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Loraine Peck – Der zweite Sohn

Es ist schon ein paar Jahre her, da Benjamin von Stuckrad-Barre bei seiner Lesetournee zu seinem Buch Ich glaub, mir geht’s nicht so gut, ich muss mich mal irgendwo hinlegen – Remix 3 in Augsburg Halt machte. Ein Thema, das ihn an jenem Abend umtrieb, war auch das der Autorenbiografien, mit denen viele Verlage ihre Schreibende aus dem Gros herausheben und aufpeppen möchten. So könne man in Autorenviten gerne einmal lesen, dass der Autor oder die Autorin als Blumengroßhändler, Leichenwäscher, Safariguide und Molekularbiologe gearbeitet hätte. Was solche kapriziösen Aneinanderreihungen von Tätigkeiten über die Qualität des Buchs selbst aussagt, das ist ja eher fraglich.

Von exzentrischen Autorenbiografien

Als ich nun Der zweite Sohn, das von Thomas Wörtche bei Suhrkamp herausgegebene Debüt von Loraine Peck in der Vorschau nebst Ankündigungstext sah, musste ich an von Stuckrad-Barres Worte damals in Augsburg denken. Denn diese Vita ist in ihrer Exzentrik gerade zu beispielhaft für das von Stuckrad-Barre bespöttelte Phänomen:

Loraine Peck war Porträtmalerin und Assistentin eines Magiers in Sydney. Nachdem sie einmal zu viel in zwei Hälften gesägt wurde, wechselte sie zum Blackjack an der Goldküste. Barkeeperin und Hummerverkäuferin in den USA führten zu einem Job in der Filmindustrie, bevor sie eine Karriere im Marketing in Australien, dem Nahen Osten, Asien und den USA einschlug.

Der Suhrkampverlag über Loraine Peck

Von Zauberei, Glücksspiel oder Hummern findet sich in Der zweite Sohn dann allerdings keinerlei Spur. Vielmehr ist das Buch ein klassischer Gangster-Thriller, der eine kriminelle Familie und deren Fehden in den Mittelpunkt stellt. Was mit Mario Puzos Paten auf dem Gebiet der italienischen Mafia begann, ist inzwischen wohl überall in verschiedenen Ausprägungen lokalisiert worden. Egal ob in Deutschland (etwa 4 Blocks oder Clemens Muraths Der Libanese) oder Down Under (hier wäre zum Beispiel die ebenfalls von Wörtche herausgegebene und wie Peck mit dem Ned Kelly-Award ausgezeichnete Candice Fox mit Hades zu nennen) – Unterwelt-Familien und deren Machenschaften faszinieren nach wie vor und sind ein fruchtbarer Boden für Thriller.

Eine kroatische Familie in Sidney

Das hat auch Loraine Peck erkannt, die ihre Geschichte im Umfeld einer kroatischen Einwandererfamilie in Sidney ansiedelt. Zusammengehalten von Vater Milan Novak verdient der Clan mit Fischgeschäften, Einwanderern und Drogendeals sein Geld. Rechte Hand von Vater Novak war bislang sein Sohn Milan. Doch dieser wurde bei der Leerung seiner Mülltonne vor dem eigenen Haus erschossen.

Loraine Peck - Der zweite Sohn (Cover)

Es ist nicht der erste Tote aus dem Gangmilieu. Schon zuvor starb ein serbischer Gangster – weshalb Novak annimmt, dass es sich beim Tod seines Sohnes um eine Vergeltungsaktion handelt. Serben und Kroaten können sich eh nicht ausstehen und führen die blutige Fehde aus dem Jugoslawienkrieg einfach auf einem neuen Kontinent fort. Und da nun seine rechte Hand tot ist, liegt für Milan Novak die Lösung auf der Hand. So soll sein zweiter Sohn, Johnny, für Vergeltung sorgen und den Tod seines Bruders sühnen. Doch dieser ist für das brutale Geschäft der Novaks eh nicht wirklich gemacht – muss nun aber eine eigene Lösung finden, um den Konflikt und den Rachewunsch der eigenen Familie zu befrieden.

Seinen Kampf um die Gunst seines Vaters und gegen rivalisierende Banden schildert Loraine Peck dabei nicht alleine aus dessen Perspektive. Sie wählt als Erzählerin auch Amy, die Frau von Johnny. Diese schildert ihren Blic auf das Geschehen und den Novak-Clan mit all seinem autochthonen und ausgrenzenden Denken und Verhalten. Schnell zeigt sich, dass neben dem vordergründigen Konflikt um Johnnys Rolle in der Familie Novak auch noch ein viel gravierenderer Konflikt herrscht – nämlich der um die Ehe von Amy und Johnny.

So muss sich dieser um die kriselnde Beziehung, die Rache seines Bruders und dann auch noch um die Durchführung eines riskanten Raubzugs kümmern. Da kommt dann leider die Charakterisierung der Figuren und die Originalität des Plots manchmal etwas unter die Räder.

Wenig originelle oder überzeugende Figuren

Denn das Personal von Der zweite Sohn wirkt bisweilen wie stark an der Grenze zur Parodie. Der irre Meth-Gangster mit Tattoos und Sprachfehler, die tumbe Gang aus Kroaten voller Muskeln und wenig Hirn, der beständig in seiner Unterwürfigkeit zu seinem Vater verharrende Held mit dem Herz am rechten Fleck, die Ehefrau, die mitsamt ihrem Kind gekidnappt und von ihrem Mann befreit werden muss. Oftmals liest sich Der zweite Sohn wie aus dem Setzkasten für derartige Thriller zusammengeklaubt – und altbekannt.

Vieles ist einfach cartoonesk vereinfacht, nicht alles schlüssig erklärt (so werden die anderen Müllabfuhr-Morde auch schnell eingeführt und dann wieder zur Seite geschoben) und wirken weder neu noch wirklich überzeugend. Da passt auch das Cover in seiner schwarz-weißen Einfallslosigkeit ins Bild, das wirkt, als sei es ganz am Ende eines langen Tages voller Coverentscheidungen und Diskussionen noch durchgewunken worden, um endlich Feierabend machen zu können.

Fazit

Und dennoch gelingt es Loraine Peck in ihrem Debüt auch, Spannung zu erzeugen. Sie beschreibt die Welt der kroatischen Familie Novak, den Kampf Johnnys gegen und mit der Polizei, andere Gangster und um seine Ehe durchaus mitreißend, wenn man sich an den vielen altbekannten Motiven oder allzu schablonenhaften Figuren nicht besonders stört.

Als fein nuanciertes Porträt einer kriminellen Familie in Down Under, deren Struktur und Funktionsweise funktioniert Der zweite Sohn überhaupt nicht. Auch ist Pecks Buch sicherlich kein Anwärter für einen Preis in Sachen Sprache und Figurentiefe. Aber ihr gelingt ein spannender und temporeicher, bisweilen arg cartoonesker Unterwelt-Thriller, der auch Fans von Candice Fox gut gefallen düfte und der sich durch seine beiden Perspektiven des Ehepaars Novak etwas von anderen Thrillern gleicher Bauart unterscheidet.

Dass Peck für ihr Buch den Ned Kelly-Award in der Kategorie „Debüt“ erhalten hat, geht in meinen Augen in Ordnung (Hauptgewinner im letzen Jahr war übrigens Chris Whitaker). Denn auch wenn ihr Buch wenig innovativ ist, so gibt Loraine Peck mit ihrem Buch Versprechen ab, die sie mit folgenden Büchern dann hoffentlich noch einlösen kann. Man darf gespannt sein!


  • Loraine Peck – Der zweite Sohn
  • Aus dem Englischen von Stefan Lux
  • Herausgegeben von Thomas Wörtche
  • ISBN 978-3-518-47229-3 (Suhrkamp)
  • 423 Seiten. Preis: 16,95 €
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J. L. Carr – Ein Tag im Sommer

„Das war ein außergewöhnlicher Tag“, sagte Mrs Loatley. „Nicht so sehr wegen dem, was passiert ist, als wegen dem, was hätte passieren können. Dass es ein merkwürdiger Tag werden würde, habe ich schon gespürt, als ich aufgestanden bin. Den ganzen Tag habe ich mich schon so komisch gefühlt. Zuerst dachte ich, es liegt an den Holunderblüten, ihrem süßlichen Geruch; aber das war es nicht. Es ist etwas, das mich die ganze Zeit umgibt. Vielleicht die Hitze; andererseits habe ich ja schon andere heiße Tage erlebt. Nein, es ist etwas anderes.“

(Carr, J.L.: Ein Tag im Sommer, S. 281)

Nicht nur die werte Mrs Loatley wird an jenem Tag im Sommer aus den gewohnten Bahnen geworfen – nein das ganze englische Städtchen Great Minden steht Kopf. Und das hat auch einen Grund. An jenem Tag feiert man in der Kleinstadt Kirchweih. Zur Feier des besonderen Tages wird ein Jahrmarkt veranstaltet. Die SchülerInnen sind mit dem Kopf schon längst bei den abendlichen Festivitäten – und auch in der restlichen Dorfbevölkerung macht sich Unruhe breit.

Eine besondere Brisanz erhält der Tag durch das Auftauchen eines weiteren unerwarteten Gasts: im Zug nähert sich der Kriegsveteran Peplow Great Minden. Der Grund für seinen Besuch liegt in einer offenen Rechnung, die er im verschlafenen Städtchen begleichen will. Mit im Gepäck hat er eine Waffe und den Wunsch nach Rache.

Trotz dieser erzählerischen Grundanordnung sollte man keinen Krimi erwarten. Ein Tag im Sommer ist ein ruhiger Roman, der die drei Aristotelischen Einheiten von Handlung, Ort und Zeit fast durchgängig beachtet. Die knapp 300 Seiten gliedern sich in Morgen, Mittag und Abend und spielen nahezu ausschließlich in Great Minden. J. L. Carr springt immer von wieder von Dorfbewohner zu Dorfbewohner und liefert ein genaues Porträt der Bevölkerung des Ortes. Da ist ein junger Referendar, der mehr Arbeit in die zahlreichen Affären mit der Dorfbevölkerung steckt, als in seine Unterrichtsvorbereitung. Da gibt es frömmelnde Damen, voyeuristische Kriegsinvaliden, eine verliebte Friseurin und dergleichen mehr.

Möchte man spötteln, könnte man die Literatur J.L. Carrs auch als Manufactum-Literatur desavouieren. Hier wird ein England gezeigt, das nichts mit dem heutigen schnellen Leben und der Brexit-Welt gemein hat. Die Uhren ticken noch langsam, ein Jahrmarkt gilt als herausragendes Ereignis. Da das Buch aber tatsächlich aus dieser Zeit stammt, von der es erzählt, nämlich 1963, sind solche Vorwürfe hanebüchen.

Ein Tag im Sommer ist genauso wie das erste auf Deutsch veröffentlichte (und ebenso gut von Monika Köpfer übersetzte) Ein Monat auf dem Land eine wunderbare Wiederentdeckung. Eine nostalgische Entschleunigungslektüre, die darüberhinaus auch wunderbar in Form gebracht worden ist. Mit einem reduzierten und genau deshalb so stimmigen Cover, Lesebändchen, Vorsatzpapier und haptisch angenehmer Verarbeitung ein echter Treffer. Nicht nur als Sommerlektüre ein Gewinn!

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Margaret Atwood – Hexensaat

Welch schönes Projekt: als Verneigung vor dem vor 400 Jahren verstorbenen Barden und ikonischen Dichter William Shakespeare schrieben beziehungsweise schreiben 8 Bestseller-Autoren unter dem Titel Shakespeare-Projekt Neuinterpretationen der Werke Shakespeares. Das Ganze erscheint bei uns nach und nach in schöner Ausstattung im Knaus-Verlag. Zu dem Autorenkreis zählen Größen wie Tracy Chevalier, Gillian Flynn, Howard Jacobson oder auch Jo Nesbø.

Als viertes Werk erschien nun das Werk Hexensaat der kanadischen Großmeisterin Margaret Atwood, das von Brigitte Heinrich ins Deutsche übertragen wurde. Grundlage ist Shakespeares Stück Der Sturm, der im Buch zum Prüfstein für den Regisseur Felix wird. Jener plante eigentlich eine furiose Inszenierung des Stücks, die ihn zum Gesprächsthema in der Theaterwelt machen und sein persönlicher Triumphzug werden sollte. Doch eine Intrige seines engsten Mitarbeiters verhinderte das. Gebrochen, durch den Tod seiner Frau und Tochter zerstört und von der Welt vergessen zieht er sich in eine bruchfällige Hütte zurück. Aufgeben will Felix dennoch nicht und sinnt auf Rache. Der Schlüssel hierfür ist eine Theatertruppe im Gefängnis, mit der er ebenjenen – wie könnte es anders sein – Sturm einstudiert, um sich an seinen Feinden zu rächen.

Folglich inszeniert Margaret Atwood eine Neuinterpretation jenes vielgespielten Werkes des Barden aus Stratford-upon-Avon, die auf drei Ebenen funktioniert. Da ist zunächst der klassische  Sturm mit seinen Motiven: der Insel, auf der Caliban, Prospero, Miranda und der Geist Ariel leben, der Schiffbruch, der neue Gestrandete bringt und all die Intrigen, die klassisch im Werk Shakespeares sind. Auch wenn man mit dem Opus des Barden nicht vertraut ist – durch einen raffinierten Kniff löst Margaret Atwood dieses Problem. Denn für seine Neuinszenierung muss Felix den Gefängnisinsassen jenes Werk auch erst einmal mit vielen – manchmal sogar etwas zu vielen – didaktischen Kniffen näherbringen. Neben dieser aktuellen Ebene ist da auch noch Felix selbst, der von der Welt vergessen gestrandet ist und nun seinen eigenen Sturm durchlebt und ein wahrer Prospero ist.

Margaret Atwood strukturiert ihre Neuinterpretation Hexensaat durch die klassischen fünf Akte nebst einem Epilog, der die Inhalt des Original-Sturms zusammenfasst und damit auch einen genauen Vergleich zwischen Interpretation und Originalquelle erlaubt. Insgesamt ein sehr gelungenes Remake (wenngleich Atwoods Gefängnisinsassen schon wirkliche Pappkameraden sind) – und ein frischer Zugang zu Shakespeares Werk, das den Staub von 500 Jahren locker wegpustet und vielleicht auch Atwood-Fans zu Shakespeare-Fans machen könnte und umgekehrt.

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Candice Fox – Hades

Hades, Herr der Unterwelt

Candice Fox - Hades (Cover)

Australien, Sydney: Auf der Mülldeponie von Utulla herrscht Heinrich Archer, genannt Hades, über sein Imperium aus Schrott und Leichen. Als listiger Mittler und graue Eminenz zieht er hält er die kriminellen Fäden in Sydney in der Hand. Doch eines Tages wirft ihn ein Ereignis völlig aus seinen gewohnten Bahnen. Nach einem missglückten Raubüberfall werden zwei Kleinkinder bei Hades abgeladen, die er in der Folge unter seine Fittiche nimmt. Er erzieht sie in seinem Kodex und plant für sie eine Karriere bei der Kriminalpolizei.

Jahre später, immer noch Sydney: Der heruntergekommene und desillusionierte Cop Frank Bennett bekommt eine neue Partnerin names Eden zugeteilt. Mit dieser schlittert er in einen großen Fall hinein. Es hat nämlich den Anschein, dass in Sydney ein mörderischer Organdieb umgeht, der an Medizin, Recht und Ordnung vorbei selbst Organtransplantationen vornimmt und sich seine zahlreichen Opfer in verschiedensten Milieus sucht.

Rasantes Tempo, spannende Unterhaltung

Diese zwei zunächst noch entfernt laufenden Erzählstränge werden von Candice Fox schon bald miteinander verknüpft, wobei der Leser eigentlich von den ersten Seiten an ahnt,wo die Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart liegt. Die junge Australierin erzählt ihre Geschichte, indem sie Rückblenden über den Werdegang von Hades und seinen zwei Zöglingen in die Story einbaut. Auch kommen Täter und Opfer in eigenen Erzählsträngen zu Wort, was das Tempo dieses Thrillers merklich erhöht. Hauptsächlich geschildert wird das Geschehen allerdings aus der Ich-Perspektive des Cops Frank, der somit neben all den Rückblenden auch die Außenperspektive auf Eden mitbringt und dadurch Tiefe schafft.

Fazit

Abgesehen vom etwas missglückten Cover bietet Hades schnelle, gut geschriebene und dabei vor allem auch spannende Unterhaltung. Das Thema mag nicht ganz taufrisch sein, doch durch die tolle Schreibe und das hohe Tempo bleibt man bei Hades gerne am Ball. Die Krimipreisträgerin (Ned-Kelly-Award 2014 und 2015) aus Down Under schafft es, eindrucksvolle Szenen für das Kopfkino zu kreieren und den Leser durch die Seiten zu treiben. Hier hat der Herausgeber Thomas Wörtche eine echte Neuentdeckung ausgegraben – und im September geht die geplante Trilogie dann mit dem Titel Eden weiter!

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Andreas Pflüger – Endgültig

Blinde Gerechtigkeit

Jenny Aaron war einst eine Spitzenagentin für eine geheime Unterabteilung des BKA, ehe ein Einsatz in Barcelona alles über den Haufen warf. Der Einsatz lief fürchterlich schief und seitdem plagt sich die Agentin mit schwersten Schuldvorwürfen herum und ist zudem blind. Dies hält sie allerdings nicht davon ab, weiterhin für Gerechtigkeit und Wahrheit einzutreten. Mit einer unglaublichen Selbstverbissenheit und unterstützt von ihrem Vater, einem Urgestein der GSG9, hat sie sich zurückgekämpft und ist ein echtes Ass in Sachen Körperbeherrschung und Verhören. Ihre Blindheit ist ihr dabei nur Ansporn, ihre eigenen Grenzen zu überschreiten

PflügerDie Ereignisse, mit den Andreas Pflüger die blinde Koryphäe in Endgültig konfrontiert, sind aber dazu angetan, sie an ihre Grenzen und darüber hinaus zu führen. Ausgangspunkt ist der Mord an einer Gefängnispsychologin in der JVA Tegel. Der mutmaßliche Mörder ist nur bereit, mit einer Person zu sprechen – Jenny Aaron. Das damit verbundene Psychospielchen entpuppt sich nur als Auftakt zu einer wahren Tour de Force, die Jenny mit alten Feinden und tief verschütteten Traumata konfrontiert. Denn wie es scheint, ist das jetzige Spiel, in dem sich Jenny wiederfindet, nur die Spitze eines Plans, der vor langer Zeit geschmiedet wurde, um Rache an der blinden Polizistin zu nehmen und sie büßen zu lassen. Doch kann sie dem diabolischen Plan wirklich entrinnen?

Selten hatte ich in letzter Zeit einen so spannenden, einen so gut geschriebenen und einen so temporeichen Roman in meiner Hand, wie dies bei Andreas Pflügers Endgültig der Fall ist. Der Autor trat bislang eher als Drehbuchautor der Weimarer Tatort-Folgen mit Christian Ullmen und Nora Tschirner in Aktion, doch auch ein Buch hat er bereits geschrieben. Dieses trägt den Titel Operation Rubikon und wurde auch mit Stars wie Jörg Schüttauf und Justus von Dohnány verfilmt.

Andreas Pflüger

Andreas Pflüger

Sein neuer Thriller ist ebenfalls mehr als filmreich, wobei das Wort Kopfkino hier einen doppelten Reiz hat. So entfesselt der Autor nicht nur tolle Bilder und inszeniert ein wahres Feuerwerk an einprägsamen Szenen, auch schafft er das Kunststück, den Leser an der Lebenswelt von Blinden teilhaben zu lassen. Er beschreibt Jenny Aarons Welt und sensibilisiert dafür, wie es sein muss, blind durchs Leben zu gehen. Vorher machte ich mir nie Gedanken, wie man Salz- und Pfefferstreuer einfach auseinanderhalten kann. Nun weiß ich das auch, dank Andreas Pflüger (Antwort – Salz raschelt, Pfeffer gibt keinen Laut von sich. Simpel – es muss einem aber auch erst auffallen.). Erinnert hat mich das Buch auch an Sebastian Fitzeks Thriller Der Augensammler, wobei jener Roman eher Kreisklasse ist, verglichen zu diesem Premium-Liga-Thriller. Alleine wer schon Sätze ersinnt wie „Die Herzmaschine jagt Verzweiflung in die Venen“ (S. 16), zeigt, dass es hier um mehr geht als die Lust am Krawall.

Natürlich darf man dem Buch auch Stereotype vorhalten – Jenny Aaron ist genauso übermenschlich gezeichnet, wie ihr Gegner allumfassend böse ist. Da diese Überzeichnung aber auch zu unterhalten weiß, war ich gewillt, diesem manchmal sehr hollywoodesken Setting zu verzeihen, da Pflüger das Spannungslevel und das Tempo über sämtliche 455 Seiten zu gehen weiß. Ein gut geplotteter Thriller, zudem auch fein gestaltet mit Brailleschrift und gelbem Buchschnitt.

Dieses Buch ist ein echter Kracher, ein Highlight im Spannungssegment dieses Frühjahrs und setzt Maßstäbe – breiteste Leseempfehlung von meiner Seite!

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