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Menachem Kaiser – Kajzer

Grabungen in der eigenen Familiengeschichte, polnische Schatzsucher, ein unbekannter Verwandter, der die Konzentrationslager überlebt hat, ein mythenumrankter Goldzug – und die Geschichte eines Prozesses, der in seinem Anrennen gegen juristische Gegebenheiten etwas an Kleists Kohlhaas erinnert. Das alles bietet der US-amerikanische Autor Menachem Kaiser in seinem facettenreichen erzählenden Sachbuch Kajzer, dem für mein Empfinden ein etwas klarerer Fokus und mehr Kontur gutgetan hätten.


Menachem Kaiser dürfte es wie vielen von uns gehen. Man hat zwar eine grobe Ahnung der Familiengeschichte, aber die genauen Umstände der biographischen Herkunft liegen trotzdem im historischen Dunkel. Zwar wusste er als Sohn jüdischer Eltern von seinem Großvater, der im KZ überlebt hatte, recht viel mehr Erkenntniswert und Interesse war bei den nachfolgenden Generationen aber nicht, sodass er konstatiert:

Wir wussten, dass mein Großvater aus seiner Familie der Einzige gewesen war, der den Krieg überlebt hatte, dass seine Eltern und seine Geschwister ermordet worden waren, ebenso wie beinahe alle in seiner weiteren Verwandtschaft. Aber als Wissen war dies dunkle Materie.

Wir wussten nichts über sein Leben vor dem Krieg oder in der Zwischenkriegszeit. Wir wussten nicht, in welchen Konzentrationslagern er gewesen war oder wie sein Vater seinen Lebensunterhalt verdient hatte. Wir wussten nichts über seine Eltern, Tanten, Onkel, Cousin und Cousinen; mein Vater und seine beiden Geschwister – ganz zu schweigen von meiner Generation – hätten Mühe gehabt, die Namen der Geschwister meines Großvaters zu nennen; nicht einmal, wie viele es waren, hätten sie genau sagen können. Wir wussten, dass sie gestorben, hatten aber keine Ahnung, wer sie gewesen waren.

Menachem Kaiser – Kajzer, S. 13

Dieses Desinteresse änderte sich allerdings, als sich Menachem Kaiser im Zuge eines Forschungsstipendiums in Krakau aufhielt. Er, der eigentlich als Journalist und Autor arbeitet, wollte, wenn schon einmal vor Ort, dort dem persönlichen Erbe näherkommen, schließlich stammte sein Großvater aus Schlesien. Der Weg zum Ort des Aufwachsens seines Großvaters war somit nicht mehr weit, weswegen er sich daran machte, nach den familiären Wurzeln zu graben.

Ein enteignetes Haus in Sosnowiec

Für seine Suche erhielt Kaiser von seinem Vater eine Mappe mit ungeordneten Dokumenten. Aus diesen ging hervor, dass sein Großvater einst im Besitz eines Hauses im Ort Sosnowiec war, einem kleinen polnischen Ort. Als Jude war ihm dies während der Naziherrschaft allerdings enteignet worden.

Menachem Kaiser - Kajzer (Cover)

Zwanzig Jahre lang, so dokumentiert es das Konvolut, hatte sich der Großvater nach den Ereignissen des Zweiten Weltkriegs angestrengt, seinen enteigneten Besitz wiederzuerlangen. Ein hoffnungsloses Unterfangen, das von keinem Erfolg gekrönt war.

Diese Nachricht rüttelt Menachem Kaiser auf, sodass er sich als Nachfahre daranmacht, dieser historischen Ungerechtigkeit im Nachhinein Recht zu verschaffen. Wieder zurück in den USA strengt er mithilfe einer „Killerin“ geheißenen Rechtsanwältin einen juristischen Kampf an, um das einst verlorene Haus wiederzuerlangen. In Polen recherchiert er zu Geschichte des Hauses – wird dann aber auch noch auf einer anderen Front mit einer Entdeckung überrascht.

Schatzsucher und Familienforschung

Denn während Kaiser zu einem Schatzsucher in Sachen eigener Historie wird, stößt er auf einen anderen legendären Schatzsucher namens Abraham Kajzer, der einst den Holocaust überlebte und der zur inspirierenden Figur für polnische Schatzsucher wurde, die sich auf die Suche nach dem legendären Goldzug der Nazis begaben. Die Namensgleichheit mit diesem Abraham Kajzer macht Kaiser stutzig, und so entdeckt er eine faszinierende biographische Volte. Bei Abraham Kajzer handelt es sich um niemand anderen als den Cousin seines eigenen Großvaters.

Ein Umstand, der ihn bei anderen Schatzsuchern in geradezu legendäre Höhen hebt, die ihm von ihren Grabungen in der Historie und im polnischen Boden berichten wollen, während er vor Ort den Spuren des eigenen Großvaters und denen Abraham Kajzers nachspürt, der nicht nur die Konzentrationslager überlebte, sondern auch nach Israel auswanderte und ein Buch mit seinen Aufzeichnungen an die Zeit in den Lagern veröffentlichte.

Das alles ist natürlich – um im Bild zu bleiben – eine wahre erzählerische Goldgrube. Die unbekannte Verwandschaft, die Suche in Polen nach dem eigenen Erbe, das Graben in metaphorischer und tatsächlicher Hinsicht. Und dann ist da auch noch der Prozess um das Haus, den nun der Enkel als Erbe an des Großvaters statt führt und der dabei eine Ahnung vom massiven Umbau des polnischen Staats bekommt, als die autoritär regierende PiS-Partei eine Justizreform anstrengt, die Sand in das juristische Getriebe streut, das für Kaisers Geschmack eh schon zu umständlich und langsam läuft.

Eine erzählerische Goldgrube – nicht ganz ausgeschöpft

Leider holt Kaiser aus dieser Goldgrube nicht das Optimum heraus. Denn das, was die New York Times auf der Rückseite des Buchs eine „verschlungene“ Geschichte nennt, ist für meinen Geschmack deutlich zu verschlungen. Oder anders gesagt: mir fehlt es hier an klarer Fokussierung auf sein erzählerisches Anliegen.

Beständig mäandert das Erzählen zwischen der eigenen Familiengeschichte, Abraham Kajzers packendem Schicksal, dem Prozess rund um das Haus und die Spurensuche vor Ort sowie die Porträts polnischer Schatzsucher, ihre Mythen und die Faszination für den Zweiten Weltkrieg, Goldzug und Projekt Riese inklusive, hin und her.

All das sind zweifelsohne spannende Themen und für sich genommen auch schon einzelne Sachbücher wert. Im Zusammenwirken all dieser erzählerischen Motive wird daraus aber leider ein doch recht unkonturiertes und unentschlossenes Durcheinander, bei der immer wieder einzelne Erzählstränge abbrechen, die Gedanken Kaisers abschweifen oder wieder zu angefangenen Themen zurückkehren.

Statt sich auf die Wiederentdeckung seines familiären Erbes zu besinnen und dies einfach mit dem schon fast Kolhhaas’schen Prozess um die Wiederelangen des enteigneten Hauses und die dafür notwendige Dokumentation zu kombinieren, eröffnet Menachem für meinen Geschmack deutlich zu viele Baustellen und Nebenkriegsschauplätze, die die eigentlich so kraftvollen und beeindruckenden Themen etwas von ihrer Wirkung nehmen. Hier wäre erzählerisch weniger gewesen, um mehr in Form eines wirklich stringenten und überzeugenden Buch zu sein.

Fazit

Kajzer ist fraglos ein relevantes erzählendes Sachbuch, das gerade in diesen Tagen mit dem Thema der Erkundung der eigenen jüdischen Biografie einen wichtigen Punkt macht. Allerdings verliert sich dieses wichtige und interessante Thema im zu unfokussierten Allerlei zwischen Schatzsuchern und Mythenbildung, um in letzter Konsequenz zu überzeugen. Hier wäre ein stärkeres Lektorat und ein klar erkennbarer erzählerischer roter Faden Trumpf gewesen.


  • Menachem Kaiser – Kajzer
  • Aus dem Englischen von Brigitte Hilzensauer
  • ISBN 978-3-552-07339-5 (Zsolnay)
  • 336 Seiten. Preis: 28,00 €
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Timothy Garton Ash – Europa

Eine persönliche Geschichte

Wie soll man von Europa reden, wie seine Geschichte und seine Entwicklungen zusammenfassen? Der Brite und stolze Europäer Timothy Garton Ash entscheidet sich in seinem Buch Europa für eine persönliche Herangehensweise, indem er die mannigfaltigen Berührungspunkte seines Lebens mit der europäischen Idee in den Mittelpunkt stellt.


Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ein Brite, Professor für Europäische Studien an der University Oxford, ein Buch schreibt, das Europa lobpreist. Timothy Garton Ash weist selbst in seinem Buch auf die Umstände hin, die Großbritannien aus der Europäischen Union ausscheiden ließen – und lässt keine Zweifel an seinem Schmerz über diesen Zustand. Denn Europa ist trotz aller Krisen und Probleme eine ebenso richtige wie wichtige Idee, an der auch der Brexit nichts ändert, wie Garton Ash meint.

Die Geschichte Europas seit 1945

Dieser Idee, ihrer Entstehung und Entwicklung geht er im Lauf der folgenden gut 430 Seiten ausführlich nach. Da die Geschichte Europas aber ebenso heterogen wie ihre Mitgliedsstaaten ist, wählt Timothy Garton Ash einen klugen Erzählansatz, den auch schon der Untertitel des Buchs verrät. Anstelle einer Analyse der Gleichzeitigkeit und Verschiedenheiten in der Historie der EU geht der Brite radikal subjektiv an sein Erzählprojekt heran. So nimmt er seine eigene Geschichte in den Blick, die auf das engste mit den entscheidenden Entwicklungen und Weichenstellungen der Europäischen Union verknüpft ist, wie die folgenden Seiten eindrücklich unter Beweis stellen.

Timothy Garton Ash - Europa (Cover)

Angefangen vom Jahr 1945 in der Stunde Null (die es so einheitlich in Europa niemals gab, wie Garton Ash zeigt) blickt der Historiker auf den Neubeginn der europäischen Idee und Gemeinschaft. Dafür begibt er sich nach Deutschland, das schon sein eigener Vater nach dem D-Day als englischer Soldat befreite, und das nun zu seinem Ausgangspunkt für seine Geistesgeschichte Europas wird. Ausgehend von der Idee nach der Erfahrung der Kriegsgräuel, einen besseren Ort zu schaffen, der solchen Schrecken wie dem Zweiten Weltkrieg verhindern sollte, geht es dann zurück in Timothy Garton Ashs eigene Jugend.

In dieser lernte der 1955 geborene Brite erstmals die 68er-Bewegungen kennen, erfuhr die Aufbruchsstimmung rund um die Solidarnosc-Bewegung in Polen mit ihrem Führer Lech Walesa, war in Deutschland Zeuge eines geteilten Landes und erlebte dieses Europa als einen Ort der Vielfalt und Ungleichzeitigkeit, was er in seinem Buch mit dem Begriff eines Kaleidoteppichs umreißt, der für ihn Europa ausmacht:

Der Kaleidoteppich als Symbol Europas

Welche Metapher kann diese Vielfalt auch nur annähernd erfassen? Palimpsest? Millefeuille? Patchwork-Quilt? Das Beste, was mir einfällt, ist eine Kombination aus Kaleidoskop und Wandteppich: ein Kaleidoteppich. Europa ist ein Wandteppich in dem Sinne, dass er von vielen Händen bearbeitet wurde, um ein einziges, einzigartiges Bild zu schaffen – eine Straßenszene vielleicht oder eine Landschaft oder ein Ereignis wie den Palio, das Pferderennen zwischen benachbarten Gemeinden auf dem Hauptplatz von Siena, das erstmals für das Jahr 1239 dokumentiert ist und immer noch alljährlich stattfindet.

Aber es ist auch ein Kaleidoskop, denn immer wieder tauchen dieselben bunten Elemente in neuen Kombinationen auf: die immer wiederkehrende visuelle Grammatik von Kirche, Schloss, Marktplatz und Rathaus, Anspielungen auf Rom, Elemente der Gotik, des Barock, des Jugendstils oder des Brutalismus der 1960er Jahre; Leitmotive wie der Minotaurus, die Sirenen oder die Madonna mit dem Kind, Cafés in allen möglichen Formen und Arten; der griechische Kaffee, der dem türkischen so merkwürdig ähnelt, Kohl in unendlichen gastronomischen Variationen. Überall findet man Feinheiten, die einzigartig sind, oder das, was in vielen europäischen Sprachen als „typisch“ bezeichnet wird, neben anderen, die verblüffend vertraut sind. Wenn man die Nationalhymne Liechtensteins anstimmt, hört man die Melodie von „God save the queen“. Das Gleiche, und doch anders, anders und doch gleich.

Timothy Garton Ash – Europa, S. 72

Doch eine einzige Erfolgsgeschichte ist dieses Europa natürlich nicht, was immer deutlicher wird, je näher sich das Buch an die Gegenwart heranarbeitet. So gelang es im Laufe der 68-Bewegung und durch den langsamen Zerfall der Sowjetunion, viele Länder aus ihren Diktaturen zu befreien. Von Portugal über Spanien bis hin nach Osteuropa – viele langjährige Machthaber und ihre Staatsparteien verschwanden und die Demokratie trat ihren Siegeszug an.

Europa in Gefahr

Ebenso wie aber beispielsweise Länder wie Ungarn oder Polen das Joch der Diktatur abstreiften, ebenso zerbrechlich war aber die neue Freiheit, was sich aktuell in Ungarn unter Premier Viktor Orban am deutlichsten zeigt. Aber auch Polen mit der regierenden PiS-Partei war ein Negativbeispiel eines solchen Rückfalls in autokratische Zeiten, obgleich man dem Land nun nach der Abwahl der Partei unter ihrem Strippenzieher Jaroslaw Kaczynski einen raschen Weg zurück zu Rechtsstaatlichkeit und Demokratie wünscht.

Die Demokratie, sie ist ein bedrohtes Gut, das zeigt Timothy Garton Ash in seinen Ausführungen sehr deutlich. Nicht nur der aktuell grassierende Rechtsruck in fast allen Ländern Europas, der durch Probleme mit der Migration verstärkt wird – auch sein eigenes Heimatland entschied sich lieber, populistischen Lügen und Unwahrheiten zu folgen, statt sich auf die Stärken der Europäischen Gemeinschaft zu besinnen, was Garton Ash lesbar schmerzt:

Ich verspürte einen beinahe körperlichen Schmerz, als nach dem Brexit die europäischen Flaggen an offiziellen Gebäuden in Großbritannien abgenommen wurden und wir stattdessen mit dem Schauspiel der Churchill-Parodie Boris Johnson konfrontiert waren, der jetzt allein von zwei Union Jacks flankiert wurde. Etwas Größeres war verloren gegangen, so wichtig wie die Freizügigkeit oder die Mitgliedschaft im Binnenmarkt: das Bestreben, gleichzeitig unser nationales Selbst und mehr als nur unser nationales Selbst zu sein.

Timothy Garton Ash – Europa, S. 177

Gut lesbar, unterhaltsam, minimal elitär prunkend

Hier wird auch die Erzählweise dieses sehr gut lesbaren Buchs offenbar. Denn anstelle von Fußnoten und Zitaten entscheidet sich Garton Ash, seine Quellen nur auf der Verlagshomepage nachzuweisen und auf lange Zitate und Zeugnisse seiner eigenen Bildung zu verzichten. Stattdessen ist sein Buch ganz in der angelsächsischen Tradition der Geschichtsschreibung verhaftet. Das bedeutet einen flüssigen, barrierefreien Stil, der sich auch subjektive Wertungen und Einordnungen erlaubt. Seine Ausführungen sind nachvollziehbar, gut lesbar und wirklich unterhaltsam (übersetzt durch Andreas Wirthenson).

Manchmal gerät das Ganze dabei doch etwas arg elitär prunkend, etwa wenn Garton Ash immer wieder auf seine Kontakte und Zugänge zu den Schaltzentralen der Macht verweist. Von Gesprächen im Kanzlerbungalow mit Helmut Kohl über Hintergrundgespräche mit Tony Blair bis hin zu Konsultationen mit Ang Suu Kim oder Viktor Orban stellt sein Buch die Weltläufigkeit seines Verfassers sehr gerne aus.

Weil das aber mit erkenntnisreichen Passagen und neben allem Sinn für die großen Momente auch durchaus mit einem Sinn für Selbstkritik und dem Benennen von Fehleinschätzung einhergeht, sehe ich das diesem ebenso gut vernetzten wie gut erzählenden Professor und Träger des Aachener Karlspreises sehr gerne nach.

Fazit

Europa ist eine unterhaltsame Reise durch fast 80 Jahre europäischer Geschichte. Volten. Erfolge und Niederlagen, all das betrachtet Timothy Garton Ash in diesem persönlich Buch, das als Einführung in die EU hervorragend funktioniert. Neben allem Enthusiasmus für die europäische Idee lässt das Buch durch seinen Rückblick auf Vergangenes auch die Gegenwart besser verstehen. Nicht zuletzt macht Europa zudem klar, was nicht nur in diesem Jahr in Form der Europawahlen auf dem Spiel steht.

Denn einmal mehr gilt, was auch Garton Ashs Kaleidoteppich zeigt: Europa ist mehr, als die Summe seiner Einzelteile. Und wir sollten gut achtgeben darauf, damit dieser Teppich ebenso bunt und faszinierend bleibt, wie er es in den letzten achtzig Jahren war.


  • Timothy Garton Ash – Europa. Eine persönliche Geschichte
  • Aus dem Englischen von Andreas Wirthensohn
  • Produktnummer 175045 (Buechergilde Gutenberg)
  • 448 Seiten. Preis: 32,00 €
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Michael Maar – Die Schlange im Wolfspelz

Das Geheimnis großer Literatur

Was macht ihn aus, den guten Stil? Worauf kommt es an, was unterscheidet den Könner vom mittelmäßigen Autor beziehungsweise die Könnerin? Michael Maar wählt in seinem umfangreichen Stilführer die einzig erfolgsversprechende Herangehensweise: die der Subjektivität. Schon zu Beginn macht Maar klar, dass guter Stil genauso wie die Schönheit im Auge des Betrachters liegt. Dennoch versucht er sich an einer Unterscheidung von gutem und schlechtem Stil und rückt dabei sowohl die Makro- als auch die Mikroebene des Stils in den Blick

Herzstück des Romans ist das Porträt von 50 prägenden Stilist*innen der deutschen Sprache. Bewusst konzentriert sich Maar nur auf deutschsprachige Autor*innen (die Tücke der Übersetzung von Stil in eine andere Sprache streift er zu Beginn kurz). Einsetzend in der Weimarer Klassik beginnt die Reise durch die fiktive Bibliothek, macht einen Abstecher zu den österreichischen Autor*innen und endet dann in der Gegenwart bei Wolfgang Herrndorf und Clemens J. Setz.

Was macht guten Stil aus?

Michael Maar - Die Schlange im Wolfspelz (Cover)

Um diese Bibliothek herum gruppiert Maar einige Kapitel in dem er sich mit dem Handwerkszeug für guten Stil auseinandersetzt. Was ist Stil und was versteht der Autor darunter? Von der Interpunktion bis hin zum gelungenen Nebeneinander von Hypo- und Parataxen reichen die Betrachtungen des Germanisten, die immer nachvollziehbar und klar argumentierend sind. Was macht eine Metapher zu einer gelungenen? Warum klingen manche Dialoge so furchtbar hölzern, andere wieder geistreich und mitreißend? Und was hat es mit der titelgebenden Schlange im Wolfspelz auf sich?

Auch einen Kürzestausflug zur Lyrik erlaubt sich Maar und stellt fest, dass diese ja fast die Essenz von Stil beinhaltet. Durs Grünbein, Ann Cotten, Jan Wagner und Monika Rinck werden in den Blick genommen und ihre lyrischen Produktionen genau untersucht. Ein vergnüglicher Ausflug in die Welt der Erotik und des Todes schließt sich an, ehe die Auflösung der beiden Literaturquiz und ein umfangreiches Literaturverzeichnis mit bibliographischen Angaben dieses monumentale Buch abschließen

Mit Leidenschaft und Humor

Um gleich einmal die von Michael Maar so klug genutzte subjektive Herangehensweise auch für diese Besprechung in Anspruch zu nehmen: die Lektüre von Die Schlange im Wolfspelz macht einfach große Freude. Michael Maar argumentiert klar und nachvollziehbar. Auch ist er professionell genug, manche Entscheidungen über den jeweiligen Stil auch dem Leser selbst zu überlassen oder eigene ambivalente Urteile zuzulassen (so etwas bei Hans Henny Jahnn).

Auch ist er so frei, die jeweilige Handschrift der gerade besprochenen Stilistin oder des Stilisten sanft zu imitieren, zu umspielen und so die jeweiligen Merkmale in den eigenen Text zu überführen. Das ist manchmal ironisch, mal kalauernd, mal schmunzelnd, aber immer respektvoll. Ein Beispiel für alle diese Merkmale zugleich findet sich in folgendem Paragraph, der sich mit der Prosa Arno Schmidts auseinandersetzt:

Wir behalten uns vor, die Prosa des späten Schmidt bei aller genialischen oder genitalischen Interessantheit letztlich partiell entsetzlich zu finden. Sein Mädchen- und Frauenbild ist es in jedem Fall. Räusper: Phall

Michael Maar – Die Schlange im Wolfspelz, S. 521

Mit einer Faszination für das Entlegene

Schön auch neben dem Humor, der in jeder dieser über 650 Seiten steckt, ist die Leidenschaft Michael Maars für das Entlegene, das Apokryphe. Neben allem Erwartbaren (Thomas Mann, Brigitte Kronauer, Martin Mosebach) überrascht er immer wieder. So lobpreist er etwa die Prosa Hildegard Knefs:

Wie blaß dagegen die gerühmte Kunstprosa Christa Wolfs. Sakrileg! Aber wir stehen hier und können nicht anders: für Knefs Memoiren gäben wir die ganze Kassandra.

Michael Maar – Die Schlange im Wolfspelz, S. 394

Auch andere schon wieder fast vergessene Autor*innen wie Wilhelm Raabe, Unica Zürn, Alexander Lernet-Holenia oder Ulrich Becher lässt er seine Aufmerksamkeit zuteilwerden und macht Lust auf ihre (Wieder)Entdeckung. Wie ein guter Lehrer macht er neugierig, reist manche Erzählungen an, ergeht sich aber nicht in ausufernden Inhaltsreferaten oder ähnlich Unarten. Vielmehr sind seine Porträts der Autor*innen wirkliche Kurzporträts, pointiert und konzise. Sie machen Lust auf eine weitere Beschäftigung mit den jeweiligen Schreibenden.

Immer wieder illustriert er seine Geschmacksurteile mit passenden Zitaten aus entsprechenden Werken und nutzt auch das Stilmittel des Vergleichs, um die jeweiligen Besonderheiten seiner Autor*innen herauszuarbeiten. So stellt er beispielsweise eine Wasserfallszene aus dem Zauberberg von Thomas Mann der aus dem Oeuvre Heimito von Doderers – jenem „austriakischen Kaktus“, so Maar – gegenüber.

Evident gelingt es ihm, Übereinstimmungen oder Unterschiede im Stil so herauszuarbeiten. Auch zeigt er, warum man Felix Salten zugleich als Verfasser des Bambis und der Josefine Mutzenbacher zuordnen darf (an den Satzzeichen sollt ihr ihn erkennen!). Hätte man Michael Maar als Deutschlehrer in der Schule gehabt, die Literaturbegeisterung hätte um sich gegriffen. Viele Lektüretrauma hätten vermieden und unzählige Schüler*innen über das Schulende hinaus zu Leser*innen gemacht werden können. Ein Jammer!

Mit keinem Anspruch auf Vollständigkeit

Auch macht Maar keinen Hehl aus der Tatsache, dass sein Buch keinen umfassenden Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. So formuliert er am Ende seines Buchs:

Als der Pfiff der Trillerpfeife ertönte, die letzten Türen geschlossen wurden und die Lokomotive langsam in Richtung Verlagshaus losdampfte, verblieb noch ein Grüppchen Passagiere im Wartesaal Daß es Droste-Hülshoff, Horváth, Hebbel, Mörike, Nestroy, von Keyserling, Jonson, Kempowski, Dürrenmatt, Rühmkorf, Serner und ein paar andere nicht mehr auf den Zug geschafft haben, ist zu bedauern und keineswegs ihre Schuld.

Michael Maar – Die Schlange im Wolfspelz, S. 545

Dieser Zustand ist natürlich bedauerlich. Aber einerseits lässt er sich mit der passenden Lektüre leicht beheben. Und andererseits gibt er Hoffnung auf einen Nachschlag, von dem man gerne noch hätte.

Fazit

Dieses Buch ist ein Sachbuch auf höchstem Niveau. Kenntnisreich, anregend, humorvoll. Michael Maar gelingt es hier unnachahmlich, Lust auf Literatur zu machen. Diese Reise durch die Welt der deutschen Literatur ist ein Erlebnis. Was man alles mit Sprache anfangen kann, hier wird es einem beim Lesen offenbar. In die Hände dieses kundigen Reiseleiters kann man sich ohne Sorgen begeben. Überraschungen, Kurzweil, Begeisterung. All das erwartet einen auf den vielen hundert Seiten dieses Buchs. Es ist anregend, geistessprühend, kurzweilig, bestechend klar im Urteil. Und es zeigt, wie beglückend das Leben als Leser*in sein kann.

Dass Die Schlange im Wolfspelz für den ersten Deutschen Sachbuchpreis nominiert wurde, begrüße ich sehr. Maars Buch verdient alle Ehre und viele weitere begeisterte Leser*innen. Denn wer hier keine Lust auf Literatur bekommt, dem ist auch nicht mehr zu helfen!

https://www.youtube.com/watch?v=AH3kZOZpTq8
  • Michael Maar – Die Schlange im Wolfspelz
  • ISBN 978-3-498-00140-7 (Rowohlt)
  • 656 Seiten. Preis: 34,00 €
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Christian Schulteisz – Wense

Wenn man sich öfter in Bibliotheken aufhält, dann kennt man diesen Typus Menschen. Vergraben hinter Bücherbergen sind sie in die Lektüre der Bücher vertieft. Die Stapel um sie herum wachsen, immer wieder schleppen sie neue Bücherberge an den Tisch heran, sodass man sich unweigerlich fragt, was sie da um Himmels Willen erforschen. Abends sind sie die letzten, die die Bibliothek verlassen, um am nächsten Morgen wiederzukehren. Tag um Tag geht das so, manche dieser Privatforscher sieht man gar jahrelang in den Bücherhallen. Da möchte man schon gerne einmal wissen, an was sie arbeiten oder was sie umtreibt.

Dementsprechend glaubhaft ist auch folgendes Gespräch, das zwei Bibliothekare hier kurz vor Dienstschluss führen:

„Haben Sie mitbekommen, wann der Wense gegangen ist?“

„Nein, warum?“

„Der ist einfach verschwunden. War noch enttäuscht, dass er ein Buch nicht mehr ausleihen kann, und plötzlich – weg. Hat alles liegen gelassen, Astronomie, Geologie, auch wieder aus der Altaistik.“

„Moment, mein Hut fehlt noch!“

„Was ist dieser Wense überhaupt?“

„Wenn man das wüsste.“

„Haben Sie ihn nie gefragt?“

„Doch. Antwort war, er übersetze. Und eine Stunde später wollte er den gynäkologischen Nachlass von Osiander sehen.“

„Kurios.“

Schulteisz, Christian: Wense, S. 115

Ja, wer oder was ist dieser Wense? Eine Frage, die Christian Schulteisz‘ Debütroman Wense zugrundeliegt. Dabei versucht er, der facettenreichen und widersprüchlichen Figur des Hans Jürgen von der Wense nahezukommen. Ein Vorhaben, das Schulteisz glückt.

Wer ist Wense?

Es gibt Biografien, die eigentlich besser als jeder Roman sind. Der Wikipedia-Eintrag von Hans Jürgen von der Wense ist das beste Beispiel dafür. Die Zusammenfassung seines Lebens liest sich spannender als so manch erdachter Roman. Seine Interessensgebiete, seine Wanderungen, seine gesamte Biographie – wer braucht da noch einen Roman?

Christian Schulteisz - Wense (Cover)

Wir alle, wie ich nach der Lektüre von Schulteisz Debüt konstatieren möchten. Dass sich dieser dran gemacht hat, ein tatsächlich gelebtes Leben in Fiktion zu überführen, ist im Falle Hans Jürgen von der Wenses ein wirklicher Glücksfall. Denn ihm gelingt das Kunststück, in minimal verknappter Form und Sprache diesem außergewöhnlichen Menschen maximal nahe zu kommen.

Wer ist dieser Hans Jürgen von der Wense? Ein Mensch der tausend Facetten. Eremit, Mönch, Wanderer, Gelehrter, Zweifelnder, Scheiternder – in seiner Person findet scheinbar Widersprüchliches zusammen. Er übersetzte aus den entlegendsten Sprachen. Interessierte sich für Astrologie, fertigte in privatem Rahmen Horoskope für Göring, Hitler oder ganze Länder an. Sollte eigentlich zum Militärdienst im 2. Weltkrieg eingezogen werden. Entging durch seine Arbeit als Prüfer von Sonden dem Dienst an der Front. Komponierte Neue Musik, trat ihn Donaueschingen auf. Erwanderte halb Deutschland, interessierte sich für scheinbar banale Dinge, denen er seine Forschung widmen wollte, darunter etwa die Geschichte des Stabs. Veröffentlich hingegen hat er kaum etwas von seinen Forschungen. Zu Publikationen musste man ihn drängen. Ein Mensch, der, hätte man ihn in einer Bibliothek erblickt, wahrscheinlich kauzig und vergeistigt hinter seinen Bücherstapeln gehockt wäre.

Eine sprachmächtige Annäherung

Wandernder Wense
(Bildrechte Blauwerke-Verlag)

In Schulteisz Buch können wir nun in sein Inneres blicken. Die ewige Unruhe, die ihn umtrieb vermag der Autor genauso zu schildern wie sein Flanieren, Bummeln, Rennen, Taumeln und Wandern durch diese Welt. Wie ein Hungernder im Schlaraffenland verlagert sich seine Aufmerksamkeit immer wieder im Stundentakt zu den unterschiedlichsten Wissenschaftsdisziplinen. Es ist eine nahezu faustische Unruhe, die in diesem Menschen wütet, wie Schulteisz zeigt. Zu sehen, was die Welt im Innersten zusammenhält und Erkenntnisse über alle gegraphischen und disziplinären Grenzen hinweg zu sammeln, das treibt Hans Jürgen von der Wense an.

Schulteisz Prosa ist dabei genauso wie Wense selbst. Unruhig, immer nach vorne drängend. Gerade einmal 125 Seiten umfasst dieses Buch, aufgeteilt in immerhin 13 Kapitel, die sich eher auf die Illustration des Wesens Hans Jürgen von der Wense denn auf eine wirkliche Handlung fokussieren.

Allen Kapiteln aber ist eine Sprache zueigen, die bildmächtig, präzise und geradezu überschäumend ist, und das bei aller Knappheit des Büchleins.

Hinterm Stadtwall wellen sich die Felder in der Dunkelheit, jeder Erdklumpen, jeder Hall ist ein Tropfen, ein Spritzer der wogenden Landmasse, und alles, was auf ihr liegt, scheinbar still liegt, eigentlich Treibgut, er selbst nur ein Schiffchen mittendrin, ein müder Kahn, der vorschriftsmäßig seinen Kurs halten muss zwischen anderen müden Kähnen.

Schulteisz, Christian: Wense, S. 40

Fazit

Dass Schulteisz‘ Roman nur ein kleiner Ausschnitt aus diesem außergewöhnlichen Leben von der Wenses zeigt und sich eher auf die Momente und Wahrnehmungen Wenses denn auf eine große biographische Einbettung seines Lebens fokussiert, ist eine weise Entscheidung. Gewiss – Wense bleibt fragmentarisch unvollendet – aber dieses Buch steht pars pro toto für den unvollendeten Wense, der der Nachwelt kaum etwas hinterließ. Umso schöner, dass Schulteisz ihn durch diese kluge Erzählung wieder hervorholt und diesen Universalgelehrten und Scheiternden in seiner ganzen Fülle zeigt. Eine begrüßenswerte Entscheidung des Berenberg-Verlags, mit Christian Schulteisz die erste Veröffentlichung eines Debüts zu wagen.

Eine weitere Besprechung von Schulteisz‘ Debüt gibt es beim Kulturjournal Fräulein Julia und auf der Seite des Bücherkaffee.


Ein großer Dank geht an Reiner Niehoff vom Blauwerke-Verlage in Berlin, der mir die Bildrechte für den Abdruck der Bilder Hans Jürgen von der Wenses erteilte. Blauwerke verlegt Originalschriften und Wensiana, die man über die Seite beziehen kann. Wer neugierig auf die Figur des Hans Jürgen von der Wense geworden ist, der findet hier vertiefende Einstiege in das Werk dieses Universalfragmentarikers.

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Das Humboldt-Double-Feature

Happy Birthday to you, Mr. Humboldt! In diesem Jahr würde der preußische Universalgelehrte seinen 250. Geburtstag feiern, hätte er neben Entdeckungen in Sachen Flora und Fauna auch noch das Geheimnis der Unsterblichkeit enthüllt. Das faszinierende Leben dieses Mannes wird in zwei Werken von Andrea Wulf nachgezeichnet, die im Mittelpunkt dieses Beitrags stehen sollen.


Höchstes Lob und gute Verkaufszahlen konnte Andrea Wulf mit ihrer Humboldt-Biografie Die Erfindung der Natur einheimsen, die im Herbst 2016 erschien. Für diese Biografie hatte sich Wulf selbst auf die Spuren des Entdeckers Humboldt begeben und unter anderem sogar dessen Expedition auf den Chimborazo in Ecuador nacherlebt. Das Ergebnis ist eine ebenso fundierte wie gut lesbare Biografie, die die Entdeckungen und Begegnungen Humboldts in den Mittelpunkt stellt.

Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur von Andrea Wulf

So zeigt Andrea Wulf nicht nur die Forschungsreisen und wissenschaftlichen Erkenntnisse, die Humboldt auf seinen Reise nach Südamerika oder Russland sammelte, sondern stellt in vielen Kapiteln auch bewusst Humboldt in Relation zu anderen Personen der Zeitgeschichte. So widmet sie etwa den Beziehungen Humboldt und Goethe, Humboldt und Simon Bolivar oder Humboldt und Thomas Jefferson ganze Kapitel. Hier zeigt sich eindrücklich, wie der Preuße Humboldt mit seinen Forschungen und seinem Auftreten überall dort Menschen beeinflusste, wo er seinen Fuß hinsetzte. Der Bolivar’sche Befreiungskampf in Bolivien und anderen südamerikanischen Ländern wäre ohne Humboldt nicht in dieser Form möglich gewesen. Genauso wenig wie etwa die Forschungen Goethes, zu denen Humboldt den hessischen Dichterfürsten animierte oder die Evolutionstheorie Darwins, die auch durch den Preußen entscheidende Impulse erhielt.

Andrea Wulfs Buch gründet auf der These, dass es erstmalig Alexander von Humboldt war, der eine Beziehung zwischen allen Faktoren des Lebens sah und postulierte. Ihr gelingt es, diese These des Beziehungsnetzes auch auf ihr Buch selbst zu übertragen, das immer wieder überraschende Erkenntnisse und Querverweise bereithält. So zeigt sie, dass auch beispielsweise der Gedanke der Ökologie und des Umweltschutzes ohne den 1859 Gestorbenen nicht so umfassend greifbar geworden wäre. [Übersetzung aus dem Englischen von Hainer Kober].

Die Abenteuer des Alexander von Humboldt

Die Abenteuer des Alexander von Humboldt von Andrea Wulf

Ein interessanter Wechsel findet nun in Wulfs zweiter Humboldt-Annäherung statt, sowohl in Form als auch in Perspektive. Denn nun bekommen wir nichts mehr über Humboldt erzählt, sondern erleben seine Abenteuer gleich unmittelbar selbst. Denn in diesem Graphic Novel von Andrea Wulf und der Zeichnerin Lillian Melcher schildert der preußische Forschungsreisende die Abenteuer seiner Südamerika-Expedition gleich selbst. Aus anderer Perspektive erlebt man nun noch einmal die Entdeckungen, Gefahren und Erlebnisse von Humboldt und seinem Begleiter Aime Bonpland ganz unmittelbar.

Auch wenn mir persönlich der Zeichenstil von Lillian Melcher nicht zusagt, muss ich doch konstatieren, dass dieses Buch insgesamt wunderbar gelungen ist. In ihrem ersten großen Buch schöpft Melcher aus dem Vollen, um Humboldts Schilderungen zu illustrieren. Sie arbeitet mit Comicstrips, Collagen, arrangiert Text und Wörter um und nutzt sogar die Technik eines Centerfolds in der Mitte des Buchs. Das ist sowohl optisch als auch inhaltlich ein großer Genuss, der erfahrbar macht, welche Entdeckungen Humboldt inspirierten und was wir diesem Mann verdanken. [Deutsch von Garbriele Werbeck]

Die beiden Bücher ergänzen sich hervorragend und erschließen aufgrund ihrer unterschiedlichen Machart und Herangehensweise auch verschiedene Leserschichten. Zwar feierte ja eigentlich Humboldt in diesen Tagen seinen Geburtstag, beschenken kann man sich allerdings auch hervorragend selbst mit diesen beiden Titeln!

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