Monthly Archives: März 2018

Jan Weiler – Kühn hat Ärger

Nach Kühn hat zu tun legt Bestsellerautor Jan Weiler nun den zweiten Roman um den so durchschnittlichen und genau deshalb so fabelhaften Kommissar Martin Kühn vor. Doch auch wenn die Hauptperson ein Kommissar ist, im Buch eine Leiche vorkommt und viel ermittelt wird – ein Krimi ist das Buch von Jan Weiler deshalb noch lange nicht. Auch sein neuer Hausverlag Piper hat das erkannt und das Buch deshalb mit der allumfassenden Bezeichnung Roman versehen. Doch was macht das Buch jetzt zu einem guten Roman und wenn dann höchst mittelmäßigen Krimi? Dieser Frage soll in der Besprechung nun nachgegangen werden.


Der Inhalt des Buchs ist dabei recht schnell umrissen. Kühn und sein Kollege Steirer werden zu einem Tatort an der Tramhaltestelle Großhesseloher Brücke im München gerufen. Ein junger Mann mit Migrationshintergrund wurde zu Tode geprügelt – und das in München, der weltoffenen Isarmetropole. Die Spuren, denen Kühn nachgeht, führen ihn schnell ins benachbarte Villenviertel Grünwald. Dort hatte sich das Mordopfer entgegen aller Wahrscheinlichkeiten in ein junges Mädchen aus einem gutbetuchten Haushalt verliebt. Kühn versucht diese Liebesgeschichte zu ergründen und taucht dabei in eine Welt der oberen 10.000 ein, die von seiner Durchschnittsexistenz genauso weit entfernt ist, wie Kühn manchmal von seinen eigenen Mitmenschen. Wie können diese Menschen so unbeschwert leben, wo sich Kühn selbst doch einem Berg aus Sorgen gegenübersieht: sein Sohn droht ihm zu entgleiten, die Beziehung zu seiner Frau erkaltet, die Bausubstanz des Eigenheims verseucht, die finanzielle Situation mehr als angespannt? All das steht in krassem Kontrast zum täglichen Brot des Martin Kühn – und genau deshalb übt die Grünwalder Hautevolee und ihre Lebensweise einen so großen Reiz auf den Hauptkommissar aus.

Die Ausgangslage ist somit klar: Kühn muss sich der Suche nach dem Täter widmen, Zeugen vernehmen, Spuren auswerten und seiner eigenen Nase folgen. Grundlagen also für einen klassischen Ermittler-Krimi, wie es ihn zuhauf in den Bücherregalen der Republik gibt. Allerdings ist dieser Krimi, der das Grundgerüst des Romans ist, auch der schwächste Aspekt dieses Buchs. Man könnte bei der Lektüre stellenweise gar den Eindruck bekommen, Jan Weiler habe gar keine Lust auf einen Krimi, so lieblos baut er diesen in seinen Roman ein. Der Leser muss sich nicht viele Gedanken über mögliche Täter machen, denn Weiler präsentiert nur ein kleines Figurentableau, bei dem den routinierten Krimileser schnell klar wird, wer als Mörder infrage kommen könnte. Er verschleiert die Spuren in dem Fall dilettantisch, in einem anderen Subplot im Buch verrät er den Täter gleich zu Beginn. Das nimmt von vornherein viel Spannung aus dem Buch und lässt mich als Krimifan manchmal ratlos zurück.

Schlechter Krimi, guter Gesellschaftsroman

Auch gleicht sein Roman stellenweise einem Joghurt (der im auch reichlich unmotiviert eingebundenen Subplot eine große Rolle spielt), der aber schlecht gerührt wurde und eine entsprechend klumpige Konsistenz aufweist. Ein erzählerischer Fluss ergibt  sich im Buch nämlich auch nur bedingt: mal schreibt Weiler dutzende von Seiten aus der Sicht des Opfers, um dann diese Vorgeschichte mitten im Geschehen abzubrechen, dann widmet er einen Exkurs Kühns Wohnort, der Weberhöhe. Anstelle dann bei seinem Kommissar zu bleiben und daraus eine stringente Entwicklung abzuleiten, unterbricht Weiler den Fortgang der Handlung mal mit einem seitenlangen Exkurs über Bonsai-Parkett, dann konterkariert er seine Beschreibung mit einer über mehrere Seiten erstreckenden „schönen“ Liebesszene, die auch den Schriftsetzer überrascht haben dürfte. Die wild wuchernden Gedanken des Kommissars tuen ihr übriges zur bröckeligen Erzählstruktur – doch warum ist das Buch dann trotzdem gelungen, wenn es so viele kritikable Punkte an dem Buch gibt?

Porträt eines Durchschnittsmenschen

Wenn man Kühn hat Ärger nicht als Spannungsroman liest, sondern als Studie eines Durchschnittsmenschen, dann läuft der Roman und sein Autor zu Höchstform auf. Dass die Hauptfigur zufällig ein Kommissar ist und dementsprechend notgedrungen ermitteln muss, um so die Erwartungen zu erfüllen, das ist für Weiler eher eine Pflichtaufgabe, die er nicht besonders gut löst. Aber immer wenn es um Martin Kühn, seine Gedanken und seine vielschichtige Persönlichkeit geht, dann hat das Buch Tiefe. Wohl jeder dürfte sich in Kühns zahlreichen Grübeleien und Problemen wiederfinden. Egal ob es Fragen sind wie diese, warum vom Einkommen am Ende des Monats so wenig überbleibt oder die Frage, wie man den Begriff der ehelichen Treue definiert die den Hauptkommissar Kühn umtreiben – Weiler schafft es einfach unglaublich gut, die Sorgen und Nöten eines Durchschnittsmenschen zu schildern. Gerade auch wenn Kühns Leben in der Münchner Vorortsiedlung mit Familienwagen vor der Haustür und verseuchten Wänden im Keller auf den Lebensstil der sorglosen und im Geld schwimmenden Familien trifft, bei denen Koiteiche und ein extra Handschuh zum Knacken der Austern existiert, dann ist dieses Buch richtig stark.

Empathisch und nuanciert schildert Weiler unterschiedliche Lebensentwürfe und zeigt einen Menschen, der sich inmitten seiner eigenen Gedanken und Grübeleien zu verrennen droht. Das macht diesen Martin Kühn so sympathisch und lebensnah. Und diese Lebensnähe versöhnt dann schlussendlich auch etwas mit dem dürftigen Krimi. Ein Hauptkommissar, der sich jüngst erst in Therapie wegen Burn Out begeben hat, der sein Privatleben nicht immer sauber von seinem Job trennen kann: hier ermittelt kein genialer Analytiker, kein raubeiniger Macho mit Intuition und kein Sherlock. Hier steht einfach ein ganz normaler Mensch mit Stärken und Schwächen im Mittelpunkt. Und das ist es, das Kühn hat Ärger ausmacht.

Fazit

Als Krimi eine Enttäuschung, als Roman eines Durchschnittsmenschen große Klasse!

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Tom Hillenbrand – Hologrammatica

Mehr Schein als Sein

Die Welt im Jahr 2088: alles ist zusammengewachsen, Strecken über Kontinente können innerhalb von Stunden zurückgelegt werden, auch das Weltall dient als Rohstoffquelle und Refugium. Kaum ein Auto hat mehr ein Lenkrad, die Technologie übernimmt. Und die dunklen Seiten des Fortschritts werden einfach mit jeder Menge Hologrammatica überdeckt, einer Art Tünche, die alle Flächen überzieht und verschönert. Straßenschilder, Werbung, Häuserfassaden, Animationen – alles übernehmen nun die Hologramme und bieten damit eine perfekte Illusion.

Hinter die Abgründe hinter der Hologrammatica schaut Tom Hillenbrand in seinem zweiten futuristischen Krimi nach Drohnenland. Denn auch wenn das Buch einem Sci-Fi-Auto mit Hollogrammtica-Lack gleicht – der Motorblock dieses Gefährts ist immer noch ein Noir-Krimi, wie er klassischer nicht gebaut sein könnte. Schon auf den ersten Seiten geht es damit los: eine Dame betraut den Ich-Erzähler und Quästor (Anfang des 21. Jahrhunderts hätte man wohl auch noch Privatdetektiv oder Kopfgeldjäger gesagt) Galahad Singh mit einem Auftrag. Die Programmiererin und Entwicklerin Julien Perrotte ist verschwunden. Für ihren Arbeitgeber arbeitete sie an der Verschlüsselung digitaler Gehirne, die dazu dienen, einfach seinen Geist in einen Körper, genannt Hülle importieren zu können. Dinge wie Geschlechts- oder Ethniengrenzen gehören damit ein für alle Mal der Vergangenheit an, denn der Wechsel in eine andere Hülle funktioniert in Sekundenschnelle. Sogar Quantencomputer ersetzen 2088 bereits teilweise die althergebrachten Gehirne. Ein großes Spannungsfeld also, in dem sich Perrotte bewegte. Galahad Singh macht sich von Paris ausgehend daran, den Spuren der verschwundenen Computerexpertin zu folgen. Wer hätte ein Interesse daran, Perrotte zu entführen? Oder führt die Programmiererin gar selbst etwas im Schilde?

Hologrammatica bietet ganz großes Kino. Neben dem klassischen, an Autoren wie Raymond Chandler oder Dashiell Hammett geschulten Krimi überzeugt auch die unglaublich detailverliebte und in ihrer erdachten Größe schier überbordende Welt des Jahres 2088. Hillenbrands Einfälle und Kreationen sind teilweise erschreckend nahe, mal wünscht man, sie würden nie Realität. Begriffe wie Knossos-Anomalie, Google-Stripper, Deather, Milchtüten, Turing-Zwischenfall oder Brain-Crash begegnen dem Leser beinahe auf alle Seiten – worauf man sich natürlich auch einlassen muss. Hilfe bietet da das Register im Anhang, das bei kurzzeitigem Informations-Overload des Cogits Abhilfe schafft. Detailgesättigt ist sie, diese Welt der Hologrammatica. Allerdings wirft Hillenbrand seine Leser nicht zu abrupt ins kalte Wasser, seine Vision entfaltet er Stück für Stück, auch führt er die einzelnen Erzählelemente gut ein und verbindet sie dann zu einem stimmigen Ganzen.

Am stärksten ist Hologrammatica immer dann, wenn der Autor unsere gesellschaftlichen Konventionen weiterentwickelt und damit Reflektionspotential bietet: welchen Sinn hat beispielsweise eine Orientierung an Geschlechtern und Äußerlichkeiten, wenn man sich sein Äußeres einfach selber aussuchen kann und nach Lust und Laune seinen Verstand in einen beliebigen Körper pressen kann? Wozu führt diese neue Unverbindlichkeit, wie entwickeln sich Gesellschaften weiter, gerade auch wenn äußere Einflüsse wie etwa die dramatischen Folgen des Klimawandels immer mehr an Bedeutung gewinnen?

Auch ist es erfrischend zu lesen, einmal mit den Augen eines homosexuellen, an Depression leidenden Privatdetektivs durch eine Ermittlung geführt zu werden. Angesichts der Hologramm-Hochglanzoptik allenorten bietet dieser Kniff einen schönen Bruch. Dass Galahad Singh mit Fortschreiten des Buchs etwas an Kontur verliert und dagegen der immer größer werdende Plot in den Vordergrund tritt, verzeiht man angesichts dessen Ambition und Komplexität gerne.

Man muss Tom Hillenbrand größten Respekt zollen für seine Akribie und Fantasie, mit der er eine Welt an der Schwelle zum 22. Jahrhundert gezeichnet hat. Dass das Buch in manchmal leicht überladen wirkt und kleinere Schwächen in der Figurenzeichnung aufweist – geschenkt. Hier schreibt ein höchst innovativer Autor, auf dessen nächste literarische Erfindungen man mehr als gespannt sein darf!

 

[Beitragsbild: Pixabay]

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Seitenblicke in Fürth | 22.03.2018

In der kommenden Woche darf ich wieder einmal das machen, was ich am liebsten tue: mich mit anderen über gute (oder schlechte) Literatur unterhalten. Dies tue ich im Rahmen der halbjährlich stattfindenden Veranstaltung Seitenblicke in der Volksbücherei Fürth.

Am 22.03.2018 werden wir ab 19:30 in den Räumen der Innenstadtbibliothek Carl Friedrich Eckart Stiftung (Friedrichstraße 6a, 90762 Fürth) über diese drei Bücher diskutieren:

Emily Ruskovich: Idaho

Ein flirrender Sommertag in Idaho, USA: eine Familie im Wald, die beiden Mädchen spielen, die Eltern holen Brennholz für den Winter. Die Luft steht, die Mutter hat ein Beil in der Hand – und innerhalb eines Augenblicks ist die Idylle zerstört. Ist es Gnade, dass der Vater, Wade, langsam sein Gedächtnis verliert? Bald wird er nicht mehr wissen, welche Tragödie sich an jenem Tag abgespielt hat, wie seine Töchter hießen und seine Frau, Jenny, die zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Auch Ann, die Frau, deren Liebe groß genug ist, um zu Wade in das leere Haus zu ziehen, wird nie den Hergang der Tat erfahren. Aber mit jedem Tag an Wades Seite erkundet sie genauer, was damals geschehen ist, und nimmt schließlich Kontakt zu Jenny auf …

Hans Pleschinski: Wiesenstein

Der alte Mann, eine Berühmtheit, Nobelpreisträger, verlässt mit seiner Frau das Sanatorium, wo beide Erholung gesucht haben, und wird mit militärischem Begleitschutz zum Zug gebracht. Doch es ist März 1945, das Sanatorium Dr. Weidner liegt im eben zerstörten Dresden und der Zug fährt nach Osten. Gerhart und Margarete Hauptmann nämlich wollen nirgendwo anders hin als nach Schlesien, in ihre Villa „Wiesenstein“, ein prächtiges Anwesen im Riesengebirge. Dort wollen sie weiterleben, in einer hinreißend schönen Landschaft, mit eigenem Masseur und Zofe, Butler und Gärtner, Köchin und Sekretärin, ein immer noch luxuriöses Leben für den Geist führen inmitten der Barbarei.
Aber war es die richtige Entscheidung? Überhaupt im Dritten Reich zu bleiben? Und was war der Preis dafür? Können sie und ihre Entourage unbehelligt leben, jetzt, da der Krieg allmählich verloren ist, russische Truppen und polnische Milizen kommen? Und das alte Schlesien untergeht?

Janet Lewis: Die Frau, die liebte

Als Martin Guerre nach langjähriger, rätselhafter Abwesenheit endlich zu seiner Frau zurückkehrt, ist Bertrande de Rols, eine Frau von 30 Jahren, von Sinnen vor Glück. Der inzwischen zehnjährige Sohn weicht dem Vater nicht mehr von der Seite, das Gut blüht auf, die große Familie ist wieder vereint. Acht Jahre lang hatte Bertrande sich gesehnt, hatte gebangt und gezürnt, war weder Witwe noch frei gewesen, und jetzt – endlich – kann sie sich hingeben. Der Liebe, ihrer Sinnlichkeit, seinem Begehren. Welcher Dämon treibt ihr plötzlich Zweifel ins Herz? Ist der Mann, den sie liebt, wirklich Martin? Hin- und hergerissen zwischen ihrer Sehnsucht nach Zugehörigkeit und einer düsteren Ahnung, entfesselt sie eine richterliche Untersuchung – und eine Tragödie.

 

Über diese drei Bücher darf ich mit Doris Höreth von der Buchhandlung Pelzner und Sibylle Brunner von der Buchhandlung Edelmann streiten.

Im Anschluss gibt es noch einen Überblick über weitere lesenswerte Neuerscheinungen in diesem Bücherfrühling.

Ich würde mich über zahlreiche Zuschauer bzw. Zuhörer freuen, wenn ich schon mal wieder in meiner fränkischen Heimat weilen darf – der Eintritt ist natürlich selbstverständlich kostenlos!

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Anne Reinecke – Leinsee

Vom schwierigen Verhältnis des jungen Karl Stiegenhauers zu seinen Eltern und seiner Suche nach neuer Inspiration erzählt das Debüt der Berliner Autorin Anne Reinecke mit dem Titel Leinsee.

Jener Karl Stiegenhauer feiert mit seinem Konzept der Vakuumkunst Erfolge, stellt in Galerien aus und feiert sich durch ein Jetset-Leben. Seine Ausstellungsstücke publiziert er allerdings unter Pseudonym. Der Grund hierfür bedingt sich durch Karls Herkunft. Er ist nämlich der Sohn des höchst erfolgreichen Künstlerehepaares Karl und Ada Stiegenhauer. Jene dominier(t)en mit ihren Werken die deutsche Kunstwelt und galten als DAS Vorzeigepaar. Nur Karl passte nicht so recht in ihr Konzept, sodass dieser in Internaten groß wurde und stets ein distanziertes Verhältnis zu seinen Eltern pflegte.

Nun ist Karls Vater durch einen Suizid aus dem Leben geschieden und Karls Mutter liegt schwerkrank in einem Krankenhaus. Karl muss notgedrungen wieder in sein Zuhause in Leinsee zurückkehren. Dort trifft er auf die Geister der Vergangenheit – und ein junges Mädchen namens Tanja, die zu Karls neuem Kompass wird, nachdem sein ganzes Leben einmal durcheinander gewirbelt wurde. An ihr richtet sich Karl aus und lernt, sein Leben neu zu betrachten und zu erkennen, was eigentlich wichtig ist, fernab von Vernissagen und Champagnerbrunnen.

Leinsee ist wieder ein typischer Vertreter der Gattung Flutschbuch. In einer angenehmen, keinesfalls zu fordernden Sprache, berichtet Anne Reinecke von ein paar Rückblenden abgesehen chronologisch aus Karls Leben. Sie zeigt einen Künstler auf der Suche nach Inspiration, etabliert mit Tanja ein niedliches Element und verfolgt von der Bruchlinie des Verlusts aus über viele Jahre Karls Leben. Leider ist Leinsee für meine Begriffe zu glatt und besitzt zu wenig Widerhaken, um wirklich nachdrücklich im Gedächtnis haften zu bleiben. Für die Kunstwelt und Karls Schaffen fallen Reinecke leider nicht allzuviel originelle Bilder ein. Stattdessen empfand ich die Schilderungen über weite Strecken etwas abgegriffen.

Bestes Beispiel ist für mich die Szene, als Karl in das von Paparazzi belagerte herrschaftliche Anwesen seiner Eltern in Leinsee zurückkehrt. Um die Pressemeute zu vertreiben, greift er zur alten Schrotflinte seines Vaters und schießt in die Luft, um die Reporter zu vertreiben. Der Plan gelingt und Karl hat seine Ruhe. Diese Schilderungen lesen sich wie schon in dieser Form oft dagewesen, das Trauernde und Karls Misanthropie und nehme ich Reinecke dabei leider nicht wirklich ab.

Auch ist die Grundidee, dass ein junges und unkonventionelles Mädchen einem arrivierten und in Sackgassen steckenden Maler neue Inspiration und Lebensmut verleiht, für mich unoriginell. Andere Werke wie etwa Nick Hornbys About a boy oder der Film 500 Days of summer scheinen immer wieder im Lauf des Buchs durch.

Dabei ist Leinsee beileibe kein schlechtes Buch, das sollte an dieser Stelle auch festgehalten sein. Reinecke serviert dem Leser auf 368 Seiten eine Geschichte, die in ein fremdes Leben eintauchen lässt und gut unterhält. Eben ein wirkliches Flutschbuch. Ich persönlich hätte mit nur ein wenig mehr Originalität und Reibungsfläche erhofft. So bleibt mir die Hoffnung, dass Anne Reinecke in ihrem nächsten Buch noch etwas mehr zu sagen hat und sich von etwas abgegriffenen Motiven freischwimmt.

 

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Gesucht: Europäische Literatur

Auch dieses Jahr feiern wir hier in Augsburg mit vielen weiteren Städten und Gemeinden in der Zeit vom 2. bis 15. Mai 2018 die Europa-Woche. In zahlreichen Aktionen und Veranstaltungen wird der Gründung der EU mit dem Vertrag von Maastricht gedacht.

Da ich von diesem Projekt Europa im Gegensatz zu manchen lauten Stimmen dieser Tage nach wie vor überzeugt bin, möchte natürlich auch ich mich an dieser Woche mit einer Veranstaltung beteiligen. Bestärkt hat diese Überzeugung im Übrigen natürlich auch ein Buch, das mich die Institution EU und ihre Mitarbeiter neu sehen ließ, die Rede ist von Robert Menasses Brüssel-Panorama Die Hauptstadt.

Gemündet sind alle Überlegung in die Ausarbeitung eines literarischen Europa-Abends, bei dem alle möglichen neuen Bücher aus den 28 Mitgliedsstaaten vorgestellt werden sollen, grenzen- und genreübergreifend.

Natürlich habe ich mir selbst schon Gedanken gemacht und zu vielen Ländern aktuelle Bücher herausgesucht und angelesen. Je weiter ich allerdings mit meinen Überlegungen voranschritt, umso diffiziler wurde aber auch die Buchfindung. Bücher aus England, Frankreich oder Österreich sind ja im Buchhandel omnipräsent – doch je kleiner oder „exotischer“ die Länder werden, umso schwieriger wird die Lektürefindung.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle den Ball einmal gerne zurückspielen – an alle meine höchst belesenen Mitblogger und Mitleser da draußen, die sich im Dschungel der Literatur so gut auskennen. Welche Neuerscheinungen (oder aktuellen Bücher, nicht älter als zwei oder drei Jahre) sollten bei einer solchen literarischen Reise auf gar keinen Fall fehlen? Was hat euch zuletzt begeistert?

Besonders interessieren würden mich dabei auch wie oben schon angedeutet jene Länder, die ich nicht so auf meinem literarischen Radar habe, sprich Staaten wie etwa Zypern, Luxemburg, Estland oder Rumänien. Gnädig bin ich auch in der Causa England – auch Großbritannien darf bei meiner literarischen Europaschau noch einmal mitmachen.

 

 

Ich bin auf eure Empfehlungen und Linktipps (am besten Autor, Titel und entsprechendes Land) sehr gespannt und sage schon mal vielen Dank!

 

[Beitragsbild: Pexels]

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