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Vorschaufieber Herbst 2021

Man mag sich eingedenk der immer im niedrigen zweistelligen Bereich stagnierenden Temperaturen noch gar nicht damit befassen: aber die Verlage legen schon fleißig ihre Programme für den Herbst/Winter 2021 vor. Ich habe mich deshalb drangemacht, die Programme zu sichten und spannende Titel aus den Programmen herauszusuchen. Dabei muss ich konstatieren, dass ich im Vergleich zu den kommenden Programmen das Frühjahrsprogramm der meisten Verlage deutlich stärker fand. Ausnahme allerdings der Dumont-Verlag, bei dem ich auch gleich unbesehen das komplette Programm geordert hätte. Aber nun eins nach dem anderen. Worauf kann man sich freuen?

2020 war Maaza Mengiste mit Der Schattenkönig für den Booker Prize nominiert. Nun gibt es das Buch ab September in der Übersetzung von Patricia Klobusiczky und Brigitte Jakobeit im dtv-Verlag zu lesen. Darin erzählt sie vom Einmarsch Mussolinis in Äthiopien 1935 und den Konsequenzen, die dieser Einmarsch für die Bevölkerung hatte.

Middle England war eines meiner großen Buchhighlights im letzten Jahr. vor zwei Jahren. Nun gibt es mit Mr. Wilder & Ich Neues von Jonathan Coe zu entdecken. Darin dreht sich alles – wer hätte das gedacht, um Billy Wilder und dessen vorletzten Dreh im Sommer 1976 auf einer griechischen Insel.

Apropos Buchhighlights: Auch Offene See war ein großer Überraschungshit aus dem letzten Jahr, mit dem mich Benjamin Myers überzeugen konnte. Auch von ihm gibt es ab September mehr zu lesen. Dann erscheint Der perfekte Kreis im Dumont-Verlag.

Indien ist ein Land, aus dem ich bislang fast überhaupt keine Literatur konsumiert geschweige denn hier vorgestellt hätte. Ab September könnte sich das hier in der Buch-Haltung ändern, denn dann erscheint In Flammen von Megha Majumdar, in dem sie einen Blick auf das aktuelle Indien und seine Probleme wirft.

Und auch von Hari Kunzru gibt es Neues zu lesen. Seine beiden Romane White Tears waren und Götter ohne Menschen waren beides echte Highlights. Nun legt der Liebeskind-Verlag nach und präsentiert im August Red Pill, das nach einem verschrobenen und außergewöhnlichen Buch klingt. Ein amerikanischer Schriftsteller am Wannsee in Berlin, Kleist, eine brutale Fernsehserie und ein Agitator, um das und mehr soll es darin gehen.

Im Herbst vergangen Jahres waren sowohl Internet als auch englischsprachige Feuilletons übervoll ob des Lobes für Douglas Stuarts Shuggie Bain, das dann auch den Booker Prize erhielt. Ob die Lobeshymnen gerechtfertigt waren, will ich mir ab August genauer ansehen. Dann erscheint der Roman bei Hanser Berlin in der Übersetzung von Sophie Zeitz.

Wenn wir schon beim Hanser-Verlag sind: aufhorchen hat mich auch diese Ankündigung lassen. Im September erscheint von K-Ming Chang der Roman Bestiarium. Darin erzählt sie von einer taiwanesischen Einwandererfamilie und ihrem Ankommen in Amerika über verschiedene Generationen. Generell fällt der starke Fokus auf asiatische Erzählstimmen in den Herbstprogrammen auf (Kim Thuy, Zhou Haohui, Khué Pham, etc.)

Transgenerationale Konflikte und Traumata spielen auch bei Lukas Rietzschel eine Rolle. Er ist mit Verlegerin Barbara Laugwitz von Ullstein zum dtv-Verlag gewechselt und präsentiert dort nach Mit der Faust in die Welt schlagen seinen zweiten Roman Raumfahrer. Das Ganze gibts ab Juli zu lesen.

Eine kleine Sensation gibt es im Frankfurter Schöffling-Verlag zu bewundern. Diese haben sich um die Wiederentdeckung Gabriele Tergits verdient gemacht. Und nun liegt mit So war’s eben erstmals ein Familienroman aus dem Tergit’schen Nachlass vor, der einen Bogen von 1898 bis in die 50er Jahre spannt und von Flucht, Vertreibung und Kriegen erzählt.

Ein Familienroman erscheint auch im August im Diogenes-Verlag. Hier debütiert Caroline Albertine Minor mit Der Panzer des Hummers. Darin erzählt die dänische Autorin von drei unterschiedlichen Geschwistern, die sich auseinandergelebt haben und völlig unterschiedliche Lebensansätze verfolgen. Ursel Allenstein liefert die Übersetzung.

Zwei Bücher gibt es von Claire Fuller bislang auf Deutsch, zweimal waren es Volltreffer. Auf ihre neues Buch freue ich mich deshalb sehr. Unsere unendlichen Tage soll eine Fabel in der Tradition von Marlen Haushofer sein, angesiedelt im Bayerischen Wald. Die Ankündigung und das bisherige Oeuvre Fullers machen mich auf alle Fälle neugierig.

Mögen die „alten, weißen Männer“ schon zu einem etwas tendenziösen Begriff geworden sein, gibt es nun dank des DuMont-Verlags und der Übersetzerin Monika Köpfer nun Mittelalte Männer zu entdecken. Geschrieben hat Richard Russo dieses Buch eigentlich schon 1997, nun liegt es aufgrund seines zunehmenden Erfolgs erstmals auf Deutsch vor.

Wenn die Inhaltsbeschreibung des folgenden Buchs nicht nach Breitwandpanorama klingt, dann weiß ich auch nicht. In Wie viel von diesen Hügeln ist Gold erzählt C Pam Zhang von zwei chinesischen Waisenkindern. Diese befinden sich auf der Flucht durch die Prärie, da sie ihren Vater nach althergebrachtem Ritus bestatten möchten.

Ein Buch über eine Bibliothekarin und ihren Arbeitsplatz, der von einer Schließung bedroht ist? Eine Hommage an das Lesen und die skurrilen Kund*innen, die Bibliotheken so besuchen? Ich bin auf alle Fälle mit dabei, wenngleich Cover und Kurzbeschreibung etwas Kitsch und RomCom-Flair versprühen. Aber ein bisschen Eskapismus ist ja auch mal ganz schön. Die letzte Bibliothek der Welt von Freya Sampson erscheint im August bei DuMont.

Neues gibt es auch von Andreas Pflüger. Seine Trilogie um die blinde Ermittlerin Jenny Aaron zählt zu dem besten, was die deutsche Spannungsliteratur in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Nun gibt es mit Ritchie Girl einen neuen Roman des Drehbuchautors zu lesen, der darin ins Nachkriegsdeutschland entführt und vom Vergessen, Spionage und Neuanfang erzählt. Ab September bei Suhrkamp.

Erfreulich ebenso diese Ankündigung aus dem Hause C. H. Beck.: Nach Alles Licht, das wir nicht sehen, das 2014 erschien, gibt es nun erstmalig etwas Neues von Anthony Doerr zu lesen. Wolkenkuckucksland heißt das neue Buch des amerikanischen Autors. Der Verlag bewirbt es als ein Buch dreier über die Zeit hinweg verbundener Geschichten im Stile des „Wolkenatlas“ von David Mitchell. Mehr braucht es für mich nicht, als dass das Buch hoch oben auf meinem Zettel steht.

Ein weiteres hochinteressantes Buch scheint mir dieses zu sein: María José Ferrada erzählt in Kramp die Geschichte eines Eisenwarenvertreters, der seine Tochter mit auf seine Touren nimmt. Das wäre an sich nicht besonders erzählenswert, würde es sich nicht um den Schauplatz Chile Anfang der 80er Jahre handeln. Die Hochzeit der Pinochet-Diktatur also. Ab Ende August ist das Buch in der Übersetzung von Peter Kultzen bei Berenberg beziehbar.

Steven Hall erzählt in Maxwells Dämonen von dem Autor Thomas Quinn, der das Gefühl hat, von einer Romanfigur verfolgt zu werden. Diese entstammt einem Krimi, den sein Mentor einst schrieb, ehe er spurlos verschwand. Was hat es mit Maxwells Dämonen auf sich? Ab Oktober lässt es sich erfahren.

Spannend auch die Geschichte von Alexander Wolff, der der Enkel des legendären Verlegers Kurt Wolff ist. Er zog für ein Jahr nach Berlin, um dort die schillernde Geschichte seiner Familie zu ergründen. Nachlesen lässt es sich ab September in Das Land meiner Väter (erscheint bei DuMont)

Und Eva Menasse erzählt von der Geschichte und der großen Politik anhand eines kleinen österreichischen Dorfs. Dunkelblum heißt das Werk und wird im August bei Kiepenheuer & Witsch erscheinen.

Für seinen Roman Die Anomalie erhielt Hervé Le Tellier im letzten Jahr den Prix Goncourt. Nun gibt es seinen Roman in der Übersetzung von Romy und Jürgen Ritte ab August auch auf Deutsch zu lesen. Der Verlag verspricht etwas eigenwillig eine Mischung aus Thriller, Komödie und großer Literatur (warum das eine das andere ausschließen sollte, das will mir nicht so richtig ein).

Mit Wie schön wir waren gibt es Neues von Imbolo Mbue zu lesen. 2017 erschien ihr erster Roman auf Deutsch: Das geträumte Land. In ihrem zweiten Roman erzählt sie von einem ausgebeuteten afrikanischen Dorf, das sich gegen übermächtige Gegner zur Wehr setzt.

Interessant klingt auch dieses Debüt von Stefanie vor Schulte, das mich durch den Klappentext etwas an Charles Lewinskys Der Halbbart erinnerte: Junge mit schwarzem Hahn. Ab August im Diogenesverlag erhältlich.

Ein weiterer vielversprechender Titel auf meiner Liste ist der Roman Wenn wir heimkehren von Andrea Heuser. In diesem Gesellschaftsroman geht es zurück in die 50er Jahre in der alten Bundesrepublik. Auch dieser Roman erscheint im August.

Von diesem Monument (laut André Aciman im Range eines James Joyce, so der Kampa-Verlag in seiner Werbung) habe ich noch nichts gehört. Das Alexandria-Quartett von Lawrence Durrell stellt in vier Bücher vier unterschiedliche Menschen in den Mittelpunkt, deren Erinnerungen an Alexandria in den 30er-Jahren miteinander verbunden sind. Ein Schuber, fast 1300 Seiten – ich bin mehr als neugierig!

Eine Wiederentdeckung bietet der Weidle-Verlag im Herbst. Hier präsentiert Verleger Stefan Weidle den letzten Roman von Theodor Wolff namens Die Schwimmerin. Das Buch wird als Berlin-Roman, Nachruf auf die Weimarer Republik, Liebes- und Sozialgeschichte angekündigt. Und schon alleine das von Kat Menschik gestaltete Retro-Cover ist es wert, sich dieses Buch einmal genauer anzusehen.

Und auch auf diesen Roman bin ich sehr gespannt: Te-Ping Chen präsentiert in Ist es nicht schön hier zehn Geschichten, die vom modernen China erzählen. Menschen, die verhaftet werden, Gamer, Träumer und noch mehr gibt es in diesem Roman zu entdecken.

Emiliy St. John Mandel erzählt in Das Glashotel eine Geschichte, die in einem Luxushotel an der Küste Kanadas spielt. Dort beschließt eine Barkeeperin, mit einem Hotelgast, einem reichen Investor, nach New York aufzubrechen. Übersetzt von Bernard Robben gibt es das Buch ab August bei Ullstein.

Von Colson Whitehead gibt es auch Neues zu lesen. In Harlem Shuffle erzählt er die Geschichte eines Mannes, der eine Doppelexistenz führt. Denn obschon er ein anständiges Leben anstrebt, muss er sich doch auch als Hehler in Harlem verdingen, um sein Auskommen zu sichern.

Und auch auf dieses Debüt bin ich gespannt: Rumaan Alam erzählt von einer Familie, die einen Urlaub in einem Ferienhaus auf Long Island verbringen will. Doch plötzlich steht Inmitten der Nacht ein schwarzes Ehepaar vor der Tür, die behaupten, dass an der Ostküste alles im Dunkeln liege und das Haus ihnen gehöre. Wem kann die Familie trauen?

Neue Krimis

Einer der ungewöhnlichsten Krimis der letzten Zeit stammt von Stuart Turton. Dieser ist nun mit Der Tod und das dunkle Meer zurück. Und auch dieses Setting klingt wieder ungewöhnlich und spannend: wir sind nämlich im Jahre 1634 an Bord eines Schiffs von Batavia nach Indonesien. An Bord soll der Teufel umgehen, es kommt zu mysteriösen Mordfällen und an Bord ist ein Ermittler, der sich eigentlich auf dem Weg zu seiner Hinrichtung befindet.

Was Krimiunterhaltung an der Grenze zwischen Trash und Ernst anbelangt, ist Candice Fox eine echt Größe. Präzise wie ein Uhrwerk legt sie Jahr für Jahr einen Thriller vor. Dieses Jahr ist es das Buch 606, das mich etwas an den Harrison Ford-Klassiker Auf der Flucht erinnert. Nach einem Gefängnisausbruch ist einer der Insassen unterwegs, seine Unschuld zu beweisen. Gejagt wird er von einer Gefängnisaufseherin, die mit ihm noch eine Rechnung offen hat.

Im Atrium-Verlag erscheint ein Debüt, das ich mir auch gleich auf meinen Merkzettel notiert habe. Die Stille des Bösen von Kyle Perry entführt in die Wildnis Tasmaniens. Dort ist eine Gruppe Jugendlicher verschwunden, wie dies in den 80er Jahren schon einmal passiert ist.

Und auch der Polar-Verlag liefert zuverlässig wieder neue Stimmen und Plots. Mit Black Water Rising veröffentlicht der Verlag nun das Debüt von Attica Locke, die für ihre Krimis viel Lob und Aufmerksamkeit erhielt. Das Buch spielt in den Sümpfen der Bayous im Jahre 1981 und erzählt von eine ehemaligen Black Power-Aktivisten.

Apropos Unabhängige Verlage: auch der im fränkischen Cadolzburg beheimatete Ars Vivendi-Verlag bietet immer wieder Entdeckungen fernab des Mainstream. Nun erscheint dort von Ivy Pochoda ein neuer Roman. Diese Frauen dreht sich um die Opfer eines Serienkillers in Los Angeles, an deren Schutz und Schicksal die Polizei wenig Interesse hegte.

Neue Sachbücher

Von Büchern über Bibliotheken, Buchhandlungen und das Lesen kann ich ja nicht genug bekommen. Umso schöner, dass der DuMont-Verlag nachlegt und mit Vom Glück, zu lesen ein weiteres Buch dieses Genres vorlegt. Darin erzählt Martin Latham von der Liebe zu Büchern und präsentiert eine Geschichte von Buchhandlungen und Buchleidenschaft.

Spannend auch dieses Buch aus dem ersten Programm des neugegründeten Kanon-Verlags. Kirsty Bell erzählt in Gezeiten der Stadt eine Geschichte Berlins, irgendwo zwischen Memoir, Stadtbild und Kulturgeschichte, so die Ankündigung im Katalog des Verlags. Ich bin auf alle Fälle interessiert.

Und auch dieses Buch klingt sehr vielversprechend: Oliver Lubrich geht in Humboldt oder Wie das Reisen das Denken verändert den einzelnen Expeditionen Alexander von Humboldts nach. Er beschreibt wie diese Reisen das Denken dieses großen Gelehrten änderten, neue Einsichten bescherten und seinen Kosmos weiteten. Als Fan von Andrea Wulffs Biografie und der Beschreibung Jürgen Goldsteins ist dieses Buch Pflichtprogramm für mich!

Wer sind wir Deutschen eigentlich? Immer wieder gibt es im C. H. Beck-Verlag dazu interessante Bücher, geschrieben etwa von Christopher Clark. Ein ähnliches Lese- und Ideenerlebnis erhoffe ich mir von folgendem Titel: Deutschland – Geschichte einer Nation von Helmut Walser Smith.

Und dann noch zu einem Genre, das schon fast ausgestorben schien: der Arbeiterroman. Ein ebensolcher erscheint bei Matthes & Seitz Berlin im September, geschrieben von Joseph Ponthus. In seinen Aufzeichnungen Am laufenden Band erzählt er von seiner Arbeit in den Fischfabriken und Schlachthöfen der Bretagne. Es ist sicherlich spannend, auch diese Milieus mal wieder in der Literatur vertreten zu sehen. Berlinromane und Coming of Age gibt es ja wahrlich schon genug.

So viel zu meinen Vorschautiteln, die weit oben auf meiner Merkliste rangieren. Gibt es Titel, auf die ihr euch besonders freut oder Titel aus meiner Vorstellung, die euch besonders ansprechen?

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Ein gebrauchtes Buchjahr 2020

2020 ist ein Krisenjahr. Das gilt auch für die Buch- und Literaturbranche. Warum dieses Jahr trotz des Alters von gerade einmal drei Monaten schon jetzt weg kann.


Selten hatte man nach drei Monaten eines literarischen Jahres so sehr das Bedürfnis, entweder die Zeit noch einmal auf Jahresbeginn zurückzustellen oder alternativ gleich die restlichen Monate bis zum neuen Jahr vorzuspulen. Denn das, was 2020 in diesen wenigen Monaten für die Literaturbranche bereithielt, das möchte man doch am liebsten vergessen und ganz schnell noch einmal von vorne beginnen.

Nur damit wir uns richtig verstehen: natürlich sind die Folgen von Corona und Co außerhalb der Buchbranche noch deutlich verheerender, mitunter sogar tödlich, gar keine Frage. Aber auch für die Buch- und Literaturbranche sind diese Tage teilweise existenzbedrohend. Und nachdem ich hier einen Literaturblog betreibe, will ich mich auf die Analyse dieses bisher so bescheidenen Monate kaprizieren und zeigen, warum dieses Jahr schon jetzt in die Tonne kann. Und das in mehrfacher Hinsicht.

Das Feuilleton

In diesem bisherigen Jahr hat sich das Feuilleton wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. Absurder Höhepunkt sicherlich die Debatte um Uwe Tellkamp und seinen irgendwann demächst erscheinenden Roman Lava. Der ist bislang noch nicht erschienen, obwohl man im Feuilleton der Welt meinte, er läge schon lange vor und sollte aufgrund der Haltung Tellkamps, der schon gerne einmal die Meinungskorridore enger werden sieht und sich an die DDR-Verhältnisse erinnert fühlt, nicht mehr veröffentlicht werden. Zensur! Ein missliebiger ostdeutscher Schriftsteller, der mundtot gemacht werden soll!

Ein zensierter Schrifststeller? Uwe Tellkamp

Für die Welt stand schnell fest, dass hier ein echter Skandal vertuscht werden sollte. Deshalb schnell die Feder gespitzt, auch noch fix eine Intellektuellen-Umfrage initiiert mit der Frage, ob man wirklich nicht mehr alles sagen und schreiben dürfe in diesem Land. Viel Geraune, viel nebulöse Andeutung, bis sich dann herausstellte: Tellkamps Buch wird beim Suhrkamp-Verlag gerade einfach nur redigiert und erscheint wahrscheinlich nächstes Jahr. Eine alberne Aufblähung eines Möchtegern-Skandales, an dessen Ende einfach mal wieder Shakespeare steht. Much ado about nothing!

Auch wurden die Debatten um andere Aufreger-Themen, wie etwa das #frauenzählen in Verlagsvorschauen oder das Erscheinen von Woody Allens Biografie auf einem teilweise doch recht fragwürdigen Niveau geführt. Da hätte man seine Energie doch besser in die Vermittlung von lesenswerten Büchern gesteckt.

Auch drängte sich im Feuilleton 2020 bislang der Eindruck auf, dass man auch in diesem Jahrzehnt die Abwertung von Frauen und die literarische Gagatheorie „Frauen – Unterhaltung“, „Männer – Literatur“ weiter munter fortschrieb. Beispielsweise Volker Weidermann im Spiegel über die neue Verlegerin des Rowohlt-Verlags, Nicola Bartels.

Aber da sind wir ja auch schon beim nächsten Thema – bei Rowohlt und der Verlagswelt.

Die Verlagswelt

Auch in der Verlagsbranche brachte 2020 wenig Gutes. Da war schon einmal Monsieur-Ex Florian Illies, der nach nur wenigen Monaten seinen Job als Rowohlt-Verleger wieder hinschmiss. Für Sandra Kegel in der FAZ eine peinliche Party. Und für Illies nur ein weiteres Ex-Prädikat, von denen er nun schon einige hat: Ex-Angestellter bei der Zeit, bei der FAS, bei einem Auktionshaus, bei einem Kunstmagazin. Und nun auch Ex-Verleger, nach ein paar Monaten. Einen Job, für den man zuvor die erfolgreiche Barbara Laugwitz höchst unrühmlich abgesägt hatte. Stabilität und Konstanz sieht anders aus.

Und dann kam auch schon Corona. Obwohl man zuvor noch behauptet hatte, die Leizpiger Buchmesse finde sicher statt, wurde sie dann wenige Tage später doch abgesagt. Die richtige Entscheidung, wie die rasant steigenden Fall- und Todeszahlen dann schnell zeigen sollten, obwohl auch ich ob der ganzen erfolgten Vorplanung zunächst enttäuscht war.

Was bei mir im kleinen zutrifft, trifft die Verlage ja deutlich härter. Gebuchte Hotelbetten, Fahrtkosten, Messebauer, geplante Veranstaltungen. Der Ausfall ist massiv und schlägt vor allem bei den kleinen und unabhängigen Verlage am gravierendsten durch, die in keine Konzernstrukturen eingebunden sind und über so etwas wie Rücklagen nicht verfügen. Besonders die Leipziger Buchmesse ist ja immer eine Publikumsmesse, bei der man für die Frühjahrsprogramme und Spitzentitel werben kann. Eine Möglichkeit, die dieses Jahr völlig wegfiel. Manch einer nahm das auch mit Humor, wie etwa Benjamin Quaderer, dessen Spitzentitel Am Ende die Alpen eigentlich dank Messe und Co viel Aufmerksamkeit hätte erhalten sollen.

Kleiner Trost – immerhin hier kommt bald eine Besprechung dieses wirklich lesenswerten Buchs. Dennoch ist der Ausfall von Öffentlichkeit, Absatzmöglichkeiten und Gewinn für die Verlage wirklich gravierend. In dieser Hinsicht ist auch eine traurige Nachricht abseits der ausgefallenen Leipziger Buchmesse zu vermelden:

Der Kleinverlag Binooki ist insolvent und muss den Betrieb einstellen. Der von zwei Schwestern betriebene Verlag hatte sich um den Transfer von türkischen Autor*innen ins Deutsche verdient gemacht und muss doch nun aufgrund eines Betrügers Insolvenz anmelden. Auch auf diese Nachricht hätte man verzichten können.

Der Buchhandel

Und dann ist da nicht zuletzt auch noch die Buchhandelsbranche. Sie trifft die Corona-Krise nun besonders hart. Während für die meisten Kund*innen wohl der Klick bei Amazon und Co. am einfachsten erscheint, fürchten viele Buchhandlungen um ihre Existenz. Die Laufkundschaft, die normalerweise die Umsatzzahlen generiert, fällt völlig weg. Bis auf Berlin mussten überall die Buchhandlungen schließen, da ihnen laut politischen Richtlinien keine Systemrelevanz zukommt. Darüber könnte man natürlich trefflich streiten. Fakt ist allerdings, dass sich die Buchhändler*innen so neue Wege überlegen müssen, um ihre Kund*innen zu erreichen und weiterhin den Umsatz zu generieren, der ihnen ein Forbestehen ihrer Läden ermöglicht.

Die Wichtigkeit von Online-Präsenzen und Webshops wird in der Corona-Krise einmal mehr augenfällig. Verschiedene Kampagnen und Initiativen von Verlagen und Buchhandlungen versuchen auch gegenzusteuern. Und auch ich möchte mit einem Appell enden.

Auslieferung per Fahrrad bei Uslar&Rai in Berlin

In Zeiten, in denen ein Online-Gigant wie Amazon Büchern keine hohe Priorität mehr einräumt und diese zugunsten von Lebensmittelzustellungen zurückstellt, gibt es in meinen Augen keinen einzigen Grund, einen solchen Marktmonopolisten weiter zu stärken. Im Gegenteil. Die Buchhandlungen werden nach wie vor täglich von den Zwischenbuchhändlern beliefert. Bestellte Bücher werden so deutlich schneller geliefert – und von vielen Buchhandlungen neuerdings sogar persönlich zugestellt. So seien an dieser Stelle nur kursorisch ein paar lokale Buchhandlungen genannt, die diesen Service anbieten. Ruft einfach eure Buchhändler*innen an und fragt nach – sie werden euch sicher gerne beliefern. Denn gerade in diesen Zeiten sollte ein Besinnen auf lokales Kaufverhalten und eine Unterstützung der Aktiven vor Ort das Gebot der Stunde sein. Schließlich wäre es schön, wenn die Buchhandels- und Verlagswelt nach der Corona-Krise noch die alte wäre. Insofern: Buy local!

Diese Buchhandlungen liefern nach Hause

Berlin: Ocelot, Uslar & Rai, Buchbox

Nürnberg: Buchhandlung Jakob

Hanau: Buchladen am Freiheitsplatz

Ansbach: Buchhandlung Seyerlein

Ulm: Aegis

München: Glatteis, Buch in der Au, CoLibris

Augsburg: Schlosser’sche Buchhandlung, Buchhandlung am Obstmarkt, Bücher Max


Titelbild: Pexels

Bild Tellkamp: By Smalltown Boy – Transferred from de.wikipedia to Commons., CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6213358

Uslar&Rai: Homepage

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Der literarische Frühling 2019

Auf diese Bücher freue ich mich  im neuen Jahr

Gefühlt ist es doch erst ein paar Wochen her, dass ich mich an eine kleine Vorschau der Herbst-Titel 2018 gemacht habe. Doch die Zeit rast, viele Verlage haben schon die Vorschauen für ihr literarisches Frühjahrsprogramm 2019 veröffentlicht. Aus den bislang publizierten Vorschauen habe ich ein paar Titel herausgepickt, auf die ich mich besonders freue (Ankündigungstexte entstammen den Verlagswebseiten). Meine Frühjahrshighlights 2019:

Johanna Holmström – Die Frauen von Själö

In einer Herbstnacht im Jahr 1891 ertränkt Kristina Andersson ihre zwei schlafenden Kinder im Meer. Sie kommt in die Nervenheilanstalt auf Själö, einer Insel im Schärengarten Finnlands – kaum eine der Patientinnen, die hier eingewiesen werden, verlässt die Insel jemals wieder.
Vierzig Jahre später wird die siebzehnjährige Elli ebenfalls dort eingeliefert. Sie wünschte sich mehr vom Leben als die Enge ihres Elternhauses. Sie lief von zu Hause weg, verliebte sich Hals über Kopf und musste vor der Polizei fliehen. Doch zu ihrer Zeit erlaubt man Frauen den Ausbruch aus ihrem Leben nicht. Jetzt ist sie ebenfalls gefangen auf der Insel Själö, wo die Zeit stillzustehen scheint …

Victor Pouchet – Warum die Vögel sterben

In der Normandie regnet es tote Vögel vom Himmel, doch in Paris nimmt man kaum Notiz davon. Nur ein promotionsmüder Student will unbedingt erfahren, was sich da – unter anderem in seinem Heimatort – ereignet hat. Er versucht allerdings ausgerechnet auf einem Vergnügungsdampfer dorthin zu gelangen. Als (weitaus) jüngster Passagier auf der Seine Princess verliebt und schlägt er sich auf diesem ›trunkenen Schiff‹ mit einem Matrosen um die Herzdame … Aber ist seine Reise nicht vor allem ein Versuch, die Familie wiederzufinden und ein wenig Ordnung in seine Notizen und sein Leben bringen?

Alan Carter – Marlborough Man

Nick Chester hat als undercover cop in seiner englischen Heimat eine Gangsterorganisation auffliegen lassen, die ihn daraufhin auf ihre Abschussliste setzte. Bei der neuseeländischen Polizei, an den landschaftlich grandiosen, rauen Marlborough Sounds versucht er nun, mit seiner Familie ein neues Leben zu beginnen. Aber auch die abgelegene Provinz hat ihre Tücken. Ohne seine ortskundige Kollegin, Constable Latifa Rapata, wäre er hilflos. In der dünnbesiedelten Gegend treibt ein unheimlicher Mörder sein Unwesen. Chester und Rapata müssen sich mit der örtlichen Nomenklatura anlegen, Rassenkonflikte werden sichtbar, und Chester darf nie vergessen, dass die britischen Gangster ihn überall auf der Welt finden können. Jederzeit …

Nicola Karlsson – Licht über dem Wedding

Ein Hochhaus in Berlin. Zwischen S-Bahnhof und tristen Grünanlagen prallen Welten aufeinander. Hannah verdient ihr Geld mit einem Modeblog und lebt erst seit kurzem hier. Dem alleinerziehenden Wolf ist von seiner Zeit im Nachtleben nur der Alkohol geblieben. Und seine Tochter Agnes will weder von ihm noch von dem Püppchen aus dem 10. Stock etwas wissen. Und doch kreuzen sich ihre Wege. Sie verbindet die existenzielle Einsamkeit der Großstadt. Sie sind auf der Flucht und zugleich wie getrieben auf der Suche. Sie ahnen, dass es jemanden gibt, der ist wie sie. Und trotzen dem Leben eine Überraschung ab.

Friedemann Karig – Dschungel

Er muss ihn finden. Seinen besten Freund, der schon immer auf der Jagd nach dem Extremen war – nie wird er vergessen, wie euphorisiert Felix neben ihm vor dem felsigen Abgrund stand, unter ihnen ragten die Klippen hervor wie aufgeklappte Messer. Doch selbst Felix sieht es nicht ähnlich, auf einer Reise in Asien spurlos zu verschwinden. Für den Erzähler steht fest: Nur er kann das rätselhafte Abtauchen aufklären. Dafür setzt er sogar seine große Liebe aufs Spiel. Schließlich verbindet ihn mit Felix eine besondere Freundschaft. Und ein Geheimnis, das sie ebenso eint wie trennt. Immer tiefer dringt der Erzähler auf seiner Suche in das wilde Kambodscha vor, in dieses nie genesene Land ohne Gedächtnis, immer verzweifelter durchforstet er seine Erinnerungen nach einem Hinweis, was passiert sein könnte. Bis er begreift, dass er den Freund nur retten kann, wenn er mit ihm verschwindet.

Katharine Dion – Die Angehörigen

Nach dem plötzlichen Tod seiner Frau Maida quält Gene die Frage, ob sie glücklich gewesen ist mit ihrem gemeinsamen Leben. Er hat sie das nie gefragt. In Gesprächen mit seiner Tochter Dary und seinen langjährigen Freunden Gayle und Ed sucht er in seiner Erinnerung nach glücklichen Momenten, die sie erlebt haben: als Paar, als Eltern, als Freunde. Doch Dary stellt nicht nur seine versöhnliche Darstellung der Vergangenheit infrage, sie lässt ihn auch an seinem Bild von Maida zweifeln. Durch sie tritt Gene eine ganz andere Frau entgegen. Während die seit Langem bestehende Kluft zwischen ihm und seiner Tochter wächst, begreift Gene nach und nach, wie wenig er sein eigenes Kind kennt – und wie geheimnisvoll seine Ehefrau eigentlich war. Neben das Glück, das er stets an Maidas Seite empfunden hat, treten Verletzung und Betrug, die es sowohl in seiner Ehe als auch in seiner Freundschaft zu Gayle und Ed gegeben hat. Und ein entsetzlicher Verdacht ergreift Besitz von ihm und droht alles hinwegzufegen, was er je zu wissen geglaubt hat.

Hanya Yanagihara – Das Volk der Bäume

Der junge Arzt Norton Perina kehrt mit einer unfassbaren Entdeckung von der Insel Ivu’ivu zurück: Hat er wirklich ein Mittel gegen die Sterblichkeit gefunden? Eine uralte Schildkrötenart soll die Formel des ewigen Lebens bergen. So kometenhaft er damit zur Spitze der Wissenschaft aufsteigt, so rasant vollzieht sich die Kolonisierung und Zerstörung der Insel.

Geovani Martins – Aus dem Schatten

Jeder Schritt vor die Tür ein Spießrutenlauf, jede Begegnung mit der Polizei eine Schikane, jeder Blickkontakt ein Todesrisiko: Die Favelas von Rio de Janeiro sind harte Orte. Hier herrschen Armut und Brutalität. Hier leben die Ohnmächtigen und Verdammten. Und hier leben junge Menschen – sind sie Täter? Opfer? –, die mit all dem klarkommen müssen und sich ihre alltägliche Fragen stellen: Die Schusswaffen des Vaters mal ausprobieren? Wie kriegt man eine Frau rum? Wie wird man eine Leiche los? Wie rettet man eine Hexe? Wohin mit den Drogen, wenn eine Sondereinheit das Haus stürmt?


Violaine Huisman – Die Entflohene

Ihr Fahrstil war sportlich, mit quietschenden Reifen fuhr sie über jede rote Ampel der Champs-Elysées, in der linken Hand die Zigarette, in der rechten das Steuer, auf dem Rücksitz die beiden Töchter. Catherine konnte ausrasten, ihre Kinder unflätig beschimpfen, um sie gleich danach in Liebe zu ertränken. Die kleine Violaine und ihre Schwester lieben die Mutter abgöttisch, aber sie ist krank, sie ist manisch-depressiv.

Vea Kaiser – Rückwärtswalzer

Als Onkel Willi stirbt, stehen der Drittel-Life-Crisis geplagte Lorenz und seine drei Tanten vor einer Herausforderung. Willi wollte immer in seinem Geburtsland Montenegro begraben werden. Doch da für eine regelkonforme Überführung der Leiche das Geld fehlt, begibt man sich kurzerhand auf eine illegale Fahrt im Panda von Wien Liesing bis zum Balkan. Auf der 1029 Kilometer langen Reise finden die abenteuerlichen Geschichten der Familie Prischinger auf kunstvolle Weise zueinander.

Lawrence Osborne – Welch schöne Tiere wir sind

Die Luft scheint stillzustehen an diesem heißen Sommertag auf der griechischen Insel Hydra. Dort verbringt Naomi die Ferien in der Residenz ihres Vaters, einem englischen Kunstsammler. Gemeinsam mit der jüngeren Sam entdeckt sie bei einem Küstenspaziergang etwas Ungeheuerliches: Ein bärtiger, ungepflegter Mann liegt auf den Steinen, ein Geflüchteter aus Syrien, Faoud. Für Naomi die perfekte Gelegenheit, es ihrem Vater heimzuzahlen – für seinen obszönen Reichtum, seine hohlen Allüren, seine unerträgliche neue Frau. Doch als sie Faoud dazu anstiftet, bei ihrem Vater einzubrechen, hat das fatale Folgen.

John Ironmonger – Der Wal und das Ende der Welt

Erst wird ein junger Mann angespült, und dann strandet der Wal. Die dreihundertsieben Bewohner des Fischerdorfs St. Piran spüren sofort: Hier beginnt etwas Sonderbares. Doch keiner ahnt, wie existentiell ihre Gemeinschaft bedroht ist. So wie das ganze Land. Und vielleicht die ganze Welt. Weil alles mit allem zusammenhängt.

Kenah Cusanit – Babel

1913, unweit von Bagdad. Der Archäologe Robert Koldewey leidet ohnehin schon genug unter den Ansichten seines Assistenten Buddensieg, nun quält ihn auch noch eine Blinddarmentzündung. Die Probleme sind menschlich, doch seine Aufgabe ist biblisch: die Ausgrabung Babylons. Zwischen Orient und Okzident bahnt sich gerade ein Umbruch an, der die Welt bis in unsere Gegenwart hinein erschüttern wird. Wie ein Getriebener dokumentiert Koldewey deshalb die mesopotamischen Schätze am Euphrat; Stein für Stein legt er die Wiege der Zivilisation frei – und das Fundament des Abendlandes.

Don Winslow – Jahre des Jägers

Art Keller, der berühmte US-Drogenfahnder, steht vor der Aufgabe seines Lebens: die amerikanische Anti-Drogen-Politik ist gescheitert, die Menge des jährlich importierten Heroins hat sich vervielfacht. So viele Amerikaner wie noch nie sind opiatabhängig. Die mächtigen mexikanischen Drogenkartelle versuchen, die amerikanische Regierung zu unterwandern – an deren Spitze ein umstrittener neuer Präsident steht. Art Keller folgt den Spuren des verschwundenen legendären Drogenbosses Adan Barrera und findet sich in einen brutalen und gnadenlosen Kampf gegen beide Seiten verstrickt. Er muss feststellen, dass Drogen- und Waffengeschäfte unfassbare Dimensionen angenommen haben. Dabei kommt der Feind aus einer ganz unerwarteten Richtung. Es beginnt ein entfesselter Krieg mit epischem Ausmaß, in dem die Grenzen zwischen Gut und Böse schon längst verschwunden sind.

Ian McEwan – Maschinen wie ich

Charlie ist ein sympathischer Lebenskünstler Anfang 30. Miranda eine clevere Studentin, die mit einem dunklen Geheimnis leben muss. Sie verlieben sich, gerade als Charlie seinen ›Adam‹ geliefert bekommt, einen der ersten lebensechten Androiden. In ihrer Liebesgeschichte gibt es also von Anfang an einen Dritten: Adam. Kann eine Maschine denken, leiden, lieben? Adams Gefühle und seine moralischen Prinzipien bringen Charlie und Miranda in ungeahnte – und verhängnisvolle – Situationen.

Lou Berney – Destination Dallas

November 1963: Amerika befindet sich in Schockstarre. Präsident Kennedy ist gerade in Dallas erschossen worden.
Auch den sonst nie um ein Wort verlegenen Frank Guidry macht die Nachricht sprachlos. Einige Tage zuvor hat er seinem Boss, der Mafiagröße Carlos Marcello, einen Gefallen getan und unweit des Tatorts ein Auto abgestellt. Ein Fluchtwagen, wie es nun scheint.
Da Frank weder verhaftet, noch als Mitwisser zum Schweigen gebracht werden will, muss er die Stadt schnellstmöglich verlassen.
Die junge Charlotte flieht ebenfalls, zusammen mit ihren Töchtern – vor ihrer trostlosen Ehe, der Enge ihres Zuhauses, der Chancenlosigkeit ihres Lebens. In einer Notsituation trifft sie auf den weltgewandten Frank, der vorschlägt, den Rest des Weges durch die USA gemeinsam fortzusetzen.
Schnell stellen Frank und Charlotte fest, dass sie einander auf ihrer Reise brauchen werden.

William Kent Kueger – Für eine kurze Zeit waren wir glücklich

Im Sommer des Jahres 1961 kommt der Tod in vielen Formen nach New Bremen. Als Unfall. Als Selbstmord. Und als Mord. Zusammen mit seinem kleinen Bruder Jake scheint der dreizehnjährige Frank immer am falschen Ort zu sein – oder am richtigen, schließlich liefert eine Leiche auch Stoff für gute Geschichten. Bis das Sterben auch Franks Familie heimsucht. Plötzlich tut sich vor den Brüdern die ganze Welt der Erwachsenen auf, und der Tod fordert von allen eine Entscheidung: für die Familie, die Freunde und das Leben.

Zinzi Clemmons – Was verloren geht

„Du bist ja keine richtige Schwarze“, sagt ihre weiße Mitschülerin eines Tages zu Thandi. Die Worte hallen nach, bis sie eine junge Frau wird. In Pennsylvania wächst sie auf, schließt Freundschaften, beginnt Liebschaften, doch sie gehört nie richtig dazu. Johannesburg ist die Heimat ihrer Mutter – für Thandi unendlich weit entfernt. Bis ihre Mutter an Krebs erkrankt, das Sterbebett zu Hause aufgebaut wird und Thandi sich mit ihrem Vater die Pflegestunden teilt. Es beginnt eine schmerzliche Reise zu ihren Wurzeln und eine erhellende Suche nach Halt, nach Liebe, nach einer eigenen Familie.

Peter Hoeg – Durch deine Augen

Simon hat versucht, sich das Leben zu nehmen. Peter will ihm helfen und nimmt Kontakt mit der Therapeutin Lisa auf. Die drei waren einst Kindergartenfreunde, doch daran kann Lisa sich nicht mehr erinnern. Als Forscherin hat Lisa eine Methode gefunden, wie man das Bewusstsein eines Menschen als Hologramm sichtbar machen kann. So will sie Patienten helfen, wieder in eine echte Beziehung zu anderen zu treten. In ihrem Bemühen, den völlig in sich verschlossenen Simon zu retten, kommen sich Peter und Lisa näher. Auch die verschüttete Kindheit steigt wieder vor Lisa auf.

Juan S. Guse – Miami Punk

Der Atlantik hat sich über Nacht von der Küste Floridas zurückgezogen und eine Wüste hinterlassen. Kreuzfahrtschiffe rosten im Sand vor Miami, die Hotels bleiben leer, der Hafenbetrieb ist eingestellt und selbst die Dauerwerbesendungsindustrie liegt am Boden. Mittendrin eine überambitionierte Indie-Game-Programmiererin, eine strauchelnde Arbeiterfamilie, eine junge Soziologin und ein E-Sport-Team aus Wuppertal.

Michael Römling – Pandolfo

Mailand 1493: Der junge Pandolfo wird schwer verletzt und ohne Gedächtnis von dem Seidenhändler Bernadino Bellapianta auf der Straße gefunden. Nun arbeitet er für den reichen Unternehmer und Abenteurer. Auf der Suche nach seiner Vergangenheit steigt Pandolfo mit einem Flugmaschinenbauer in die Lüfte auf, stolpert über einen toten Osmanen, verliebt sich zum zweiten Mal in dieselbe Frau, überlebt einen weiteren Mordanschlag und kommt langsam dahinter, dass sein Wohltäter nicht ganz so tadellos ist, wie er scheint.

Kamel Daoud – Zabor

Ismaël, der sich selbst Zabor nennt, verliert früh seine Mutter. Der Vater verstößt ihn, Stiefmutter und Halbgeschwister wollen das Kind nicht im Haus haben. Zabor wächst bei seiner altjüngferlichen Tante und dem stummen Großvater auf. Trost und Zuflucht findet er in der Literatur, er verschlingt alles, was er in die Finger kriegen kann. Viel ist das jedoch nicht in einem algerischen Dorf, das im Süden bereits an die Sahara grenzt, und so beginnt Zabor, seine eigenen Geschichten zu schreiben und entdeckt dabei schon früh ein besonderes Talent: Er hat die Gabe, das Leben von Sterbenden zu verlängern. So lange er über die Leute schreibt, so lange hält er den Tod auf Abstand. Wenn der Arzt und das Heilige Buch nicht mehr helfen können, dann holt man Zabor. So auch, als eines Tages sein Vater im Sterben liegt.

Joel Dicker – Das Verschwinden der Stephanie Mailer

Es ist der 30. Juli 1994 in Orphea, ein warmer Sommerabend an der amerikanischen Ostküste: An diesem Tag wird der Badeort durch ein schreckliches Verbrechen erschüttert, denn in einem Mehrfachmord sterben der Bürgermeister und seine Familie sowie eine zufällige Passantin. Zwei jungen Polizisten, Jesse Rosenberg und Derek Scott, werden die Ermittlungen übertragen, und sie gehen ihrer Arbeit mit größter Sorgfalt nach, bis ein Schuldiger gefunden ist. Doch zwanzig Jahre später behauptet die Journalistin Stephanie Mailer, dass Rosenberg und Scott sich geirrt haben. Kurz darauf verschwindet die junge Frau …

Preti Taneja – Wir die wir jung sind

Der alte Devraj, ehemaliger Maharadscha und Chef eines mächtigen indischen Mischkonzerns, der nur ehrfürchtig „The Company“ genannt wird, ist alt geworden und will sein Erbe verteilen. Er hat drei Töchter, Ranjit Singh, sein Berater, Teilhaber und Wegbegleiter, hat zwei Söhne, die ebenfalls mit bedacht werden sollen.Wer wird sich durchsetzen in diesem umfassenden Machtkampf, der auch ein Geschlechterkampf ist?

Rachel Kushner – Ich bin ein Schicksal

Romy Hall tritt eine zweimal lebenslängliche Haft in der Stanville Women’s Correctional Facility an, tief in Kaliforniens Central Valley. Draußen die Welt, von der sie nunmehr abgeschnitten ist: San Francisco, wo sie aufwuchs und wo ihr kleiner Sohn Jackson lebt. Drinnen eine ganz neue: Hunderte Frauen, die um das Nötigste zum Überleben kämpfen; ständiges Bluffen und Katzbuckeln und die beiläufige Gewalt durch Aufsichtspersonal wie Gefangene. Aber es gibt auch einen Hoffnungsschimmer am Horizont: einen noch an Ideale glaubenden Sozialarbeiter, der sich der jungen Frau annimmt…

Ralph Ellison – Der unsichtbare Mann

Der namenlose Ich-Erzähler verliert sein Stipendium, weil er einem Förderer des von Weißen eingerichteten Südstaaten-Colleges für Schwarze nicht die gewünschte Kulisse, sondern die Realität der Farbigen vor Augen führt. Er muss sein Glück dort suchen, wo es Arbeit gibt, und landet in Harlem, einem brodelnden Hexenkessel, inmitten von schwarzem Glamour und Blue Notes, Swing und Spirituals, politischen Aufwieglern und verlorenen Spinnern.

Herbert Kapfer – 1919

Soldaten, Rückkehrer, Revolutionäre, Minister, Freikorpskämpfer, Gymnasiasten, Matrosen, Monarchisten, Vertriebene, Verliebte, ein Vagabund, eine Zeitungsverkäuferin: In ihren Geschichten präsentieren sich die tausendfachen Probleme einer Zeit, die von den Explosionen des Krieges erschüttert und von der katastrophalen Niederlage geprägt ist, von Hunger, Massenelend und Kriegsgewinnlern, von fanatischem Nationalismus und sozialrevolutionären Ideen, von militärischer Gewalt und Fantasien freier Liebe. In 1919 fließen Hunderte von Splittern, Szenen und Handlungsverläufen aus zeitgenössischen Romanen, Berichten und Aufsätzen zusammen. Ein Erzählstrom in 123 Kapiteln, der aus den Ideen und Kämpfen der Zeit schöpft, aus trivialen, völkischen, utopischen, dadaistischen, reaktionären, politischen, literarischen und fotografischen Quellen. Ein Spiel mit historischen Möglichkeiten und literarischen Figuren, imaginierten Geschichten und realen Ereignissen, kollektivem Wahn und individuellen Wirklichkeiten. Eine Fiktion, die extreme Positionen vorführt und die Widersprüche der Weimarer Republik zuspitzt, die von Kaiser Wilhelms Glück und Ende erzählt, von der Bruderschaft der Vagabunden und dem Untergang einer Flotte, von den Träumen der Kunst und der Rückkehr deutscher U-Boote.

Johan Harstad – Max, Mischa & die Tet-Offensive

Max Hansen wächst in Norwegen auf. Genauer: im Stavanger der 80er Jahre, wo die Väter für Monate auf Ölplattformen verschwinden, während die Kinder im Märchenwald Vietnamkrieg spielen. Ein Idyll – bis Max‘ Familie in die USA emigriert.
Während der Vater nun von Long Island aus um die ganze Welt fliegt und so selten zu Hause ist, dass die Ehe der Eltern daran zu zerbrechen droht, rücken Max und seine ebenso einsame Mutter näher zusammen. Bis Mordecai kommt, der zunächst Max‘ bester Freund und später ein bekannter Schauspieler wird. Er macht ihn auch mit Mischa bekannt, einer sieben Jahre älteren bildenden Künstlerin. Max und Mischa verlieben sich ineinander. Sie ist es auch, die Max anstiftet, sich auf die Suche nach seinem geheimnisvollen Onkel zu machen, einem Vietnam-Kriegsveteranen, mit dem sein Vater vor langer Zeit gebrochen hat. Sie finden ihn im Apthorp-Building in Manhattan und ziehen schon bald bei ihm ein. Die unkonventionelle WG, in der man einander mit Großmut und Verständnis begegnet, wird zum Epizentrum des Lebens von Max, Mischa, Mordecai und Onkel Owen. Für einen Moment scheint es, als hätte Max ein Zuhause gefunden…

John Lanchester – Die Mauer

Joseph Kavanagh tritt seinen Dienst auf der Mauer an, die England seit dem großen Wandel umgibt. Er gehört nun zu jener Gruppe von jungen Menschen, die die Mauer unter Einsatz ihres Lebens gegen Eindringlinge verteidigt. Der Preis für ein mögliches Versagen ist hoch. Schaffen es Eindringlinge ins Land, werden die verantwortlichen Verteidiger dem Meer – und somit dem sicheren Tod – übergeben. Das Leben auf der Mauer verlangt Kavanagh einiges ab, doch seine Einheit wird zu seiner Familie, und mit Hifa, einer jungen Frau, fühlt er sich besonders eng verbunden. Gemeinsam absolvieren sie Kampfübungen, die sie auf den Ernstfall vorbereiten sollen. Denn ihre Gegner können jeden Moment angreifen. Und die sind gefährlich, weil sie für ein Leben hinter der Mauer alles aufs Spiel setzen.

Jean-Baptiste del Amo – Tierreich

Während Europa von Kriegen und Umwälzungen erschüttert wird, kämpft eine Familie von Schweinezüchtern um ihr Fortbestehen – und nutzt die in immer größerem Maßstab stattfindende Ausbeutung des Rohstoffs Tier, um sich in unsere heutige, hochindustrialisierte Welt hinüberzuretten.
Éléonore, Kind eines kranken Vaters und einer lieblosen Mutter, erbt Anfang des 20. Jahrhunderts von ihren Vorfahren Schweine und die Gewissheit, dass Gewalt gegen Mensch und Tier zum Leben dazugehört. Mit Disziplin und unbändiger Härte gegen sich selbst allen Schicksalsschlägen trotzend, hält sie den landwirtschaftlichen Betrieb aufrecht und versteht es, ihn über die Jahrzehnte hinweg zu vergrößern und später ihrem Sohn Henri zu übergeben. Achtzigjährig erlebt die erschöpfte Matriarchin schließlich, wie dieser mit ihren Enkeln Serge und Joël den familiären Zuchtbetrieb zu einer gigantischen, die Ressource Tier grausam ausbeutenden Tierfabrik ausbauen. Das anonymisierte Elend der Schweine spiegelt nicht nur den Wahnsinn dessen, was die Menschheit unter Fortschritt versteht, sondern wirft auch die Frage auf: Wer sind die eigentlichen Bestien?

Josephine Rowe – Ein liebendes, treue Tier

Eine abgelegene Kleinstadt im Südwesten Australiens, Anfang der Neunzigerjahre. Jack Burroughs hat den Krieg, an dem er vor mehr als zwanzig Jahren teilgenommen hat, nie überwunden. Als sein geliebter Hund eines Nachts von einem wilden Tier buchstäblich in Stücke gerissen wird, verliert er endgültig die Kontrolle über sein verpfuschtes Leben. Vor Weihnachten verschwindet er spurlos – genau wie früher schon, nur fürchtet seine Tochter Ruby, dass es diesmal endgültig ist. Schließlich funktioniert die Familie schon lange nicht mehr. Evelyn, Jacks Frau, fühlt sich um das bessere Leben betrogen, das sie eigentlich hätte leben sollen. Früher hat sie ihre ältere Tochter Lani losgeschickt, wenn Jack sich davongemacht hatte, weil er die Schreie der Vergangenheit nicht mehr aushalten konnte. Heute verkauft Lani auf Partys die Beruhigungstabletten ihres Vaters und ist vor allem darauf aus, in Schwierigkeiten zu geraten …
Jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich, aber nicht immer ist das Schicksal einer Familie unausweichlich.

Ben Aaronovitch – Die Glocke von Whitechapel

Constable und Zauberlehrling Peter Grant steht vor seiner größten Herausforderung: Das Schicksal Londons steht auf dem Spiel. Der gesichtslose Magier, verantwortlich für grauenvolle übernatürliche Verbrechen, ist zwar endlich demaskiert und auf der Flucht. Doch er verfolgt einen perfiden Plan, der ganz London in den Abgrund stürzen könnte. Um den Gesichtslosen zu stoppen, muss Peter all seine magischen Kräfte aufbieten – und einen bösen alten Bekannten kontaktieren: Mr. Punch, den mörderischen Geist des Aufruhrs und der Rebellion.


Gibt es Bücher, auf die ihr euch besonders freut? Oder Autor*innen, die mal wieder von sich hören lassen? Bin auf eure Tipps und Meinungen sehr gespannt!

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Der literarische Herbst 2018

Auch wenn uns erst einmal ein hoffentlich großartiger Sommer 2018 bevorsteht – im literarischen Betrieb stehen die Zeichen schon wieder stark auf Herbst. Die aktuellen Vorschauen sind zumeist schon online gegangen – und ich habe die Zeit genutzt, um mir zahlreiche Wunschtitel aus den Programmen herauszupicken, auf die ich mich freue. Deshalb kommt hier eine erste höchst subjektive und vorfreudige Auswahl an Titel für den literarischen Herbst 2018 (genauere Infos über die Titel und deren Erscheinungsdatum verbergen sich hinter den Links im Text). Eine zweite Rutsche wird demnächst folgen:

 

 

Stefan Thome fand sich schon öfter auf Nominierungslisten für den Deutschen Buchpreis wieder. Nach seinen beiden Büchern aus Sicht zweier Ehepartner (Fliehkräfte und Gegenspiel) gibt es nun Neues vom hessischen Autor. In Gott der Barbaren beschäftigt er sich mit einer christlichen Aufstandsbewegung in China im 19. Jahrhundert. Ein geographisches und historisches Kapitel, bei dem ich gerne dazulerne. In der harten Gegenwart landet man dann wieder mit Dodgers von Bill Beverly. Dieser erzählt von vier jugendlichen aus den Ghettos von L.A., die sich auf einen Roadtrip durch die USA machen. Bevor die literarische Vorschau über den großen Teich geht, freue ich mich auf einen weiteren Titel aus den USA. Man sollte mit dem Wort Epos ja vorsichtig sein, gerade da es so inflationär in Vorschauen gebraucht wird. Nach allem, was man von Dark Town allerdings so liest, könnte dies hier tatsächlich zutreffen. Es geht um eine schwarze Polizeieinheit, die 1948 in Atlanta ihren Dienst versieht. Rassismus und Korruption dominieren die Stadt. Da finden zwei der Polizisten die Leiche einer Farbigen – deren Todesumstände niemanden außer die beiden Polizisten interessieren. Das klingt doch nach einer vielversprechenden Mischung aus James Ellroy und Dennis Lehane (von dem später auch noch die Rede sein wird.)

Nun aber wie angekündigt der Sprung über den Teich – zunächst nach England. Dort spielt der neue Roman von Michael Ondaatje (von ihm stammen unter anderem die Werke Der englische Patient und Katzentisch). Dieser erzählt vom jungen Nathaniel, der mitsamt seiner Schwester von seinen Eltern in London 1945 zurückgelassen wird. Erst spät beginnt Nathaniel die Hintergründe für diese Tat zu verstehen. Ebenfalls in England, genauer gesagt im verschlafenen Lynton spielt das neue Buch von Claire Fuller, die mit Eine englische Ehe eines meiner Lieblingsbücher 2016 geschrieben hat. Dort soll Frances ein Gutachten zur Renovierung eines Herrenhauses anfertigen. Sie quartiert sich kurzerhand in dem Haus ein und verbringt einen Sommer in der englischen Provinz.

 

 

Eine ganze Riege von Büchern mit bunten Covern und hoffentlich ebenfalls so bunten Inhalten: Wie man aus dieser Welt verschwindet erzählt von einer Spurensuche in Brasilien. Dort ist eine Autorin verschwunden und ihre Übersetzerin macht sich auf die Suche nach ihr, quer durch ganz Rio (leichte Anklänge an Die Morde von Pye Hall sind hier offenbar nicht ausgeschlossen). In die Schweiz entführt das neue Buch von Verena Roßbacher. In Ich war Diener der Familie Hobbs erinnert sich jener titelgebende Diener der Anwaltsfamilie Hobbs an ein Unglück, das sich in den besseren Kreisen der Zürcher Gesellschaft ereignete. Der KiWi-Verlag verspricht ein „literarisches Ereignis – voller psychologischer Brillanz, umwerfender Poesie und treffsicherem Humor“. Ich bin gespannt.

Ebenfalls im KiWi-Verlag erscheint der Debütroman von Philip Schwenke, der als Reporter für die Neon und Capital schreibt. In Das Flimmern der Wahrheit über der Wüste widmet er sich Karl May. Dieser machte mit seinen Büchern die Leser Glauben, dass er den Wilden Westen mindestens ebenso gut kannte wie seine Figuren Old Shatterhand und Winnetou. Dabei hatte Sachsen nie verlassen. Doch dann bricht er im Alter von 60 Jahren zu einer Orientreise auf – und muss zahlreiche Enttäuschungen erleben.

Zurück nach Samthar geht es für die Ich-Erzählerin in Anna Katharina Fröhlichs Rückkehr nach Samthar. Dort in der indischen Provinz existierte einst ein Königreich – doch bei der Rückkehr muss die Errzählerin erfahren, das alles vergangen ist und vom einstigen Glanz kaum mehr etwas übriggeblieben ist. Mit Glanz und Verfall in Indien beschäftigt sich auch ein weiteres Buch in diesem literarischen Herbst, nämlich Ghachar Ghochar von Vivek Shanbag. Darin schildert er den Aufstieg und Verfall einer indischen Familie, die ins Gewürzgeschäft einsteigt. Das klingt für mich nach einer indischen Variante der Buddenbrooks. Ich bin auf alle Fälle gespannt!

 

 

Ein vielversprechendes deutsches Debüt kommt vom jungen Lukas Rietzschel, der in Mit der Faust in die Welt schlagen vom Aufwachsen zweier Brüder in der Provinz Sachsens erzählt. Weiter gehts in puncto verheißungsvoller Debüts aus Deutschland mit Das weiße Schloss, das Unterhaltung im Stile von Kazuo Ishiguros Alles, was wir geben mussten verspricht. Alles andere als ein Debütant ist der Österreicher Wolf Haas, der mit Junger Mann vier Jahre nach Brennerova wieder von sich hören lässt.

Den Wettbewerb in puncto schönstes Cover könnte in diesem Herbst Jess Kidd gewinnen, deren zweites Buch auf Deutsch im DuMont-Verlag erscheint. Es trägt den Titel Heilige und andere Tote und erzählt von einem geheimnisumwitterten Messie, der in einem herrschaftlichen Anwesen im Westen Londons residiert. Und auch ein alter Bekannter veröffentlicht zehn Erzählungen unter dem Titel Die Wahrheit über das Lügen – die Rede ist von Benedict Wells. Sein Roman Vom Ende der Einsamkeit hat sich zu einem richtigen Longseller entwickelt – nun also Prosa in Kurzform von Wells.

 

 

Neues von der Altmeisterin Jane Gardam gibt es ebenfalls in diesem Herbst zu entdecken. Beziehungsweise neues Altes. Weit weg von Verona ist das Debüt der inzwischen schon 90-jährigen Britin. Im Mittelpunkt des Buches ein junges Mädchen, das immer die Wahrheit sagt. Persönlich freue ich mich auch sehr auf Der Erzähler, der neue Roman von Richard Flanagan, einem meiner absoluten Lieblingsautoren. Der Plot seines neuen Buchs klingt spannend. Ein mittelloser Autor soll die Memoiren eines berühmten Kriminellen verfassen – und das bevor der Prozess beginnt. Unter Druck beginnt der Schriftsteller einfach seine eigene Version der Dinge zu erfinden (im Übrigen scheint das Thema Wahrheit und Lügen einer der großen literarischen Trends dieses Herbstes zu sein).

Auch etwas gehobener und gut gemachter Blödsinn, Absurdität und Tragikomik darf gerne einmal sein. Guten Morgen, Genosse Elefant könnte genau das bieten. Ab Herbst 2018 wissen wir mehr. Einen Generationenroman, der den Niedergang einer ganzen Familie zwischen Den Haag und Riga verspricht, das ist Der Stammhalter von Alexander Münninghoff. Das Buch erscheint im C.H.Beck-Verlag. Und einer der schönsten Titel der kommenden Saison stammt für mich schon jetzt von Thomas Klupp. Sein neues Buch trägt den Titel Wie ich fälschte, log und Gutes tat.

 

So viel zunächst zu den kommenden Büchern, die mein Interesse wecken konnten. Gibt es Titel, die bei euch absolute Muss-Titel im Herbst 2018 sind?

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#verlagebesuchen 2018

Eine schöne Aktion rund um den Welttag des Buches wird 2018 wiederholt: #verlagebesuchen

Die Idee dahinter ist das Konzept der Offenen Tür. Vom 20.-23. April 2018 öffnen Verlage aus ganz Deutschland ihre Türen und gewähren der breiten Öffentlichkeit Einblicke in ihre Arbeit. Ob Verlagsführung, Lesung, Werkstattgespräch oder einfach Kaffee und Kuchen mit dem Verleger. Überall kann man sich beteiligen und erhält an diesem Wochenende Einblicke hinter die Kulissen.

Eine tolle Aktion, die ich im letzten Jahr schon einmal genutzt habe. Damals habe ich mich nach München aufgemacht, um dem Piper-Verlag einen Besuch abzustatten. Ein kleiner Bericht mit Eindrücken findet sich an dieser Stelle.

Das gesamte Programm von diesem Jahr findet sich auf der Homepage #verlagebesuchen. Viele unterschiedliche Aktionen, nach Veranstaltungsorten gebündelt lassen sich dort schon entdecken.

Ich wünsche euch auch schon einmal viele spannende Aktionen und Erlebnisse – vielleicht sieht man sich ja bei einer Veranstaltung?

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