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Mörderischer Fischfang

Jock Serong – Fischzug

Dauphin im Bezirk Victoria ist ein verschlafenes Nest an der Südküste Australiens. Abgesehen vom wöchentlichen Football-Match und Band-Abenden im lokalen Pub ist hier nichts los. Die Haupteinkommensquelle stellt die Fischerei da. Besonders die Abalonen entpuppen sich als sprudelnde Einnahmequelle. Wer die Lizenz zum Fischen dieser Meeresfrüchte hat, der hat eigentlich ausgesorgt. Solche Lizenzen sind Millionen wert und für die Besitzer sehr erträglich. Der Handel mit den auch unter dem Namen Seeohren bekannten Delikatessen floriert.

Alles eigentlich doch recht unspektaktulär. Doch nun hat sich ein Mord ereignet. Auf einem Boot wurde ein junger Fischer ermordet. Zwei konkurrierende Fischer sind dringend tatverdächtig. Für den Staatsanwalt reist Charlie Jardim nach Dauphin. Dieser ist in Melbourne in Ungnade gefallen, seine Partnerin ist drauf und dran, ihn zu verlassen. Nun also Dauphin, wo er seine eigenen Recherchen beginnt. Warum musste der junge Fischer sterben? Kann auch der Drogenhandel eine Rolle spielen?

Ein beachtenswertes Debüt

Fischzug ist das Debüt von Jock Serong. Neben seiner Tätigkeit als Autor ist Serong auch als Anwalt tätig, kennt also das im Roman geschilderte juristische Handwerk aus erster Hand. Auch lebt und arbeitet er wie Charlie Jardim in Fischzug in Victoria an der Südwestküste der Insel. Für den Roman wurde dem Australier im Jahr 2015 der Ned Kelly-Award für das beste Debüt zugesprochen. Eine Ehre, die im Jahr zuvor beispielsweise Candice Fox für Hades erhielt. Auch Jane Harper und Alan Carter zählen zu den Preisträgern, deren Debüts auf diese Weise ausgezeichnet wurden.

Jock Serong -Fischzug (Cover)

Gute Gesellschaft also, in der sich Jock Serong da befindet. Und sein Roman macht auch klar, warum Fischzug dergestalt prämiert wurde. Ihm gelingt in seinem Buch ein wirklich runder Erstling, der in mehreren Punkten überzeugt. Da ist der Held Charlie Jardim, der kein geschliffener und polierter Charakter ist, sondern durchaus seine weniger positiven Seiten nicht versteckt (besonders eindringlich hier sicher die Szene mit dem Auto und dem Känguru, für die es eines starken Magens bedarf).

Dann ist es aber auch die Atmosphäre in dem Dorf, in dem man sich die verfeindeten Familien gegenseitig und alle Charlie misstrauen. Diese Welt zeichnet Serong genauso gekonnt wie die unter Wasser. Und dann ist da auch noch der Plot, der genau das richtige Maß zwischen komplex und überschaubar hält. Das zwischen Ermittlungsarbeit und Justizdrama changierende Drama kann wirklich überzeugen. Ohne große Schwächen ist dies einmal mehr ein Buch mit dem richtigen Plot, der dazu passenden Sprache und einer Länge, die mit knapp 300 Seiten genau passend ist.

Eine tolle Entdeckung aus Australien

Eine weitere fabelhafte Entdeckung aus Australien, die Wolfgang Franßen und dem Polar-Verlag da geglückt ist. Auch die Übersetzung von Robert Brack ist stimmig und gibt die nuancenreiche Welt in Victoria gut im Deutschen wieder.

Einzig und alleine die Frage bleibt, warum man dem Buch kein schöneres oder aussagekräftigeres Cover spendiert hat. So bleibt diese mondbeschienene See für sich genommen etwas unspezifisch und wenig attraktiv. Mehr Mut bei der Cover-Gestaltung – dieser Inhalt verdient es!

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Elisabeth Herrmann – Totengebet

Vernau im Kibbuz

Eine junge Frau in einem Kibbuz in Israel in den 80er Jahren auf der Flucht. Ein Angriff auf den Berliner Rechtsanwalt Joachim Vernau – was verbindet diese Ereignisse?

Elisabeth Herrmann - Totengebet (Cover)

In Elisabeth Herrmanns neuem Krimi Totengebet sind die Beziehungen der Ereignisse zunächst genauso unscharf wie die Erinnerungen Vernaus an jene Nacht, die ihn in ein Berliner Krankenhaus brachte. Die Zeitungen machen mit Vernau als Helden von Berlin auf. Er soll einen jüdischen Mitbürger vor rechten Schlägern geschützt haben und dafür Läsionen in Kauf genommen haben. Doch Vernau misstraut den offiziellen Erklärungen, kommen ihm doch ganz andere Erinnerungsfetzen in den Sinn. Er erinnert sich an eine junge Frau namens Rachel Cohen, die ihn in dringlicher Mission aufsuchte und nach den nebulösen Ereignissen in jener Nacht spurlos verschwand. Vernau ahnt, dass hinter dem Auftauchen und Verschwinden der jungen Frau ein Geheimnis stecken muss, und so macht er sich auf eigene Faust daran, die Nacht zu rekonstruieren und den Spuren der jungen Frau zu folgen. Doch es scheint, als sei Rachel Cohen ohne Spuren verschluckt worden.

Die Geschichte, die sich hinter dem nichtssagenden Titel Totengebet verbirgt, ist reichlich verwinkelt. Elisabeth Herrmann lässt Joachim Vernau diesmal in ein Kapitel seiner Vergangenheit reisen, das er schon längst abgeschlossen glaubte. 1987 verdingte er sich nämlich mit ein paar anderen Freiwilligen als Helfer in einem Kibbuz in Israel. Die damaligen genossenschaftlichen Gemeinschaften boomten, und so half auch Vernau damals mit anderen Deutschen und Juden in einem solchen Kibbuz als Volunteer beim Pflanzen und Kultivieren der Wüste aus. Doch nicht nur Arbeit spielte damals eine Rolle, in jenem Sommer verdrehte auch eine israelitische Frau allen Männer im Kibbuz den Kopf. Wo liegt nun die Verbindung zwischen der Zeit der Selbstfindung im Kibbuz und dem Auftauchen der jungen Frau in Berlin?

Die Spur führt nach Israel

Ein Kibbuz in Israel in den 80er Jahren (c) Michael Coghlan
Ein Kibbuz in Israel in den 80er Jahren (c) Michael Coghlan

Der neue Fall von Joachim Vernau entfaltet sich erst langsam und spielt zu einem großen Teil in Israel. Wohltuend, dass sich Herrmann nicht in Wiederholungen ergeht und den gefühlt 3269. Krimi mit Bezug auf das Dritte Reich und den Nationalsozialismus schreibt, sondern sich einem anderen Thema aus der israelischen Geschichte zuwendet. Die Geschichte der Kibbuze und die Schilderungen des Lebens in Tel Aviv und auf dem Land in Israel besitzen einen ganz eigenen Reiz und sind durchaus originell zu nennen. Etwas aufgesetzt wirken hingegen die gelegentlich eingestreuten Seitenhiebe auf die AfD und den Rechtspopulismus – auch wenn einer der Charaktere hier für die BfD in den Berliner Senat möchte. Dieser etwas aufgepfropft wirkende Seitenstrang wollte sich für mein Empfinden nicht ganz harmonisch ins Buch einfügen.

Ansonsten bietet Elisabeth Herrmann nach dem Durchhänger Der Schneegänger wieder Krimikunst auf gewohnt gutem Niveau. Die konstruierte Handlung weiß zu unterhalten und mit einem exotischen Setting zu punkten.

Hier noch die Übersicht der bislang erschienen Krimis mit dem Berliner Anwalt Joachim Vernau:

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Elisabeth Herrmann – Die siebte Stunde

Die Schule des Todes

Elisabeth Herrmann - Die siebte Stunde

Elisabeth Herrmann – Die siebte Stunde

Joachim Vernau muss nachsitzen. Zumindest zieht es ihn wieder in die Schule, nachdem der klamme Rechtsanwalt eine Chance bekommt, sein Bankkonto wieder etwas ins Plus zu bringen. Er soll an einer Berliner Privatschule eine Jura-AG übernehmen, in der den Schülern die Materie von Recht und Rechtsprechung nahegebracht werden soll. Eigentlich eine leichte Aufgabe für den findigen Vernau, doch in der Realität stellt sich alles dann ein bisschen anders da. An der Schule herrscht eine gedrückte und fast feindselige Stimmung und Schüler und Lehrer scheinen Geheimnisse zu hüten. Brisant wird das Ganze, als Vernau dann auf Informationen stößt, dass eine Schülerin aus dieser Schule Selbstmord begangen hat.

Langsam durchdringt er die Mauern des Schweigens und folgt den Spuren eines mysteriösen Spiels, das die Schüler der Privatschule zu spielen scheinen. Kann in einem harmlosen Spiel der Schlüssel zum Tod des Schülers und dem Schweigen der Schule stecken?

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