Wolf Haas – Wackelkontakt

Die Kunst, ein literarisches Möbiusband zu schmieden, sie stellt Wolf Haas in seinem neuen Roman Wackelkontakt eindrücklich unter Beweis. Wer sich vom psychedelischen Äußeren des Buchs nicht abschrecken lässt, der darf spätestens im Inneren dann so manches Mal am eigenen Verstand zweifeln. Denn Haas stürzt die Leserinnen und Leser in ein wildes Durcheinander aus einem im Zeugenschutzprogramm befindlichen Killer und einem Trauerreder mit reparaturbedürftiger Hauselektrik.


Die Zweifel setzen schon nach einigen Seiten ein: ist es wirklich ein Roman von Wolf Haas, den man hier liest? Wo ist er hin, der gestammelte Sound, der Haas vor allem mit seinen Brenner-Romanen bekannt gemacht, originell nur Hilfsbegriff? Auch in seinem letzten Roman Eigentum, der erstmals unter dem Dach des Hanser-Verlags erschien, hatte Haas wieder auf diesen markanten Stil zurückgegriffen, um mit der schnellen, schon fast schlampigen Art und Weise ein Buch zu erschaffen, um damit gegen das Sterben der Mutter des Erzählers anzuerzählen.

Nun also Wackelkontakt – und alles ist anders. Keine angerissenen Sätze, Ellipsen oder andere sprachliche Eigenwilligkeiten. Dafür ein Text, der fast ohne Austriazismen und den so unverkennbaren Haas-Stil auskommt, dafür ein Fließtext, der im wahrsten Worte fließt und mäandert.

Willkommen in Eschers Welt

Wolf Haas - Wackelkontakt (Cover)

Denn Haas erzählt zunächst die Geschichte eines Mannes mit dem sprechenden Namen Escher. Dieser sitzt in seiner Wohnung und wartet auf einen Elektriker. Die Zeit bis zur Ankunft des Elektrikers vertreibt er sich mit der Lektüre eines Buchs über einen jungen Mann namens Elio, der sich als Mafiakiller auf eine Kronzeugenregelung mit dem zuständigen Staatsanwalt eingelassen hat und nun danke eines Zeugenschutzprogramms untertaucht.

Mit seinem neuen Namen Marko Stainer beginnt dieser ein neues Leben -und plötzlich sind wir drin in dessen Geschichte, in die Haas übergangslos wechselt – und später immer wieder zurück. Denn auch der Mafioso liest ein Buch. Und dieses handelt von einem Trauerredner, der in seiner Wohnung sitzt und – man ahnt es schon: auf einen Elektriker wartet.

Es ist ein wirkliches literarisches Möbiusband, welches Wolf Haas hier webt und das an die optischen Täuschungen des niederländischen Künstlers M. C. Escher erinnert. Immer wieder gehen beide Erzählungen ineinander über, agieren die Figuren wechselweise und ganz am Ende sind wir wieder da, wo wir am Anfang schon waren, ohne allzu viel von der wilden Handlung des Buchs vorwegnehmen zu wollen.

Wolf Haas‘ Ausflug in die experimentelle Literatur

Die Erzählanordnung dieses Romans erinnert an andere Klassiker der experimentellen Literatur, allen voran natürlich Italo Calvino und dessen Roman Wenn ein Reisender in der Winternacht. Aber auch der jüngst erschienene Roman von Anthony Burgess wäre als Referenz zu nennen, der ebenso voll an undogmatischen Erzähleinfällen ist, wie es Wackelkontakt ist.

Alles ist ineinander verschachtelt und verschränkt und entwickelt sich auf dem doppelten Spielboden dann auch noch zu einem Mafiathriller, sodass die Hochspannung nicht nur im Stromkasten von Escher zuhause ist, sondern auch noch in einem wilden Ritt endet, in dem ein Aktienpaket eines digitalen Buchhändlers eine nicht unwichtige Rolle spielt.

Über allem bleiben aber immer Zweifel bestehen. Welche Geschichte ist nun die echte? Sind wir eher in der Welt des untergetauchten Mafioso zuhause, der über Escher liest – oder ist Eschers Welt die eigentliche, in der er sich in das Buch über den Mafioso im Zeugenschutz versenkt?

Oder ist es am Ende doch alles nur Trick 17 und Haas dreht uns eine lange Nase? Wackelkontakt lässt Deutungen zu und unterhält durch seine verschlungene Erzählweise hervorragend. Ein Mafiakiller unter Hochspannung, ein Elektriker unter Hochspannung und dazu noch der Trauerredner, der vom passiven Leser zum aktiven Helden der Geschichte wird – aber welcher von beiden denn nun?

Hier wackelt nichts

Mit Wackelkontakt weitet Wolf Haas sein Schreiben merklich und zeigt in der Wahl seiner Erzählmittel, zu welchem unterschiedlichen Mitteleinsatz er fähig ist. Hier nun der ineinander übergehende Fließtext, in dem der Humor, eines der entscheidenden Triebmittel seiner nachtschwarzen Krimis um Simon Brenner, hier nur vereinzelt aufblitzt. Aber es gibt sie, diese Blitze:

Die Wohnung lag im dritten Stock und erzählte ihm nicht viel über den Toten. Außer, dass er sich sogenannte Spots in die Zwischendecke gebaut hatte. Diese Beleuchtungskörper deprimierten Escher. Deckenspots erinnerten ihn an Leute, die Deckenspots hatten. In diesem Fall konnte er es aber verwinden, denn wer will einem Elektriker verbieten, sein Handwerk zu übertreiben.

Wolf Haas – Wackelkontakt, S. 142

Hochspannung in Sachen Komposition und Spannung im Plot, das sind die Merkmal dieses neuen Romans von Wolf Haas, der sich hier als versierter Schriftsteller zeigt, der ein metafiktionales Spiel mit seinen Leserinnen und Lesern spielt. Hier wackelt nichts, hier hat nichts Luft: Wackelkontakt passt und ist ein originelles Leseerlebnis!


  • Wolf Haas – Wackelkontakt
  • ISBN 978-3-446-28272-8 (Hanser)
  • 240 Seiten. Preis: 25,00 €
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Paula Hawkins – Die blaue Stunde

Eine abgelegene Insel, eine geheimnisvolle Künstlerin, ein Kurator auf der Suche nach der Wahrheit. In ihrem neuen Roman Die blaue Stunde vermengt Paula Hawkins diese Zutaten zu einem fesselnden Roman über den Kunstbetrieb und die Täuschungen, die Kunst und Leben dominieren.


Es ist eine Nachricht eines renommierten forensischen Anthropologen, die in Paula Hawkins neuem Roman alles ins Rollen bringt. Denn dieser hat nach dem Besuch einer Ausstellung der Künstlerin Vanessa Chapman in der Tate Modern eine beunruhigende Entdeckung gemacht. Die in einem Glaskasten ausgestellte Kunstinstallation Division II der bereits verstorbenen britischen Künstlerin enthält nämlich keineswegs eine Paarhuferrippe, wie es in der Erklärung zum Kunstwerk heißt. Vielmehr ist es ein menschlicher Knochen, den der Anthropologe mit seinem Kennerblick ausgemacht hat.

Die Fairburn-Stiftung, die den künstlerischen Nachlass Vanessa Chapmans verwaltet und das Exponat zur Verfügung gestellt hat, ist alarmiert. In Zeiten, in denen Restitutionsdebatten und Streite über Human Remains, also menschliche Überreste, in Ausstellungen erregt geführt werden, kommt die Nachricht des forensischen Anthropologen zur Unzeit. Und so ist es nun an James Becker als Kurator der Fairburn-Stiftung, sich der Sache anzunehmen.

Eine Künstlerin auf Eris Island

Paula Hawkins - Die blaue Stunde (Cover)

Er begibt sich auf Bitten seines Freundes und Vorgesetzten Sebastian nach Eris Island. Dabei handelt es sich um eine kleine Gezeiteninsel vor der Küste Schottlands. Hierhin hatte sich Vanessa Chapman einst zurückgezogen und hier hat sie auch ihr vielfältiges Werk von einer Schwarzen Serie bis hin zu Kunstinstallationen erschaffen. Nun, nach dem Tod der Künstlerin, hofft er auf Eris Island Antworten auf die Frage nach der Herkunft der Knochen zu finden. Dabei trifft er vor Ort auf die Ärztin Grace, die Vanessa zeitlebens als Unterstützerin zur Seite stand und nun nach deren Ableben ihr Werk als eine Art Nachlassverwalterin betreut.

Nach anfänglicher Ablehnung gewährt sie James Einblicke in das Leben und Wirken von Vanessa, in dem sich doch so einige Abgründe auftun. Denn die gefeierte Künstlerin hatte dunkle Seiten, die sie nicht nur auf der Leinwand auslebte. Bei seiner Suche taucht James Becker tief in die Seiten von Vanessa Chapmanns Tagebuch ein und kommt den Geheimnissen auf die Spur, die sie einst und Grace nun auf Eris Island hüten.

Neue Perspektiven und Blickwinkel

Gelungen überführt Paula Hawkins in ihrem ersten bei dtv erschienen Werk den künstlerischen Impetus von Vanessa Chapman in Literatur. Denn ebenso vielgestaltig wie das künstlerische Werk der verstorbenen Künstlerin ist auch der Erzählansatz von Die blaue Stunde. Ähnlich wie in Chapmans Installationen fügt auch Paula Hawkins verschiedene Perspektiven und Erzählelemente zu einem Werk zusammen.

Die Suche von James kombiniert Hawkins mit der Erzählung über die Lebensgeschichte von Grace. Dazu gibt es immer wieder Seiten aus Vanessas Tagebuch zu lesen, die tieferen Einblick in ihre Seele und die Themen geben, die sie umtrieben. Wie bei einem guten Kunstwerk gelingt auch der britischen Autorin in ihrem Roman durch den geschickten Einsatz ihrer Erzählmittel der Effekt von neuen Perspektiven und Blickwinkeln. Immer wieder ändern wir als Leser*innen mit Paula Hawkins als Führerin durch den Erzählraum den Standpunkt und die Position zum bisher Entdeckten. So erarbeiten wir uns im Laufe des Romans gewissermaßen neue Blickachsen und Betrachtungswinkel auf Figuren und Geschehen, was die Unterhaltsamkeit dieses Buchs maßgeblich bestimmt.

Sich ändernde Gewissheiten

Bis hin zum Showdown ändern sich immer wieder Gewissheiten, erscheinen vorher sicher geglaubte Fakten plötzlich fraglich und zeigen sich die Charaktere des Buchs in neuem Licht. Somit gelingt es Hawkins selbst, ein faszinierendes Kunstwerk zu schaffen, das sicher Geglaubtes hinterfragt – eben ganz so, wie es gute Kunst tun sollte. Zudem liefert der Roman auch einen Blick hinter die Kulissen des (britischen) Kunstbetriebs. Wohltuend hinterfragt Paula Hawkins den Geniekult um die Kunst und rückt eine ambivalente Künstlerpersönlichkeit in den Fokus.

Die blaue Stunde ist stark in Sachen psychologischer Spannung, literarischer Montage und Naturbeschreibungen. Stimmungsvoll vermag es Paula Hawkins, die Einsamkeit und die Gefährlichkeiten auf Eris Island zu schildern. Und ähnlich wie ihre irische Kollegin Tana French schafft sie es in diesem in meinen Augen bislang stärksten Roman ihrer Karriere, großartig und höchst lesenswert auf dem Rand zwischen Roman und Krimi zu balancieren und dabei beiden Seiten vollauf gerecht zu werden.

Fazit

So gelingt ihr ein Buch, das durch Spannung, Komposition und Stimmung zu überzeugen weiß. Ein spannender Entwicklungsschritt von Paula Hawkins ist hier zu lesen. Mit Die blaue Stunde bewegt sie sich weiter weg von reinen Psychothrillern wie etwa ihrem Bestseller Girl on the train, hin zu einem nuancierten und wohldurchdachten Erzählen, das gar keiner großen Schockeffekte oder gesteigerter Brutalität bedarf, um die Leser*innen zu fesseln.

Paula Hawkins bei ihrer schriftstellerischen Entwicklung zuzublicken und gewissermaßen mitzulesen ist ein spannender Prozess. Höchst gelungene macht Die blaue Stunde neugierig auf alles, was da noch von der Britin zu erwarten ist!


  • Paula Hawkins – Die blaue Stunde
  • Aus dem Englischen von Birgit Schmitz
  • ISBN 978-3-423-28454-7 (dtv)
  • 368 Seiten. Preis: 22,00 €
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Simone Buchholz – Nach uns der Himmel

Ist das schon der Himmel oder noch die Hölle? Simone Buchholz schickt in ihrem neuen Roman Nach uns der Himmel acht Menschen auf eine ganz besondere Insel und lässt nicht nur ihre Figuren lange Zeit im Unklaren über die Hintergründe ihres Aufenthalts dort.


Schon in ihrem zuletzt erschienenen Roman Unsterblich sind nur die anderen erwies sich Simone Buchholz als Meisterin der Unkonkretheit. Ihre Geschichte einiger Passagiere auf einer ganz besonderen Fähre ließ sich vielfach deuten und stellte die Frage in den Raum, ob die Geschehnisse auf der Fähre MS Rjúkandi überhaupt in der Realität angesiedelt waren, allzu rätselhaft und fantastisch war das, was sich an Bord des Schiffs abspielte.

Auch in ihrem neuen Roman Nach uns der Himmel herrscht wieder die gleiche opake Grundstimmung, wie sie schon kennzeichnend für Buchholz erste literarische Auszeit von ihrer Krimiserie um die Hamburger Staatsanwältin Chastity Riley war. Diesmal ist das Reisemittel, mit dem alles beginnt, kein Schiff, sondern ein Flugzeug, das gleich zu Beginn des Romans in schwere Turbulenzen gerät. Diese sind so gravierend, dass die Pilotin den eigentlich geplanten Landeanflug abbrechen muss und zurückkehrt nach Athen, wo das Flugzeug dann wieder landet.

Doch damit beginnt jener Rutsch der Realität, denn schon während dieses Zwischenaufenthalts mehren sich seltsame Zeichen. Drei Putzdamen wandeln durch die Riege der versammelten Passagiere wie weiland die Hexen von Macbeth, da findet ein Fluggast keine Toilette und keinen Ausgang aus der Wartehalle und eine „fast engelhafte elektronische Frauenstimme“ säuselt durch das Rund, ehe es ein zweites Mal mit dem Flieger auf die angepeilte Insel geht.

Eine Welt im Trudeln

Simone Buchholz - Nach uns der Himmel (Cover)

Hier gerät die Realität nun vollends ins Trudeln, denn je länger Simone Buchholz die acht Flugzeugpassagiere auf ihren Wegen über die anonyme Insel verfolgt, umso klarer wird, das dieses Eiland nicht nach den herkömmlichen physikalischen und sozialen Gesetzen funktioniert. Es ist eher eine Zauberwelt, wie sie Shakespeare in Der Sturm ersann, denn das, was wir aus den Werken Gerald Durrells oder Polly Samsons kennen.

Ein Bed & Breakfast verschwindet spurlos, in dem Marc und Sara zusammen mit ihrem Sohn Vincent abgestiegen sind, das Inselpersonal nimmt keine gesteigerte Kenntnis von den Urlaubern – und merkwürdigerweise sind auch die Handys der Gäste verschwunden. Eine Telefonzelle, die Vincent zusammen mit Heidi, einer anderen Urlauberin, ausfindig machen will, gibt es auf der Insel nicht.

Nicht nur, dass Wege nicht zum Ziel zu führen scheinen und sich winden und biegen, um ein Vorankommen der Urlauber zu verhindern. Auch der Weg über das Wasser führt nicht wirklich weiter. Eine Gruppe um den Krösus Claudius unternimmt einen Versuch, mit einem gemieteten Boot auf das Meer hinauszufahren, sieht sich aber jenem Effekt gegenüber, den man auch aus vielen Computerspielen kennt – irgendwann kommt das Boot trotz sämtlicher Kraftanstrengungen nicht mehr weiter. Trotz Claudius Reichtum, der sonst alle Probleme aus der Welt schafft, stößt man in bester Haushofer’schen Tradition gegen eine unsichtbare Wand, die die sämtliches Fortkommen verhindert.

Einwürfe aus der Stadt der Engel

Die Anzeichen mehren sich, dass sich die acht Fluggäste eventuell in einer Simulation befinden, in der sie für andere Menschen auf der Insel unsichtbar sind

Dazu kombiniert Simone Buchholz noch eine zweite Erzählstimme, die zunächst ebenso rätselhaft bleibt wie die Geschehnisse auf der namenlosen Insel. Hier kommt ein Erzähler zu Wort, der sich immer wieder vom 4621 Cahuenga Boulevard meldet, der in Los Angeles liegt. Dort, in der Stadt der Engel, scheint der Erzähler in eine Konzernstruktur eingebettet, von wo aus er zusammen mit einer Vorgesetzten Geschehnisse untersuchen soll.

Welche Geschehnisse das sind, das wird erst im letzten Viertel des Buchs deutlich, in dem sich dann die beiden Erzählstränge verbinden. Plötzlich ergeben die Rätselhaftigkeiten und Anomalien dort auf der Insel einen Sinn, die anfangs noch reichlich verwirrend und knapp neben die Realität gesetzt erscheinend.

Willkommen im Zwischenreich

Simone Buchholz hat mit Nach uns der Himmel einen Roman geschrieben, der ähnlich wie etwa zuletzt George Saunders in Lincoln im Bardo eine Zwischenwelt zwischen Leben und Tod beschreibt und bei der nicht nur der Alkoholika namens Kokytos oder Styx auf die weitere Reise hinweist, die den acht Flugzeuginsassen bevorsteht.

Gravitas hat dieses Zwischenreich bei Simone Buchholz nicht, vielmehr inszeniert sie mit ihrem Talent für Lakonie, schnell gesetzte Dialoge und Schnoddrigkeiten jenen Limbus als einen Ort der Liebe, in der sich plötzlich ganz neue Allianzen und Beziehungen zwischen den acht Menschen ergeben. Die Anziehung zu Heidi lässt den Teenager Vincent altern, seine zerstrittenen Eltern finden neue Partner, Affären werden fortgeführt oder beginnen neu. Sexualität und Begehren spielt eine große Rolle, ebenso wie der Jazz, der statt Finsternis und Trostlosigkeit in Simone Buchholz‘ Version des Jenseits den Takt vorgibt.

Das macht aus Nach uns der Himmel eine tröstliche, rätselhafte, lässige und sommerliche Melange, deren Verhältnisse sich mit zunehmender Laufzeit klären. Ihr Buch lässt zuversichtlich auf das blicken, was uns eventuell erwartet, wenn die Lebensreise zu Ende geht, ob im Flieger oder auf anderen Wegen.


  • Simone Buchholz – Nach uns der Himmel
  • ISBN 978-3-518-47442-6 (Suhrkamp Nova)
  • 218 Seiten. Preis: 20,00 €
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Luca Kieser – Pink Elephant

Von der Orientierungslosigkeit der Jugendjahre und der Suche nach Anschluss erzählt Luca Kieser in seinem zweiten Roman Pink Elephant, der mitnimmt in eine schwäbische Kleinstadt und die Zeit um die WM 2006 noch einmal auferstehen lässt.


Talahon, dieses Wort hat es im vergangenen Jahr zum zweiten Platz bei der Wahl zum Jugendwort des Jahres gebracht. Aus einem Song des kurdisch-syrischen Rappers Hassan stammend, mauserte sich der Begriff zum Sammelnamen für junge Männer mit zumeist arabischen Migrationshintergrund, so weiß es Wikipedia zu berichten. Ein Grund für den Erfolg des Begriffs dürfte seine Prägnanz sein, mit der er eine sonst eher schwer zu definierende Menschengruppe zusammenfasst. E-Scooter, Gürteltasche, viel Gel in den Haaren, Schattenboxen und eine Slang-Sprache, das sind Marker, mit denen der Begriff konnotiert ist und der seither viele Debatten ausgelöst hat.

Hätte es diesen Begriff schon vor achtzehn Jahren gegeben, viele der Protagonisten aus Luca Kiesers Roman Pink Elephant stünden wahrscheinlich unter Talahon-Verdacht, rekrutiert sich doch ein zentraler Teil des Romanpersonals aus migrantischen Kreisen, die man heute mit dem Talahon-Terminus belegt.

Anschluss an Talahon-Kreise

Luca Kieser - Pink Elephant (Cover)

Auch der Ich-Erzähler Vincent sucht und findet Anschluss in diesen Kreisen, obwohl sein erster Kontakt durch Gewalt definiert ist. So äußert er sich im Laufe eines Hacky-Sack-Matches vor dem Chemieraum in der Schule abwertend über die spärliche Barttracht eines Mitschülers Tarek . Das bringt ihm nicht nur eine Kopfnuss und eine Abreibung ein, auch bedeutet es ein Täter-Opfer-Gespräch bei einem Sozialarbeitern mit seinen Peinigern Ali und Tarek.

Daraus erwachsen aber keine verhärtete Fronten, obwohl Gespräche mit der Schulleitung und einer Anzeige bei der Polizei darauf weisen könnten. Stattdessen sucht Vince Anschluss bei Tarek und Ali, die Vince in ihrer Welt aufnehmen. Es ist eine Welt, die konträr zur von spießbürgerlichen Ordnung definierten Welt der schwäbischen Kleinstadt steht, in der Vince bislang aufgewachsen ist und die von einem Bürgermeisterkandidaten namens Boris bis hin zu einem an der Wand hängenden Gemälde mit dem Hölderlin-Turm erstaunlich jener Stadt ähnelt, in der Luca Kieser selbst aufgewachsen ist, nämlich Tübingen.

Stehlen, Prügeln, Döner-Bonuskartenbetrug

Statt Tatort-Abende mit seinen Eltern führen ihn Ali und Tarek in das Rauchen ein, lernt er die Probleme von Ali kennen, der von einem anderen Jungen namens O erpresst und erniedrigt wird. Stehlen, Döner-Bonuskartenbetrug, Prügeleien in Unterführungen und erwachende Gefühle für Tareks Schwester Tahira sind nun neue Elemente in Vincents Leben.

Dann trat Ali neben mich und sagte: „Wir regeln das unten in der Unterführung“

Und während sie dann, wieder ein paar Meter von uns, den Weg nach links hintergingen, leerten wir unsere Taschen: Handy, MP3-Player, Zigaretten, Geldbeutel, Schlüssel, alles in meinen Rucksack.

An der Ecke der Unterführung legte ich ihn ab und blieb stehen. Tarek baute sich in der Mitte der Unterführung auf, streckte den Rücken durch und verschränkte seine Hände vor dem Schritt. Und Ali hockte sich neben meinen Rucksack, zog dabei seine Trainingsjacke aus und murmelte: „Wenn sie mich ficken, Vince-„

„Gehen wir mit drauf“, ergänzte ich und zwinkerte: „Bruder, wir sind Arab Power“.

Luca Kieser – Pink Elephant

Dass es mit der Arab Power im Falle von Vince und auch möglicherweise bei Ali im Gegensatz zum aus Syrien stammenden Tarek gar nicht so weit her ist, das ist nur eine Pointe dieses Romans, der seine Männlichkeitsbilder und die Sprache aus dem Vorbild der im Roman zitierten Deutschrapper Bushido, Massiv oder Eko Fresh zieht.

Der Duft von Axe Deodorant

Könnte dieser Roman duften, er würde stark nach Axe Deodorant riechen, so bin ich mir sicher. Die Pubertät mitsamt dem männlichen Kraftüberschuss, der sich hier im einem latenten Hang zur Illegalität äußert, das Aufsprechen und die Rebellion gegen gesellschaftliche Ordnungen, sie sind Themen, die Luca Kieser umkreist.

Auch wenn alles, was seither passiert war, richtig scheiße war, hatte es doch irgendwie auch sein Gutes. Hier im Viertel hatte alle andauernd Stress, Stress untereinander, Stress mit irgendwelchen Jungs aus anderen Vierteln, Stress mit der nächsten Stadt, mit irgendwelchen Leuten aus Stuttgart. Jetzt endlich hatte auch ich Stress.

Luca Kieser – Pink Elephant

Pink Elephant nimmt die Orientierungslosigkeit der Jugendjahre in den Blick. Wo finde ich Anschluss, wo gehöre ich hin, mit welchen Menschen umgebe ich mich – und welchen Einfluss haben diese auf mich? Diese zentralen Fragen treiben auch Vincent ein, der sich im Spannungsfeld zwischen Arzthaushalt und Modellbahneisenbahn im Keller auf der einen Seite und der Talahon-Welt von Ali und Tarek auf der anderen Seite wiederfindet.

Ein Roman mit langer Reifezeit

Luca Kieser schildert die Konflikte und die jugendlichen Lebenswelten in einem tragfähigen und glaubhaften Ton, der von arabischen Slangwörtern durchsetzt ist und der Vincents Zerrissenheit gut auf den Punkt bringt. Nach dem vielstimmigen und für den Deutschen Buchpreis 2023 nominierten Roman Weil da war etwas im Wasser schlägt Pink Elephant nun andere Töne an, die zeigen, was für unterschiedliche Tonalitäten der 1992 geborene Autor bedienen kann und wie dicht ein Gefüge aus Zeitgeschichte und psychologischer Einfühlung in Figuren aussehen kann, wenn man jahrelang daran arbeitet.

Denn Pink Elephant, so verrät es das Nachwort, hat eine lange Geschichte. Eine Reifezeit von zehn Jahren mitsamt diverser Versionen und Überarbeitungen liegt hinter dem Buch, ehe es nun im Blessing-Verlag erschienen ist. Es ist eine Reifezeit, die sich gelohnt hat, wie die Lektüre von Pink Elephant nun zeigt.


  • Luca Kieser – Pink Elephant
  • ISBN 978-3-89667-760-0 (Blessing)
  • 304 Seiten. Preis: 24,00 €
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Meine besten Bücher 2024

Schnell ging dieses Jahr zu Ende – und auch wenn die weltpolitische Lage von zerbrochener Regierung hierzulande über die Wiederwahl Donald Trumps in den USA bis hin zum gescheiterten Klimagipfel in Baku nur wenig Hoffnungsstiftendes hervorzubringen wusste, so ist doch wenigstens literarisch gesehen dieses Jahr wieder ein höchst vielfältiges und bereicherndes gewesen.

Reinen Eskapismus sollte man dabei allerdings nicht betreiben, denn auch der Buchbranche geht es nicht gut. Schlagzeilen über renommierte Häuser wie den Suhrkamp-Verlag, der einen neuen Eigner bekam, um wieder in sichereres ökonomisches Fahrwasser zu gelangen, weiter schrumpfender mediale Berichterstattung über die Kultur und das Aus von etablierten Fernsehsendungen wie Lesenswert (und damit auch verbunden das Versanden von Debatten über Literatur) dazu noch schrumpfende Kulturetats und damit auch weniger Geld für die wichtige Arbeit von Bibliotheken und Co. – all das lässt nicht unbedingt zuversichtlich in die Zukunft blicken.

Dennoch will ich mich auch 2025 weiterhin bemühen, so gut ich das neben meiner eigentlichen Arbeit schaffe, hier auf dem Blog der Literatur ein Schaufenster zu geben, auch wenn ich an den Abrufzahlen merke, dass hier ebenfalls das Interesse an der vorgestellten Literatur merklich schrumpft.

Dass sich meine Versuche dennoch eines gewissen Interesses in Form von knapp eintausend Abonnentinnen und Abonnenten erfreuen, motiviert mich weiterhin, dieses Projekt hier nicht einzustellen.

Nach diesen Präliminarien aber nun Vorhang auf für das, um das es anstelle von mir wirklich gehen soll, nämlich die Literatur in Form von diesjährig erschienenen Titel, die für mich ganz besonders herausgeragt haben. Der Klick auf die Cover führt zu den ausführlichen Besprechungen.

Paul Murray – Der Stich der Biene

Paul Murray - Der Stich der Biene (Vorschaubild)

Will man noch einmal eine voluminöse Familiengeschichte lesen, die das Tolstoi’sche Diktum der Familien, die alle auf ihre eigene Art traurig sind, bestätigt? Unbedingt, wenn der Autor dieser Geschichte Paul Murray heißt. Denn er erzählt in Der Stich der Biene literarisch markant von den vier Mitgliedern der Familie Barnes, die im Laufe des Romans höchst lesenswert auseinanderdriften bis hin zur Frage, ob das wirklich noch eine Familie ist, die hier im Mittelpunkt steht.

Nathan Hill – Wellness

Nathan Hill - Wellness (Cover)

Von der ganzen Familie reduziert Nathan Hill in seinem zweiten Streich namens Wellness in seiner erzählerischen Grundkonstellation auf eine Paarbeziehung herunter. Der unterschiedliche Blick auf die Ehe und die Frage, wie eine gelungene Ehe im 21. Jahrhundert aussehen kann, dieser Frage geht der US-amerikanische Schriftsteller in seinem Roman nach, der neben dem genauen Blick auf die Figuren auch durch die stilistische Fülle an Erzählansätzen überzeugt.

Nicole Seifert – Einige Herren sagten etwas dazu

Nicole Seifert - Einige Herren sagten etwas dazu (Cover)

Ilse Schneyder-Lengyel, Ruth Rehmann, Christine Koschel oder Elisabeth Plessen – nie gehört? Kein Wunder, wie Nicole Seifert in ihrem Sachbuch Einige Herren sagten etwas dazu zeigt. Denn obwohl sie alle auf den Tagungen der Gruppe 47 lasen, kennt heute kaum jemand ihre Namen. Warum das so ist, das führt die Literaturwissenschaftlerin Seifert in ihrem Buch sehr lesens- und bedenkenswert aus und zeigt, was uns durch die Marginalisierung dieser Autorinnen alles entgangen ist.

Lucy Fricke – Das Fest

Angesichts der Polykrisen unserer Zeit kann man schon einmal die Hoffnung verlieren. Wie schön, dass es da noch Lucy Fricke gibt. Mit ihrem unnachahmlichen Talent für Menschenzeichnungen macht sie einen Regisseur zu dessen 50. Geburtstag selbst zur Figur in einem von einer Freundin wohlorchestrierten Spiel. Diese bereitete ihm einen Fest-Tag, der eindrücklich unter Beweis stellt, dass es nie zu spät ist, sein Leben zum Guten zu ändern.

Ann Napolitano – Hallo, du Schöne

Ann Napolitano - Hallo du Schöne

Ein modernes Update des Klassikers von Little Women von Louisa May Alcott liefert die Autorin Ann Napolitano in ihrem Buch Hallo du Schöne. Sie erzählt darin von und den vielfältigen Herausforderungen, die das Leben für die vier Töchter einer Chicagoer Familie im 21. Jahrhundert bereithält. Was hält eine Familie im Inneren zusammen? Wie tief kann Verbundenheit reichen und wann stößt sie an Grenzen? Das erkundet Ann Napolitano mit ihren Little Women aus Chicago gelungen.

Uwe Wittstock – Marseille 1940

Uwe Wittstock - Marseille 1940 (Vorschaubild)

Was Flucht eigentlich bedeutet und welchen Einsatz es Fluchthelfer und Flüchtende abverlangte, ihre Leben zu retten, das zeigt Uwe Wittstock in seinem erzählenden Sachbuch Marseille 1940 eindrücklich. Mit Sinn für Komposition und Rasanz schildert er die Schicksale von Franz Werfel, Anna Seghers, Klaus Mann und vielen anderen, deren Fluchtrouten größten teils in Marseille kulminierten – und an deren Rettung ein Mann entscheidend beteiligt war: Varian Fry

Markus Thielemann – Von Norden rollt ein Donner

Der Wolf kommt – oder sind es eigentlich nicht fremde Menschen, die die dort in der Lüneburger Heide auf Ablehnung stoßen? Markus Thielemann hat einen eminent politischen Roman geschrieben, der die bäuerliche Lebenswelt auf dem Land ebenso beleuchtet wie völkisches Siedlungsdenken. Für mich persönlich mein Favorit auf den Gewinn des Deutschen Buchpreises 2024, der dann aber an Martina Hefter ging. Auch in Ordnung, aber dieser literarische Donner, er grummelt immer noch nach.

Samantha Harvey – Umlaufbahnen

Samantha Harvey - Umlaufbahnen (Vorschaubild)

Eine schwerelos schwebende Erzählstimme, die die Astronaut*innen an Bord einer Raumstation begleitet und der es gelingt, fast immersiv das Leben in der Schwerelosigkeit und die doch unentrinnbare Erdanziehungskraft dort oben zu beschreiben. Dieses Kunststück vollführt Samantha Harvey in Umlaufbahnen, die es damit nicht nur zum Gewinn des Booker Prizes, sondern auch zu einem Platz hier in der Liste geschafft hat.

Andrew O’Hagan – Caledonian Road

Andrew O'Hagan - Caledonian Road (Vorschaubild)

Mein Favorit des Jahres, der alles das mitbringt, was ich zu schätzen weiß: ein großer Schmöker, vielschichtiges Romanpersonal von Lords bis zu Möchtegern-Gangstern, dazu der über ein Jahr beschriebene Niedergang eines Public Intellectual, der auch als Niedergang des Britischen Weltreichs gelesen werden kann. Das alles bietet Andrew O’Hagan in seinem famosen Roman Caledonian Road, der mich diesen Sommer wunderbar unterhalten hat und mit dem der britische Autor auf den Spuren großer englischer Gesellschaftsromane wandelt.

Golo Maurer – Rom – Stadt fürs Leben

Rom, die Sehnsuchtsstadt, aber auch als Grund für Verzweiflung und das Mittel der Ironie als letzter Rettungsweg: Ihn beschreitet Golo Maurer in seinem ebenso komischen wie liebevollen Blick auf die ewige Stadt. Müll, nicht erscheinende Busse und dann auch noch Klobrillen, die sich allen Fixierungsversuchen verwehren. Das sind Themen, die den Kunsthistoriker und Bibliothekar umtreiben – und mich grandios unterhielten und dem Abgleich mit der römischen Realität im Sommerurlaub standhielten.

Daniel Mason – Oben in den Wäldern

Daniel Mason - Oben in den Wäldern (Vorschaubild)

Ein Grundstück in Massachusetts ist es, das im erzählerischen Mittelpunkt von Daniel Masons drittem und bislang besten Roman steht. Literarisch klug miteinander verzahnt kombiniert Mason Geschichten von der Zeit der Siedler bis in unsere Gegenwart hinein – und verpackt diese Geschichten in ganz unterschiedliche Stile, die von Übersetzer Cornelius Hartz gekonnt ins Deutsche übertragen werden. So entsteht Oben in den Wäldern ein literarischer Garten, der reiche Frucht bringt.

Maike Albath – Bitteres Blau

Maike Albath - Bitteres Blau (Vrschaubild)

Italien als Gastland der Buchmesse präsentierte sich bemerkenswert rückwärtsgewandt und verbannte die Bücher in eine kleine Kammer am Rande der großen Piazza. Wie staunenswert und präsentabel die Fülle an Stimmen und Themen eigentlich ist, das zeigt Maike Albath, indem sie in Bitteres Blau die neapolitanische Literaturszene in den Blick nimmt und durch diesen kleinen Ausschnitt auf das Große Ganze von der Mafia bis Elena Ferrante blickt.

Tana French – Feuerjagd

Tana French - Feuerjagd (Cover)

Mit soziologisch scharfem Blick erzählt Tana French von dem, was ein kleines Dorf im irischen Hinterland zusammenhält. Doch lässt ein möglicher Goldrausch das komplizierte Gefüge aus Lügen, gegenseitiger Kontrolle und Misstrauen implodieren? Dem geht Tana French in ihrem Roman Feuerjagd nach und gönnt ihrer jugendlichen Heldin Trey und dem pensioneten Polizisten Cal einen zweiten Auftritt, diesmal im glutheißen Sommer, bei dem nicht nur die Sonne vom Himmel brennt.

Percival Everett – James

Percival Everett - James (Vorschaubild)

Welche Chancen in Neuinterpretationen bekannter Kunstwerke liegen, das stellt Percival Everett in James eindrücklich unter Beweis. James erzählt Mark Twains Klassiker Huckleberry Finn noch einmal – allerdings mit einem entscheidenden Kniff. Diesmal steht der Sklave Jim im Mittelpunkt, der von Percival Everett nicht nur seinen richtigen Namen James zurückerhält, sondern vor allem auch eine eigene Stimme. Mit dieser erzählt er uns eine Geschichte, die im Gedächtnis bleibt.

Leo Vardiashvili – Vor einem großen Walde

Leo Vardiashvilis Roman Vor einem großen Walde ist eine hervorragende Einführung in ein Land, das in diesem Jahr die Schlagzeilen dominierte: Georgien. Dessen wechselvolle Geschichte und Zerrissenheit scheint in Vardiashvilis Roman auf, der zugleich von einer Schnitzeljagd auf den Spuren von Hänsel und Gretel erzählt. Nur gibt es hier nicht unbedingt eine Hexe, aber familiäre Geheimnisse, die entdeckt werden wollen.

Scott Preston – Über dem Tal

Ein Jahr, das mit Bauernprotesten begann, endet für mich auch mit einem enorm starken Text aus dem Agrarmilieu, genauer gesagt der Schafzucht. Das Leben von Schafzüchtern am Rande der Legalität ergründet Scott Preston in seinem Debüt Über dem Tal, das mit einer beeindruckenden Sprachmacht aufwartet (übersetzt von Bernhard Robben). Sein Cumbria ist in düstere Farben gepinselt, was das Buch umso eindringlicher macht. Eine echte Überraschung aus dem Nichts, die das Jahr literarisch wirklich enorm stark abgeschlossen hat!

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