorbenen Vogels Dodo, dafür aber gibt es überall Spuren seiner Familie, auf die er in vielen Gesprächen mit Inselbewohnern und bei ausgedehnten Streifzügen stößt. Und es gibt Dominique – genannt Dodo – Felsen, der auf der Insel geboren wurde und der parallel zu Jéremy seine Geschichte erzählt. Eine Geschichte von Krankheit und Kolonialismus, aber auch von Neugier und Lebensfreude.
Argentinien, 1952. Wie aus dem Nichts taucht in der verschlafenen Kleinstadt S. ein junger Mann auf. Er ist schwer verletzt, hat nichts als seine Kleider am Leib und scheint sein Gedächtnis verloren zu haben. Nur einen Namen wiederholt er immer wieder: Kurt. Doktor Rivenport, der Direktor des örtlichen Krankenhauses, ist über die Einlieferung des neuen Patienten gar nicht erfreut. Er stört sein geruhsames Leben im perfekten Gleichgewicht zwischen den Pflichten als Arzt und seiner Passion: dem Fangen und Präparieren von Schmetterlingen. Am liebsten würde er Kurt gleich wieder loswerden, doch das ist nicht so einfach.
Jaz und Lisa Matharu reisen mit ihrem autistischen Sohn in die kalifornische Mojave-Wüste, um dem New Yorker Alltag zu entfliehen und ihre Ehe zu retten. Doch bei einem Ausflug verschwindet der vierjährige Raj in der Nähe einer Felsformation, die die bizarre Landschaft prägt und seit jeher Objekt mythischer Vorstellungen ist. 1947 ließ sich an gleicher Stelle ein ehemaliger Flugzeugmechaniker namens Schmidt nieder, der in den Felsen eine natürliche Antenne sah, um Kontakt zu Außerirdischen aufzunehmen. Quellen zufolge war dort bereits 1778 dem Missionar Francesco Garcès ein Engel erschienen, in Menschengestalt, mit dem Kopf eines Löwen … Alle Versuche der Polizei, Raj zu finden, scheitern, und es tauchen vermehrt Blogs und Tweets auf, in denen Jaz und Lisa verdächtigt werden, selbst für das Verschwinden ihres Kindes verantwortlich zu sein.
Verführt von Politik, Poesie und dem Traum, gemeinsam eine bessere Welt zu schaffen, verliebt sich die namenlose Erzählerin in einen Universitätsprofessor. Als sie mit ihm in eine verregnete Stadt zieht, muss sie schnell erfahren, dass das, was für sie eine schöne Liebesbeziehung ist, für ihn ein Eigentumsvertrag ist. Als er sie auf seine idealisierte Version einer gehorsamen Frau reduziert, sie schikaniert und ihren Ehrgeiz, Schriftstellerin zu werden, im Keim erstickt, beginnt sie, sich zu wehren – ein Widerstand, den er mit Gewalt und Vergewaltigung brechen will.
Im Jahr 1919 gleicht Italien einem politischen Trümmerfeld. Der Erste Weltkrieg hat die italienische Regierung massiv geschwächt, sozialistische wie rechtsnationale Gruppen erleben einen noch nie dagewesenen Aufstieg und stellen politische Institutionen radikal in Frage, während frustrierte Kriegsheimkehrer durch die Straßen des Landes ziehen. Getrieben von ihrem Unmut lassen sich die ehemaligen Kämpfer bald von einem Mann einen, der sie zu gemeinsamen Aktionen gegen die politische Linke aufruft: Benito Mussolini, Gründer des Il Popolo d’Italia und ehemaliger Chef des linksextremen Flügels der sozialistischen Partei Italiens. Dem Fünfunddreißigjährigen gelingt es, sich in Zeiten politischer Unsicherheit Gehör zu verschaffen und unterschiedlichste Gruppierungen unter einem gemeinsamen Banner zu versammeln. Bis zum berühmten Marsch auf Rom 1922 und darüber hinaus wird Mussolini seine Macht in Italien rasant ausbauen und den Faschismus als Staatsideologie unwiderruflich festschreiben.
1896. Berlin. Die Nationalgalerie Deutschlands erwirbt und zeigt als erstes Museum der Welt die Pariser Moderne: Manet, Monet, Renoir, Rodin. Ein Mann unternimmt das Wagnis, Hugo von Tschudi. Gegen den deutschen Kaiser, gegen die konservativen Fraktionen in der Gesellschaft, gegen alles, was ihn aufhalten will.
Amber singt an einem Konzert gegen ihren Schmerz an; Quentin läuft Kilometer um Kilometer, um der Trauer zu entkommen, und Kristianne möchte die wahre Geschichte ihres Sohnes erzählen. Diese Leben und das von fünf weiteren Menschen überkreuzen sich durch Mattias‘ plötzlichen Tod auf schicksalhafte Weise. Wie Puzzlesteine fügen sich ihre Geschichten zu einem Abbild von Mattias und werden trotz aller Trauer zu Zeugen seiner Begeisterungsfähigkeit und seines unbeugsamen Mutes, sich dem Leben jeden Tag vorbehaltlos hinzugeben.
Detective Superintendent MacNeice ist alles andere als ein gewöhnlicher Ermittler: Er redet mit Vögeln und mit seiner verstorbenen Frau Kate, ohne deswegen eine Psychomacke zu haben. Er ist ein rasend guter Beobachter, lebensklug und vor allem liebenswürdig und empathisch. Sein feines Feeling für Menschen macht ihn zu einem gnadenlos guten Cop, der allerdings auch riskant und unkonventionell arbeitet. Er kann durchaus ruppig werden, wenn man ihn dazu zwingt. Und er hat ein loyales Team um sich herum, allen voran DI Fiza Aziz. Als im Hafen von Dundurn, Ontario, einbetonierte Leichen auftauchen, zwei Biker-Gangs sich bekriegen und ein Mörder erfolgreiche Frauen mit ethnischem Hintergrund jagt, bedeutet das Dauerstress für MacNeice und seine Truppe. Nicht zuletzt deshalb, weil auch Fiza Aziz in den Fokus des Killers gerät. MacNeice läuft zur Hochform auf …
Die Farels sind schön und reich, haben Einfluss und Macht: Jean Farel ist ein prominenter Fernsehjournalist, seine Frau Claire eine Intellektuelle, bekannt für ihr feministisches Engagement. Ihr Sohn Alexandre, gutaussehend, sportlich, eloquent, studiert an einer Elite-Uni. Eine Familie wie aus dem Bilderbuch, könnte man meinen. Doch eines Morgens steht die Polizei bei den Farels vor der Tür, eine junge Frau hat Anzeige wegen Vergewaltigung erstattet. Die glanzvolle gesellschaftliche Fassade zeigt gefährliche Risse.
An der nördlichsten Küste Islands entspringt eine Quelle, die Überlieferungen zufolge über geheimnisvolle Heilkräfte verfügt. Als ein heftiger Vulkanausbruch Island – damals eine dänische Kolonie – im 18. Jahrhundert verwüstet, wird im fernen Kopenhagen die Zwangsdeportation der Bevölkerung geplant. Der junge Wissenschafter Magnús Egede wird auf die Insel geschickt, um die Umsetzung dieses Plans zu betreiben – stattdessen jedoch verfällt er der Faszination der rauen Landschaft, ihrer Archaik und der Schönheit von Sesselja, einem stummen Mädchen aus den Westfjorden. Als Magnús von einem Eisbären schwer verletzt wird, ist es das Wasser aus dem Quell des Lebens am Rande der bewohnbaren Welt, mit dem Sesselja ihn heilt – nur um ihn wieder zu verlieren…
Im Frühjahr 1969 sucht Jane Mixer eine Mitfahrgelegenheit, ihre ersten Semesterferien will sie zu Hause in Muskegon, Michigan, verbringen. Dort angekommen ist sie nie: Sie wird brutal ermordet, ihre Leiche am nächsten Tag ein paar Meilen vom Campus entfernt gefunden, mit zwei Kugeln im Kopf und einem Nylonstrumpf um den Hals. Jahrzehntelang gilt der Fall als ungelöst, bis er 2004 erneut aufgenommen wird – durch einen positiven DNA-Abgleich wird ein neuer Verdächtiger identifiziert und vor Gericht gestellt.
Sie hatte ihr Leben dem Lesen und Schreiben gewidmet. Doch plötzlich zerbricht alles um sie herum, eine Diktatur breitet sich aus, das Schreiben wird unmöglich. Ihre einzige Ausdrucksmöglichkeit findet die Erzählerin in einem rätselhaft bleibenden »Soundblog«. Mysteriöse, beängstigende und philosophische Gedanken beschäftigen sie: Die neue Macht zerstört nach und nach auf heimtückische Weise jede Erinnerung und versucht, alle Spuren der Geschichte zu löschen. Wann und wie hat dieser Umbruch stattgefunden? Gab es Warnsignale? Ist sie selbst schuld daran, dass die Dinge geschehen? Wollte sie sich nicht aus der Vergangenheit befreien?
Der Junge und der alte Mann leben auf einer Plattform in der Nordsee, inmitten eines riesigen Windparks, der langsam verfällt. Es gibt kein Stück Horizont ohne Windräder, doch der Park läuft nur noch mit 59 Prozent Leistung, manchmal mehr, manchmal weniger. Öl und Schmierfett lecken aus den Rädern, die von Rost überzogen sind, manche neigen sich leicht zur Seite, die Fundamente zerfallen. Der Junge und der alte Mann sollen mit ihrem Wartungsboot den Park instand halten. Aber mit den ihnen zur Verfügung stehenden Werkzeugen und Ersatzteilen können sie immer nur notdürftige Reparaturen vornehmen. Übersetzungsräder austauschen, Risse schweißen, Kabel neu verlegen. Alle drei Monate bringt ein Versorgungsschiff neue Ersatzteile, meist jedoch nicht …