Category Archives: Kriminalroman

Stuart MacBride – Totenkalt

Logan MacRaes zehnter Fall

Mit Totenkalt liegt nun schon der sage und schreibe zehnte Fall für DS Logan MacRae vor. Angemessenerweise gibt es in diesem Fall für den Seargent natürlich keine Blumen oder Ehrungen, sondern wieder viel Arbeit, Regen und missgelaunte Vorgesetzte.

Auch diesmal spielt der Fall nicht wie gewohnt in Aberdeen, sondern im Küstenstädtchen Banff, in das es MacRae bereits im Vorgängerband In Blut verbunden verschlagen hatte. Dort versieht er seinen eigentlich recht unspektakulären Dienst im und wird dabei wie gewohnt von seiner in Hassliebe verbundenen Vorgesetzten DI Roberta Steele drangsaliert. Doch plötzlich kommt Bewegung in das graue Einerlei im Norden Schottlands, als im Wald die Leiche des Geschäftsmanns Martin Milne gefunden wird.

Jener wurde schon länger vermisst und die Spekulationen schossen ins Kraut. Doch zur großen Überraschung der Ermittler stellt sich schnell heraus, dass die Leiche gar nicht die von Martin Milne, sondern die seines Geschäftspartners Peter Shepard ist. Der Modus Operandi der Tat erinnert an ein früheres Verbrechen und so muss sich Logan MacRae dranmachen, ein Motiv für den Mord zu finden und zu klären, ob Shepard eventuell nur ein weiteres Opfer eines Serienmörders wurde.

Stuart MacBrides Bücher werden mit den Labels Krimi oder Thriller kaum erschlagen. Seine ausufernden Plots sind so weit von der linearen Erzählweise seiner britischen AutorenkollegInnen entfernt wie Banff vom Rest der schottischen Zivilisation.

MacBrides Romane sind eine literaturgewordene, düstere und mit schwarzem Humor getränkte Polizeiserie. Viele Handlungsbögen aus früheren Romanen werden wieder aufgegriffen und fortgeführt, weswegen sich ein optimaler Lesegenuss nur einstellt, wenn man zumindest ein oder zwei Vorgängerbände gelesen hat.

In diesem Band lässt MacBride seinen Helden nun stärker als gewohnt taumeln, die Frage der Loyalitäten bringen MacRae schwer in die Bredouille. MacBride lässt damit auch viel Raum für weitere Bände, denn die Entwicklungen und Dynamiken, die Totenkalt bereithält, verlangen förmlich nach einem elften Einsatz des schottischen Ermittlers.

 

 

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Dennis Lehane – Dunkelheit, nimm meine Hand

Kenzie & Gennaro Nr. 2

Um es gleich einmal vorweg zu nehmen – auch nach 21 Jahren seit dem ersten Erscheinen hat dieses Buch nichts von seiner Klasse eingebüßt – mein Spannungshighlight dieses Monats bislang!

Dankenswerterweise legt der Diogenes-Verlag nun nach und nach die vergriffenen Titel der Kenzie/Gennaro-Reihe wieder auf und spendiert den Büchern eine Neuübersetzung. Diesmal war der Routinier Peter Torberg für die Neuübertragung ins Deutsche verantwortlich – und hat seinen Job gut gemacht.

Dunkelheit, nimm meine Hand ist nach Ein letzter Drink der zweite Teil der Reihe, der die beiden Ermittler Patrick Kenzie und Angie Gennaro dem Leser noch näher bringt. Die beiden werden bei ihrem neuesten Auftrag wieder einmal persönlich in ein undurchdringliches Geflecht verstrickt. Denn diesmal gerät der Ich-Erzähler Patrick Kenzie in den Fokus eines Mörders, der ihn mit den Sünden seines Vaters konfrontiert.

Die Psychologin Diandra Warren erhält eine beunruhigende Nachricht, die ihren Sohn zeigt. Die Arbeitshypothese von Kenzie und Gennaro zerschlägt sich dann doch recht schnell, nachdem sie davon ausgingen, dass die Bostoner Mafia noch eine Rechnung mit Diandra oder ihrem Sohn offen hat. Als dann plötzlich der Sohn der Psychologin tot aufgefunden wird und zudem eine alte Bekannte von Patrick brutal gekreuzigt auf den Straßen Bostons gefunden wird, sitzt das Detektivpärchen in der Patsche. Denn diese beiden Morde sind nur Teil eines weitaus größeren mörderischen Geflechts, das das FBI schon seit unter Beobachtung hat. Jemand möchte Sünden aus der Vergangenheit rächen – und Patricks eigene Weste ist dabei nicht ganz blütenrein.

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Walter Lucius – Schattenkämpfer

Farah Hafez ist wieder da. Die niederländische Journalistin und Kampfsportlerin mit afghanischen Wurzeln, die der geneigt Leser bereits aus Schmetterling im Sturm kennt, kehrt zurück. Und wie! Gleich auf den ersten hochtourigen Seiten des neuen Romans von Walter Lucius gerät sie in eine Geiselnahme von tschetschenischen Terroristinnen, die nicht von Ungefähr an Szenarien wie die Katastrophe von Beslan erinnert. Durch einen perfiden Winkelzug der Terroristinnen wird Farah plötzlich auch als Strippenzieherin des Anschlags gebrandmarkt und muss nach der Befreiung durch russische Einsatzkräfte fliehen.

Dies ist nur einer von vielen Strängen, die in Schattenkämpfer das Gerüst bilden. Walter Lucius spannt seinen Thriller zwischen Amsterdam, Südafrika, Moskau und Indonesien auf. Denn dorthin flieht Farah, während in den Niederlanden Polizei und Journalisten versuchen, die turbulenten Ereignisse des Vorgängerbuchs weiter aufzuklären. Denn was in diesem schon angelegt war, entfaltet sich nun weiter: ein Geflecht aus Korruption und Abhängigkeiten, das von der niederländischen Politik aus bis zu russischen Energieriesen reicht. Farah und Kollegen versuchen in bester Lisbeth-Salander-Tradition, in dieses Hornissennest hineinzustechen, doch dies führt im Lauf des Buchs zu weiteren Toten und lebensbedrohlichen Situationen.

Schattenkämpfer (Deutsch von Ilja Braun) ist der Mittelteil der als Heartland-Trilogie betitelten Dreierreihe des niederländischen Autors Walter Lucius. Eingangs hatte ich ein Problem mit den Anschlüssen an den ersten, 700 Seiten starken Thriller Schmetterling im Sturm, lag die Lektüre doch schon drei Jahre zurück. In der Zwischenzeit wurde der Roman dann vom Verlag auch noch um ein Jahr nach hinten geschoben, was die Veröffentlichung anging – und so musste ich mich erst wieder im Universum von Farah Hafez einfinden.

Die Verbindung an den ersten Teil gelingt Walter Lucius dann aber im Lauf des Buchs sehr gut unter Rekursion derbisherigen  Geschehnisse, die immer wieder einfließen und für die Fortschreibung der Geschichte essenziell sind. Das macht das Buch auch für Neulinge interessant, wenngleich ich unbedingt die vorherige Lektür von Schmetterling im Sturm empfehlen würde um des maximalen Genusses wegen.

Insgesamt ist das Buch abermals ein höchst globaler Thriller, der diesmal noch etwas stärker aufs Gaspedal drückt und beständig von Ort zu Ort springt und so für hohes Tempo sorgt. Manche Szenen oder Zusammenhänge erfordern schon eine gewisse Akzeptanz des Lesers, was die Verkettungen und Zufälle angeht. Abgesehen von kleinen handwerklichen Fehlern ist Schattenkämpfer genauso wie sein Vorgänger ein lesenswerter Thriller, der die Leser auf Abschlussband 3 hoffen lässt. Hoffentlich dauert es nur nicht wieder drei Jahre, ehe es soweit ist!

 

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Kurz und Gut – schnelle Leseempfehlungen

Nachdem es schon länger keine Kurzrezensionen mehr an dieser Stelle zu lesen gab, sei dies hier mit drei frischen, sommerlichen Empfehlungen nachgeholt

Malla Nunn – Zeit der Finsternis

Der vierte Fall des südafrikanischen Ermittlers Emmanuel Cooper hat es abermals in sich. Malla Nunn schickt ihren Ermittler in den 50er Jahren nach Johannesburg, während die Apartheid das Land im Griff hält. Während Cooper unter einem gefährlichen Vorgesetzten den Fall zweier ermordeter Weißer aufklären soll, muss er um jeden Preis sein Privatleben schützen. Denn Cooper hat ein Kind mit seiner farbigen Frau. Ein schweres Verbrechen, das der Ermittler vertuschen muss. Nicht leichter wird alles, als sich herausstellt, dass der Hauptverdächtige des Doppelmordes der Sohn seines Zulu-Kollegen Shabalala ist.

Ein sauber gearbeiteter, sehr spannender Krimi, der seinen Reiz aus dem Setting und der Zeit zieht, in der er spielt. Nunn fängt das Apartheid-Südafrika hervorragend ein und beschert uns Figuren, die wir so schnell nicht wieder vergessen.

 

Ann Patchett – Die Taufe

Ein heißer Sommertag ist es, der zwei Familien in Ann Patchetts Die Taufe zusammenschmiedet. Denn an diesem heißen Sommertag findet die Taufe statt, die alles verändern soll. Der Staatsanwalt Bert Cousins taucht auf dieser Feier uneingeladen auf, um sich seiner familiären Pflichten und Probleme für einen Nachmittag zu entziehen. Dadurch wird ein Band zwischen seiner Familie und der von Fix Keating, des Vaters des Täuflings, geknüpft.

In schnörkellosem Ton erzählt Ann Pachett in Die Taufe, wie sich in den folgenden Jahren die Geschichte der beiden Familien immer wieder einmal miteinander verflicht. In Schlaglichtern zeigt die Autorin, wie aus dieser einen folgenschweren Begegnung Schicksal erwächst. Ein klassischer amerikanischer Familien- und Gesellschaftsroman mit einer besonderen Konstruktion.

 

Larry Brown – Fay

Eine junge Frau reißt von Zuhause aus und schlägt sich durch – das ist im Grunde der Plot, der hinter Larry Browns im Original bereits 2000 erschienenem Buch steckt. Doch die Kunst dieses Buchs ist das Drumherum, das Brown langsam in Fay entfaltet. Er zeigt einfache Menschen, die mit Fay in Kontakt kommen – manche von ihnen gut, andere schlechte, der Charakter von anderen Figuren zeigt sich erst im Verlauf der Handlung. Diese Plastizität macht den Reiz von Fay aus. Eine tolle Südstaatenstudie, flirrend und packend.

Der leider schon verstorbene Larry Fay fügt sich nahtlos in das Portfolio des Heyne Verlags ein und ist eine Entdeckung, der man schon früher ihren Durchbruch gewünscht hätte. Südstaatenliteratur, wie sie sein sollte. Hart, rau aber stets auch mit Herz und Emotionen. Diese Fay schließt man in sein Herz!

 

 

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Ben Aaronovitch – Der Galgen von Tyburn

Peter Grant ist wieder da! Der etwas tollpatschige Nachwuchsmagier und Police Constable aus London hat seinen Ausflug aufs Land in Fingerhut-Sommer überlebt und bekommt es nun in seinem angestammten Terrain in London abermals mit einem kniffligen Fall zu tun.

Ausgangspunkt ist eine aus dem Ruder gelaufene Drogenparty, die zahlreiche Jugendliche in der Luxusimmobilie One Hyde Park feierten. Eine an der Party Beteiligte ist auch die Tochter der Flussgöttin Lady Tyburn, die von Peter einen alten Gefallen einfordert. Er soll den Namen ihrer Tochter aus den Ermittlungen heraushalten. Doch nicht nur Peter kann schon bald die Ermittlungen kaum mehr überblicken, denn die Drogenparty scheint nur ein Dominostein in einer Kette weiterer Ereignisse zu sein, die allesamt mit Peters alter Nemesis, dem gesichtslosen Magier in Verbindung zu stehen scheinen. Es geht um ein mythenumwobenes Buch Issac Newtons, Fehden unter Flussgöttern, die Deals der oberen Zehntausend und noch viel mehr.

Der Galgen von Tyburn ist ein verschachteltes und verzwicktes Stück Amalgam von Kriminalroman und Fantasy – und sicher nicht der beste Einstieg in das immer komplexer werdende Universum des Peter Grant und des Londoner Follys. Die Welt aus Flussgöttern und deren Zwistigkeiten, die Feindschaft mit dem Gesichtslosen Magier, die zahlreichen fantastischen Kreationen aus der Feder Aaronovitchs – ein Neuling kann sich mit diesen ganzen als bekannt vorausgesetzten Eigenheiten der Reihe schnell überfordert fühlen. Hier empfiehlt sich wirklich der chronologische Einstieg mit ersten Band Die dunklen Flüsse von London.

Der Galgen von Tyburn ist in dieser Reihe der inzwischen schon sechste Band der Reihe – und das Fortschreiten der Reihe merkt man dem Buch durchaus an. Ganz so frisch ist der Humor nicht mehr, etwas Routine schleicht sich ein in Peters Fälle ein und wirklich befriedigt fühlt man sich mit diesem Band wirklich nicht. Das Buch wirkt wie ein Binnenspiel für die kommenden Fälle, denn ohne zu viel verraten zu wollen: am Ende hat sich nicht viel vorangekommen und mir blieb die Frage, ob im nächsten Band wieder mehr Entwicklung zutage tritt. Verdient hätte es diese tolle Buchreihe auf alle Fälle.

So manches Mal rumpelt auch die Übersetzung des Buchs etwas vor sich hin (Deutsch von Christine Blum) und die vielen Aaronovit’schen Wortschöpfungen und Neologismen ermüden dann doch mit der Dauer des Buches etwas.

Fazit: Fans von Peter Grant und dieser tollen Buchreihe werden sicherlich auf ihre Kosten kommen, das stärkste Buch der Serie ist Der Galgen von Tyburn allerdings nicht.

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