Eine Badelandschaft soll in Berlin auf dem Schlossplatz gebaut werden – eine Badelandschaft, wie sie die Bundesrepublik noch nicht gesehen hat. Inmitten der megalomanischen Pläne ein einzelner Bundestagsabgeordneter, der mit seinen Kollegen im Aufsichtsrat sehenden Auges auf eine Katastrophe zusteuert.
Gestrandet auf einer Hallig
Das Buch von Nikolaus Breuel beginnt mit dem Stranden des namenlosen Bundestagsabgeordneten, dessen Boot in der Nordsee den Dienst versagt. Auf einer Hallig findet er Unterschlupf bei einer aus Berlin fortgezogenen Inselbewohnerin. Während der Politiker auf der Insel festsitzt, reflektiert er das Projekt der Badelandschaft am Schlossplatz in Berlin.
Dem Politiker Rödel – ein Freund des namenlos Gestrandeten -fiel nämlich plötzlich eine bahnbrechende Idee in den Schoß. Berlin brauche eine Badeanstalt, und zwar eine, bei der nicht gekleckert sondern geklotzt wird. Der Bürgermeister mag Schwimmen und auch die anderen Kollegen und Kolleginnen waren schnell Feuer und Flamme.
So beschlossen die Politiker den Bau dieser Badelandschaft, die Nordsee-, Ostsee- und Südseewellen bieten sollte. Dazu Wellen für Surfer, die Düfte der verschiedenen Regionen der Welt und Luxus für alle. Doch mit dem Voranschreiten des Projekts werden die Mängel des Großbaus immer offensichtlicher. Rohre wurden verlegt, von denen niemand weiß, wo sie herkommen oder welchen Zweck sie erfüllen sollen. Notausgänge wurden falsch verbaut, die Entlüftungsanlage tut nicht das, was sie soll, und Überschwemmungen sind an der Tagesordnung.
Eine Satire auf alle staatlichen Großprojekte
Bei allen Mängeln, die immer deutlicher zutage treten, verschließen die Politiker die Augen vor der Katastrophe, auf die sie zusteuern. Mehrmals fragt der Politiker ob der Eröffnungstermin gehalten werden kann – kollektives Grinsen und Schweigen ist die Antwort.
Mag es bei Nikolaus Breuel auch eine Badelandschaft sein, bei deren Bau alle Parteien versagen, so sind doch die Parallelen zum Bau des Berliner Flughafens oder der Hamburger Elbphilharmonie offensichtlich. Das Buch liefert eine Einsicht, welche Rädchen bei derartigen staatlichen Großprojekten ineinandergreifen und welche Dynamiken sich entwickeln.
Darüberhinaus versteht es der ehemalige hochrangige Manager aufzuzeigen, mit welcher teils schon absurden Zahlen die Politiker nicht nur beim Projekt der Badelandschaft jonglieren müssen. Die Rettung Zyperns wird im Buch genauso angeschnitten wie die Papierberge der Akten, durch die sich die Bürokraten von Brüssel bis Berlin wühlen müssen. So liefert das Buch Breuels einen interessanten Blick in das Gefüge der Macht und das System Politik.
Sprachlich formvollendet
Sprachlich weist Breuels „Schlossplatz, Berlin“ keinerlei Baumängel auf. Mit höchst anspruchsvoller Prosa kleidet er seine Erzählstränge aus.
Bei ihm schreiten die Menschen noch aus, Berlin scheint von einer „Kranmüdigkeit“ befallen zu sein und der Politiker Rödel wird bei seiner Kreisbereisung vom Wahnsinn befallen. Dies ist sicherlich nicht jedermanns Geschmack, gerade wenn man nur kurzweilige Zerstreuung sucht. Wer aber bereit ist, sich auf Breuels Prosa einzulassen, der bekommt eine Satire geboten, die nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich vollauf zu überzeugen weiß.
Die Niederlande sind kriminalliterarisch auf der Landkarte ja nicht besonders überproportional vertreten. Dem Suhrkamp-Verlag ist es nun zu verdanken, dass er uns einen Blick ins Nachbarland ermöglicht und zeigt, welch großartige Kriminalliteratur dort geschrieben wird.
Im vorliegenden Fall stammt Schmetterling im Sturm aus der Feder des niederländischen Drehbuchautors Walter Goverde, der sich für seinen Debütthriller das Pseudonym Walter Lucius zugelegt hat.
Mit seinem Erstling ist es ihm gelungen, einen niederländischen Literaturpreis für das beste Thrillerdebüt des Jahres 2013 zu gewinnen. Und nun dürfen sich die deutschen Leser ein Jahr später auch einen Eindruck von diesem Thriller machen.Ausgehend vom Beinahe-Unfalltod eines kleines afghanischen Jungen auf einer Landstraße, der als Mädchen verkleidet war, entspinnt Lucius ein mörderisches Geflecht aus Macht und Politik. Die unangepasste Journalistin Farah Hafez, die selbst afghanische Wurzeln besitzt, verbeißt sich auf der Stelle in den Fall. Des Weiteren führt der Drehbuchautor noch eine Vielzahl anderer Figuren ein, die den Plot immer wieder vorantreiben und einen guten Eindruck der globalen Geschichte geben. Moskau und Johannesburg sind nur zwei der weiteren Stationen, an denen der sich verästelnde Plot die Figuren führt und am dem sie auf der Suche nach der Wahrheit gegen alle Widerstände kämpfen müssen.
Die Routine, die Walter Lucius im Entwerfen von Spannungsbögen und verzwickten Plots hat, merkt man diesem Buch unbedingt an. Gerade die Szene einer Massenkarambolage auf der niederländischen Autobahn zum Ende des Buches hin zeigt das Talent des Autoren, die vielen Erzählstränge in der Hand und den Leser immer bei der Stange zu halten. Schmetterling im Sturm ist ein spannender Politthriller mit vielen kantigen Figuren und einem tollen Plot, bei dem das Beste ist, dass es sich um den Auftakt zur sogenannten Heartland-Trilogie handelt, d.h. es sind noch zwei weitere Thriller dieses Kalibers zu erwarten – gute Aussichten!
So, nach einer kleinen Abstinenz geht es hier im Blog auch weiter, und zwar mit einem Sachbuch. Frank Stauss berichtet in Höllenritt Wahlkampf von einem Thema, das bei uns in Deutschland zwar nicht so mystisch überhöht wird wie beispielsweise in den USA, aber dennoch eigene spannende Facetten beinhaltet.
Mit Höllenritt Wahlkampf gewährt uns Frank Strauss, Werber und Wahlkämpfer, einen Blick hinter die Kulissen des Wahlkampfes. In knapper und sehr prägnanter Sprache erzählt er aus seinem Leben und erklärt seine Faszination für ein Thema, das nicht jeden elektrisieren dürfte.
Man kennt als mündiger Bürger natürlich die einschlägigen Plakate und Fernsehspots für Parteien – doch wie es dazu kam und welche Überlegungen hinter den verschiedenen Kampagnen stehen – dies beleuchtet Frank Stauss mit seiner Erfahrung von über 20 geführten Wahlkämpfen. Er kämpfte u. a. Für Olaf Scholz, Hannelore Kraft, Klaus Wowereit und Al Gore.
Seine Faszination für das Wahlkämpfen merkt man dem Buch auf jeder Seite an – und dank seiner prägnanten Sprache machen die knapp 200 Seiten von Höllenritt Wahlkampf großen Spaß.
Das Hauptaugenmerk des Autors liegt auf dem Wahlkampf Gerd Schröders von 2005 – der die SPD von der eigentlich ungewinnbar erscheinenden Ausgangssituation in die Große Koalition brachte.
Dies ist alles sehr fundiert und zieht seinen großen Reiz gerade aus der unmittelbaren Nähe, die Frank Stauss seinem Leser erlaubt. Alle Pleiten und Erfolgscoups breitet er aus und beleuchtet, welchen Einfluss Charisma, Optik und Kompetenz auf einen siegreichen Wahlkampf haben.
Da das Buch mit seinen knapp 200 Seiten doch auch für weniger buchaffine Menschen ist, die sich für Politik und Wahlkämpfe interessieren, kann es auch gut als Geschenk vor dem kommenden Wahlkampf zwischen Peer Steinbrück und Angela Merkel dienen. Garantiert lesenswert!