Nicole Seifert – Einige Herren sagten etwas dazu

Wenn es um die literarische Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland in der Nachkriegszeit geht, dann kommt man an ihr nicht vorbei: die Gruppe 47. Prominente Autoren wie Günter Grass, Martin Walser, Johannes Bobrowski, Peter Handke, Heinrich Böll, Günter Kunert oder Wolfdietrich Schnurre waren Teil der einflussreichen und stilprägenden Gemeinschaft, die von Hans Werner Richter nach ganz eigenen Regeln geführt wurde. Nur eines fehlt, blickt man näher auf das Bild der Gruppe – nämlich die Frauen.

Die Literaturwissenschaftlerin Nicole Seifert hat sich darangemacht, das Bild um diesen entscheidenden Faktor zu korrigieren und zeigt dabei auf, was der deutschen Literaturgeschichte entgangen ist, indem man Autorinnen wie Gisela Elsner, Ilse Schneider-Lengyel oder Griseldis L. Flemming dem Vergessen preisgegeben hat. Denn die weibliche Geschichte der Gruppe 47 ist weit mehr als „nur“ Ingeborg Bachmann oder Ilse Aichinger. Ihr gelingt mit Einige Herren sagten etwas dazu eine wirkliche Entdeckungsreise, die zur Beschäftigung mit hochinteressanten Autorinnen einlädt.


Wie schon in ihrem ersten bei Kiepenheuer & Witsch erschienenen Buch FrauenLiteratur nimmt auch Einige Herren sagten etwas dazu von Nicole Seifert wieder die weibliche Literaturgeschichte in den Blick. Diesmal konzentriert sie sich auf die Gruppe 47, bei der sie die gleichen Abwertungs- und Ausgrenzungsmechanismen findet, wie sie sie schon in ihrem ersten Sachbuch in Sachen Buchmarkt und männlich-hegemonialer Kanonbildung benannt hat. Auch macht ihre alternative Geschichtsschreibung über die Gruppe 47 klar, was diesem Land entgangen ist, da man – durchgehend bis heute – die Frauen an den Rand drängte und sich lieber in Fantasien über ihr Aussehen und ihren Charakter erging, statt sich ernsthaft mit ihrem Werk zu beschäftigen.

Die Autorinnen der Gruppe 47

Gegliedert in elf Hauptkapitel zeichnet Seifert in ihrem Buch chronologisch die Geschichte der Gruppe 47 seit einem der ersten Treffen im Allgäuer Großholzleute bis zum Zerfall der Gruppe nach der Tagung im oberfränkischen Waischenfeld 1967 nach.

Nicole Seifert - Einige Herren sagten etwas dazu (Cover)

In jedem der Kapitel stehen Frauen im Mittelpunkt, die auf den jeweiligen Tagungen lasen und die sich über die Jahrzehnte hinweig immer wieder den gleichen männlicher Verhaltensmuster ausgesetzt sahen. Abwertung und Unverständnis für das weibliche Schreiben, dafür umso mehr Interesse an den Frauen selbst. Interesse, das sich von übergriffigen Avancen bis zu abschätzigen Urteilen über ihr Erscheinungsbild äußerte. Dazu die immergleichen Unterstellungen, dass es ganz andere Gründe denn ihr literarisches Wirken waren, die für die Einladungen zu den Tagungen gesorgt hatten.

All das erlebten Frauen ab Beginn der Zusammenkünfte der Gruppe, wie etwa Ruth Rehmann, der bescheinigt wurde, sie sei auf der Tagung eine Frau fürs Feuer, bis hin zu Ilse Aichinger, in deren Bett sich auf einer Tagung der Gruppe 47 ein nackter Poet fand.

Frauen fürs Feuer und nackte Lyriker im Bett

Was als anstößige Übergriffigkeit eigentlich eine klare Verurteilung bräuchte, nimmt sich für die Männer vor Ort damals als nonchalante Schnurre aus, so zumindest in den Erinnerungen des Spiritus Rector der Gruppe 47, Hans Werner Richter.

„Bevor ich sie kennenlernte, sagte mir jemand, sie [Ilse Aichinger] sei ein „Pummelchen““, beginnt Richter seine Beschreibung Ilse Aichingers. Tatsächlich habe er dann „eine schöne Frau“ vor sich gehabt, „die einige meiner Tagungsteilnehmer so stark anzog, daß sie ganz außer sich gerieten und für meine Begriffe ein wenig die Contenance verloren“. (…)

Richter geht dann dazu über zu schildern, wie Ilse Aichinger während des Festes der Herbsttagung 1951 zu späterer Stunde zu ihm in den Saal kam und ihn bat, sie auf ihr Zimmer zu begleiten, in ihrem Bett liege ein nackter Mann. Er beschreibt, wie er in Aichingers Zimmer den inzwischen wieder bekleideten Mann vorfand, „einen hoffnungsvollen jungen Lyriker“, dessen Namen er für sich behält. Auf der Couch in der Ecke fand er außerdem den sich schlafend stellenden Heinrich Böll vor. Richter kommentiert, solche „Scherze“ seien üblich gewesen in den ersten Nachkriegsjahren, niemand habe sie übel genommen, bat Aichinger aber im Gehen, nun abzuschließen.

Nicole Seifert – Einige Herren sagten etwas dazu, S. 65

Wenn Frauen bei den Tagungen anwesend waren, dann waren sie meist in Begleitung ihrer Männer vor Ort. Lesende Frauen waren (auch in der Dokumentation der folgenden Jahrzehnte) stets in der Minderheit und sahen sich einer Vielzahl von Männern gegenüber, die sich dann herabließen, auch etwas zu den Texten zu sagen, wie es Ingeborg Bachmann in ihren Erinnerungen formuliert.

Unverständnis und Abwertung bis zum Tod

Oftmals trafen die vorgetragenen Texte aber auf Unverständnis und wurden von den Männern in ihrer Hermeneutik und Bildwelt nicht wirklich erschlossen. Ein Faktor, den die öffentliche Berichterstattung fortführte und potenzierte, in dem man sich in prominenten Publikationsorganen wie dem Spiegel zumeist lieber über das Äußere von Schriftstellerinnen erging, wie im Falle der Titelstory über Ingeborg Bachmann. Selbst im Falle des Todes scheute man sich nicht, in Nachrufen die Leistungen der Frauen zu schmälern, indem man ihr Werk in Frage stellte oder ihre Erfolgslosigkeit herausstellte.

In ihrer Verschmelzung aus Biografie, Werkschau und Werkinterpretation zeigt Nicole Seifert die lesenden Frauen als Autorinnen im Spiegel der Kritik und im Spiegel der damaligen Zeit, weist aber auch darauf hin, was die Werke über das einst artikulierte Unverständnis der Rezipienten hinaus heute noch so lesenswert und aktuell macht. Einige Herren sagten etwas dazu lädt ein, sich selbst auf jene Spuren der Autorinnen zu begeben, die Nicole Seifert mit viel Engagement und Akribie freigelegt hat.

Faszinierend die rätselhafte Sprachwelt Christine Koschels, die spielerische Lyrik Elisabeth Borchers oder das frühe autofiktionale Erzählen Elisabeth Plessens. Spannend die Wahl der Mittel der Groteske im Werk Gisela Elsners, mit denen sie die Nachkriegsgesellschaft und die Institution Ehe seziert und durch ihre weibliche Perspektive erkenntnisreiche Einblicke verschafft.

Genaue Blicke auf patriarchale Funktionsweisen, auf die Negierung und Abwertung der Erfahrungswelt der Frau – im Werk vieler Autorinnen der Gruppe 47 lässt sich das ausmachen, genauso wie im Umgang mit diesen Frauen, was Nicole Seifert eindrücklich belegt.

Nicole Seiferts Korrektur der literarischen Geschichtsschreibung

So löst Seifert vollumfänglich das ein, was sie zu Beginn des Buchs als Vorhaben von Einige Frauen sagten etwas dazu wie folgt umreißt:

Ilse Schneider-Lengyel ist die erste in einer Reihe von Autorinnen, bei denen die Diskrepanz zwischen ihrem Leben und Wirken und dem Bild, das später von ihnen gezeichnet wurde, gigantisch ist. Ihr Beispiel macht deutlich: Um die Autorinnen der Gruppe 47 überhaupt sehen und beurteilen zu können, müssen sie zunächst einmal von den Geschichten befreit werden, die um sie herum gesponnen wurden, seien sie abfällig oder Stoff für Legenden. Denn wenn Frauen nicht aus der Geschichte der Gruppe 47 herausfielen, sondern miterzählt wurden, dann nicht als Autorinnen ihrer Texte. Die männliche Rede über das Weibliche hat sich nicht nur im Fall von Ilse Schneider-Lengyel vor ihr Werk gestellt, ähnliches geschah bei Ilse Aichinger.

Nicole Seifert – Einige Herren sagten etwas dazu, S. 56 f.

Diese Befreiung und Freistellung des Blicks gelingt Nicole Seifert bravourös, sodass man zwar einerseits den teilweise schon fast misogynen Umgang mit dem Werk und den Personen der Autorinnen der Gruppe 47 bedauert (ein Ende der beschriebenen Wirkmechanismen erscheint nicht nur aufgrund von Seiferts vorhergehendem FrauenLiteratur höchst fraglich).

Andererseits gibt das Werk aber auch so viel Orientierungspunkte und Einstiegspunkte in diese Welt weiblichen Schreibens, das man am liebsten gleich loslegen möchte mit dem Lesen und Entdecken – wo es die bedauerlich spärliche Verfügbarkeit der Werke der Autorinnen überhaupt erlaubt. Aber vielleicht findet ja der ein oder andere Text bald auch den Weg in die von Magda Birkmann und Nicole Seifert herausgegebene Reihe der vergessenen Autorinnen – ich würde es sehr begrüßen!

Fazit

Nicole Seiferts Buch führt eindringlich vor, um was wir uns sehenden Auges und ganz freiwillig in Sachen Nachkriegsliteratur beraubt haben. Ihr gelingt mit Einige Herren sagten etwas dazu ein Buch, das sowohl die Geschichtsschreibung der Gruppe 47 um einen entscheidenden Faktor korrigiert, als auch Autorinnen wieder ans Tageslicht holt und nicht zuletzt auch eine Geschichte der deutschen Nachkriegsgesellschaft aus weiblicher Sicht erzählt.

All das macht aus diesem Buch eine notwendige und augenöffnende Lektüre, die künftig fortan die männerzentrierte Geschichtsschreibung der Gruppe 47 von Hans Werner Richter bis Jörg Magenau korrigieren und ergänzen sollte.


  • Nicole Seifert – Einige Herren sagten etwas dazu: die Autorinnen der Gruppe 47
  • ISBN 978-3-462-00353-6 (Kiepenheuer & Witsch)
  • 352 Seiten. Preis: 24,00 €
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Nicola Upson – Experte in Sachen Mord

Tod und Intrigen im Londoner West End. Im ersten Band ihrer Reihe um Josephine Tey und Archibald Penrose nimmt Nicola Upson die Leser*innen mit in die flirrende Welt des Theaters und erzählt in Experte in Sachen Mord von Morden, Familiengeheimnissen und rauschenden Theatererfolgen zwischen Covent Garden und St. Martins Lane.


Auch wenn Josephine Tey selbst vom letzten Zug nach Schottland schrieb, so nimmt sie als fiktive Figur in Nicola Upsons Roman Experte in Sachen Mord den genau umgekehrten Weg. So reist sie zu Beginn des Romans aus ihrer schottischen Heimat in Inverness nach London. Der Grund für die Reise der eigentlich recht reisescheuen Elizabeth Mackintosh alias Josephine Tey hat aber einen guten Grund. So ist es ihr Theaterstück Richard von Bordeaux, das am Theater des Impresarios Bernard Aubrey sämtliche Rekorde bricht.

Die Theaterwelt im Londoner West End

Nicola Upson - Experte in Sachen Mord (Cover)

Ausverkaufte Vorstellungen, lange Schlangen vor den Ticketschaltern, Souvenirpuppen passend zur Inszenierung und Schauspieler, die in ihren Rollen zu Stars werden, darunter auch der junge John Terry (dessen reales Vorbild John Gielgud Upson im Roman kaum verhüllt). Teys Stück löst im Londoner West End einen regelrechten Hype aus, und so giert der Impresario natürlich nach weiteren Erfolgen, die er in Form einer geplanten Tour des Stücks mitsamt seinem Erfolgsschauspieler gefunden zu haben meint.

Auch Elspeth, eine junge Frau, ist großer Fan von Teys Stück und der Autorin selbst, mit der sie zufällig ein Zugabteil auf dem Weg nach London teilt. Kurz nach der Ankunft des Zuges im Bahnhof King’s Cross wird die junge Frau allerdings brutal ermordet. Der Tatort im Zugabteil ist geschmückt und wie ein Bühnenbild inszeniert. Das macht auch Archibald Penrose von Scotland Yard stutzig.

Der alte Freund Josephines beginnt mit seinen Ermittlungen, die ihn mitten hinein ins Londoner West End führen. Denn nicht nur vor den Kulissen der Theater gibt es Morde und Intrigen – auch dahinter geht es nicht minder gefährlich zu. Neidische Inspizientinnen, ambitionierte Stars und mittendrin Aubrey als Impresario, der alle Charaktere und Pläne zusammenhalten muss.

Archie Penrose und Josephine Tey ermitteln

Dass Experte in Sachen Mord der Auftakt einer Reihe ist, merkt man dem Krimi nur in einigen wenigen Aspekten an. So ist die Einführung der Nebenrollen etwas schematisch und die Zeichnung mancher Figuren doch etwas unterambitioniert – und auch gewisse Längen schleichen sich inmitten der Mördersuche im Westend ein. So sind 480 Seiten für den Plot etwas überdehnt, wenngleich es Nicola Upson schlussendlich gut gelingt, die einzelnen Fäden und Charaktere des Buchs zu einem wahren Familiendrama zusammenzuführen.

Die besondere Stärke liegt in der Atmosphäre, die die britische Autorin hier heraufzubeschwören weiß. Trinkrituale hinter der Bühne der Theater, Josephine Tey bei zwei Freundinnen, die als Ausstatterinnen entscheidend zum Erfolg vieler Theaterproduktionen beitragen, Klatsch und Tratsch und die Grillen mancher Theaterstars – Experte in Sachen Mord schöpft hier aus dem Vollen und lässt die Theaterbegeisterung der Zwischenkriegszeit lange vor Kino, Musicals und Co wiederauferstehen.

Ähnlich wie Reginald Arkell in seinem 1953 erschienenen Roman Charley Moon ist auch dieser historische Krimi eine Hommage an die flirrende Theaterwelt Londons und die seiner Stars – mit der ermittelnden Krimiautorin Josephine Tey mittendrin.

Zudem gibt es in ihrem Krimi auch Anklänge an die Schrecken des Ersten Weltkriegs, der noch immer in den Köpfen der Britinnen und Briten vorhanden war und der auch auf die Geschehnisse in Experte in Sachen Mord entscheidende Auswirkungen hat. Somit ist der Krimi voller Zeitgeschichte und Lokalkolorit, was entscheidend zur Qualität des Cosy Crime-Titels beiträgt.

Fazit

Insgesamt gelingt Nicola Upson mit dem ersten Band ihrer Krimireihe um Josephine Tey und Archibald „Archie“ Penrose ein wirklich guter Auftakt zu einer Serie, die im englischen Original mittlerweile schon elf Bände umfasst. Theaterwelt, eine (trotz zweier Leichen) recht unblutiger Krimi, gemächliches Tempo, verbunden mit nur ein paar kleineren Anlaufschwierigkeiten machen aus Experte in Sachen Mord einen wirklich guten Krimi für alle Theaterfans und Freunde klassischer britischer Krimis.

Weitere Informationen zu Josephine Tey und Nicola Upsons Reihe gibt es auch auf dem Lady-Blog. Und mit Mit dem Schnee kommt der Tod liegt noch ein weiterer, eher in weihnachtlichem Rahmen angesiedelter Band der Reihe bereits besprochen vor (es handelt sich um den neunten Band der Reihe).


  • Nicola Upson – Experte in Sachen Mord
  • Aus dem Englischen von Verena Kilchling
  • ISBN 978-3-0369-5013-6 (Kein & Aber)
  • 480 Seiten. Preis: 22,00 €
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Aleksandar Hemon – Die Welt und alles, was sie enthält

Vom Schlachthaus des Ersten Weltkrieges bis hinein in die Wirren des Japanisch-Chinesischen Kriegs, von Sarajevo bis nach Manila. In seinem Roman Die Welt und alles, was sie enthält wagt Aleksandar Hemon den ganz großen Wurf und schickt einen jüdischen Apotheker auf eine weltumspannende Schmerzensreise. Erträglich wird all das erfahrene Leid nur durch die Liebe zu einem Mann.


Es ist nur ein kleiner Moment, der den Apotheker Rafael Pinto hineinkatapultiert in einen der entscheidenden Momente des 20. Jahrhunderts. Eigentlich müsst er in der familieneigenen Apotheke in Sarajevo hinter dem Tresen stehen, Pulver mischen und Kunden beraten. Doch wir schreiben den 28. Juni 1914 und die ganze Stadt ist auf den Beinen und vibriert vor Erregung. Der Grund dafür ist der bevorstehende Besuch des österreichisch-ungarischen Erzherzogs Franz Ferdinand.

Rafael Pinto interessiert das allerdings überhaupt nicht. Vielmehr ist es ein Rittmeister, der sein Interesse auf sich zieht. Der im militärischen Dienst der Monarchie stehende Mann sucht den sephardischen Juden Pinto in dessen Apotheke auf, um von ihm ein Mittel gegen seine Kopfschmerzen zu erhalten.

Doch es ist nicht nur ein Mittel gegen die Kopfschmerzen, das der Rittmeister vom Apotheker erhält. Es kommt zu einem Kuss zwischen Pinto und dem Rittmeister. Ein kleiner Moment, der sich fast anfühlt, als würde die Welt kurz stillstehen.

Ein Kuss, ein Schuss und der Krieg

Ganz betört vom gerade Erlebten folgt Pinto dem Rittmeister hinaus auf die Straßen der bosnischen Hauptstadt, als sich die gerade noch stillzustehende Welt geradezu explosiv beschleunigt. Denn Pinto wird unmittelbar Zeuge des Attentats auf den zu Besuch weilenden Thronfolger, das zugleich den Beginn des Ersten Weltkriegs markiert. Vom Kuss zum verheerenden Schuss in nur wenigen Momenten – und kurz darauf hinein in das, was später als Großer Krieg und noch etwas später als Erster Weltkrieg bezeichnet werden sollte. Schnell geht es in Hemons Romans zur Sache – ein Merkmal, das auch die weiteren Lebensstationen Pintos kennzeichnen wird.

Aleksandar Hemon - Die Welt und alles, was sie enthält (Cover)

Als Soldat findet Pinto sich auf den Schlachtfeldern des Krieges wieder, als er in Galizien als eingezogener Soldat Dienst tut. Die Schrecken, die inkommensurable Gewalt, die Hoffnungslosigkeit in den Schützengräben erfährt er am eigenen Leib. Doch wo die Gefahr ist, da wächst auch das Rettende. Im Falle von Pinto hört jenes Rettende auf den Namen Osman Karišik . Er ein Muslim, Rafael Pinto ein sephardischer Jude, und zusammen ein Liebespaar, das in der gegenseitigen Liebe ein Mittel gegen la gran eskuridad – die große Leere – findet.

Zusammen überleben sie auf den Schlachtfeldern und schlagen sich von Galizien und der Bukowina bis nach Taschkent durch. Es ist nur eine Station auf einer wahren Schmerzensreise, die Pinto und Karišik immer weiter weg führt von Zuhause. Sie begegnen Bolschewiken, blutrünstige Banden, trennen sich in den Bergen Turkestans, Pinto schlägt sich schließlich durch die Wüste Taklamakan bis nach Schanghai durch, wo er aber, wie immer wieder auf seiner Reise, mit Krieg und Gewalt konfrontiert ist.

Die Schmerzen des 20. Jahrhunderts

Aleksandar Hemon erzählt vom allgegenwärtigen Leid des 20. Jahrhunderts, das Pinto bei so gut wie allen Lebensstationen, egal wo auf dem Erdball begegnet. Zwar kommt es immer wieder zu Umbrüchen, folgen neue Schauplätze oder neue Figuren, gleich aber bleiben stets die zugrundeliegenden Themen der Flucht, Vertreibung und des Gefühls, nie wirklich anzukommen.

Themen, die nur diesen Roman bestimmen, sondern auch in der Biografie ihres Autors eingeschrieben sind. So gab dieser nach der Belagerung Sarajevos 1992 ähnlich wie sein Held Rafael Pinto gezwungenermaßen die Heimat auf, um fortan in den USA zu leben und auf Englisch zu schreiben.

Diese Erfahrung des fremdbestimmt Getriebenen merkt man Die Welt und alles, was sie enthält unmittelbar an. Genauso ist sein Roman aber auch die Geschichte einer großen Liebe. Einer Liebe, die alles erträgt, alles hoffet und die alles duldet, selbst als Osman Pinto verlassen muss und ihm die Verantwortung für sein Kind überträgt.

Schmerzen und Liebe, es ist nur eines von vielen Komplementärbeziehungen in diesem Roman, der mit seiner queeren Liebesgeschichte vor dem Hintergrund des Ersten Weltkriegs etwas an Alice Wills Durch das große Feuer erinnert. Dort wo sich Will allerdings auf den Großen Krieg konzentriert, geht Hemon noch deutlich weiter, indem er die Gewalterfahrungen und Vertreibung seines Helden bis ins Jahr 1949 dehnt und so das 20. Jahrhundert in seiner ganzen Brutalität eindrücklich schildert.

Fazit

Die Welt und alles, was sie enthält ist die herausfordernde, wirklich globale Reise eines Helden, der über alle Grenzen hinausgeht, der Stürme überlebt und der angetrieben von seiner Liebe zu Osman und zu seinem Kind immer weiter geht. Nicht immer einfach zu lesen, mit vielen fremdsprachigen Wortfetzen, harten Schnitten und Umbrüchen gestaltet bereist dieser Roman eine Vielzahl an Schauplätzen, thematisiert die Gewalt im Chinesisch-Japanischen Krieg 1937 ebenso wie die Entbehrungen während der Durchquerung der Taklamakan-Wüste oder die Verzweiflung in den nassen und kalten Schützengräben des Ersten Weltkriegs.

Mag Hemons Roman auch nicht die ganze Welt enthalten, so steckt doch ein ganzes Stück der globalen Geschichte des 20. Jahrhunderts in diesem Roman. Eine herausfordernde Lektüre, gewiss nichts für Nebenbei, aber voller Intensität, Vielsprachigkeit und queerer Liebe (übersetzt von Henning Ahrens).


  • Aleksandar Hemon – Die Welt und alles, was sie enthält
  • Aus dem Englischen von Henning Ahrens
  • ISBN 978-3-546-10047-2 (Claassen)
  • 400 Seiten. 26,00 €
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Timothy Garton Ash – Europa

Eine persönliche Geschichte

Wie soll man von Europa reden, wie seine Geschichte und seine Entwicklungen zusammenfassen? Der Brite und stolze Europäer Timothy Garton Ash entscheidet sich in seinem Buch Europa für eine persönliche Herangehensweise, indem er die mannigfaltigen Berührungspunkte seines Lebens mit der europäischen Idee in den Mittelpunkt stellt.


Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ein Brite, Professor für Europäische Studien an der University Oxford, ein Buch schreibt, das Europa lobpreist. Timothy Garton Ash weist selbst in seinem Buch auf die Umstände hin, die Großbritannien aus der Europäischen Union ausscheiden ließen – und lässt keine Zweifel an seinem Schmerz über diesen Zustand. Denn Europa ist trotz aller Krisen und Probleme eine ebenso richtige wie wichtige Idee, an der auch der Brexit nichts ändert, wie Garton Ash meint.

Die Geschichte Europas seit 1945

Dieser Idee, ihrer Entstehung und Entwicklung geht er im Lauf der folgenden gut 430 Seiten ausführlich nach. Da die Geschichte Europas aber ebenso heterogen wie ihre Mitgliedsstaaten ist, wählt Timothy Garton Ash einen klugen Erzählansatz, den auch schon der Untertitel des Buchs verrät. Anstelle einer Analyse der Gleichzeitigkeit und Verschiedenheiten in der Historie der EU geht der Brite radikal subjektiv an sein Erzählprojekt heran. So nimmt er seine eigene Geschichte in den Blick, die auf das engste mit den entscheidenden Entwicklungen und Weichenstellungen der Europäischen Union verknüpft ist, wie die folgenden Seiten eindrücklich unter Beweis stellen.

Timothy Garton Ash - Europa (Cover)

Angefangen vom Jahr 1945 in der Stunde Null (die es so einheitlich in Europa niemals gab, wie Garton Ash zeigt) blickt der Historiker auf den Neubeginn der europäischen Idee und Gemeinschaft. Dafür begibt er sich nach Deutschland, das schon sein eigener Vater nach dem D-Day als englischer Soldat befreite, und das nun zu seinem Ausgangspunkt für seine Geistesgeschichte Europas wird. Ausgehend von der Idee nach der Erfahrung der Kriegsgräuel, einen besseren Ort zu schaffen, der solchen Schrecken wie dem Zweiten Weltkrieg verhindern sollte, geht es dann zurück in Timothy Garton Ashs eigene Jugend.

In dieser lernte der 1955 geborene Brite erstmals die 68er-Bewegungen kennen, erfuhr die Aufbruchsstimmung rund um die Solidarnosc-Bewegung in Polen mit ihrem Führer Lech Walesa, war in Deutschland Zeuge eines geteilten Landes und erlebte dieses Europa als einen Ort der Vielfalt und Ungleichzeitigkeit, was er in seinem Buch mit dem Begriff eines Kaleidoteppichs umreißt, der für ihn Europa ausmacht:

Der Kaleidoteppich als Symbol Europas

Welche Metapher kann diese Vielfalt auch nur annähernd erfassen? Palimpsest? Millefeuille? Patchwork-Quilt? Das Beste, was mir einfällt, ist eine Kombination aus Kaleidoskop und Wandteppich: ein Kaleidoteppich. Europa ist ein Wandteppich in dem Sinne, dass er von vielen Händen bearbeitet wurde, um ein einziges, einzigartiges Bild zu schaffen – eine Straßenszene vielleicht oder eine Landschaft oder ein Ereignis wie den Palio, das Pferderennen zwischen benachbarten Gemeinden auf dem Hauptplatz von Siena, das erstmals für das Jahr 1239 dokumentiert ist und immer noch alljährlich stattfindet.

Aber es ist auch ein Kaleidoskop, denn immer wieder tauchen dieselben bunten Elemente in neuen Kombinationen auf: die immer wiederkehrende visuelle Grammatik von Kirche, Schloss, Marktplatz und Rathaus, Anspielungen auf Rom, Elemente der Gotik, des Barock, des Jugendstils oder des Brutalismus der 1960er Jahre; Leitmotive wie der Minotaurus, die Sirenen oder die Madonna mit dem Kind, Cafés in allen möglichen Formen und Arten; der griechische Kaffee, der dem türkischen so merkwürdig ähnelt, Kohl in unendlichen gastronomischen Variationen. Überall findet man Feinheiten, die einzigartig sind, oder das, was in vielen europäischen Sprachen als „typisch“ bezeichnet wird, neben anderen, die verblüffend vertraut sind. Wenn man die Nationalhymne Liechtensteins anstimmt, hört man die Melodie von „God save the queen“. Das Gleiche, und doch anders, anders und doch gleich.

Timothy Garton Ash – Europa, S. 72

Doch eine einzige Erfolgsgeschichte ist dieses Europa natürlich nicht, was immer deutlicher wird, je näher sich das Buch an die Gegenwart heranarbeitet. So gelang es im Laufe der 68-Bewegung und durch den langsamen Zerfall der Sowjetunion, viele Länder aus ihren Diktaturen zu befreien. Von Portugal über Spanien bis hin nach Osteuropa – viele langjährige Machthaber und ihre Staatsparteien verschwanden und die Demokratie trat ihren Siegeszug an.

Europa in Gefahr

Ebenso wie aber beispielsweise Länder wie Ungarn oder Polen das Joch der Diktatur abstreiften, ebenso zerbrechlich war aber die neue Freiheit, was sich aktuell in Ungarn unter Premier Viktor Orban am deutlichsten zeigt. Aber auch Polen mit der regierenden PiS-Partei war ein Negativbeispiel eines solchen Rückfalls in autokratische Zeiten, obgleich man dem Land nun nach der Abwahl der Partei unter ihrem Strippenzieher Jaroslaw Kaczynski einen raschen Weg zurück zu Rechtsstaatlichkeit und Demokratie wünscht.

Die Demokratie, sie ist ein bedrohtes Gut, das zeigt Timothy Garton Ash in seinen Ausführungen sehr deutlich. Nicht nur der aktuell grassierende Rechtsruck in fast allen Ländern Europas, der durch Probleme mit der Migration verstärkt wird – auch sein eigenes Heimatland entschied sich lieber, populistischen Lügen und Unwahrheiten zu folgen, statt sich auf die Stärken der Europäischen Gemeinschaft zu besinnen, was Garton Ash lesbar schmerzt:

Ich verspürte einen beinahe körperlichen Schmerz, als nach dem Brexit die europäischen Flaggen an offiziellen Gebäuden in Großbritannien abgenommen wurden und wir stattdessen mit dem Schauspiel der Churchill-Parodie Boris Johnson konfrontiert waren, der jetzt allein von zwei Union Jacks flankiert wurde. Etwas Größeres war verloren gegangen, so wichtig wie die Freizügigkeit oder die Mitgliedschaft im Binnenmarkt: das Bestreben, gleichzeitig unser nationales Selbst und mehr als nur unser nationales Selbst zu sein.

Timothy Garton Ash – Europa, S. 177

Gut lesbar, unterhaltsam, minimal elitär prunkend

Hier wird auch die Erzählweise dieses sehr gut lesbaren Buchs offenbar. Denn anstelle von Fußnoten und Zitaten entscheidet sich Garton Ash, seine Quellen nur auf der Verlagshomepage nachzuweisen und auf lange Zitate und Zeugnisse seiner eigenen Bildung zu verzichten. Stattdessen ist sein Buch ganz in der angelsächsischen Tradition der Geschichtsschreibung verhaftet. Das bedeutet einen flüssigen, barrierefreien Stil, der sich auch subjektive Wertungen und Einordnungen erlaubt. Seine Ausführungen sind nachvollziehbar, gut lesbar und wirklich unterhaltsam (übersetzt durch Andreas Wirthenson).

Manchmal gerät das Ganze dabei doch etwas arg elitär prunkend, etwa wenn Garton Ash immer wieder auf seine Kontakte und Zugänge zu den Schaltzentralen der Macht verweist. Von Gesprächen im Kanzlerbungalow mit Helmut Kohl über Hintergrundgespräche mit Tony Blair bis hin zu Konsultationen mit Ang Suu Kim oder Viktor Orban stellt sein Buch die Weltläufigkeit seines Verfassers sehr gerne aus.

Weil das aber mit erkenntnisreichen Passagen und neben allem Sinn für die großen Momente auch durchaus mit einem Sinn für Selbstkritik und dem Benennen von Fehleinschätzung einhergeht, sehe ich das diesem ebenso gut vernetzten wie gut erzählenden Professor und Träger des Aachener Karlspreises sehr gerne nach.

Fazit

Europa ist eine unterhaltsame Reise durch fast 80 Jahre europäischer Geschichte. Volten. Erfolge und Niederlagen, all das betrachtet Timothy Garton Ash in diesem persönlich Buch, das als Einführung in die EU hervorragend funktioniert. Neben allem Enthusiasmus für die europäische Idee lässt das Buch durch seinen Rückblick auf Vergangenes auch die Gegenwart besser verstehen. Nicht zuletzt macht Europa zudem klar, was nicht nur in diesem Jahr in Form der Europawahlen auf dem Spiel steht.

Denn einmal mehr gilt, was auch Garton Ashs Kaleidoteppich zeigt: Europa ist mehr, als die Summe seiner Einzelteile. Und wir sollten gut achtgeben darauf, damit dieser Teppich ebenso bunt und faszinierend bleibt, wie er es in den letzten achtzig Jahren war.


  • Timothy Garton Ash – Europa. Eine persönliche Geschichte
  • Aus dem Englischen von Andreas Wirthensohn
  • Produktnummer 175045 (Buechergilde Gutenberg)
  • 448 Seiten. Preis: 32,00 €
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Karel Poláček – Die Bezirksstadt

Als die Uhren noch etwas anders gingen. In Die Bezirksstadt kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs nimmt uns der heute schon fast völlig vergessene Karel Poláček mit und zeigt ein beschauliches böhmisches Städtchen, das von der Nachricht des Kriegs schließlich aus seinem Schlummer gerissen wird.


Irgendwo in Böhmen steht sie, Die Bezirksstadt. Von der Hautpstadt Prag ist sie ebenso weit weg wie der Alltag dort von der Hektik unserer Tage. Ein Buchhändler mit Dackel, zwei verfeindete Krämer, vor den Toren ein Armenhaus, ein Friseur und ein Apotheker, bei dem sich abends die in Capes gehüllten Stadtoberen zu einem Gläschen Likör versammeln. Das sind die Einwohner und Institutionen, die die namenlose Bezirksstadt in Poláčeks Roman aus dem Jahr 1936 kennzeichnen.

Man könnte glatt von Beschaulichkeit sprechen – aber in den Augen der Bewohner*innen wäre das mehr als falsch. Denn es tut sich einiges dort im Lauf der beschriebenen Handlung, die im Jahr 1913 einsetzt und bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs reicht.

Willkommen in der Bezirksstadt

Da brennt ein Etablissement vor den Toren der Stadt nieder, da wird geheiratet (und kurz darauf die Flucht vor dem eigenen Ehemann gen Prag angetreten), die Krämer intrigieren gegeneinander, wie es Goscinny und Uderzo in ihrem kleinen gallischen Dorf schöner nicht hätten in Bilder bannen können, da wird ein rauschendes Fest gegeben, wenn sich der lokale Abgeordnete ankündigt.

Karel Poláček - Die Bezirksstadt (Cover)

Karel Poláček spannt einen großen Bogen in seinem Roman auf, der zugleich einen präzisen Schnitt durch die böhmische Kleinstadtgesellschaft kurz nach der Jahrhundertwende darstellt. Vom Bettler bis zum Abgeordneten, vom Lehrer bis zum Studente reicht das Panoptikum an Figuren und Lebenswelten.

Der 1892 geborene Poláček zeigt in Die Bezirksstadt den grassierenden Antisemitismus, die Fortschrittsfeindlichkeit alter Eliten genauso wie die sich wandelnde Mode und den Aufbruchsgeist junger Menschen, was des Öfteren zu explosiven Szenen führt, etwa wenn der Kaufmann Štědrý seinen Sohn, der in der fernen Stadt studiert, für dessen geckenhafte Auftreten nach jüngster Mode maßregelt.

Es sind Szenen von großer Komik, mit der Poláček sein etwas hinterwäldlerisches Dorfpersonal liebevoll karikiert. Familien, in der die Lektüre von Jules Vernes Fünf Wochen im Ballon zu sinnstiftenden Angelegenheit wird, die Streitereien und rituellen Beleidigung der Männer, die eigenwilligen Bettler*innen, die dann immer wieder vom jähzornigen Verwalter Wagenknecht gepiesackt werden, und so weiter und so fort.

Humorvoller Roman, trauriges Schicksal seines Verfassers

Es ist ein großer Spaß, Die Bezirksstadt mit ihrem Clash of Cultures und ihrem Clash of Minds zu lesen. Der Spaß bekommt allerdings eine bittere Note, wenn man vom Schicksal Karl Poláčeks erfährt, das der Übersetzer und Herausgeber Antonín Brousek im Nachwort des Romans schildert.

Er erfuhr den Antisemitismus, den er in seinem Buch so kongenial demaskiert, am eigenen Leibe. Als jüdischer Redakteur würde er während des Zweiten Weltkriegs mit einem Schreibverbot belegt. Später kam er ins Konzentrationslager in Theresienstadt, wo er sich mit dem Schreiben von Sketchen und einem Fortsetzungswerk eines seiner großen Romanerfolge hervortat. Doch die Zeit dort unter jüdischer Selbstverwaltung im Lager fand sein Ende, als Poláček und seine Frau ins KZ Auschwitz deportiert wurden. Seine Frau wurde unmittelbar nach der Musterung an der Rampe dort ermordet, Poláček selbst wurde im Jahr 1945 dann auf einem Todesmarsch erschossen.

Das Jüdische in seinem Schreiben, seine literarischen Erfolge und seinen Nachruhm beleuchtet Brousek in seinem Nachwort genau. Er erzählt vom vielfältigen literarischen Schaffen des tschechischen Autors, in dem Die Bezirksstadt eine herausragende Rolle einnimmt. Die biographischen Ursprünge und der Berührungspunkte in diesem Werk arbeitet der Übersetzer genauso heraus, wie er das fiktive Städtchen und dessen angebliche Kulturlosigkeit noch einmal unter eine genaue Leselupe nimmt.

Fazit

Mit Die Bezirksstadt holen der Reclamverlag und der Herausgeber Antonín Brousek einen hierzulande völlig unbekannten Autor aus unserem tschechischen Nachbarland zurück ans Licht der Öffentlichkeit. Es ist mit Karel Poláček ein Autor mit einem großen Gespür für Land und Leute zu entdecken, der in Die Bezirksstadt gekonnt von den kleinen und großen Dramen des Lebens, von Bettlern, Abgeordneten und Kaufleuten erzählt – eben dem, was das Leben dort in dem verschlafenen Städtchen kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs so ausmachte. Eine wirkliche Entdeckung und ein grandioser Kleinstadtroman!


Hinweis: das Buch ist leider nur noch antiquarisch erhältlich. Die hier angegebene ISBN bezieht sich auf die E-Book-Ausgabe des Titels.

  • Karel Poláček – Die Bezirksstadt
  • Herausgegeben und aus dem Tschechischen übersetzt von Antonín Brousek
  • ISBN 978-3-15-961396-3 (Reclam)
  • 384 Seiten. Preis: 20,99 €
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