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John Boyne – Cyril Avery

Manchmal bringt das Leben als Leser erstaunliche Koinzidenzen hervor. So beendete ich am Vorabend des letzten Samstags meine Lektüre von John Boynes neuestem Roman Cyril Avery. Einige Zeit später schaltete ich die Nachrichten ein um zu erfahren, dass mit überwiegender Mehrheit das Abtreibungsverbot für Frauen in Irland gekippt wurde.

Worin besteht nun der Zusammenhang zwischen diesen beiden Ereignissen? Wer Cyril Avery gelesen hat, bekommt einen neuen Blick auf dieses Irland, das Frauen bislang Abtreibungen verbot, sogar im Falle einer Vergewaltigung. Auch Inzest oder Missbildungen bei Föten waren kein Grund für eine Abtreibung – das Land machte seinem Ruf als erzkatholische Bastion alle Ehre. Auch war es schwangeren Frauen untersagt, aus Irland auszureisen, um im Ausland einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu lassen. Doch seit dem Abstimmungsvotum von letzter Woche gehört dies nun der Geschichte an.

Ein ebensolches Relikt war auch die Tatsache, dass bis ins Jahr 1993 (!) Homosexuelle verhaftet und ins Gefängnis gebracht werden konnten. Ein Schicksal, das auch dem jungen Cyril Avery in Boynes Roman droht. Denn dieser macht sich eines der größten Verbrechen schuldig, das man im Nachkriegs-Irland begehen kann: er ist homosexuell. Schon seit Kindheitstagen fühlt er sich zu Jungen hingezogen, allen voran Julian Woodbead, dem er bei seiner Pflegefamilie begegnet.

Denn Cyril Avery ist kein echter Avery – eine Tatsache, die ihn seine Pflegeeltern immer wieder wissen lassen. Mit seinen Eltern (einem Bankangestellten und einer Schriftstellerin, die erst posthum zu großem Ruhm gelangen wird) wohnt er in Dublin in einem Herrenhaus, wo es dann zur schicksalhaften Begegnung mit Julian kommt. Die beiden Männer werden heranwachsen und sich ihr Leben lang begegnen und beeinflussen, dies allerdings nicht immer nur auf positive Art und Weise.

Auch eine Geschichte Irlands

Cyril Avery ist die große Lebensgeschichte eines Mannes, dessen sexuelle Prägung ihn zu einem Außenseiter werden lassen. Diese Abweichung von der Norm wäre ja schon normalerweise schwer zu ertragen, doch dann heißt das Land, in dem Cyril heranwächst, ja auch noch Irland. Beeindruckend und glaubwürdig zeichnet John Boyne dieses Land, in dem die katholische Kirche die allesentscheidende Richtschnur bildet. Prüderie, Homophobie und Misogynie finden sich an allen Orten. Die Gesellschaft ist zutiefst von diesen Werten durchdrungen, die scheinheiligen Fassaden werden überall hochgehalten. Dass alte Sprichwort vom „Wasser predigen und Wein saufen“ belegt Boyne in seinem Roman sehr eindrucksvoll, hier sei nur der erste Satz von Cyril Avery zitiert:

Lange bevor wir herausfanden, dass er zwei Kinder mit zwei verschiedenen Frauen gezeugt hatte, einer in Drimoleague und einer in Clonakilty, stand Father James Monroe vor dem Altar der Kirche Unserer Lieben Frau, Stern des Meeres, der Gemeinde Goleen in West Cork und brandmarkte meine Mutter als Hure.

Boyne, John: Cyril Avery, S. 1

Die Kirche zeigt kein Erbarmen gegenüber allem, was von der selber definierten Norm abweicht, seien es Homosexuelle oder alleinstehende, schwangere Frauen. Der Einfluss des katholischen Klerus, der die Gesellschaft entscheidend prägt, sorgt auch dafür, dass sich Cyril selbst verleugnen muss, um zu überleben. Chronologisch erzählt sich der Ire Boyne durch Cyrils Leben und zeigt, welches Stigma die sexuelle Orientierung des jungen Cyril bedeutet. Liest man den Roman, bekommt man einen Eindruck, wie die eigene Orientierung schnell zu einem Mühlstein werden kann. Hier zeigt sich wieder einmal, was Literatur bewirken kann (und wofür ich sie so schätze): den eigenen Blick weiten und sensibel machen für das Schicksal von anderen – oder kurz gesagt: die Empathie des Lesers ausprägen. Das gelingt John Boyne in Cyril Avery auf das Vorzüglichste.

Ein Buch mit Herz und Hirn

Da verzeiht man dem Autor auch den einen Deus ex Machina oder die ein oder andere Pointe zu viel in den Dialogen gerne. Dieses Buch hat Herz und Hirn, ist ebenso eine Geschichte Irlands genauso wie die eines besondern Mannes. Ein Unterhaltungsroman, der den eigenen Blick weitet und die Leser*innen versöhnlich zurücklässt.

Denn so ist ja auch die Realität, die beweist, dass immer Veränderung möglich sind. Was nicht auch zuletzt die Abstimmung in Irland zeigt. Gefeiert wurde der Wille des Volkes auch vom Premierministers Irlands Leo Varadkar. Und dieser ist nicht nur jung und besitzt indische Wurzeln – nein auch er ist bekennend homosexuell und zeigt, dass sich Dinge auch wieder ändern können. Auch wenn das Land Irland heißt.


  • John Boyne – Cyril Avery
  • Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence
  • ISBN 978-3-492-23116-9 (Piper)
  • 736 Seiten. Preis: 14,00 €
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Klaus Modick – Keyserlings Geheimnis

Er zählt zu den großen Unbekannten der deutschen Literaturgeschichte: Eduard von Keyserling. Auf eigenen Wunsch des Dichters wurde der künstlerische Nachlass dieses Autoren fast vollständig vernichtet. Bilder existieren von ihm kaum, die bekannteste Darstellung des Poeten stammt aus der Hand von Lovis Corinth. Dieses Bild zeigt einen Mann, den man wahrlich nicht schön nennen kann, dafür aber sehr markant. Wie es zu dieser Darstellung von Keyserlings kam und welche Geheimnisse den baltischen Dichter umwittern, das versucht Klaus Modick in seinem neuen Roman Keyserlings Geheimnis zu ergründen.

Zurück ins Jahr 1901

Dabei entführt Modick zurück ins Jahr 1901 und mitten hinein ins Treiben der Schwabinger Bohème. Illustre Namen, die heute teilweise schon wieder vergessen sind, streifen von Keyserlings Lebensweg, der sich in jenem Müncher Stadtviertel ein Zimmer genommen hat und dort am liebsten den ganzen Tag flanieren und dichten möchte.

Andere Poeten wie etwa Frank Wedekind begegnen dem adligen Balten genauso wie längst vergessene GesellschafterInnen, beispielsweise Franziska zu Reventlow oder Max Halbe. Der junge Thomas Mann steht am Anfang seiner Schriftstellerkarriere, Stefan George begründet mit seinem George-Kreis eine neue Form der Lyrik; die Moderne greift in Malerei, Dichtung und Musik um sich. Ein höchst spannendes Kapitel Kultur- und Zeitgeschichte also, in dem sich von Keyserling bewegt und an dem Modick die Leser teilhaben lässt.

Sommerfrische am Starnberger See

Zusammen mit seinen Freunden, dem Dichter Max Halbe und dem Maler Lovis Corinth, beschließt von Keyserling, die Sommerfrische am Starnberger See zu verbringen. Die Freunde wollen mitsamt Anhang dem Trubel der Großstadt entkommen und draußen am Land ihre jeweiligen künstlerischen Werke vorantreiben. Während die Szenerie am Starnberger See von Keyserling stark an seine Kindheit und Jugend in Kurland (dem heutigen Baltikum) erinnert, packt Corinth seine Staffelei aus und bittet von Keyserling, ihm Modell zu sitzen. Aus jenen Stunden des Modellsitzens soll später das bekannteste Porträt des Balten entstehen. Corinth zeigt auf seinem Bild einen entstellten Mann, körperlich durch eine Syhilis-Infektion schwer gezeichnet. Dem Vernehmen nach soll von Keyserling selbst nach der Fertigstellung über jenes Porträt geäußert haben, so möge er lieber dann doch lieber nicht aussehen.

Stein des Anstoßes: das Gemälde Eduard von Keyserlings von Lovis Corinth

Dabei bleibt Eduard von Keyserling seinen Freunden ein stetiges Mysterium, denn der Dichter scheint nicht greifbar. Seine Vorgeschichte, seine Familie – eigentlich sein ganzes Leben liegt im Dunkeln und bleibt deshalb für seine Freunde so spannend, die ihm gerne Details entlocken möchte. Diese erfährt allerdings nur der Leser, denn Modick unterbricht die Rahmenhandlung der Sommerfrische immer wieder, um diese mit Rückblenden zu verschneiden, ehe sich dann Vergangenheit und Gegenwart zum Ende des Buchs hin überlappen.

Die Wiederentdeckung eines vergessenen Dichters

Eng entlang der historische verbürgten Wirklichkeit erzählt Modick und bringt dem Leser diesen lange vergessenen Dichter wieder etwas näher (eigentlich im Grunde genau dasselbe, das Hans Pleschinski im großartigen, ebenfalls in dieser Literaturfrühling erschienenen Roman Wiesenstein mit Gerhart Hauptmann tut). Zwar erreicht Modick zu keinem Zeitpunkt die sprachliche Brillanz Pleschinskis, dennoch ist Keyserlings Geheimnis ein wirklich unterhaltsamer Roman über die Schwabinger Boheme und das Phänomen Eduard von Keyserling.

Und wer nach der Lektüre Lust auf den baltischen Dichter bekommen hat, dem sei an dieser Stelle noch das Werk Wellen empfohlen. Eine schöne Novelle aus der Kurischen Nehrung von dem Mann, der von Freunden zeitlebens auch der baltische Fontane genannt wurde.

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John Williams – Augustus

Die Erfolgsgeschichte von John Williams mutet ziemlich kurios an. Zu Lebzeiten recht erfolglos brachte der amerikanische Professor und Schriftsteller nur vier Romane zuwege, darunter die Titel Stoner und Butcher’s Crossing. Der Erfolg blieb recht überschaubar und erst 20 Jahre nach seinem Tod avancierten die oben genannten Bücher zu Welterfolgen. Die einzige Ausnahme stellt sein letzter Roman Augustus dar, der ihm schon zu Lebzeiten den National Book Award einbrachte und die Kritik aufhorchen lies.

Genau 43 Jahre nach dieser Auszeichnung erscheint der Roman nun von Bernhard Robben ins Deutsche übertragen bei dtv. Im Vergleich zu den beiden schon zuvor publizierten Romanen lässt sich hier konstatieren – dieser Roman fällt aus dem Rahmen. Nicht nur wegen des Topos, das von den amerikanischen Settings komplett abweicht, sondern auch von der Schreibweise her.

augustus

Der Roman erzählt die Lebensgeschichte des Gaius Octavius Cäsar, der unter seinem Namen Oktavian beziehungsweise Augustus zu einem der wichtigsten Persönlichkeiten der Geschichte wurde und diese entscheidend mitprägte. Für seine fiktive Biographie des Cäsaren wählt Williams die Form einer Collage. Chronologisch spannt der Autor den Bogen von den Jugendjahren Augustus über dessen Nachfolge des ermordeten Cäsars bis hin zu seinem Tod im Alter von 77 Jahren bei Neapel. Dabei lässt er Weggefährten und Augustus selbst in Briefen, Tagebüchern und Berichten erzählen. Viele der Protagonisten stehen in häufiger Korrespondez miteinander und berichten dabei von der Entwicklung Octavians hin zu Augustus. Dichter wie Vergil oder Horaz schreiben über ihn, Seneca und Cicero finden mit ihren Schriften auch Eingang in den Roman. Williams verwendet für seinen Roman sogar in den Text eingebaut Auszüge aus der Propagandaschrift Res gestae divi Augusti, die die Heldentaten Augustus‘ preisen.

Dies ist profund gestaltet, allerdings ist dieses Buch auch das forderndste aus Williams Feder. Die Lektüre von Augustus ersetzt ein ganzes Pro-Seminar der römischen Geschichte, so detailliert hat sich der Autor eingearbeitet. Neben den zahlreichen berühmten schon oben geschilderten Namen treten auch noch weitere historische Figuren wie der spätere Kaiser Tiberius oder Augusts Weggefährten wie Maecenas und Salvidienus auf. Da die Charaktere auch untereinander immer wieder schreiben, Tagebucheinträge an Erinnerungen montiert sind und das Personaltableau nahezu uferlos ist, braucht man für diese Lektüre schon jede Menge Konzentration bzw. Erinnerungsvermögen, um alle wichtigen Charaktere im Kopf zu behalten. Erleichterung verschaffen da die angefügte Zeittafel und das Who’s who im Alten Rom. Auch der angehängte aufschlussreiche Essay des Williams-Kenner Daniel Mendelsohns soll hier lobend Erwähnung finden.

Fazit: Zweifelsohne Williams‘ ambitioniertester Roman, dessen Lektüre einiges an Zeit bzw. Willen zur Einarbeitung verlangt. Wer dies mitbringt, wird mit einem kenntnisreichen und durchaus auch modernen Roman belohnt, der mit Gewinn (wiederzu-)entdecken ist!

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Callan Wink – Der letzte beste Ort

Es sind einfache Menschen, von denen Callan Wink in seinem Kurzgeschichtendebüt erzählt. Und genau das macht seine Erzählungen so packend, die dieser Band unter dem Titel Der letzte beste Ort versammelt.


Das Buch beinhaltet neun Erzählunge, die sich meist im Rahmen von 25-30 Seiten bewegen. Einziger kleiner Ausreißer ist die letzte Erzählung Im Nachhinein, die 65 Seiten stark ist und mit Kapiteln gegliedert wurde.

Callan Wink - Der letzte beste Ort (Cover)

Wenn ich den Inhalt des Buches oder seine Stoßrichtung beschreiben sollte, gelange ich schon an meine Grenzen. Das Buch berichtet einfach von ganz normalen Menschen und den großen und kleinen Dramen des Lebens. Da ist zunächst ein Mann, der einen Hund aus seiner Gefangenschaft befreite und nun vor den Besitzern durch die Nacht davonläuft.

Da ist ein Mann, der als Schauspieler an der Nachstellung der Schlacht am Little Big Horn mitwirkt, bei der der berühmte amerikanische Heeresführer Custer starb. Oder der Abschluss des Bandes: hier lässt Callan Wink eine Frau über ihr gelebtes Leben und dessen Höhen und Tiefen räsonieren.

Der Verzicht auf Pathos und Überhöhung

Für mich macht den Reiz dieser hervorragenden Kurzgeschichte das Ausbleiben von Pathos und Überhöhung aus. Callan Wink schreibt auf den Punkt – mit prätentiösen literarischen Ausschmückungen hat er nichts am Hut (übersetzt von Hannes Meyer). Er erzählt von ganz normalen Menschen und den Dramen, die sich in deren Leben abspielen. Und dies gelingt ihm in einer herzzerreißenden Intensität. Vor allem die zweite Geschichte Schneeschmelze berührte mich sehr. Hier schreibt ein Autor, dessen Schreibe den Wunsch nach mehr weckt. Hoffnung gibt da die Info, dass Wink gerade an seinem ersten abgeschlossenen Roman arbeitet.

Ein Wort sollte an dieser Stelle auch noch zur besonders schönen Ausstattung dieses Buchs verloren werden. Hier hat sich der Suhrkamp-Verlag nämlich wirklich Mühe gegeben. Der Buchblock ist in einen kartonierten festen Umschlag eingebunden, der das Bildmotiv gleich aufgeprägt trägt. Das Buch liegt gut in der Hand und macht einfach Freude beim Aufschlagen. Gerne blättert man in das Buch hinein und lässt sich in die Kurzgeschichten saugen.

Hier beweist der junge Autor Callan Wink, dass das ganz einfache Leben und dessen Dramen noch immer am spannendsten sind, wenn man gut über sie zu schreiben weiß. Und Wink weiß das auf alle Fälle!


  • Callan Wink – Der letzte beste Ort
  • Aus dem amerikanischen Englisch von Hannes Meyer
  • ISBN 978-3-518-42559-6 (Suhrkamp)
  • 281 Seiten. Preis: 22,00 €
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William Boyd – Die Fotografin

Bilder eines Lebens

Amory Clay ist Die Fotografin. Erneut legt der britische Romancier William Boyd eine Biographie über eine fiktive Persönlichkeit vor, die in ihrem Leben Geschichte erlebte und die Wege von bekannten Persönlichkeiten kreuzte. Ähnlich wie in seinen Romanen Eines Menschen Herz oder Nat Tate setzt er aus den Schlaglichtern des turbulenten und polyphonen 20. Jahrhunderts eine Geschichte zusammen, in der der Fotografie und bestimmten Bildern eine tragende Rolle zukommt.

War die Kunst im Opus William Boyds schon immer ein zentrales Motiv, so findet auch hier die Kunst den Weg ins Buch – in der Form von zahlreichen Fotos, deren Urheberin Amory Clay sein soll. Diese geht als junge Frau in England ihren Weg, indem sie trotz Bedenken ihren Wunsch, Fotografin zu werden, in die Tat umsetzt. Unzufrieden mit ihrem Dasein als Gesellschaftsfotografin beschließt Amory, ins Berlin der 30er Jahre aufzubrechen.

In der brodelnden Stadt entdeckt sich die Fotografin selbst, konzipiert eine Ausstellung mit skandalösen Fotos aus Berliner Clubs und wird prompt polizeilich dafür belangt. In der Folge werden Amerika, London und der Vietnamkrieg zu Wegmarken in ihrem Leben, immer mit der Hand am Auslöser ihrer Kamera.

Doch nicht nur das Weltgeschehen erlebt Amory am eigenen Leib, auch bekannte Menschen werden immer wieder ihre Bahnen kreuzen und ihrem Leben immer wieder neue Impulse geben, während sich Amory als Frau behaupten muss und ihren Kampf um Selbstbestimmung führt.

Ein klassischer Schöker aus der Feder Boyds

William Boyds Fotografin ist wieder ein klassischer Schmöker, der die Brandherde des 20. Jahrhunderts beleuchtet und den Leser mitten ins Getümmel von Vietnam oder dem Zweiten Weltkrieg mitnimmt. Nebenbei ist der Roman auch eine Geschichte der Emanzipation und hat mit Amory eine komplexe Persönlichkeit zur Heldin, die sich gängigen Konventionen verweigerte.

Was diesem Roman etwas fehlt ist der Wille zu einer eigenen Inszenierung oder Ästhetik. Zwar montiert Boyd in seine chronologisch erzählte Handlung ab dem Jahr 1908 noch das Barrandale-Journal, das im Jahr 1977 spielt und eine Art Retrospektive auf Amory Clays Leben darstellt, doch dies funktioniert nur bedingt. Boyds Erzählweise ist reichlich brav und konventionell. Eine aufregendere literarische Behandlung für das aufregende Leben der Amory Clay hätte dem Buch gut getan. Wie man eine fiktive Biografie ungewöhnlich und fordernd erzählt, dies hat zuletzt beispielsweise Jane Gardam in ihrem Roman Ein untadeliger Mann literarisch bravouröser gelöst.

Davon abgesehen ein typischer Schmöker aus der Feder von William Boyd, der abseits der bekannten historischen Leuchtfeuer auch unbekanntere Aspekte wie etwa die Aufstände von britischen Faschisten vor dem Zweiten Weltkrieg behandelt. Ein Buch, ein Leben, viele Fotos – William Boyd hat wieder zugeschlagen!

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