Monthly Archives: Januar 2021

Robert Moor – Wo wir gehen

Unser Weg durch die Welt

Die kürzeste Verbindung zweier Punkte, sie ist eine Strecke. Diese Definition kenne ich noch aus aus der Schule, und auch Robert Moor zitiert diese Definition in seinem Buch. Strecken oder Wege, sie spielen in Wo wir gehen eine entscheidende Rolle. Darin erzählt er von Wegen, die wir alle beschreiten, egal ob Mensch oder Tier. Seien es Wanderwege, Viehpfade, Wildwechsel oder Straßen – fast immer bewegen wir uns auf Pfaden, die schon jemand vor uns gegangen ist. Egal ob in der Natur, in der Stadt oder im Geist. Wege finden sich überall. Mal sind es Pfade zur Weisheit, mal stellen wir im Geist Verbindungen her, mal sind es Wunschlinien, die unbewusst in Parks oder Gärten entstehen.

Robert Moor erforscht in seinem Debüt die Vielfalt von Wegen und ihre Bedeutung. Als leidenschaftlicher Wanderer bezwang er einst den Appalachian Trail und reiste rund um die Welt, um auf Wegen zu wandeln und ihre Geschichte zu ergründen.

Von fossilen, tierischen und menschlichen Wegen

Sein Buch unterteilt er dabei in sechs Abschnitte. So erzählt er zunächst von Fossilienspuren, den ältesten Zeugnissen von Wegen. Danach widmet er sich den Insekten und erzählt, wie beispielsweise Ameisen immer effizientere Wege erschaffen. Nach den Insekten geht er dann zu den Wildtieren über. Er erzählt von Wildwechseln, seinen Jagderfahrungen und vom Hüten von Schafen. Danach folgt der anthropologische Teil des Buchs. Moor erzählt vom Wandern auf dem Appalachian Trail, seinen Begegnungen und den Ursprüngen dieser Pfade, die auf die indigene Bevölkerung Amerikas zurückgehen. Die Cherokees und ihre Orientierung im Gelände sind hierbei genauso Thema wie die Entstehung der ersten Reservate und Naturschutzparks.

Robert Moor - Wo wir gehen (Cover)

Robert Moor endet dann in der Gegenwart, indem er vom Appalchian Trail berichtet, den er einst erwanderte. Dieser Trail zählt mit über 1900 Kilometern zu den längsten Fernwanderwegen der Welt. Er erzählt von seinen Erfahrungen, dem Reiz dieses Wegs und den Versuchen, den Weg nach Kanada auf Inseln oder auch in Marokko fortzuführen. So entsteht ein Kaleidoskop verschiedener Wege, ihrer Entstehung und ihrer Zwecke. Moor gelingt ein Buch, das eine Mischung aus Erfahrungsbericht eines Wanderes, historische und naturwissenschaftliche Forschung und philosophische Überlegungen darstellt. So entsteht ein Sachbuch mit hohem Nature Writing-Anteil.

Der Ton ist klar, von gelegentlichen thematischen Abschweifungen abgesehen gelingt ihm eine vielschichte Darstellung von Wegen und ihrer Bedeutung. Wo wir gehen lädt ein, den Untergrund, über den wir wandeln, genauer in den Blick zu nehmen. Denn egal ob Oregon Trail, Wunschlinie in der Stadtplanung oder fossile Spuren in Neufundland – Wege haben immer eine Geschichte zu erzählen. Robert Moors Buch sensibilisiert dafür.

Ins Deutsche übertragen wurde das Buch, das auch zum New York Times Bestseller avancierte, von Frank Sievers. Erschienen ist es im Insel-Verlag.


  • Robert Moor – Wo wir gehen
  • Aus dem amerikanischen Englisch von Frank Sievers
  • ISBN 978-3-458-17874-3 (Insel)
  • 413 Seiten. Preis: 24,00 €
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Ryan Gattis – Das System

Es ist wirklich zum Haareraufen. Der größte kriminalliterarische Schund verkauft sich wie geschnitten Brot, literarische Stümpereien wie die sadistischen bis gewaltpornographischen Werke Sebastian Fitzeks erklimmen Jahr um Jahr Spitzenpositionen auf dem Buchmarkt. Und die wirklichen Könner*innen dümpeln unter ferner liefen auf dem Buchmarkt dahin. So ergeht es beispielsweise Dennis Lehane (mehr zu ihm hier in einigen Tagen) oder Simone Buchholz, die auf derartigen Listen sträflich unterrepräsentiert sind. Dagegen feiert als das Abgenutzte, dutzendfach Erzählte Erfolge um Erfolge und klettert in den Bestsellerlisten weit nach oben.

Ryan Gattis - Das System (Cover)

Zwar mache ich mir über den Einfluss meines kleinen Blogs hier keine Illusionen, dennoch möchte ich einmal mehr die Chance nutzen. Die Chance, auf einen außergewöhnlichen Thriller hinzuweisen, einen, der verschiedene Themen, literarische Spielarten und gesellschaftliche Analysen in sich vereint. Ein Buch, das die Zustände des amerikanischen Justizwesens und Gefängnissystem beleuchtet, eine Inneneinsicht in Rechtssprechung und Bandenwesen liefert, eines, das keine einfachen Antworten gibt. Geschrieben hat jenes Buch der Amerikaner Ryan Gattis und es trägt den Titel Das System. Die Übersetzung ins Deutsche besorgten Ingo Herzke und Michael Kellner.

Ein außergewöhnlicher Erzähler

Mit Das System liegt das dritte auf Deutsch übersetzte Buch von Ryan Gattis vor. 2016 erschien zunächst das Aufstandspanorama In den Straßen die Wut. Darin erzählte Gattis von sechs Tagen Ausnahmezustand, die in Los Angeles 1992 in Folge der Rodney King-Aufstände herrschten. Er entwarf darin das Panorama ein Gesellschaft, deren Widersprüche, Falschheit und Ungerechtigkeit zu einer Eruption führten, die der der Black Lives Matter-Proteste dieser Tage glich.

In seinem zweiten Buch Safe erzählte er die Geschichte eines Safeknackers, der nichts mehr zu verlieren hat und so gegen das organisierte Verbrechen für eine letzte Mission antritt. Sprach Die Presse vom „wohl herzzerreißendste Krimi des Jahres“, so unterschrieb ich dieses Urteil nac der Lektüre sofort. Ein außergewöhnliches Buch, das leider in der öffentlichen Wahrnehmung etwas unterging.

Bereits mit diesen beiden Werken ist es Gattis gelungen, einen eigenen, unverkennbaren Stil zu kreieren. Einen Stil, der nun auch in Das System Anwendung findet und der entscheidend ist für die Qualität dieses Buchs. Denn statt das Geschehen aus nur einer oder zwei Perspektiven zu beleuchten, wählt Gattis auch hier wieder ein ganzes Dutzend an Personen, die mit eigener Perspektive das Geschehen in der Ich-Perspektive schildern.

So erzählt Gattis von einem Strafverteidigerin, einer Staatsanwältin, Gangmitgliedern, Ermittlern und Bewohnern der Stadt Lynwood im County Los Angeles. Den Mittelpunkt des Geschehens aber bilden der Gangster Omar Tavira alias „Wizard“ und der Samoaner Jacob Safulu alias „Dreamer“. Letzterer bekommt von einem rassistischen Bewährungshelfer die Waffe eines Mordanschlags untergeschoben. In der Folge kommt es zur Verhaftung der beiden Männer, die in einem Prozess mündet.

Der Prozess – und seine Folgen

Diesen exerziert Ryan Gattis durch alle Stufen der Entwicklung. Als Leser*innen sind wir Zeuge, wie das Komplott seinen Anfang nimmt und wie sich die Dynamiken entwickeln. Die Verhaftung und die Untersuchungshaft, die Suche nach der Wahrheit über das Geschehen in der Nacht des Mordanschlags, es dominiert die Handlung des Buchs. Gattis liefert dabei Inneneinsichten in die Welt der Clans und der Strafjustiz. Auch wenn das Geschehen in Das System im Jahr 1993 kurz nach den Rodney King-Unruhen angesiedelt ist – Berichte aus den USA zeigen, dass sich das Strafsystem seither nicht merklich gebessert hat – im Gegenteil.

Das System ist formal konsequent gestaltet, in seiner Vielstimmigkeit überzeugend und gerade in seinem Verzicht auf einfache Antworten wirklich stark. Auch gelingt es Gattis eindrucksvoll zu zeigen, dass das System nur Verlierer kennt. Wer einmal in die Räder des Systems geraten ist, der findet kaum mehr heraus. Man mag so viel ungeschönten Realismus schwierig zu ertragen finden – das Buch überzeugt aber gerade durch diesen realistischen Blick und seine Schonungslosigkeit. In Form eines Justiz- und Gefängnisdramas gelingt hier Ryan Gattis ein Buch, das zeigt, was gute Kriminalliteratur kann. Und das dadurch dem üblichen Bestseller-Krimischund um Welten voraus ist.


  • Ryan Gattis – Das System
  • Aus dem Englischen von Ingo Herzke und Michael Kellner
  • ISBN 978-3-498-02538-0 (Rowohlt)
  • 544 Seiten. Preis: 22,00 €
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Sebastian Barry – Tage ohne Ende

Es ist eine Krux mit den Phrasen. Zu oft gelesen, dutzendfach in Buchwerbungen und Besprechungen verwendet, sind sie inzwischen reichlich abgedroschen und abgenutzt. Selbst wenn man sie sparsam dosiert, irgendwann klingen sie nur noch hohl. Keiner will mehr von einer Tour de force lesen, außergewöhnlichen Erzähler*innen oder noch einem Epos.

Der inflationäre Gebrauch der Sprachhülsen und Phrasen ist insbesondere dann ärgerlich, wenn man zwischendurch wieder ein Buch liest, auf das eine solche Phrase passgenau zutrifft (die Phrase mit der Faust und dem Auge spare ich mir an dieser Stelle wohlweislich). Der Roman Tage ohne Ende des Iren Sebastian Barry ist ein solcher Fall. Denn obwohl ich eigentlich nichts mehr von „unvergesslichen Szenen und Momenten“ schreiben möchte – hier trifft es zu. Und das gleich mehrfach.

Ein irischer Western von Sebastian Barry

Aber der Reihe nach. Eigentlich könnte man Sebastian Barry schon als so etwas wie den Hausautoren des Göttinger Steidl-Verlags bezeichnen. Sein Roman Ein verborgenes Leben über den IRA-Konflikt oder das Erster-Weltkriegs-Drama Ein langer, langer Weg erschienen bereits bei Steidl. 2018 veröffentlichte der Verlag dann den im Original zwei Jahre zuvor erschienen Roman Tage ohne Ende. Und wieder einmal überraschte Sebastian Barry, der hier die Form eines Westerns wählte, um von Begehren, Familie und Krieg zu erzählen. Erst Thea Dorn verschaffte dem Buch einige Zeit nach seinem Erscheinen im Literarischen Quartett den Auftritt auf großer Bühne. Eine gute Idee, denn auch mir wäre so ein wirklich starkes und ja – unvergessliches – Buch entgangen.

Sebastian Barry - Tage ohne Ende (Cover)

Denn Sebastian Barry gelingt es, einen Western zu erzählen, der so ganz anders ist als das, was man gemeinhin unter einem Western versteht. Das gelingt ihm, indem er einen Erzähler wählt, der deutlich von der Norm des Genres abweicht. Denn statt einem daueroptimistischen, kernigen Siedler, den der amerikanische Traum antreibt, wählt er Thomas McNulty. Dieser stammt aus Sligo, die Hungersnot in seiner irischen Heimat hat ihn noch minderjährig nach Amerika getrieben. Er schlägt sich mehr schlecht als recht durchs Leben, als er die Bekanntschaft mit John Cole macht. Fortan sind die beiden unzetrennlich, verdingen sich als Tanzmädchen und heuern dann beim Militär an.

Wir schreiben die Jahre um 1860, der Sezessionskrieg des Nordens gegen den Süden steht kurz bevor. Dort, im Verbund des Militärs, werden die beiden Zeugen grausigster Ereignisse. Das Militär führt einen Vernichtungskrieg gegen die indigene Bevölkerung, die sich auf ihre Art wehrt. Der Kampf gegen die Indianer, hier hat er nichts heroisches oder aufregendes. Es ist ein Akt der Barbarei, ein einziges Gemetzel, ja in den Beschreibungen Sebastian Barrys wird dieser Kampf auch zum Genozid.

Gewalt, Tod und Grausamkeit im Krieg

Eindringlich, schockierend beschreibt der irische Autor die Schlachten. Die Grausamkeiten des Militärs, die mit Kanonen auf ein Lager voller Unschuldiger schießen. Metzeleien, psychopathische Anführer, Gewalt und Tod allenorten. Barry rückt hier das Bild der Spaghettiwestern, Karl-May-Seligkeit und heroischen Mythenbildung gerade und zeigt die Binnenkämpfe Amerikas als das, was sie waren: Schlachten und pure Gewalt. Tage ohne Ende fällt so auch in das Genre des Anti-Western. Ein Buch, das nichts verklären will.

Die Bilder, die dieses Buch heraufbeschwört, wird man so schnell nicht wieder los. Es sind aber auch Bilder der Hoffnung, der Ruhe, der Schönheit, die Sebastian Barry literarisch versiert beschreibt.

So erzählt er in Tage ohne Ende auch von schwulem Begehren und Liebe (wie dies Annie Proulx in ihrer Erzählung Brokeback Mountain ebenfalls tat). Das Verständnis zwischen McNulty und John Cole, ihrer außergewöhnlichen Heirat, ihrem Zusammenhalt in guten wie in schlechten Zeiten, das rührt doch ungemein an.

Es gelingt ihm, diese Verbindung glaubhaft und nuancenreich zu schildern. Eines der Highlights dieses an Highlights wahrlich nicht armen Buch ist so etwa die gemeinsam aufgeführte Revue der beiden. Thomas McNulty verkleidet sich als Frau und die beiden Männer führen vor ihrem Publikum eine Szene vor, die Annäherung des Paares bis zum Kuss zeigt.

Wie Barry hier die Spannungen im Saal verdichtet und die Annäherung der beiden auf großer Bühne beschreibt – das ist in der literarischen Plastizität einfach große Kunst. Seine Vergleiche, seine bildhafte Sprache ist die große Stärke, die er das ganze Buch über gekonnt ausspielt.

Ein Buch, das auch durch die Sprache lebt

Sebastian Barry erzählt von schwulem Begehren, dem Genozid an den Indianern, der Sehnsucht nach Ruhe und Normalität – und das Ganze in einer eigenen, an der mündlichen Erzähltradition geschulten Sprache. Hier muss auch die Übersetzerleistung Hans-Christian Oesers hervorgehoben werden, der dafür zurecht auch mit dem Straelener Übersetzerpreis geehrt wurde.

Wie er die Figuren reden lässt, eigene Ausdrücke findet und dem Buch auch im Deutschen einen mehr als hochwertigen Sound verleiht, das ist große Kunst. Schön, dass das Buch durch diese Übersetzung vollends aufgewertet wird und somit auf ganzer Linie überzeugt. Ein starker Titel, eine unbedingte Empfehlung. Wenn Western, dann doch bitte so!


  • Sebastian Barry – Tage ohne Ende
  • Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser
  • ISBN 978-3-95829-518-6 (Steidl)
  • 256 Seiten. Preis: 22,00 €

Bildquelle Titelbild: Augusto Ferrer-Dalmau – Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=25487280

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Meine besten Bücher 2020

Das war es auch schon wieder, dieses verrückte Jahr 2020. Eines, das mal quälend langsam verging, dann aber auch wieder raste.

Ein Jahr, an dessen Ende ich noch einmal kurz zurückblicken möchte. Schließlich war das vergangene Jahr in vielerlei Hinsicht besonders. Zweimal musste ich meine Bücherei zusperren, Buchhändler*innen wurden zu Versandspezialisten. Zwei Buchmessen fielen ersatzlos aus, ebenso waren Lesungen in diesem Jahr wirkliche Mangelware.

Hier in Augsburg hatten wir Glück, durften wir zwei literarische Soireen in Zusammenarbeit mit der Augsburger Allgemeine durchführen, gerade, als es die Infektionslage zuließ. Kurz vor dem ersten Lockdown war im März Ingo Schulze zu Gast, im Herbst vor dem neuerlichen Lockdown begrüßten wir Olga Grjasnowa zu Gast. Im Anschluss debattierten wir wieder über die Bücher der jeweiligen Saison und ich freute mich, einem großen Publikum die Werke Robinsons Tochter von Jane Gardam und Long Bright River von Liz Moore ans Herz legen zu dürfen. Zwei meiner absoluten Lesehighlights in diesem Jahr.

Eine weitere Lesung, die mir im Gedächtnis bleiben wird, war die Augsburger Premiere von Thomas Hettches bestrickendem Roman Herzfaden, in dem er die Geschichte der Augsburger Puppenkiste und die ihrer Gründer*innen erzählt. Ein hervorragendes Buch, ganz zurecht auch für den Deutschen Buchpreis im Herbst nominiert.

Buchpreis, Blogbuster und Aufreger

Doch nicht nur den Deutschen Buchpreis habe ich in diesem Jahr wieder begleitet. Auch durfte ich Teil der Jury des Blogbusterpreises sein. Hier waren vielen Manuskripte zu sichten, aus denen ich mich schlussendlich für Yannick Dresens Romanentwurf entschied.

Auch bin ich froh, dass das Jahr nicht ganz so düster endete, wie es sich noch im Frühjahr angedeutet hatte. Zwar gab es für mich einen ganz klaren Aufreger zum Jahresende (der dann zum mit Abstand meistgeklickten Beitrag des Jahres avancierte), generell verlief das Jahr aber dann doch besser als gedacht.

Sieht man von Ärgernissen wie etwa der Cancel-Culture-Phantomdebatte in diesem Jahr ab, bei der man die Aufmerksamkeit und Energie besser für alle die untergegangen Bücher im Frühjahr aufgewendet hätte (zum Beispiel dieses oder dieses hier), war doch auch vieles ganz in Ordnung.

So erzielte der Buchhandel trotz allen Widerfahrnissen mehr erfreuliche Ergebnisse. So gewann mit Helga Schubert gewann so eine Autorin den Bachmannpreis, die durch die digitale Durchführung des Preises ihr Zuhause nicht verlassen musste, in dem sie ihren Mann pflegt.

Besprechungen, Klicks und weiter so?

Auch ich durfte an ein paar digitalen Treffen teilnehmen. So war ich bei Kai Wielands Lesungen zu Zeit der Wildschweine dabei oder traf im Rahmen der Messe Verlagsmitarbeitende und Blogger*innen digital. Kein gleichwertiger Ersatz für all das Ausgefallene, aber wenigstens eine Alternative mit Charme.

Meist gleicht das Schreiben hier einer Arbeit im luftleeren Raum, ohne Echo oder Widerspruch. Dennoch bleibt die Arbeit beglückend, nicht zuletzt durch solche Aktionen oder eine nette Mail, die mich ab und an mal erreicht, und die zu Weitermachen animiert.

Apropos Weitermachen. Auch wenn andere Blogger aufgeben oder das Ende der Blogs gekommen sehen, so kann ich dieses Urteil nicht bestätigen. Die Zugriffszahlen und die Abonnements steigen weiterhin an, wenngleich die Interaktion weiter abnimmt. Im Lauf des Jahres erschienen hier in der buch-Haltung 115 besprochene Bücher (69 davon von Autoren, 45 von Autorinnen für Statistikfüchse).

Enttäuschungen waren erfreulich wenige darunter, Mittelmaß einiges, aber deutlich mehr Highlights. Bücher, die mich durch ihre Sprache, Form, ihren Plot oder ihre Originalität (im besten Falle alles zusammen) überzeugten gab es 2020 reichlich.

Hier der Übersichtlichkeit halber noch einmal eine Grafik einiger meiner Highlights. Alle unten aufgeführten Bücher finden sich mit ausführlichen Besprechungen auf dem Blog.

Und wie soll es nun weitergehen? Was bringt 2021? Wird es wieder Buchmessen geben? Läuft Instagram den Buchblogs endgültig den Rang ab? Wird Sebastian Fitzek zum vierten Mal in Folge das meistverkaufte Buch des Jahres vorlegen? Ist es an der Zeit, dass Simone Buchholz mal für den Deutschen Buchpreis nominiert wird?

Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, was ich mir wünschen würde für das Literaturjahr 2021. Das hat mich nämlich die Redaktion des A3-Kulturjournals gefragt. Meine Antwort darauf soll diesen kleinen Rückblick beschließen. Was wünscht ihr euch fürs neue Jahr?

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