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Shida Bazyar – Drei Kameradinnen

Ein Buch auf der Höhe der Zeit: Rassismus, Ausgrenzung, Ernährung, Klassismus und noch viel mehr. Shida Bazyar blickt auf alle aktuellen Debattenthemen – kreiert dabei allerdings keinen überzeugenden Roman.


Will man in einigen Jahrzehnten wissen, welche Debatten im Jahr 2021 das tendentiell eher linke Spektrum der Gesellschaft beschäftigt haben, kann man einfachzu Shida Bazyars Roman Drei Kameradinnen greifen. Hierin lässt sich alles nachlesen, was die Diskurse der Zeit bestimmte. Das große Feld der Identitätspolitik wird hier beackert, die Ausgrenzung von Menschen mit fremden Namen oder Aussehen. Die Verzweiflung und Angst von Menschen mit ausländischen Wurzeln angesichts einer jahrelang nicht aufgedeckten Mordserie Rechtsradikaler. Oder auch vermeintliche Kleinigkeiten wie subtile Ausgrenzung und Diskriminierung im Alltag, auch Mikroagressionen genannt. All das beschreibt Shida Bazyar in ihrem Roman ausufernd und mit hohen Diskussionsanteil.

Eine schriftgewordene Identitätspolitik-Debatte

Sie wählt hierfür die Konstellation dreier Freundinnen, für die all diese Erfahrungen Alltag sind. Da ist die Ich-Erzählerin Kasih, die stets angepasste Hani und Saya, die in einem dem Buch vorangestellten Artikel als „agressive und verblendete“ Brandstifterin vorgestellt wird, deren Tat den Tod mehrerer Menschen zur Folge hatte. Bis es allerdings zu diesem schon auf dem Cover angedeuteten Brand kommt, vergehen viele Seiten. Sehr viele Seiten. Auch Shida Bazyar scheint um das bedenkliche Durchhängen ihres dramaturgischen Spannungsbogen gewusst zu haben, denn sie lässt Kasih ihre Erzählung immer wieder mit Vorausschauen unterbrechen.

Man könnte also auch sagen, dass unsere Internetsituation schuld an allem ist. Dass Saya, anstatt heute auszurasten, bestimmt entspannt und ausgeglichen gewesen wäre, wenn sie gewusst hätte, dass sie einfach zu mir nach Hause kommen und sich mit den positiven Geühlen ablenken kann, die jede beendete und jede neu angfangene Folge in ihr freisetzen. Jetzt gerade würde ich mich auch viel lieber mit dem Serien ablenken, statt weiterzuschreiben, oder habt ihr gedacht, ich mache das hier gerne?

Shida Bazyar – Drei Kameradinnen, S. 210
Shda Bazyar - Drei Kameradinnen (Cover)

Solcherlei Einwürfe, mit denen Bazyar aus der erzählten Zeit heraustritt, gibt es einige im Buch. Leider schafft sie es trotz dieses Kniffs nicht, durchgängig Interesse für die Entwicklungen ihrer Geschichte zu erzeugen. Denn Kasih, Hani und Saya reden und reden und reden. So beginnt alles mit einer (erfundenen Episode) über ein Missverständnis mit Sitzplätzen in einem Flugzeug, das sich zu einer Betrachtung über Rassismus auswächst. Fortan durchschreiten die jungen Frauen alle Debattenräume, die in unserer Gesellschaft gerade so bereithält und tauschen ihre Erfahrungen und Ansichten aus.

Das tumbe System der Arbeitsagenturen wird hierbei genauso behandelt wie der moralische Aspekt unserer Ernährung oder das Erstarken des rechten Randes (hier ist es eine sogenannte Flügelpartei, die die politischen Debatten dominiert). Bazyar spielt alle diese Themen durch und inszeniert dabei sogar in einem Rückgriff auf die Popkultur der 90er eine trashige Talkshow, wie sie zu dieser Zeit bei den privaten Sendern populär war. Zwar sind diese Einfälle nett, doch in der Gesamtheit dieses andauernden Diskurses über alle zeitgeistigen Themen stellte sich bei mir allmählich ein Gefühl der Ermüdung ein.

Ein Spiel mit Wahrheit und Schein

Gelang Mithu Sanyal in ihrem ähnlich inmitten aller linker Diskurse stehenden Romandebüt Identitti eine präzise und fokussierte Inszenierung ihres erzählerischen Feldes, ist dieses Feld bei Bazyar leider reichlich unkonturiert und ausgefranst. Drei Kameradinnen bietet abseits der ewigen Gespräche und Debatten leider literarisch nur mittelmäßig Interessantes und ist eher buchgewordener Leitartikel oder Debatteneinwurf denn ein mitreißendes Erzählwerk. Zwar gibt es mit der Mordserie von Neonazis und der (medialen) Debatte über die Taten oder die Brandstiftung Leitmotive, sie tragen das Buch allerdings nicht. Oder anders gesprochen: der Rahmen für das Buch steht, der Inhalt überzeugt aber leider nicht so ganz. Da hilft auch das ständige Spiel mit Wahrheit und Fälschung wenig.

Ich habe eine Schreibpause eingelegt, für wenige Minuten. Ihr habt das nicht gemerkt, denn ohne mich und meine wohlwollende Informationsvergabe seid ihr nun mal aufgeschmissen, ohne mich checkt ihr hier gar nichts. Ihr braucht mich, aber ich kann euch auch verarschen, ohne dass ihr irgendwas davon merkt. Ich kann die Tastatur schweigen lassen, schreiben und brüllen und ausrasten, ohne dass ihr jemals davon erfahrt. Weil es mir hier aber ja um Transparenz geht, erfahrt ihr natürich doch jedes Detail über das, was ich tue, sonste könnte ich das hier ja auch gleich lassen.

Shida Bazyar – Drei Kameradinnen, S. 220

Immer wieder reflektiert Kasih ihr eigenes Berichten und das, was sich die drei Kameradinnen so gegenseitig erzählen. Die junge Frau als unzuverlässige Erzählerin ist interessant, mit der Dauer des Buchs schleift sich dieser Kniff aber zusehends ab. Trotz vielversprechender Ansätze kommt das Buch nicht zu einem befriedigenden Ergebnis, auch wenn das Ende für sich durchaus überzeugen kann. Insgesamt ist Drei Kameradinnen in meinen Augen aber leider ein Buch mit vielen modischen Themen, die aber an anderer Stelle überzeugender behandelt wurden. An dieser Stelle sei nur an Streulicht von Deniz Ohde oder die eben schon erwähnte Mithu Sanyal verwiesen. Ihre Bücher besitzen eine literarische Klasse, die Shida Bazyars Werk zumindest für mich leider vermissen lässt.

Ganz anders sieht das beispielsweise Maryam Aras auf dem Blog 54Books. Und auch auf dem Blog Letteratura ist man von diesem Buch überzeugt. Ich lade einfach zur unabhängigen Meinungsbildung ein und freue mich über Rückmeldungen!


  • Shida Bazyar – Drei Kameradinnen
  • ISBN 978-3-462-05276-3 (Kiepenheuer Witsch)
  • 352 Seiten. Preis: 22,00 €
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Doug Johnstone – Der Bruch

Kaum ein literarisches Genre blickt so tief in die sozialen Abgründe der Gegenwart, wie es der Kriminalroman tut. Der schottische Autor Doug Johnstone bestätigt das einmal mehr und zeigt, wie gut es funktionieren kann, wenn Spannung auf harten Sozialrealismus trifft.


In seinem Buch Der Bruch beschreibt er die Welt von Tyler Wallace. Dieser lebt in einem heruntergekommenen Hochhaus am Rande Edinburghs. Seine Mutter ist schwerst drogenabhängig und fällt als Erziehungsberechtigte vollkommen aus. Und so obliegt es dem 17-jährigen Tyler, für seine kleine Schwester Bethany, genannt Bean, zu sorgen. Der Vater ist längst verstorben, nur seine Halbgeschwister Barry und Kelly sind Teil der Familie.

Dog Johnstone - Der Bruch (Cover)

Aufgrund seiner kleingewachsenen Statur ist Tyler für seinen Halbbruder Barry das ideale Mittel zum Zweck. Denn Barry finanziert sich sein Leben und den immensen Drogenkonsum durch Einbrüche. Und so schickt er Tyler stets vor, um Häuser auszukundschaften und sich über Oberlichter Zutritt zu den Wohnungen der Besserverdienern von Edinburgh zu verschaffen.

Das überschaubare Leben der Familie findet allerdings nach einem Einbruch ein schnelles Ende. Denn Barry sticht bei einem schiefgelaufenen Bruch eine Frau nieder. Bei dieser Frau handelt es sich allerdings um die Frau eines lokalen Gangsterbosses. Und der lässt diese Tat nicht ungesühnt. Er bläst zur Jagd auf die Einbrecher und setzt sogar ein Kopfgeld aus.

Anspielungsreich und mit Hoffnung versehen

Es sind verschiedene Gründe, die für die Qualität dieses Krimis entscheidend sind. Da ist zunächst die Spannung, die Doug Johnstone immer intensiver in seinen Roman einfließen lässt. Nimmt er sich zunächst Zeit für die Skizzierung des sozialen Milieus und dem familiären Gefüge, wird spätestens mit der Kurzschlussreaktion von Tylers Bruder die Spannungsschraube angezogen. Der Bruch ist ein kriminalliterarisches Crescendo, das vom Piano des Beginns hin zu einem im wahrsten Sinne ohrenbetäubenden Finale reicht.

Die Sprache, die Doug Johnstone hierfür wählt, ist in nuancenreich und spiegelt das deprivierte Handlungsumfeld wieder. Den teilweise derben und ungeschönten Sound sollte man allerdings nicht mit Kunstlosigkeit verwechseln. Denn Johnstone beherrscht sein Metier und paraphrasiert in Bezug auf seine Wallace sogar Tolstoi.

Er wandte sich Flick zu. „Meine Familie ist voll abgefuckt“.

„Alle Familien sind abgefuckt“.

„Nicht wie meine.“

„Jede ist auf ihre eigene Art abgefuckt.“

Doug Johnstone – Der Bruch, S. 192

Solche Bezüge und Zitate sind schlau eingebunden und passen sich in den Gesamtkontext des Romans sehr gut ein. Und ja – die Hoffnungslosigkeit, die psychische und physische Gewalt spielt in Der Bruch eine wichtige Rolle. Aber es gibt eben auch die Dur-Akkorde, die das Moll des Buchs kontrastieren.

Diesen Kontrast bringt Doug Johnstone durch die Liebe in das Buch ein. Wie Tyler auf einem seiner Einbrüche Flick begegnet, wie sich diese beiden Außenseiter anziehen, wie sie Hoffnung schöpfen, das ist doch ausnehmend verheißungsvoll geschildert. Ob die Liebe jedoch in Erfüllung geht, das muss an dieser Stelle offenbleiben.

Fazit

Der Bruch steht in der Tradition des Sozialrealismus. Doug Johnstone schafft es, dass man hier in ein Milieu blickt, das sonst nicht viel Aufmerksamkeit erhält.

Diese Familie, in der schwerer Drogenmissbrauch, Hoffnungslosigkeit, Inzest und immer wieder ausbrechende Gewalt vorherrschen, lebt ebenso am Rande der Gesellschaft, wie sie geographisch auch tatsächlich tut. Das Leben dort in den Hochhäusern am Rande Edinburghs hat wenig mit dem sonst gut verkäuflichen Schottenkrimi gemein, wie ihn Ian Rankin, Helen Fields oder Oscar de Muriel schreiben. Hier verleiht jemand denen einen Stimme, die sonst eher verdrängt und totgeschwiegen werden.

Und das ergibt in Verbindung mit der ansteigenden Spannungskurve und der doch auch vorhandenen Hoffnung im Buch ein packendes Leseerlebnis. Gerne mehr hiervon!


  • Doug Johnstone – Der Bruch
  • Aus dem Englischen von Jürgen Bürger
  • ISBN: 978-3-948392-20-8 (Polar Verlag)
  • 308 Seiten. Preis: 20,00 €
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Thomas Mullen – Darktown

Von den schwierigen Anfängen der ersten schwarzen Polizisten in Atlanta in den 40er Jahren erzählt Thomas Mullen in Darktown (Übersetzung von Berni Mayer). Diese wollen ein Mord aufklären und sehen sich mit ubiquitärem Rassismus und Ausgrenzung konfrontiert.

Dabei war der Dienstbeginn der acht Männer in den Straßen Atlantas noch von so viel Aufmerksamkeit und Hoffnung begleitet worden. Auf Druck von Politik und schwarzer Bevölkerung hin wurden nämlich Freiwillige ausgewählt, um die bisher strikt weiße Polizei unterstützen sollten.

Doch die Befugnisse und Einsatzgebiete der acht Männer waren enorm beschnitten. Diese durften lediglich im als Darktown bezeichneten Stadtviertel, in dem die schwarze Bevölkerung wohnte, Streife gehen. So etwas wie ein Einsatzfahrzeug besaßen sie nicht, die Druckkosten für ihre Visitenkarten mussten sie aus eigener Tasche begleichen und Verhaftungen durchführen durften sie gleich zweimal nicht. Stattdessen mussten sie nach der Verhaftung oder der Feststellung einer Straftat zunächst einmal ihre weißen Kollegen rufen, die ihre Kollegen aus Darktown gängelten und schikanierten, wo es nur ging.

Angesichts dieser Widrigkeiten und Hindernisse brauchte es schon besondere Widerstandsfähigkeit der acht Männer, die sich zwischen weißer und schwarzer Bevölkerung aufrieben. Thomas Mullens Roman konzentriert sich auf einen der acht, der in den Mittelpunkt des Buches gerückt wird: sein Name ist Lucius Boggs, Sohn eines einflussreichen Predigers und mit einem hartnäckigem Gerechtigkeitssinn gesegnet. Dieser versieht mit seinem Partner Smith den Patrouillendienst in den Straßen von Darktown.

Auf Streife in Darktown

Schon auf den ersten Seiten stoßen die beiden auf einen Betrunkenen, der mit seinem Fahrstil die öffentliche Sicherheit gefährdet. Auf dem Beifahrersitz ein verängstigtes farbiges Mädchen. Doch eine Verhaftung des Betrunkenen scheitert, da sich die herbeigerufenen „richtigen“ Polizisten weigern, eine Verkehrskontrolle durchzuführen und den Betrunkenen weiterfahren lassen. So sieht Polizeiarbeit 1948 in Atlanta aus.

Als die schwarzen Polizisten später die Leiche jenes Mädchens vom Beifahrersitz des Betrunkenen finden, beginnt Boggs, Ermittlungen anzustellen, obwohl ihm das natürlich strengstens untersagt ist. Doch seine Ohnmacht bei der Verkehrskontrolle in jener Nacht lässt ihn nicht ruhen. Die Scharte soll ausgewetzt werden – der jungen Frau soll Gerechtigkeit widerfahren.

Rassismus allenorten

Unterstützung erhält er dabei von ungewöhnlicher Seite. Die zweite Hauptfigur, die zum Kontrapunkt Boggs wird, ist der weiße Ermittler Denny „Rake“ Rakestraw. Dieser entfremdet sich zusehends von seinem rassistischen Polizeipartner Dunlow und mischt ebenfalls in den Ermittlungen Boggs mit. So gehen beide Stück für Stück ihren Spuren nach. Und das praktisch gegen den Willen des gesamten Polizeiapparats.

Über diese Ermittlungen und die Spurensuche der Männer schafft es Mullen gut, die damaligen Umstände zu skizzieren. Der omnipräsente Rassismus, egal ob bei Zivilbevölkerung oder im Polizeiapparat, wird von Mullen gut eingefangen. Die Ausgrenzung der schwarzen Gemeinde und die teilweise Unterwanderung der Polizei durch den Ku-Klux-Klan – Darktown gelingt es, die Zustände nachvollziehbar zu vermitteln.

In diesen Schilderungen der historischen Gegebenheiten ist der Roman wirklich stark. Der Kriminalfall hingegen fällt im Vergleich zu den historischen Begebenheiten stark ab. Er ist konventionell gestaltet und erinnert in seiner Schema-Haftigkeit an durchschnittliche TV-Krimis, allen voran den Tatort. Das Auffinden der Leiche, die Befragung der Verdächtigen, die falschen Fährten, die Stellung des Täters zur rechten Zeit – das ist alles etwas erwartbar und für meine Begriffe altbacken und abgenutzt.

Leichte Abstriche in puncto Stil

Leichte Defizite weist der Roman auch auf stilistischer Ebene auf.

Chandler und Hammett. Brillante Leute. Sie schreiben über Detektive und Polizisten, vielleicht findest du da ein Stück Wahrheit. Ihre Helden sind gute Männer, die erkennen, dass ihr Umfeld viel finsterer ist, als ihnen bewusst war. Große Verschwörungen kündigen sich an. Aber dann schau ich dich an, Officer Lucius, und kann mir keinen finstereren Ort für dich vorstellen. Du bist nicht der Schnüffler, der zu seinem Schrecken feststellt, dass seine Welt korrupt ist, denn das weißt du längst. Das Böse schlägt einem hier förmlich ins Gesicht, es gibt kein Geheimnis dabei. Es sonnt sich vor unseren Augen und fällt über dich her, sobald du dich ihm näherst.“

Mullen, Thomas: Darktown, 285

Hier sieht man schön Stärken und Schwächen von Mullens Roman: Die unverstellten Referenzen an die Paten des Romans, Dashiell Hammett und Raymond Chandler (deren Hardboiled-Welt der Roman ganz gut paraphrasiert) und die Übertragung auf die Lebenserfahrung in Darktown (mit der Doppelspiegelung von Noir-Roman und Noir-Welt) geht einher mit stilistischer Ungelenkheit. Die Metaphernüberfrachtung hier fällt wirklich auf. Das Böse, das einem ins Gesicht schlägt, das sich sonnt und dann auch noch über einen herfällt – drei Metaphern, nicht wirklich kohärent, innerhalb von zwei Sätzen. Manchmal wäre hier weniger dann doch wieder mehr.

Langsam stand er auf. Er war immer noch gefesselt, wollte sie aber nicht um einen Gefallen bitten. Jesus, tat sein Finger weh.

Mullen, Thomas: Darktown, S. 347

Zwar mag hier der Einwurf Jesus im englischen Original ganz passend sein, im Deutschen ist es dann doch eher ungeläufig. Man hätte erwägen können, ob ein „Herr im Himmel“ oder „Herrgott“ nicht hier im Deutschen treffender gewesen wäre. Aber solche stilistischen Holprigkeiten seien angesichts der geringen Menge, mit der sie sich gegen den gesamten Textkorpus ausnehmen, gerne verziehen.

Es sind keine großen gravierenden Mängel, die ich hier feststelle, aber für kleiner Abzüge in der B-Note des Romans sorgen sie dann doch.

Große Fußstapfen

Natürlich steht Darktown auch in einer Reihe mit Genrevorbildern, deren Vergleich sich das Buch stellen muss. Allen voran kommt mir der mit Sidney Portier verfilmte Roman In der Hitze der Nacht von John Ball in den Sinn, der einst ebenfalls bei Dumont in der (leider schon lange eingestellten) Reihe der Dumonts Kriminalbibliothek erschien. Dieser Roman verhandelt den Rassismus innerhalb der Südstaaten auf der Folie eines Krimis meisterhaft. Jene Qualität von Balls Buch erreicht das Buch in meinen Augen nicht.

Auch nuanciertere Auseinandersetzungen mit Rassismus, wie sie etwa zuletzt Leonard Pitts jr. in Grant Park gelungen ist, schafft Mullen nicht in einer ähnlichen Qualität. Dafür ist das Buch etwas zu konventionell gestaltet und hätte ein wenig mehr an Zwischentönen bedurft.

Die größte Stärke des Buchs ist die Darstellung der damaligen Umstände und der gesellschaftlichen Situation. Diese Informationen fließen unangestrengt nebenbei in die Handlung ein und machen so dann aus einem durchschnittlichen Krimi einen besonderer historischen Roman. Nicht das beste Buch, das dieses Jahr zum Thema Rassismus in der amerikanischen Gesellschaft erschienen ist. Aber ein eindringliches und sehr gut recherchiertes Buch, was auch Mullens Dankesworte im Appendix des Buchs zeigen.

Eine weitere Besprechung des Buches ist bei FAZ online erschienen. Die Rezension findet sich hier. Zudem hat sich auch Iris vom Schurkenblog des Buchs angenommen. Zu welchem Urteil sie kommt, das verrät ihr Beitrag.


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